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...für die moderne Dame

USS Communtiy Die Pause Teil IX


CptJones

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Wenige Stunden, nachdem die Nachricht durch den Subraum mit high Warp unterwegs war, erreichte diese die Empfangsphalanx der USS Community.

George hatte sich inzwischen zum Mittagsessen im Quartier eingefunden, wo auch schon Jenax und die Kinder zugegen waren.

Kaum hatten sich die Schotten hinter dem Chefingenieur geschlossen, da zirpte auch das Terminal.

 

„Ich gehe schon ran!“ sagte George und betätigte die große Taste am Deskviewer.

 

„Von wem ist es?“

 

„Von Mili Imzadi. Ihre Kleine ist geboren……“

 

Jenax tauchte so schnell wie ein Schatten an Georges Seite auf und betrachtete sich den Schirm.

 

……“Die Häuser Kar'mek auf Qo'nos und Thycham auf Halii geben mit großer Freude die Geburt der Tochter Linyssji von H'Qar, zentai des Hauses Kar’mek, und Ranar Milseya Anquenar, Erste des Hauses Thycham, bekannt. Glückwünsche und Geschenke werden im Hause Kar'mek angenommen.“…..

 

 

„Da ist noch ein Videofile in der Nachricht eingebetet worden“ sagte George. „Willst Du es dir gleich anschauen?“

 

„Nein heute Abend. Dann haben wir auch ausreichend Zeit.“

 

„Wie Du meinst. Wir müssen noch ein Geschenk aussuchen und… „

 

„Da habe ich schon was im Auge Imzadi. Heute Nachmittag werde ich es auf den Weg bringen.“

 

„Ok……“ George schaltete den Schirm aus und steuerte den Replikator an. Nur wenige Sekunden später war die Luft mit dem Duft von einem Topf mit dampfenden Gumbo erfüllt.

 

 

 

 

 

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Als Sam das Quartier betrat, saß Assjima mit dem Rücken zu ihm an ihrem Schreibtisch. „Imzadi – der Falke ist fertig. Wir können gleich morgen früh fliegen.“

 

„Prima …“ antwortete sie geistesabwesend. „Vartik lässt fragen, ob wir ihn mitnehmen können … so er wegen dieser Gel-Packs überhaupt weg ka … AUTSCH!“  Sie steckte den Daumen in den Mund.

 

„Was ist denn passiert?“ Mit zwei langen Schritten stand er neben ihr. Vor ihr auf dem Schreibtisch lag eine Zeichnung – übersät mit Holzspänen – ein Messer, ein Stück Holz und ein Hautregenerator.

 

„Ich habe mich nur geschnitten. Bin wohl ein wenig aus der Übung“ antwortete sie lächelnd und griff nach dem Regenerator. „Ist nicht das erste Mal.“

 

Sam nahm das Holzstück in die Hand und betrachtete es interessiert. „Soll das ein Kamel werden?“

 

„Ja. Für Linyssjii.“

 

„Wer ist Linyssjii?“

 

„Milis und H’Qars kleine Tochter. Sie ist endlich da.“

 

Ein breites Lachen breitete sich auf dem Gesicht des Betazoiden aus. „Und sie ist bestimmt wunderschön! Vorausgesetzt, das klingonische Gebiss wird rezitativ vererbt.“

 

„Wird es – sie ist perfekt. Mili hat ein Video mitgeschickt. Du kannst es dir gerne anschauen.“ Sie deutete auf das Terminal und rutschte etwas beiseite um ihm Platz zu machen.

 

„Und warum tränkst du nun ein Holzstück mit deinem Blut“ fragte Sam, während er sich die Aufnahmen anschaute.

 

„Es soll nur ein Spielzeug werden“ murmelte Assjima, während das Messer vorsichtig über das Holz glitt.

 

„Warum kaufst du nicht einfach eines anstatt dich zu verstümmeln?“

 

„So etwas kann man nicht kaufen. Das muss selbstgemacht sein …“

 

Sam drehte sich zu ihr um und betrachtete sie erstaunt. „Dann gehe ich mal davon aus, dass es nicht nur um das Spielzeug an sich geht? Warum gerade ein Kamel?“

 

„Es gibt auf Halii kein vergleichbares Tier. Ich habe in der Datenbank nachgeschaut. Es soll die Wunder dieses Universums symbolisieren. Das Fremde, das Unbekannte. Die Gesichter dieser Tiere sehen nicht sehr intelligent aus. Sie sind nicht einmal schön zu nennen. Doch der Schein trügt. Wie so vieles in unserer Realität. Doch hast du einmal in die Augen eines Kamels geschaut? Sie sind unglaublich sanft, tief, unergründlich und gleichzeitig weise, friedlich und voller Liebe. Sie haben eine wunderbare Seele. Sie sind genügsam, passen sich perfekt ihrer lebensfeindlichen Umwelt an, sind treue Freunde und Helfer der Menschen …“

 

„Sie sind stark, schnell, wehrhaft … und sie baden nur ungern. Perfekt für ein klingonisches Kind. Perfekt für die Tochter H’Qars“ lachte Sam. „Doch was ist mit Mili? Du solltest noch einen Delphin dazu schnitzen.“

 

Assjima schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Delphine haben kalte Augen und ein falsches Lächeln. Sie gaukeln vor, mehr zu sein als sie sind. Kamele hingegen sind bescheidene Wesen. Und da die Kleine vermutlich erst einmal auf Kronos aufwachsen wird … zumindest nehme ich das an … brauche ich kein Badewasser hinzugeben. Es reicht mit dem Trinkwasser.“

 

„Und warum repliziertst du es nicht einfach?“

 

Die Deltanerin legte Holztier und Messer auf den Tisch und streckte Sam die Hände entgegen. „Weil es durch meine Hände entstehen muss. Es ist nicht einfach nur ein Spielzeug. Mit jedem Holzspan, den ich entferne webe ich einen Wunsch, einen Gedanken oder ein Gebet hinein. Jeder Augenblick, den ich diesem kleinen Ding widme, ist ein Teil meiner Zeit, den ich der Kleinen schenken möchte.  Und wenn ich mich dabei schneide, so nimmt das Holz mit meinem Blut ein wenig meiner Lebenskraft und meiner Energie in sich auf.“

 

Sam nickte verstehend. „Deine Energie, deine Zeit, deine Kreativität und deine Wünsche für die Kleine. Das Geschenk einer deltanischen Priesterin.“ Er stand auf. „Ich glaube, ich muss auch was für Linyssjii basteln. Damit sie auch noch ein paar technische Inspirationen für ihren Lebensweg mitbekommt.“

 

„Imzadi … kannst du bitte vorher noch den Brief lesen, den Milseya mitgeschickt hat? Ich bin mir nicht sicher, ob ich alles verstehe …“

 

Verwundert setzte er sich erneut vor das Terminal. „Ich soll den Brief deiner Freundin lesen? Dürfen Ehemänner das überhaupt?“

 

„Du bekommst meine ganz besondere Erlaubnis. Dieses eine Mal“ antwortete Assjima schmunzelnd und wandte sich wieder ihrer Schnitzerei zu.

