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...die romantische Käsekuchenverkostung

Zu klug zum Überleben


Jenkins

Empfohlene Beiträge

Nach längerer Abwesenheit vom Forum hier möchte ich mal ein Thema mit euch diskutieren, das mich echt vom Hocker haut:

Der zum Tode verurteilte Amerikaner Daryl Atkins ist während seiner Haft offenbar intelligenter geworden. Deswegen droht ihm statt Gnade nun die Hinrichtung.

Im Jahr 2002 schrieb Daryl Atkins Justizgeschichte. Anhand seines Falls entschied das höchste Gericht der USA, dass die Hinrichtung geistig Behinderter verfassungswidrig und damit verboten sei.

Heute muss ausgerechnet jener Häftling, der indirekt anderen Todeskandidaten das Leben rettete, die Exekution fürchten. Sein Problem: Tests haben ergeben, dass er in den Jahren seiner Haft scheinbar intelligenter geworden ist - womöglich «zu klug», um als geistig Behinderter von der Exekution verschont zu bleiben.

Experten halten es für möglich, dass Atkins der ständige Umgang mit seinen Verteidigern während der Berufungsanträge bis zum höchsten US-Gericht intellektuell stimulierte. «Das ist wirklich ein besonders tragischer Fall», sagt Richard Dieter vom Todesstrafen-Informationszentrum in Washington.

Der Afroamerikaner war 18 Jahre alt, als er zusammen mit einem Komplizen im Staat Virginia einen Mann entführte, ihn dazu zwang, Geld von einem Bankkonto abzuheben und dann erschoss. Der Mord brachte ihm die Todesstrafe ein. Tests ergaben dann, dass sein Intelligenzquotient nur bei 59 lag. Die Grenze zur geistigen Behinderung liegt in Virginia bei 70.

Bei zwei neueren Untersuchungen, kürzlich und im vergangenen Jahr, ereichte Atkins 76 beziehungsweise 74. Die Staatsanwältin Eileen Addison sieht sich damit in ihrer Überzeugung bestätigt, dass Atkins nie geistig behindert war und die Hinrichtung verdient. Und ungeachtet Testergebnisse könne der Straftäter gar nicht behindert sein, so argumentiert sie, «weil wirklich Behinderte solche Verbrechen nicht begehen».

Nach den Gesetzen in Virginia muss nun eine Geschworenenjury entscheiden, ob Atkins hingerichtet werden darf oder nicht. Die Verteidigung will sich dabei unter anderem auf den Psychologen Evan Nelson stützen, der Atkins bereits getestet hat und die beiden jüngsten Untersuchungsergebnisse für unmassgeblich hält.

Sie seien das Ergebnis einer mentalen Stimulation, die durch den Fall selbst erzeugt worden sei: «Er wurde intellektuell mehr stimuliert als während seiner Jugend und als junger Erwachsener», zitierte die «New York Times» den Experten kürzlich, «so hat er das Schreiben und Lesen geübt, etwas über juristische Fragen und die Kommunikation mit Profis gelernt.» (raa/sda)

Quelle: tagesanzeiger.ch

Am dümmsten finde ich die Äußerung der Staatsanwältin, dass "echt"-geistig behinderte gar nicht solche Verbrechen begehen würden. Ah, ja, alles klar. Wo hat sie das bitte schön her? das ist ja fast Stammtisch-Niveau.

Ich will nicht die Schrecklichkeit des Verbrechens mit euch diskutieren, die sicherlich überhaupt nicht in Frage steht, sondern die moralische Seite.

Ich kann dazu nur sagen, dass ich generell gegen die Todesstrafe bin.

Die Gemeinschaftssysteme dieser Welt sind von Menschen erschaffen, die sich in Gruppen zusammengetan haben und Normen und Werte entwickelt haben, die sie für das Überleben der Gemeinschaft für wichtig empfanden bzw. empfinden. Unsere Staaten mit ihren Gesetzen sind die Schlussfolgerung aus diesem Prozess.

Natürlich haben die Gemeinschaften das Recht, ihr Überlebens-System vor denen zu schützen, die nicht daran teilhaben, also sich nicht an die Normen halten.

Aber dürfen sie vor diesem Hintergrund über Leben und Tod entscheiden? Da schwingt mir bedenklich viel von diesem nicht-in-Frage-stellbaren gottgegebenen System mit, dass Gott ja eigentlich hinter dem System steht und daher auch die Entscheidung über Leben und Tod in seinem Sinne ist.

Was haltet ihr davon?

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Naja, was soll man dazu noch groß sagen?

Eine große Mehrheit scheint in den USA für die Todesstrafe zu sein, auch wenn das gegen unser Rechts - und Menschlichkeitsempfinden ist.

und die Hinrichtung verdient

Dazu muss man nicht wirklich was sagen, oder?

Uns bleibt allerdings hier in Europa nicht sehr viel anderes übrig, als zuschauen zu müssen. Das krasseste wäre es natürlich, wenn die UN sanktionen gegen die USA verhängen würde...Gründe gibt es ja genug vorallem seit dem letzten Irakkrieg. Sämtliche Organisationen rügen regelmäßig die USA wegen ihrer Menschenrechtsverletzungen. Nur dumm, dass die USA Veta gegen UN Entscheidungen einlegen kann *g*

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Eine allgemeine Diskussion zur Todesstrafe (dafür/dagegen) hatten wir zuletzt in diesem Thread.

Unabhängig davon meine Meinung zu diesem Einzelschicksal:

Ich halte eigentlich nicht viel davon, die Intelligenz eines Menschen zu "messen" und halte diese Tests ebenso nicht für sonderlich repräsentativ, allein schon, weil die kognitive Leistungsfähigkeit nicht unerheblich von der Tagesform beeinflusst wird.

Meines Erachtens sollte der Täter nicht rückwirkend bestraft werden, weil er im Laufe der Zeit seinen Intellekt weiterentwickelt hat. Ich sehe auch keinen Sinn darin, diese Fortschritte mit der Todesstrafe zu ahnden, denn man kann jene auch als Zeichen einer Resozialisierung deuten. Ferner soll er seine Tat begangen haben, als er noch "minderbemittelt" war - allein diese Situation sollte maßgebend für ein verbindliches Urteil sein.

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