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...denn im Dunkeln ist gut munkeln

Marion Herzog - Algorytmica


einz1975

Empfohlene Beiträge

Ein Bunker und die letzten Menschen der Erde. Viel ist nicht übrig geblieben von der einst so überlegenden Rasse. Irgendwann im 24. Jahrhundert gibt es nur noch drei auf der Erde verteilte unterirdische „Archen“, in den etwa eine halbe Million Menschen leben. Eingepfercht in Tanks, werden alle Körperfunktionen ständig und allgegenwärtig kontrolliert. Ein eingepflanzter Chip sendet unaufhörlich Daten und um den tristen Alltag im Bunker zu überstehen, wurde irgendwann eine virtuelle Welt eingerichtet. Hier leben die Bewohner wie in der damaligen echten Welt. Es gibt ein Zuhause, Schulen, Bibliotheken und es gibt sogar Nachtclubs. Wobei letzteres eher eine eigene Simulation ist und zum absoluten Highlight zählt.

Als Leser erleben wir die Ereignisse aus der Sicht von Kaja. Eine junge, nicht ganz so talentierte Informatikstudentin. Ihr Vater, Schöpfer dieser virtuellen Welt, liebt sie zwar, allerdings lernen wir ihn noch von einer ganz anderen Seite kennen. Seltsame Blackouts tauchen immer wieder auf und lassen die VR abstürzen. Nichts geht mehr und man steht plötzlich wieder im echten Leben. Tief unter der Erde, kalt, grau, dunkel... Da kann einem schon angst und bange werden und so geht es nicht nur Kaja, sondern auch den restlichen Einwohnern. Ähnlich wie in 1984 werden alle Schritte beobachtet und protokolliert. Wer dem Staat nicht gut gesonnen ist, wird ohne Kompromiss aussortiert. Man muss schon sehr trickreich sein, um all die Kontrollmechanismen umgehen zu können.

Einer dieser Hacker ist Liam Turner, ein Surfer im Darknet. Das Schicksal schweißt Kaja und ihn zusammen, doch vielmehr bleibt die Frage: Was genau hat ihr Vater vor? Eine schön miteinander verknüpfte Verschwörung wird allmählich durch die Autorin aufgebaut. Kleinste Puzzleteile fügen sich nach und nach zusammen. Einige Figuren werden das Ende des Romans nicht miterleben. Bei so einem Überwachungsstaat auch kein Wunder. Die technischen Details, wie sich die digitalen Welten ineinander aufbauen oder wie die Tanks funktionieren, wurden anschaulich und nicht überfordernd erklärt. Im Gegenteil, man fragt sich eher, ob auch heute schon Teile davon existieren könnten. Sicherlich nicht in so einer Genauigkeit, aber auch heute verbringen viele schon viel zu viel Zeit mit virtuellen Realitäten.

Interessant fand ich auch, dass nie genau gesagt wird, welche Katastrophe die Menschheit in den Untergrund gebracht hat. Es wird von Radioaktivität gesprochen und verwüstete Landstriche, mehr aber nicht. An sich auch gar nicht so wichtig, denn vielmehr konzentriert man sich so auf die einzelnen Figuren. Einige werden nur kurz eingeflochten, was nicht schadet, andere werden sehr gut ausgebaut und die Hauptprotagonistin spielt sehr gekonnt ihre Rolle. Das Ende bekommt noch einmal kleine Spannungsbögen, sodass man einfach wissen will, wie es weitergeht, egal wie spät es gerade ist. Vielleicht kein komplett abgeschlossenes Ende, hier hat sich die Autorin die Freiheit genommen offen zu lassen, ob es irgendwann weitergehen könnte.

Fazit:
Willkommen in der Matrix 1984. Marion Herzog hat mit Algorytmica einen lesenswerten Sci-Fi-Thriller komponiert. Codezeile für Codezeile baut sich die Story auf und man lernt Welt und Figuren bestens kennen. Spannend werden die Hintergründe erklärt, auch wenn kleine Details absichtlich fehlen. Der Showdown ist nicht zwingend das Highlight, wurde aber rasant inszeniert. Als Leser findet man sich jederzeit zurecht und wünscht der Hauptfigur nur Gutes. Das Wechselspiel zwischen virtueller und echter Realität funktioniert auf Anhieb. Selbst wenn diese Welt so wunderbar problemlos scheint, ist sie am Ende nicht echt. Ich empfehle euch - Steigt zusammen mit Marion Herzog hinab in die virtuellen Abgründe von Algorytmica.

Matthias Göbel

Autorin: Marion Herzog
Broschur: 430 Seiten
Verlag: Heyne Verlag
Veröffentlichung: 13.12.2021
ISBN: 9783453424517

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