 

Ein paar Minuten später stand Sam auf, ging hinüber in die Küchenecke und werkelte dort herum. Dann kam er mit zwei Tassen Tee zurück, stellte beide auf den Schreibtisch, setzte sich und schaute Assjima nachdenklich an. „Was um alles in der Welt ist ein Oumriel?“

 

„Ein ganz besonderer Freund Mehr als ein Freund … eine Art Seelenverwandter. Danke für den Tee …“

 

„Weiß H’Qar, dass Mili dich als Oumriel betrachtet?“

 

Assjima legte das Spielzeug, welches inzwischen tatsächlich immer mehr einem Kamel ähnelte, beiseite. „Ich weiß es nicht. Vermutlich schon. Mili würde keine Geheimnisse vor ihm haben wollen. Und vermutlich wird er es akzeptieren. Auch wenn es ihm nicht sonderlich gefallen wird.“

 

„Muss für die Zwergenkönigin eine komische Situation sein …“ dachte Sam laut. „Der Gatte schiebt einen unerklärlichen Hass auf die beste Freundin. Wenn das auf Dauer mal gut gehen wird.“

 

„Mili kann damit umgehen.“

 

„Und du?“

 

Die Deltanerin seufzte leise. „Ich vermisse H’Qar. Aber ich akzeptiere seine Entscheidung. Mehr kann ich nicht tun.“

 

„Es muss ihn sehr große Überwindung gekostet haben, dass die Kleine auch deinen Namen tragen soll.“

 

„Es war Milis Wunsch und seine Liebe ist tief.“

 

„Trotzdem … er hätte sich weigern können. Vielleicht besteht ja doch noch Hoffnung, dass er eines Tages über seinen sturen klingonischen Schatten springen wird.“ Sam lächelte über den Rand seiner Tasse hinweg. „Aber was mein Mili mit …“ Er scrollte sich durch den Text: „Linyssjii ist Teil deiner Lehren. Sie sieht die Welt mit deinen Augen – und doch scheint es mir als ob du im Vergleich zu ihr blind bist. Klingt das anmaßend? Womöglich. Aber was sie mir gezeigt hat … oh Assjima, ich wünschte, du hättest es gesehen. Es hätte dich …“ Er schüttelte den Kopf. „Das kapiere ich nicht. Warum schreibt sie sowas? Das ist doch verletzend.“

 

„Dass ich im Vergleich zu einem neugeborenen Kind blind sei? Vielleicht bin ich es in den letzten Jahren geworden … je mehr ich verlernt habe, das Universum mit den neugierigen Augen eines Kindes zu betrachten. Aber ich glaube nicht, dass sie das so gemeint hat. Irgendetwas scheint dieses Kind in den Augen Milseyas von anderen zu unterscheiden. Vielleicht hat es etwas mit diesen seltsamen Kapuzenwesen zu tun, von denen sie während ihrer Schwangerschaft behandelt wurde. Ich vermute auch, dass sie in den Zeiten ihrer Abwesenheit nicht nur Urlaub auf Halii oder Kronos gemacht hat. Da ist irgendetwas vor sich gegangen. Ist dir nicht auch aufgefallen, dass sich ihre Form der Empathie in den letzten Monaten verändert hat? Haliianer sind Kontakttelepathen. Und selbst dann benötigen sie ihren Canar. Mili ist zudem zur Hälfte Bajoranerin. Dennoch hat sie in uns anderen wie in einem offenen Buch lesen können. Womöglich eine temporäre Fähigkeit, die sich während der Schwangerschaft in ihr angesammelt hatte und sich nun auf das Kind übertragen hat.“

 

„Hmmm … So eine Art Wunderkind? Ich weiß nicht …“ brummte Sam. „Ich misstraue Wunderkindern. Vor allem, wenn ich das Gefühl habe, dass da nicht irgendeine göttliche Macht, sondern jemand verdammt Greifbares die Finger im Spiel haben könnte. Ich habe mal so eine Geschichte gehört, in der eine mysteriöse Sekte ein Kind geklont haben soll, um mit dessen Hilfe Armageddon auszulösen. Das Kind war so eine Art Antichrist. Soll jeden abgemurxt haben, der sich ihm in den Weg gestellt hat. Aber vielleicht kann die Kleine ja auch nur wunderbar Klavier spielen. Solche Wunderkinder mag ich. Könnte Mili aber nicht wie jede andere Mutter ihr Kind als das Wunderbarste der Welt betrachten? Ich meine … es grenzt ja schon beinahe an ein Wunder, dass sie dieses Kind überhaupt bekommen hat.“

 

„Bei Baru'Q hat sie aber nicht so reagiert. Und das der Junge gesund geboren wurde war wirklich ein Wunder.“

 

„An dem du nicht ganz unschuldig gewesen sein sollst … wird zumindest gemunkelt.“

 

„Du meinst wegen dieser Essenzen? Lass das nur nicht H’Qar hören!“

 

„Damit er an seinem fehlgeleiteten Stolz erstickt? Ich bin doch nicht lebensmüde. Die Zwergenkönigin würde mich doch glatt umbringen!“ Sam stand auf und trug die beiden leeren Tassen zurück in die Küche. „Was wirst du Mili antworten?“

 

„Ich weiß es noch nicht. Wenn dieses Spielzeug hier fertig ist, werde ich vielleicht etwas klarer sehen.“

 

„Dann werde ich dich nicht länger stören. Wenn du mich suchst – ich bin in der Bastelstube.“

 

„Ich hoffe, der Biervorrat reicht dir und deinen Kumpels. Aber denke daran, dass wir morgen früh zeitig los wollen.“

 

„Wie könnte ich das vergessen? Ist doch die perfekte Gelegenheit, die Vorräte wieder aufzufüllen.“ Er küsste Assjima auf den Kopf. „Bis später, Imzadi.“

 

 

 

 

 

 

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Che Milseya minsa …

 

So vieles ist in den letzten Wochen geschehen. Eine bedrückende Begegnung mit Jeremys Eltern, lange Gespräche mit Melora, stundenlange Sitzungen mit der Admiralität der Sternenflotte, unterbrochen von elendigem Pauken für dumme Prüfungen, eine Beförderung, auf die ich mich nur eingelassen habe, um ein Versprechen einzulösen … wie viel leichter wäre all das mit dir an meiner Seite gewesen. Aber auch viele fröhliche Stunden mit einem aufgeräumten, gutgelaunten Vartik Tanrim in einer finnischen Sauna, auf einer sonnenüberfluteten Veranda an einem See inmitten tiefer Wälder, Metaxas Konzerte, verflüssigt durch ihren selbsternannten Schnaps, eine sehr fröhliche und sehr feuchte Party zu Ehren Georges und meinereiner … wunderschöne Stunden, in denen du mir gefehlt hast. Und dann die seltsame Begegnung mit einer alten Frau - von der ich glaube, dass es Glonta war – die zu verstehen ich deinen Rat benötigt hätte. Ich glaube nicht, dass außer Sam irgendjemand in meinem Umfeld nachvollziehen kann, wie sehr ich dich vermisse …

 

Assjima hielt einen Moment lang inne. Gedankenverloren kaute sie an dem Federhalter, tauchte ihn erneut in das Tintenfass und schreib weiter:

Nein, das stimmt nicht ganz. Elijah … er fühlt es. Dessen bin ich mir sicher. Er hat mir vor einer Stunde einen kleinen Zettel auf den Schreibtisch gelegt. Das Gedicht eines seiner verehrten irdischen Poeten …

 

Der wahre Freund

Der ist mein Freund, der mir stets des Spiegel zeigt,
den kleinsten Flecken nicht verschweigt,
mich freundlich warnt, mich ernstlich schilt,
wenn ich nicht meine Pflicht erfüllt'.
Das ist mein Freund – so wenig wie er's scheint!
Doch der, der mich stets schmeichelnd preist,
mir alles lobt, nie was verweist,
zu Fehlern mir die Hände beugt,
und mir vergibt, eh' ich bereut
– das ist mein Feind –
so freundlich er auch scheint!"

 

 

Oh wie sehr gehen mir diese lobenden „Freunde“ auf die Nerven (sie vermehren sich derzeit wie die Kaninchen) und wie sehr vermisse ich den Spiegel, den du mir stets vorhältst.

Es erfüllt mein Herz mit großer Freude, dich mit deiner kleinen Linyssji zu sehen. Es ist nur eine Aufzeichnung, aber dennoch spüre ich das Glück in dir als wäre es mein eigenes. Eines Tages werde ich die Kleine in meinen Armen halten und ihr in die Augen schauen. Dann werde ich deine Worte vielleicht verstehen ... so es die beschränkte Weisheit einer Frau, die selber noch keinem Kind das Leben geschenkt hat, überhaupt zulässt. Bis zu diesem Augenblick werde ich mich in Geduld üben und mich blind auf dein Gefühl verlassen. Natürlich kann ich nicht garantieren, dass mich meine Neugier bis dahin nicht gänzlich aufgefressen hat. (Und nein … ich mahle mit diesem altmodischen Federhalter keinen stillosen Smiley hinter diese Bemerkung!) Du wirst dich dann eben mit meinen kläglichen Überresten begnügen müssen.

