Zum Inhalt springen
...mit dem einsamen Charme langsamer Sägen

Robert Corvus - Sternenbrücke


einz1975

Empfohlene Beiträge

Es gibt Ereignisse im Leben eines Menschen, die einen völlig aus der Bahn werfen. Genauso geht es Yul Debarra. Er ist eigentlich Arzt, doch nach dem Tod seiner Frau hat er sich zurückgezogen. Er lebt bei seiner Tochter und aktuell will er mehr Zeit in einer virtuellen Welt verbringen, als in der Realität. Doch diese holt ihn schnell ein, denn sein Leben muss er dennoch weiter finanzieren. So rutscht er immer tiefer in die Spirale des Versagens, bis er sich halbwegs wieder fängt. Die ersten Seiten lesen sich großartig. Yul und sein Hund sammeln auf Anhieb Pluspunkte beim Leser. Später erfährt man auch, wie seine Frau starb. Als Interpreterin arbeitete sie auf einem Raumschiff, welches zu einem weit entfernten Planeten und dessen Sternenbrücke unterwegs war.

Ihre Aufgabe war es, mit der KI des Schiffes zusammenzuarbeiten, bis die Meldung kam, dass die Sternenbrücke explodiert sei und ihr Schiff somit verloren war. Das Reisen mit solch einer Brücke klingt recht interessant. Der Raum wird gekrümmt und man gelangt um ein vielfaches schneller ans Ziel, als flöge man mit einem herkömmlichen Antrieb. Diese Reise würde knapp 150 Jahre dauern. Genau das macht jetzt Yul. Er heuert bei einer Mission eines neuen Raumschiffs an. Dank Kryotechnologie können die Körper diese Prozedur ohne große Schäden überstehen. Hier hat sich der Autor viel Zeit gelassen, um die Technik dahinter gut zu erklären und anschaulich beschreibt er Funktion und Aussehen der Liegen. Damit ist etwa ein Drittel des Buches abgeschlossen. Im Grunde liegt Robert Corvus damit genau auf Kurs.

Er schafft eine gute Grundstimmung, hat einen sympathischen Helden und findet sogar eine neue Partnerin für unseren Hauptcharakter. Doch reicht das schon aus? An dem besagten Planeten angekommen, geht der Roman über in eine neue Phase. Die Figuren werden etwas zahlreicher. Nicht nur die restlichen Mitglieder an Bord des Raumschiffes spielen plötzlich eine größere Rolle, auch auf dem Planeten hat sich in den letzten 150 Jahren so einiges getan. Die Gesellschaft hat sich komplett verändert. Ein Super-Computer hilft der Regierung, Entscheidungen zu treffen. Wie viele Kinder, welche Ressourcen für was verwendet werden, wer arbeitet in welchem Bereich und noch einiges mehr. Friedlich leben sie, keine Kriege, keine Kämpfe und kein Reichtum. Die Gesellschaft existiert im Einklang... doch ist dem wirklich so? Sind alle auch wirklich glücklich, mit ihrem vorsetzten Leben, in festen Regeln?

Die Spannung und die Kampfhandlungen nehmen arg zu. Hier ein Verrat, da ein Ausbruch, Minen, Explosionen und zwischen all dem Yul und sein Hund. Irgendwie geht bei all der Hast der Charakter etwas verloren. Der Kampf der Siedler und der Crew wird eine Mischung aus Revolution und die Suche nach sich selbst. Im Hintergrund gibt es noch kleine technische Errungenschaften, die schließlich auch Yul zu einem unerwarteten Wiedersehen verhelfen. Corvus behält sich auch vor, dem Ende ein wenig mehr, als die Selbstinterpretation zu geben. Vielleicht braucht es wirklich einfach nur Zeit, damit wir alle irgendwann friedlich miteinander koexistieren können. Klare Strukturen sind gut, einengende Regeln helfen dabei jedoch nicht. Der Autor erzählt dabei nichts Unbekanntes, man müsste es eben nur umsetzten.

Fazit:
Die Zeit vergeht und alles ändert sich... Die Chance aus seinem aktuellen Leben zu fliehen, wenn man keinen Ausweg mehr sieht und ein halbes Jahrhundert weiterzuspringen, haben nicht viele Menschen. Yul Debarra nutzt seine Gelegenheit und schafft damit nicht nur selbst einen Neuanfang. Wie immer ist der ursprüngliche Plan am Ende nicht der, den man gehen wird. Es gilt Umwege zu nehmen, Gefahren zu meistern, die Liebe nicht zu vergessen und immer neugierig zu bleiben. Vieles davon trifft auf unseren Hauptcharakter zu und Robert Corvus schafft eine gute Atmosphäre, welche zwar nicht ganz bis zum Ende durchhält, aber vieles davon hängen bleibt. Einige Wendungen waren für meinen Geschmack unnötig, zu direkt, es fehlten hin und wieder die echten Überraschungen, mit den man einfach nicht gerechnet hätte. Technisch und wissenschaftlich schreibt Robert Corvus wieder sehr gekonnt und wer bereits einige seiner Bücher kennt, wird zwar ein paar Routinen wiedererkennen, aber auch neue Impulse. Die „Sternenbrücke“, eine Reise durch Raum und Zeit, eine Erlösung und die Wiederentdeckung der Werte der Freiheit.

Matthias Göbel

Autor: Robert Corvus
Klappenbroschur: 368 Seiten
Verlag: Piper Verlag
Veröffentlichung: 24.02.2022
ISBN: 9783492706261

produkt-10007838.jpg

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bitte melde Dich an, um einen Kommentar zu hinterlassen

Du kannst nach der Anmeldung einen Kommentar hinterlassen



Jetzt anmelden
  • Bilder

×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Diese Seite verwendet Cookies um Funktionalität zu bieten und um generell zu funktionieren. Wir haben Cookies auf Deinem Gerät platziert. Das hilft uns diese Webseite zu verbessern. Du kannst die Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass Du damit einverstanden bist, weiterzumachen. Datenschutzerklärung Beim Abensden von Formularen für Kontakt, Kommentare, Beiträge usw. werden die Daten dem Zweck des Formulars nach erhoben und verarbeitet.