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Der moderne Mensch ist oft schnell gelangweilt und sucht ständig nach neuer Abwechslung. Neben Klassikern wie Kino oder Konzerten haben sich in den letzten Jahrzehnten besonders Escape Rooms rasant verbreitet und große Beliebtheit erlangt. Doch auch diese faszinierenden Herausforderungen verlieren irgendwann ihren Reiz, wenn man die immer ähnlichen Abläufe kennt und keine echten Überraschungen mehr erlebt. Der Milliardär Nevio hat diesen Trend erkannt und ein völlig neues Konzept geschaffen: Er kaufte die altehrwürdige Burg Greiffenau und verwandelte sie in eine einzigartige Escape-Erlebnis-Welt. Die Burg ist ausgestattet mit modernster Technologie, darunter hochauflösende LED-Wände, die jede erdenkliche Umgebung simulieren können. Zusätzlich wurden beeindruckende Effekte wie künstlicher Regen, Wind und sogar realistisch wirkende Geräusche in den Katakomben integriert. Die gesamte Anlage wirkt wie eine perfekte Illusion, die die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen lässt. Bevor die Öffentlichkeit die Gelegenheit hat, diese spektakuläre Welt zu betreten, wird ein ausführliches Testspiel durchgeführt – mit einer Gruppe ausgewählter, interessanter Personen. Das Besondere daran: Die Spieler finden sich in einer von künstlicher Intelligenz (KI) generierten Welt wieder, aus der sie entkommen müssen.

Die illustre Gruppe besteht unter anderem aus einem Professor für Geschichte, einer erfolgreichen Influencerin, einem ehemaligen Spitzensportler und einem erfahrenen Escape-Room-Betreiber, der neugierig ist, wie diese neuartige Konkurrenz funktioniert. Besonders Escape-Room-Besitzer Maxim ist sofort von der High-Tech-Ausstattung beeindruckt – und gleichzeitig alarmiert. Schon bei seiner ersten Kostprobe wird ihm klar, dass seine eigenen Räume gegen diese überragende Technologie keine Chance haben. Maxim wird im Verlauf der Geschichte zu einer zentralen Figur, doch die Erzählung streut die Aufmerksamkeit auf viele Charaktere, wodurch der Fokus manchmal unklar bleibt. Dies ist auch ein wesentlicher Kritikpunkt: Zu viele Namen und Figuren erschweren es, tief in die einzelnen Schicksale einzutauchen. Weniger Charaktere hätten der Geschichte gutgetan und die emotionale Bindung verstärkt.

Die Idee, dass eine KI eine dynamische Welt entwirft, klingt faszinierend, doch die Umsetzung zeigt auch Schwächen. Die Spieler stellen sich auf ein Abenteuer ein, bei dem sie einem finsteren Burgherren und seinen Komplizen das Handwerk legen sollen. Obwohl die Autorin diesen Handlungsrahmen früh etabliert, liegt der eigentliche Reiz in den Herausforderungen, die die Spieler innerhalb der Burg meistern müssen. Dabei werden viele der Details der Umgebung meisterhaft beschrieben: von den düsteren Gemälden mit mittelalterlichen Szenen bis hin zu atmosphärischen Elementen wie Verließen und unheimlichen Gestalten – etwa entstellten Pestopfern oder geisterhaften Mönchen. Diese Beschreibungen lassen die Leser tief in die Welt eintauchen, und auch die Figuren in der Geschichte wirken oft überwältigt von der realistischen Darstellung. Trotz der spannenden Prämisse bleibt die Lösung des Rätsels, wie man der Burg entkommen kann, unbefriedigend schwierig.

Obwohl die Spieler Einblicke in ihre eigenen Vergangenheiten erhalten, bleibt unklar, welche Ziele die KI tatsächlich verfolgt. Die Räume ähneln sich in ihrer Dunkelheit und Atmosphäre gelegentlich zu sehr, was das Tempo dämpft. Zudem fehlt ein durchgehender Spannungsbogen, der die Leser mitfiebern lässt. Stattdessen bewegt man sich wie die Spieler von Raum zu Raum, ohne das Gefühl, dass sich die Geschichte einem Höhepunkt nähert. Die Stimmen und Geräusche, die aus den Wänden dringen, sind eindringlich beschrieben, doch die bedrückende Atmosphäre reicht nicht aus, um echtes Mitgefühl für die Figuren zu erzeugen. Die finale Auflösung zieht sich länger hin, als man erwarten würde, und bringt dennoch eine gewisse Klarheit in die Handlung. Besonders Maxim überzeugt als aktiver Spieler, der einige der kniffligen Rätsel löst. Diese Rätsel sind durchweg anspruchsvoll, aber leider zu selten und dadurch ungleichmäßig in die Handlung integriert. Hier hätte eine stärkere Gewichtung auf die Rätsel das Konzept abrunden können.

Fazit:
„Achte auf jedes Wort!“ – Dieses Motto passt perfekt zu einer Geschichte, in der eine KI den Spielern eine präzise und oft erbarmungslose Herausforderung stellt. Ursula Poznanski wirft ihre Figuren in ein Abenteuer, das sie nicht so schnell vergessen werden. Die künstliche Intelligenz erweist sich dabei als unbarmherzig und stellt nicht nur die Spieler, sondern auch die Leser vor Fragen: Hat eine KI ein Gewissen? Wie weit kann sie die Grenzen der Menschlichkeit ausreizen? Die düstere Stimmung, die eindrucksvollen mittelalterlichen Bilder und die bedrückende Atmosphäre überzeugen. Doch Schwächen wie die unklare Figurenverteilung, ein schwankender Spannungsbogen und zu wenige Rätsel mindern den Gesamteindruck für mich. Wer jedoch eine KI beim kompromisslosen Umsetzen ihrer Ziele beobachten möchte, wird hier auf seine Kosten kommen.

Matthias Göbel

Autorin: Ursula Poznanski
Verlag: Droemer Knaur Verlag
Gebundene Ausgabe: 400 Seiten
Veröffentlichung: 01.02.2024
ISBN: 9783426448373

 

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