 

Die Tür öffnete sich und Sam trat ein. „Du bist noch wach, Imzadi?“

 

„Ich schreibe an Mili“

 

„Von Hand? Mit so einem altmodischen Ding? Wo hast du das denn her?“ Sam nahm den Federhalter in die Hand und betrachtete ihn.

 

„Ischila hat ihn mir mal geschenkt. Sie behauptet, dass sich die Gedanken in seiner Spitze sammeln und viel leichter fließen würden, als wenn man den Text einem Computer diktieren würde.“

 

„Ich wusste gar nicht, dass du so eine schöne Handschrift hast.“

 

Assjima lachte. „Die wurde uns in der weißen Schule eingemeißelt. Was hast du da gebastelt?“ Sie deutete auf das kleine Päckchen in seiner Hand.

 

„Es ist nur ein Spielzeug. Als ich ein Kind war, hatte einer der Zöglinge meiner Mutter so einen kleinen Blechroboter, der viele lustige Kunststückchen machen konnte. Ich wollte auch so einen haben, aber mein Vater hat mir die Anschaffung verboten. Das Ding war seiner Meinung nach viel zu albern. Stattdessen bekam ich zum Geburtstag ein blödes Spielzeuggewehr, mit dem man farbige Kugeln auf andere Kinder schießen konnte. Ich habe es gehasst.“ Sam wickelte einen bunten Blechkerl mit großen Kulleraugen aus dem Tuch und stellte ihn vor Assjima auf den Schreibtisch. „Der kleine Bursche macht das, was man ihm befiehlt. Rolle rückwärts, Kniebeugen, Zunge rausstrecken … meistens zumindest. Ich habe aber einen kleinen Zufallsgenerator eingebaut, so dass er immer wieder mal was vollkommen anderes anstellt. Man kann mit Technik viel Spaß haben, aber man darf sich nie blind auf sie verlassen.“

 

Die Deltanerin nahm ihn in die Hand. „Er ist wunderschön! Besonders die Augen hast du toll hinbekommen.“

 

„Und extrem stabil. Ein halbklingonisches Kind mit haliianischem Temperament. Da muss Spielzeug so einiges aushalten können. Den kann sie nach bester Mili-Manier an die Wand knallen. Und er wird ihr anschließend immer einen Vogel zeigen. Ich habe übrigens ein paar Kontakte spielen lassen. Wir geben das Päckchen morgen früh vor unserem Abflug bei einem Freund von mir in der Orbitalstation ab. Der schickt es dann auf die Reise. Diverse Zwischenstationen, Umladen … egal … ist alles geregelt. Nur schnelle Kurier-Schiffe … In vier, spätestens fünf Tagen wird es bei Mili sein.“

 

„Fantastisch. Dann kann ich den Brief da auch gleich mitschicken. George hat mir erzählt, dass er auch noch ein Geschenk für Linyssji besorgen wollte. Möglicherweise möchte er es auch mitgeben?“

 

„Okay – ich sag ihm Bescheid. Und am besten gehe ich auch gleich bei Flight vorbei. Falls die auch noch was loswerden wollen. Du hast noch 15 Minuten für deinen Brief. Dann will ich ins Bett … Ach ja … kannst du den Blechkerl noch einpacken? Mit Geschenkpapier stehe ich auf Kriegsfuß. Das bleibt mir immer an den Fingern kleben. Und richte Mili meine herzlichsten Glückwünsche aus. Blechbüx lässt übrigens auch grüßen. Er hat mir geholfen und dabei drei Dosen bestes Öl in sich hineingeschüttet.“

 

Assjima schmunzelte. „Wird erledigt.“

 

Als Sam zur Türe hinaus war, konnte sie den Faden nicht wieder so richtig aufnehmen. Also ergriff sie ihn am anderen Ende:

 

Sam war eben hier und lässt dich von Herzen grüßen. Er hat zusammen mit Blechbüx (der sich inzwischen zu einem richtigen Schluckspecht entwickelt – sein Ölkonsum bereitet mir langsam doch Sorgen – er vermisst dich ebenfalls) ein Spielzeug für Linyssji gebastelt. Auch ich habe das Laserskalpell gegen ein altmodisches Schnitzmesser getauscht und mir die Hände verstümmelt. Das Geschenk eines Mechanikers und das einer Priesterin. Du wirst sie beide verstehen und sie deiner kleinen Tochter irgendwann erklären … so dies überhaupt notwendig sein sollte.

 

Sam … er ist mein Fels in der Brandung. Jetzt, da du nicht da bist, umso mehr. Es erstaunt mich immer wieder, wie viel er bereit ist zu schlucken. Das Leben mit mir ist für ihn nicht immer einfach. So wie es für H’Qar mit dir auch nicht immer leicht sein dürfte. H’Qar hat das stoische Gemüt eines Klingonen, Sam die Empathie des Betazoiden und so gehören wir beide zu den wenigen Frauen dieses Universums, die das Glück einer bedingungslosen Liebe erfahren dürfen. 

Ich träume manchmal von H’Qar. Erinnerungen an die Zeit, in der ich ihn noch meinen Freund nennen durfte. Es sind nur Erinnerungen. Nur Träume … Wünsche eben, fern der Realität des Hier und Jetzt. Ich respektiere seine Wünsche und werde ihm auch in Zukunft nach außen hin die kalte Schulter zeigen. Dennoch werde ich ihm in meinem Herzen immer einen Platz freihalten, denn seine Freundschaft kann durch nichts und niemanden ersetzt werden. Vermutlich würde er sich angewidert abwenden, wenn du ihn in meinem Namen umarmen und küssen würdest. Deswegen möchte ich dich bitten, ihm meine Glückwünsche zur Geburt seiner Tochter auszurichten, die seine Stärke, seinen Stolz, seinen Mut, seine Weisheit und seinen Großmut an die späteren Generationen weitergeben wird. Und ich fühle mich geehrt, dass er meinen Namen in seine Linie aufgenommen hat.  

 

Obwohl ich ehrlich gesagt nicht ganz verstanden habe,  wie dies aussieht. Hat die Kleine denn nun vier Namen oder ist es das „ssji“ in Linyssji? (Nein, nein, nein … kein Smiley!)

 

Es ist noch nicht offiziell, aber alles sieht danach aus, dass wir doch bald in Richtung Breenraum aufbrechen werden. Ob mit der Community oder mit einem anderen, kleineren Schiff steht noch in den Sternen. Aber wir haben laut Dackbad nicht mehr viel Zeit (Dackgong vermisst übrigens deine bequemen Füße). Dreieinhalb Monate … dann schaffen die Ok-Ta ihre Eier in die Nähe des Nebels damit Glonta den Jungen beim Schlüpfen nahe sein kann. Botschafterin Anquenar kann es hoffentlich so einrichten, dass sie diese Begebenheit aus nächster Nähe beobachten kann. Dieser Gedanke erleichtert mir die Vorstellung dieser kniffeligen Mission ein wenig. Denn in den Subraum einzudringen ohne dich an der Steuerkonsole zu wissen bereitet mir - gelinde gesagt - ein gewisses Unbehagen.  Doch irgendwie hast du es bisher immer geschafft, im richtigen Moment an der richtigen Stelle zu sein. Du wirst es auch diesmal schaffen.

 

Und deswegen bin ich mir sicher, dass wir uns sehr bald wiedersehen werden.

