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...für guten Ekel in intelligenten Nächten

Christina Sweeney-Baird - Die andere Seite der Welt


einz1975

Empfohlene Beiträge

Das hätte sich die Autorin damals selbst nicht gedacht. Nur wenige Monate, nachdem sie ihr Manuskript für diesen Roman fertig hatte, hörte sie, wie wir alle, das erst mal etwas von Corona. Wie die Pandemie unser Leben verändert hat, haben sicherlich noch alle sehr gut vor Augen und in Erinnerung. Was wäre, wenn alles anders gekommen wäre? Wenn diese Seuche nicht uns alle gegolten hätte, sondern nur der einen Hälfte der Menschheit? In dieser Geschichte hat die Autorin genau dieses Thema umgesetzt. Von Beginn an begleiten wir mehrere Frauen und ihren Weg durch die unbegreifliche Krise. Gleich zu Beginn gibt es eine Ärztin, welche auf Patient Null trifft. Anfänglich klingt alles eher nach einer einfachen Grippe. (Selbst hier könnte man Ähnlichkeiten mit Corona finden)

Egal welche Antibiotika oder fiebersenkenden Mittel verabreicht werden, der junge Mann in ihrem Behandlungszimmer stirbt. Nicht viel später trifft es noch einmal zwei Patienten und kurz darauf auch ein Baby. Das seltsame an der Situation, es betrifft nur das männliche Geschlecht. Schon diese ersten Fälle werden gemeldet, leider jedoch ignoriert und die Folgen werden verheerend sein. Die Autorin greift jetzt allmählich den Verlauf einer Pandemie auf. Aus den ersten Fällen werden immer mehr. Bis nicht nur Schottland betroffen ist, sondern das ganze Land und später die ganze Welt. So tiefgründig sie die Erlebnisse einzelner Figuren erzählt, so sehr vernachlässigt sie leider den Spannungsbogen. Trauer um den Verlust eines geliebten Menschen, ob Bruder, Vater oder Sohn.

Jede Familie erlebt einen Verlust und Worte können dieses Scherz ohne Zweifel nicht immer genau genug ausdrücken. Selbst dem Leser überkommt ab einem gewissen Punkt eine Traurigkeit, so dass man sich nur schwer wieder mit diesem Thema beschäftigen möchte oder kann. Für mich fehlt der Story auch die genaue Erforschung des Virus. Zwischendurch gibt es zwar hier und da kleine Ergebnisse oder Informationen, aber in Summe kommt die Wissenschaft viel zu kurz. Selbst über Corona wusste man nach und nach mehr, hier bleibt man lange im Dunkeln. Immerhin ergreift irgendwann eine Ärztin die Initiative und findet heraus, woher der Virus stammt und wie er entstanden ist. Dennoch klingt alles etwas zu schnell abgeschlossen. Hier hätte die Autorin spannende Einblicke in die Laborarbeit liefern können.

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen eben die Frauen, welche ihre Gefühle und Gedanken teilen. Ihren Schmerz über den Verlust ihres Mannes oder der Kinder, der Beginn einer Änderung der weltweiten Unterdrückung und die Chance ein Leben zu führen, welches man sich hätte nie erträumen lassen. Für mich fehlten zum Teil auch die Gedanken der anderen Seite. Ihre Ängste, ihre Wünsche, den Tod vor Augen und trotzdem weitermachen. Es gibt kurze Berichte von Überlebenden, jedoch zu wenig, um auch hier mitfühlen zu können. Unnötig empfand ich die kurzen Kapitel über Figuren, welche eine Situation erleben und später völlig vergessen werden. Diese Elemente hätte man auch anders einfließen lassen können. Die Menschheit wird dennoch nach so einer Katastrophe nie wieder die gleiche sein. Wie hält der Staat zusammen, gibt es Kriege oder entsteht am Ende etwas besseres, was zuvor nie möglich gewesen wäre?

Fazit:
Plötzlich mitten aus dem Leben gerissen... Der Gedanke, das ein Virus nur ein Menschengeschlecht befallen könnte und damit die halbe Weltbevölkerung tötet, ist wahrlich erschreckend. Die Autorin findet dafür viele passende Worte und beschreibt anhand der Hauptfiguren eine Pandemie die ihres gleichen sucht. Die Traurigkeit der Geschichte lähmt teilweise den Leser, die Sicht der Sterbenden hätte besser ausgearbeitet werden können und die fehlenden Informationen über den Virus selbst, vermisst der Fan der Wissenschaft. Der Grundgedanke ist dennoch interessant und wurde mit starken rührenden Bildern beschrieben. Gefühlvolle Science Fiction tritt auf den gerade erst überstandenen Virus-Horror.

Matthias Göbel

Autorin: Christina Sweeney-Baird
Übersetzung: Carola Fischer
Klappenbroschur: 496 Seiten
Verlag: Diana Verlag
Veröffentlichung: 11.10.2021
ISBN: 9783453292529

 

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Bearbeitet von einz1975
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