 

In Liebe

Deine Schwester Assjima

 

Die Deltanerin lehnte sich zurück, dachte noch einmal kurz nach und schickte als Antwort auf die Transmission Milseyas eine kurze Grußbotschaft zurück, mit dem Hinweis, dass sie in wenigen Tagen Post zu erwarten hätte. Dann replizierte sie einen Bogen Geschenkpapier und packte den kleinen Roboter liebevoll ein. Das hölzerne Kamel wurde noch einmal kurz mit Schmirgelpapier überarbeitet und dann sorgfältig mit einem süßlich riechenden Duft-Öl eingerieben, bevor es in eine Schatulle gebettet und mit einer rosa Schleife versehen wurde.

Es war spät geworden. Sam war schon vor ein paar Minuten zurück gekommen, hatte im Badezimmer rumort und lag nun mit einem kleinen Buch bewaffnet im Bett.

 

„Was liest du da?“ frage Assjima, während sie unter die Decke kroch.

 

„Ein paar Gedichte von Christian Fürchtegott Gellert. Hat Elijah mir heute Nachmittag in die Hand gedrückt. Ist ziemlich öde … aber das hier finde ich nett:

 

Von ungefähr muß einen Blinden
Ein Lahmer auf der Straße finden,
Und jener hofft schon freudenvoll,
Daß ihn der andre leiten soll.

»Dir«, spricht der Lahme, »beizustehen?
Ich armer Mann kann selbst nicht gehen;
Doch scheint's, daß du zu einer Last
Noch sehr gesunde Schultern hast.

Entschließe dich, mich fortzutragen,
So will ich dir die Stege sagen:
So wird dein starker Fuß mein Bein,
Mein helles Auge deines sein.«

Der Lahme hängt mit seinen Krücken
Sich auf des Blinden breiten Rücken.
Vereint wirkt also dieses Paar,
Was einzeln keinem möglich war.

Du hast das nicht, was andre haben,
Und andern mangeln deine Gaben;
Aus dieser Unvollkommenheit
Entspringet die Geselligkeit.

Wenn jenem nicht die Gabe fehlte,
Die die Natur für mich erwählte,
So würd er nur für sich allein
Und nicht für mich bekümmert sein.

Beschwer die Götter nicht mit Klagen!
Der Vorteil, den sie dir versagen
Und jenem schenken, wird gemein,
Wir dürfen nur gesellig sein.

 

„Passt irgendwie zu dir und Mili“ Lachend legte er das Buch zur Seite und kuschelte sich an seine Frau.

 

„Stimmt. Passt aber auch auf dich und mich. Du bist eindeutig der Blinde.“

 

„Und du die Lahme mit dem Krückstock. Darf ich dich morgen tragen?“

 

„Wohin du willst, Imzadi“

 

 

 

Bearbeitet von Assjima
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Sorgfältig hatten George und Jenax das Geschenk für Millis neugeborene Tochter Linyssjii eingepackt. Es handelte sich hierbei um einen handgemachten Teddybären, der besonders robust gefertigt war, und einen beinahe Handflächen großen Gesangsstein.

Diesen hielt George einige Momente lang in der Hand und lauschte der Melodie, die sich nach der Stimmung des Trägers richtete, und legte ihn wieder zurück.

 

„Ich frage mich, was dieser Stein bei einer Halbklingonin spielen wird?“, sagte George.

 

„Die Kleine wird es als Erstes erfahren George“, antwortete Jenax und betrachtete sich noch mal ihr Werk von allen Seiten.

 

„Am besten ich bringe es gleich Assjima. Denn wenn die Jungs es entdecken, sinken die Überlebenschancen gegen null.“ George blickte dabei zu seinen beiden kleinen Söhnen, die gerade mit Jerry Lee spielten. Der Hund legte eine beneidenswerte Geduld an den Tag.  

Jenax überreichte George das Paket.

 

„Ich habe noch ein paar Fotos von Aiden und Andrew für Milli beigelegt.“

 

„Gute Idee. Die beiden wachsen in letzter Zeit derart, dass man meinen könnte, es gäbe was zu gewinnen“, George schmunzelte kurz.

„Ich bin gleich wieder zurück.“

 

 

 

 

 

 

 

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„Wer war das?“ murmelte Assjima verschlafen und zog die Bettdecke über den Kopf.

 

„George. Er hat ein Päckchen für Linyssji abgegeben. Na ja … eigentlich sind es zwei.“

 

„Was … jetzt? Mitten in der Nacht? Kannst du bitte das Licht wieder ausmachen?“

 

Sam stand nur mit Pants bekleidet im Raum – in jeder Hand ein kleines Packet – und plapperte los, ohne auf Assjimas Einwurf zu reagieren. „Also … das hier ist weich … da scheint ein Plüschtier drin zu sein. Das andere ist hart …“ Er schüttelte das kleinere Packet. „Keine Ahnung … könnte ein Stein sein. Vielleicht ein Canar?“

 

„Die bekommt man nicht von den Freunden der Eltern zur Geburt geschenkt“ brummte es unter der Decke hervor. „Mach das blöde Licht aus und komm endlich wieder ins Bett. Ich will schlafen.“

 

Lachend lies Sam sich neben ihr auf die Matratze fallen, zog die Decke beiseite und hielt ihr den eingepackten Stein vor die Nase. „Komm … rate einfach mal. Ich würde sagen: Knetmasse, die man erst warm machen muss, bevor sie bearbeitet werden kann. Oder ein etwas unförmiger Parfümflacon. Vielleicht aber auch eine steinerne Schatulle, in der sie Haarspangen aufbewahren kann. Oder für ihren Zahnspitzer, den sie garantiert vom Papa bekommen hat. Seit fünf Generationen im Familienbesitz …“

 

Assjima kicherte leise, legte ihre Arme um seinen Nacken und zog ihn sanft an sich. „Vermutlich ist es einfach nur ein Lutschstein. Jeden Tag nur einmal daran schlecken und er hält garantiert ein ganzes Leben lang. Computer – Licht aus!“

 

Noch bevor Sam das Päckchen auf den Nachtisch legen konnte, stieß dieses ein leises Stöhnen aus und summte eine kleine Melodie, aus der man mit etwas Phantasie einen Text heraushören konnte: Je t‘aime je t’aime, Oh oui je t’aime - Moi non plus …

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  • 2 Wochen später...

 

Die untergehende Sonne tauchte die schroffen Berge am Horizont in warmes Licht und lies den Staub über der Ranch orange-golden glitzern. Die flimmernde Hitze des Tages wurde nun von einem kühlenden Luftzug vom Meer her kommend in das Innere des Gebirges vertrieben und fleißige Hände waren damit beschäftigt, überall auf dem Gelände Fackeln zu verteilen, die später am Abend angezündet werden sollten.

Vartik, Pekka, Metaxa, Sam und Assjima lehnten gut gelaunt an einem grob gezimmerten Zaun und wohnten mit lautstarker Begeisterung dem Spektakel in der Mitte des Platzes zu. Dem Anlass entsprechend hatten sich alle passend herausgeputzt. Pekka und Sam steckten in stramm sitzenden Jeans, karierten Hemden und bestickten Stiefeln. Vartik hingegen trug einen dunklen Gehrock im Stil des frühen 20. Jahrhunderts mit Rüschenhemd und schmalem Lederschlips. Dazu einen eleganten Stetson und eine dicke, vor sich hin kokelnde Zigarre im Mundwinkel. Metaxa und Assjima waren sich einig: Der Captain machte in dieser Aufmachung eine ausgenommen gute Figur.

 

„Weißt du, Schätzchen … unsere Jungs sehen ja schon ziemlich knackig aus“ kommentierte die Andorianerin „Aber Vartik ist einfach der Hammer. In diesem Anzug strahlt er noch viel mehr Autorität aus als gewöhnlich.“

 

„Ich glaube, so eine alte Offiziersuniform würde ihm auch gut stehen“ antwortete Assjima. „Ein dunkelblauer Zweireiher mit vielen Orden an der Brust. Mit blank geputzten Schuhen und einer hohen Mütze mit Kordel und Schirm. Das wäre viel schicker als unsere bequemen aber unpraktischen Stretchanzüge.“

 

„Ein Diplomat wie er sollte nicht im Schlafanzug rumrennen müssen.“ Metaxa nahm einen langen Zug aus ihrer Bierflasche. „Oh … WOW! Hast du das gesehen?“

 

Assjima drehte den Kopf zur Seite und warf dem muskulösen Jungen einen Blick zu, der sich mit einer Hand an einem um den Körper des tobenden Stiers geschlungenen Seil festkrallte und den anderen Arm balancierend zur Seite wegstreckte. „Nein. Was war denn?“

 

„Der wäre gerade eben fast über den Kopf des Stiers hinweg geflogen. Hat sich aber gekonnt gerettet. Der Bursche hängt jetzt schon fast zehn Sekunden auf diesem Monstrum. Wenn du mich fragst … ach nein! Wie schade!“ Der junge Mann flog in hohem Bogen durch die Luft und landete unsanft im Staub. „Blöder Stier! Jetzt wird der Hässliche von vorhin gewinnen!“

 

„Der Dürre mit der großen krummen Nase? Bestimmt nicht. Da sind vorher noch ein paar richtige Prachtburschen an der Reihe.“ Assjima schob den Cowboyhut, den sie vor Jahren von Lucas zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte, in den Nacken. „Schau mal – jetzt kommt der schwarze Hüne an die Reihe.“

 

Das schmale Gatter der Startbox öffnete sich und ein weiterer Stier tobte in die provisorische Arena, mit aller Kraft bemüht, den nervigen Riesen auf seinem Rücken so schnell wie möglich wieder loszuwerden. „Der erinnert mich ein wenig an George. Scheint einer von denen zu sein, die sich so richtig festbeißen können.“

 

„Der Stier oder der Kerl?“ lachte Metaxa.

 

 Im selben Augenblick kündigte ein leises Rauschen die Landung eines Shuttles hinter dem Wohnhaus an. Wenig später kam ein aufgebrachter Miki angerannt. „Perkele – die haben doch noch nicht angefangen?“ keuchte er atemlos.

 

„Die Touristenklasse zu Pferde? Nein Miki – die sind erst nach den Stieren dran.“ Assjima lachte. „Du willst da wirklich mitmachen?“

 

„Pastka! Da wird mich keiner von abhalten!“

 

„Wie geht es meinem Schiff, Lieutenant Saarsgard?“

 

Miki drehte sich erschrocken um „Oh … Verzeihung, Captain. Ich habe Sie gar nicht erkannt. Steht Ihnen sehr gut, dieser Gehrock.“

 

„Danke Lieutenant. Nun?“

 

„Ich habe verschiedene Versuchsreihen angelegt. Die Gelpacks müssen nun 16 Stunden in ihren Versuchsanordnungen ruhen und reifen. Levi und Rüütli haben ein Auge darauf. Morgen Vormittag werden wir hoffentlich mehr sagen können.“

 

„Sie haben eine Doppelschicht hinter sich, Lieutenant?“

 

„Ja Captain.“

 

„Und nun wollen Sie sich die Nacht mit einem Rodeo um die Ohren schlagen um morgen früh Ihre nächste Schicht anzutreten?“

 

„Äh … ja, Captain.“

 

„Und Sie sind der Ansicht, dass Sie übermüdet und mit zerschlagenen Knochen einen ordentlichen Job abliefern werden?“

 

Miki richtete sich auf und starrte den Captain erst verwundert, dann verärgert an. „Selbstverständlich Captain. Ich bin Finne. Wir Finnen können das. Ich denke, das habe ich schon oft genug bewiesen.“

 

Ein Schmunzeln breitete sich über das faltige Gesicht. „Ach ja … die berühmten finnischen Gene.“ Er klopfte dem verärgerten Finnen freundschaftlich auf die Schulter. „Viel Glück, Saarsgard! Zeigen Sie diesen Erdlingen, dass wir von der Community nicht nur das Universum retten, sondern auch wilde Tiere bändigen können.“ Dann deutete er auf Mikis Uniform. „Aber Sie brauchen ein passendes Outfit. Die Dame des Hauses wird sicherlich etwas Passendes für Sie finden.“ Er winkte eine zierliche Latino heran. „Jennifer … das ist Miki Saarsgard. Einer meiner besten Männer. Er wird für die Ehre meiner Crew einstehen. Du hast sicherlich passende Kleidung für ihn. Und das wildeste Pferd in eurem Stall wird ihm gerade gut genug sein. Er ist Finne!“

 

Die hübsche Frau mit den hochgesteckten schwarzen Haaren stieß ein glockenreines Lachen aus. „Ein Mann aus dem kalten Norden? Da lässt sich bestimmt etwas machen, Vartik. Die Sachen meines Bruders müssten eigentlich passen. Komm, du Finne, du.“ Sie griff nach Mikis Hand und zog ihn mit sich hinüber zum Wohnhaus.

 

Metaxa und Assjima warfen sich vielsagende Blicke zu. „Das wird ein Abend nach Mikis Geschmack“ flüstere die Deltanerin der Freundin zu. „Seit seine Frau ihn verlassen hat, ist er nicht sich selbst.“

 

„Eine hübsche Latino, ein wildes Pferd, genügend Bier … das wird ihn wieder kurieren. Vielleicht sollte ich Pekka auch überreden …“

 

„Einen Teufel wirst du tun!“ fuhr der Förster dazwischen. „Nie im Leben setze ich mich auf so ein wildgewordenes Vieh. Es reicht wenn ein finnischer idiootti seinen Hals riskiert. Soll doch Sam da mitmachen. Er wäre immerhin der einzige Außerweltliche unter diesen Irren.“

 

„Ich? Spinnst du, Pekka? Ich habe Angst vor Pferden. Die sind so … organisch. Ich gehöre auf diese Seite vom Zaun, die auf die andere. Alles andere würde der natürlichen Ordnung des Universums widersprechen.“

 

Die kleine Gruppe brach in lautes Lachen aus. Wenig später war das Bullenreiten beendet und der Moderator kündigte nun das Saddle Bronc Riding an. Jennifer hatte sich inzwischen zu Tanrims Gästen gesellt und erklärte die Regeln: „Die anderen Disziplinen des Rodeos habt ihr ja schon heute Nachmittag gesehen. Beim Saddle Bronc Ridning bekommt das Wildpferd einen Sattel. Für geübte, aber nicht professionelle Reiter ist dies die am beste geeignete Disziplin. Der Reiter muss sich acht Sekunden lang auf dem Pferd halten, ohne sich, das Tier oder die Ausrüstung mit der freien Hand zu berühren. Die Punktrichter nehmen die Zeit, beurteilen die Wildheit des Tieres und die Kunstfertigkeit des Reiters. Für heute Abend haben sich sieben Reiter angemeldet. Wir haben aber noch ein paar Pferde übrig, falls einer der Herren es wagen möchte …“

 

„Niemals!“ stießen Sam und Pekka im Chor aus.

 

Die Frau lachte. „Kein Problem. Ihr müsst mich jetzt aber entschuldigen. Ich bin als Erste dran.“

 

Während sie sich fertig machte, brummte Vartik seinen Freunden zu: „Passt genau auf. Diese Frau reitet wie der Teufel. In der ganzen Gegend gibt es niemanden, der ihr auch nur annähernd das Wasser reichen kann. Es sind aber zwei Reiter von der Ostküste anwesend. Die haben einen verdammt guten Ruf. Das wird auf jeden Fall spannend.“ Er zog eine neue Zigarre aus der Westentasche, knipste die Spitze ab und steckte sie sich in den Mund. Dann lehnte er sich entspannt an den Zaun. „Pekka und Sam … habe ich euch schon gesagt, wie atemberaubend eure Damen heute aussehen? Diese Jeans stehen den beiden ungemein gut.“

 

„Das hast du heute schon mindestens fünf Mal betont, Dickerchen“ antwortete Pekka und hielt dem Zakdorn das brennende Feuerzeug unter den Stumpen. „Achtung … es geht los!“ Das Gatter öffnete sich und ein schwarz-weißer Schecke stürmte wild bockend auf den Platz. Jennifer saß wie festgeklebt auf seinem Rücken und streckte den linken Arm weit von sich. „Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig …“ zählte der Finne laut mit. „Mein Gott … das sieht fast aus, als ob sie mit dem Pferd verwachsen sei.“

 

Assjima starrte die Reiterin mit offenem Mund an. Sie hatte schon das eine oder andere Rodeo besucht, war selber auch schon ein paarmal geritten, ohne es aber je richtig gelernt zu haben. Immerhin konnte sie stolz von sich behaupten, noch niemals hinunter gefallen zu sein. Doch eine solche Eleganz und Leichtigkeit hatte sie noch nie bei einer solchen Veranstaltung gesehen. Nach etwa 15 Sekunden vergaß der Schecke die Fairness und warf sich zu Boden. Jennifer sprang gekonnt ab, bevor der Gaul sie unter sich begraben konnte, landete auf beiden Beinen und streckte triumphierend die Arme in die Luft, während die Helfer versuchten, das verschreckte Tier einzufangen. Das Publikum brach in tosenden Jubel aus. Dann folgten fünf weitere Reiter. Drei von ihnen flogen bereits nach weinigen Bocksprüngen in hohem Bogen durch die Luft, ein vierter konnte sich ganze elf Sekunden im Sattel halten, bevor auch er dem Gesetz der Schwerkraft nachgeben musste. Der fünfte – einer der beiden aus dem Osten – brachte nach siebzehn Sekunden sein Pferd zu stehen und stieg unter den lauten Hochrufen des Publikums gemächlich ab. Dann, als letzer, stürmte ein kleiner zäher Rotfuchs mit einem großen, blonden Finnen auf dem Rücken in die Arena. Das Pferd tobte, das Publikum tobte, Miki riss sich mit der freien Hand den Hut vom Kopf und fuchtelte wild mit ihm in der Luft herum, während er lauthals die derbsten finnischen Flüche ausstieß, die es auf Erden gab, so dass selbst Pekka rot anlief. Nach etwa fünf Sekunden warf sich der Rotfuchs auf den Boden.  Miki landete mit beiden Stiefeln fest im Sand, der Rotfuchs rollte sich einmal unter ihn herum um dann plötzlich wieder aufzuspringen. Mit einem wenig eleganten, aber dafür umso kraftintensiveren Manöver wuchtete Miki sich zurück in den Sattel. Den Hut hatte er verloren, aber die wilde Jagd ging weiter. Plötzlich blieb der Rotfuchs stehen und rührte sich nicht mehr vom Fleck. Sein Bändiger riss triumphierend beide Arme in die Luft, das Hinterteil des Pferdes schnellte nach oben und der Finne landete mit einem doppelten Salto im Staub. Assjima stieß einen Schreckenslaut aus und wollte zu ihm hinüber rennen, doch er stand gemächlich auf, klopfte sich den Staub aus den Kleidern und humpelte mit breitem Grinsen im Gesicht zu seinen Freunden hinüber, die ihm mit Schulterklopfen und Umarmungen begrüßten.

 

„Das war fantastisch, Lieutenant! Wo haben Sie dass gelernt?“ rief Tanrim begeistert aus. „Ich hatte ja keine Ahnung, dass man auch in Finnland Rodeo reitet.“

 

„Nichts für ungut, Captain, aber es gibt nichts, was ein Finne nicht kann. Davon abgesehen bin ich noch nie Rodeo auf einem Pferd geritten. Nur auf Elchen.“

 

„Wie … du bist einen Elch geritten?“ hakte Assjima erstaunt nach.

 

„Ja klar. Ich hatte einen eigenen. Habe ihn mit der Flasche aufgezogen. Die lassen sich gut reiten. Sind unheimlich schnell. Aber sie sind auch sehr schreckhaft. Sobald es irgendwo knallt, rasten die total aus.  Meine Kumpels und ich sind immer mit meinem Elch losgezogen und haben, sobald einer von uns drauf saß, mit Gewehren in die Luft geschossen. Der verrückte Kerl ging jedesmal ab wie ein Frettchen. Dagegen sind diese Gäule hier harmlos.“

 

„Perkle … Miki ist ein Elchritter!“ stieß Pekka heiser aus.  „Hättest du mir das nicht vorher sagen können? Dann hätte ich ein paar Wetten auf dich abgeschlossen.“

 

„Na ja … solange wie Jennifer konnte ich mich nicht halten. Und beim Stil gibt es bestimmt auch ein paar Abzüge.“

 

„Dafür war dein Gaul eindeutig der hinterhältigste von allen Kandidaten“ kommentierte Sam. „Nicht nur organisch, sondern auch eigenwillig und stur.“

 

„Kein Vergleich zu meinem alten Helge – Gott hab‘ ihn selig. Ah … die Preisrichter sind fertig.“

 

Gespannt wandten sich alle nun den Ankündigungen der Jury zu. Wie erwartet landete Jennifer auf dem ersten Platz. Der Mann aus dem Osten hatte sich zwar länger im Sattel gehalten, bekam aber einige Abzüge hinsichtlich der Wildheit des Pferdes. Immerhin hatte es sich zähmen lassen. Miki hingegen landete auf einem beachtlichen dritten Platz und Captain Tanrim konnte nicht umhin, ihm den Rest des Abends immer und immer wieder auf die Schulter zu klopfen. „Der Saargard ist ein Elchritter! Ein verdammter Elchritter! Was zum Teufel ist eigentlich ein Elchritter?“

 

  

 

 

 

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  • 2 Wochen später...

 

Rev starrte sein Gelpack-Testgerät mit zunehmender Verzweiflung an. Seit Stunden probierte er nun schon diverse Möglichkeiten durch, suchte nach Mustern, nach Wiederholungen, nach Anomalien, kurz gesagt nach irgendetwas, das ihm einen Anhaltspunkt dafür hätte liefern können, was mit den Gelpacks nicht in Ordnung war. Doch immer dann, wenn er glaubte, etwas gefunden zu haben, stellte es sich als Trugschluss, statistische Häufung oder schlichtweg als Denkfehler heraus. So sehr er es hasste, sich das einzugestehen, aber er war mit seinem Latein am Ende. Gerade als das Testgerät ein neues Ergebnis ausspuckte, welches wieder keinen Sinn ergab, betrat T'Vok das Labor.

 

"Sir, Captain Tanrim hat bereits zum wiederholten Male nach dem Stand der Dinge gefragt. Er möchte, dass Sie ihm eine Ursache für die Fehlfunktionen nennen." Sie hob eine Augenbraue. "Ich bin nicht mit den Feinheiten zakdornianischer Gefühlsregungen vertraut, jedoch habe ich den begründeten Verdacht, dass er zunehmend ungeduldig wird."

 

Rev seufzte und blickte zu der Vulkanierin auf. "Doktor Sarsgaard hat mir vorhin seinen Bericht geschickt. Die proben, die er zur Analyse mitgenommen hat, sind weder mit Fremdstoffen kontaminiert noch weisen sie irgendeine biochemische Anomalie auf. Und ich habe ebenfalls keinen Fortschritt gemacht."

 

"Soll ich das dem Captain mitteilen?" fragte T'Vok, schien jedoch die Antwort bereits zu erahnen.

 

"Wenn er nochmals fragen sollte, bleibt ja kaum eine andere Wahl." antwortete der Tellarite hoffnungslos. "Ich ..." Er brach ab und drehte sich um, als sich die Tür des Labors erneut öffnete.

 

Der Chefingenieur und seine Frau betraten das Labor.

„Hallo Rev. Ich wollte Ihnen mitteilen, dass sie wieder mehr Computerkapazität haben. Wir konnten noch etwas an der Leistung der Chips drehen“, teile George dem Wissenschaftsoffizier mit.

„Ist zwar immer noch unterhalb des Levels der Gelpacks, aber man kann damit gut arbeiten,“ fügte er hinzu.

 

"Das sind ... gute Neuigkeiten, danke Sir." antwortete der Wissenschaftler, um dann mit einem Seitenblick auf sein Testgerät leiser hinzuzufügen: "Ich wünschte, ich hätte ähnliche Erfolge zu vermelden."

 

George tat der Tellarite leid. Er wusste, dass er sich seit Tagen ein Bein nach dem anderem nach einer Lösung ausriss.

„Falls es eine Hilfe ist: Ich habe mich unter allen anderen Chefingenieuren und bei den Konstrukteuren der Prometheus Klasse umgehört, ob auch auf einem anderem Schiff dieselben Probleme mal aufgetreten sind. Wir sind die Ersten mit diesem Problem. Aber man wird auch dort die Systeme im Auge behalten.“

Während George sprach, schien Jenax was wahrzunehmen. Sie konnte es noch nicht einordnen. So als ob man sie rufen würde …

 

 

"Dass diese Probleme nur hier auftreten ist ein Teil des Mysteriums." antwortete der Wissenschaftler. "Wir haben Gelpacks aus den gleichen Chargen wie unsere Schwesterschiffe. Aber nur unsere sind von dieser ... Verwirrung betroffen."

 

 

„Zu selektiv für einen Zufall“, dachte George laut nach. Sein Blick fiel auf seine Frau, die ihr Gesicht leicht verzog.

„Imzadi? Alles Ok?“

 

„Nein … ich weis nicht. Jedes Mal, wenn ich in die unmittelbare Nähe eines Gelpacks komme, spüre ich etwas.“ Sie schüttelte den Kopf um so den schmerzt los zu werden.

 

„Ich kann es nicht genauer in Worte fassen“, fügte sie hinzu.

 

 Rev stutzte, als er das hörte. "Das ist erstaunlich. Mir erschien eine psychische Beeinflussung der Gelpacks nicht plausibel." Er setzte sich wieder an sein Testgerät und tippte einen weiteren Binärcode zur Übertragung ein. "Das Gelpack hier ist das, welches die schlimmsten Aussetzer hat. Ich teste es schon den ganzen Tag, ohne ein Muster in den Fehlfunktionen zu erkennen." Er drückte die Taste, um den Test auszuführen und beobachtete ganz genau die Reaktion der Betazoidin.

 

Jenax krümmte sich nach vorne und schnappte nach Luft. Dann ließ der Effekt nach und sie richtete sich wieder auf. George stützte sie und hielt ihre Hand.

„Imzadi? Wir gehen gleich auf die Krankenstation wenn …“

 

„Schon gut George. Es ist schon vorbei. Die Eindrücke, die ich verspürt habe, waren massiv. Aber leider zu chaotisch um sie zu … deuten.“

 

Rev und T'Vok tauschten einen erstaunten Blick. "Gelpacks besitzen erwiesenermaßen keine telepathischen Fähigkeiten." erklärte die Vulkanierin. "Ihre kognitiven Eigenschaften wurden ganz bewusst unter dieser Schwelle gehalten, um Feinden von außen keine Möglichkeit zu geben, auf diesem Wege Schiffssysteme zu beeinflussen." Rev nickte, er kannte die technischen Spezifikationen und der Chefingenieur kannte sie sogar noch besser. "Trotzdem war diese Reaktion der konkreteste Hinweis, den ich heute erhalten habe. Vielen Dank!" antwortete er.

 

„Da die Gelpacks nicht mutiert sind……könnte es sein dass dieses Dimende Dingsbums dafür verantwortlich sein könnte?“, fragte George und nahm seine Frau in den Arm, die sich noch langsam von dem Eindruck erholte.

 

"Hm." Rev strich sich grübelnd durch seinen Bart. "Doktor Assjima hatte Visionen, die von Dimede über weite Entfernung ausgelöst worden sind. Ich bin kein Experte für Telepathie, daher weiß ich nicht, was passieren würde, wenn jemand einen telepathischen Kontakt mit einem Raumschiff versuchen würde. Fest steht für mich allerdings, dass das Einzige, was einem Gehirn nur annähernd nahe kommt, die bioneuralen Gelpacks wären." T'Vok hatte  ihre schlanken Finger aneinandergelegt. "Wie ich bereits sagte, Sir. Gelpacks sind technisch nicht in der Lage, telepathische Signale zu verarbeiten." beharrte sie, doch jetzt über Revs Lippen huschte bei diesen Worten ein Lächeln.

"Gut. Und wenn es jemand trotzdem mit aller Gewalt versuchen würde, würde es dann bei einem Menschen nicht auch im Wahnsinn enden?"

 

„Das kann ich leider nicht schlüssig beantworten“, sagte Jenax. „Was ich verspürt habe, sind mehr Emotionen oder verzehrte Fragmente davon. Gut möglich, dass diese Eindrücke durchaus konkreter sind, aber von den Gelpacks verfälscht wurden.“

 

"Ich verstehe." antwortete der Wissenschaftsoffizier. "Da meines Wissens kein Telepath an Bord in den letzten Tagen etwas in dieser Richtung gespürt hat, muss ich davon ausgehen, dass sich der telepathische Kontakt gezielt auf die Gelpacks respektive das Schiff gerichtet hat. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wer das Schiff zu beeinflussen versucht und welche Absichten dahinter stecken."

 

„Eine gute Frage. Wir wissen aber, welches Ereignis dafür mit hoher Wahrscheinlichkeit verantwortlich ist“, sagte George und dachte nach.

„Wäre es möglich, dass dieses Wesen versucht hat, uns zu kontakten? Oder vielleicht auch eine Botschaft vom Captain weiter leiten wollte?“

 

„So verrückt es klingt……das könnte es möglicherweise sein“, antwortete Jenax. „Wenn es möglich wäre, die Eindrücke zu fokussieren, dann könnte man vielleicht was erkennen.“

 

"Der Captain ruft sein Schiff, doch sein Schiff kann das nicht begreifen und die Gelpacks werden dadurch verrückt." murmelte Rev und glaubte seinen eigenen Worten kaum. "Dann müssen wir tatsächlich die Gelpacks beim Counsellor auf die Couch legen. Wenn wir alle ausgebauten Gelpacks wieder anschließen, sodass das künstliche Nervensystem komplett ist, dann sollten die Gelpacks den telepathischen Ruf wieder empfangen können. Sie werden ihn wieder nicht verstehen können, weil sie dazu technisch nicht in der Lage sind. Aber diesmal können wir vielleicht "mithören" und so verstehen, wer hier wirklich am Werk ist und worum es geht."

 

„Was meinst Du Imzadi?“

 

„Wir sollten es versuchen George“, sagte Jenax und wirkte entschlossen. Sie spürte die Besorgnis ihres Mannes.

 

"Gut." antwortete Rev. "Dann beginne ich mit den Vorbereitungen. Ich werde die Gelpacks in eine simulierte Schiffsumgebung einbetten, um die Funktionen der "Community" nicht unnötig zu beeinträchtigen. Könnten Sie mir vielleicht ein paar Techniker zur Unterstützung schicken, Commander?"

 

„Sagen Sie mir nur, wie viele Leute Sie brauchen Rev“, lautete die Antwort des Ingenieurs.

 

"Je mehr, desto besser." antwortete der Tellarite schmunzelnd. "T ‘Vok rufen Sie alle verfügbaren Wissenschaftler zusammen und verteilen Sie die Aufgaben, sodass wir zügig vorankommen." Er wandte sich an das Ehepaar Sheridan. "Vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich benachrichtige Sie, wenn die Schaltung fertig ist."

 

„Bis später“, verabschiedete sich George und verließ mit seiner Frau das Labor.

 

 

4 Stunden später………………..

 

George und Jenax kehrten wieder ins Labor zurück, wo die Gelpacks vorbereitet wurden. George nahm einen Bericht von Suval entgegen, während dieser auf vulkanische Weise seine Neugierde offenbarte.

 

Jenax betrachtete sich die Vorrichtung mit einer gewissen Portion Unbehagen.

„Ich bin bei dir“, versicherte George,“ es kann nichts passieren. Meine Leute haben gute Arbeit abgeliefert.“

 

„Das will ich doch hoffen,“ antwortete Jenax und brachte ein Lächeln zustande. Beide sahen nun wie der Wissenschaftsoffizier in gewohnter Hektik von einer Ecke des Labors zur anderen eilte, und noch letzte Hand hier und dort anlegte.

 

"Sie sind schon da?" rief Rev überrascht, als er sie entdeckte. Er hielt einen Scanner in der Hand und gab Crewman Nina Hansen parallel letzte Anweisungen zur Feinjustierung. "Noch mehr Signal! Wir sind gleich soweit, Commander. Ja, so ist gut."

 

„Keine Eile Rev“, versicherte George. Inzwischen hatte er sich wie viele andere an Bord, an die hektische Art des Tellariten gewöhnt. Wenn man dies in Kombination mit der vulkanischen Disziplin von T`Vok sah, offenbarte sich ein geradezu unglaublicher Kontrast. Und trotzdem funktionierte die Zusammenarbeit zwischen den Beiden. Zumindest soweit wie es George aus seiner Sicht beurteilen konnte.

 

„Sie können aber alles vom Nebenraum aus genau verfolgen."

 

Die Vulkanierin hatte sich hinter ihren Vorgesetzten gestellt, geduldig gewartet, bis er seine Messung beendet hatte und ihm dann mitgeteilt, dass das simulierte Raumschiff einsatzbereit war. "Gute Arbeit, meine Damen und Herren." rief Rev mit erstaunlich lauter Stimme in den großen Laborraum, wo der Geräuschpegel augenblicklich sank, da diverse Gespräche verebbten. "Dürfe ich Sie dann bitten, das Labor zu verlassen? Wir benötigen etwas Ruhe.“

 

 

Nachdem die anderen gegangen waren nur noch George, Jenax, Rev und T`Vok anwesend.

„Beginnen Sie Rev“, sagte Jenax mit sanfter Stimme. Sie konzentrierte sich bereits auf die Vorrichtung.

 

"Ich kann Sie möglicherweise unterstützen, Ma ‘am." bot T'Vok an. "Ich bin zwar lediglich Berührungstelepathin, kann jedoch mit vulkanischer Mentaldisziplin zur Stelle sein, falls die Eindrücke zu ... verstörend sein sollten."

 

Jenax nickte. T´Vok trat an die junge Frau heran und berührte ihr Gesicht an den vorgesehenen Punkten. Dabei sprach die Vulkanierin auch die notwendigen Worte, um die Verbindung zwischen ihr und Jenax aufzubauen.

„Mentale Verbindung aufgebaut. Damit sollte die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Verlauf des Versuchs sich erhöht haben“, versicherte T´Vok.

 

 

"Ich bin bereit." meldete Rev. "Das bioneurale Netzwerk ist im Leerlaufbetrieb aktiv. Ich aktiviere die simulierten Schiffsfunktionen ... jetzt!"

 

 

In der gleichen Sekunde erfasste beide Frauen eine mentale Woge, die sie beinahe von den Füßen gerissen hätte. Der Raum um sie herum löste sich auf und wurde durch eine gleisend weise Unendlichkeit ersetzt.

Beide sahen sich um und entdeckten in einigen Metern Entfernung eine Person.

„T´ Vok? Wo sind wir hier?“

 

„Das kann ich nicht beantworten.  Jedoch ist es logisch anzunehmen, dass wir uns in der mentalen Ebene befinden, die die Gelpacks beeinflusst. Körperlich haben wir aber das Labor keineswegs verlassen.“

 

„Das ist mir schon bewusst. Trotzdem fühlt es sich beängstigend real an.“

 

„Dies ist durch die Gedankenverschmelzung geschuldet. Dadurch wurde die Verbindung gefestigt.“

 

Der Mann hatte sich inzwischen den beiden Frauen genähert. Die Statur, die Größe, es war tatsächlich Captain Jeremy Tenner. Alles stimmte, bis auf seine Augen. Diese hatten einen seltsam leeren Blick, so wie wenn dieser durch die beiden Frauen hindurchsehen würde.

 

„Captain!“, rief Jenax aus. „Captain? Wir sind es. Jenax Sheridan und Lieutenant T´Vok. Wir dachten Sie wären …“

 

„Bald ist die Zeit der Abreise gekommen“, antwortete die mentale Abbildung von Tenner in einer seltsamen Tonlage, die ihn noch entfernter wirken lies.

„Wir verlassen den Orbit in einer scharfen Kurve. Antrieb abgeschaltet. Schilde auf halbe Kraft.“

 

Jenax und T´Vok sahen sich an.

„Was passiert hier T ´Vok?“

 

„Ich kann nur vermuten, dass wir nicht direkt den Captain sehen, sondern ein verzehrtes Abbild seines Geistes. Vergessen Sie nicht, dass die Gelpacks nicht in der Lage sind, diese Signale richtig zu interpretieren, weswegen es auch zu den Fehlfunktionen in den Schiffssystemen kam.“

 

Jenax versuchte, ihre emphatischen Fühler nach Tenner auszustrecken. Sie erkannte ihn auch. Doch er selbst schien nichts mit zu bekommen.

„Er scheint zwar hier zu sein aber …Er ist es nicht.“

 

„Die logische Schlussfolgerung wäre, dass Captain Tenner an dem Ort wo er sich befindet, möglicherweise sich nicht über diese Fähigkeiten bewusst ist. „

 

„Vielleicht können wir zu ihm vordringen?“

 

„Unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen“, antwortete T´Vok.

 

Jenax holte Luft, konzentrierte ihren Geist auf den Captain und sah ihn wieder an.

„Captain, wir werden Sie und die Anderen nach Hause holen. Wenn Sie uns hören konnten, versuchen Sie uns ebenfalls eine Botschaft zu senden. Wir werden sie hören.“

 

„Das Echo nimmt nicht den geraden Weg. Die Melodie ist vereint. Der Pfad teilt sich auf …“, setzte Tenner seinen Monolog fort und wirkte, wie eine Marionette in der kein Leben war.

 

„Ich schlage vor wir verlassen den Captain und erstatten Bericht“, schlug die Vulkanierin vor.

 

„Gut.“

 

„Ich löse die Verbindung.“

Durch T´Voks mentale Kräfte löste sich die Unendlichkeit wieder auf und wurde durch das Labor ersetzt.

Beide Frauen schnappten kurz nach Luft. Dann erhoben sie sich wieder.

 

„Commander, Lieutenant Tor. Wir hatten erfolg“, verkündete die Vulkanierin.

 

„Der Captain scheint zu leben. Wir haben mit ihm gesprochen, beziehungsweise mit einem mentalen Abbild von ihm. Aber er lebt“, sagte Jenax vor Freude.

 

"Unglaublich!" rief Rev und konnte sein Glück kaum fassen. Die zwei Frauen hatten es tatsächlich geschafft, das Rätsel um die verwirrten Gelpacks zu lösen und Captain Tenner wieder zu finden. "Das müssen wir unbedingt Captain Tanrim melden!"

 

„Dennoch sollten wir die Telemetrie analysieren. Vielleicht wird es uns dann gelingen in eine direkte Kommunikation mit dem Captain einzutreten“, sagte Jenax.

 

 

 

"Auf jeden Fall!" antwortete der Wissenschaftsoffizier und klärte rasch mit seiner vulkanischen Assistentin, dass sie mit der Analyse beginnen sollte, während er Captain Tanrim den längst überfälligen Bericht liefern würde. "Danke für Ihre Hilfe." sagte er an die Adresse des Ehepaars Sheridan. "Ich denke, es werden bald interessante Aufgaben auf uns zukommen."

 

Onkel istvan und CptJones in: "Augen in der Dunkelheit!" 

 

 

Bearbeitet von CptJones
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  • 2 Wochen später...

Captain Tanrim hatte den Bericht des Wissenschaftsoffiziers mit ungläubigem Schweigen bis zu Ende angehört, doch dann quollen die Fragen nur so aus ihm heraus.

"Wollen Sie sagen, daß Captain Tenner für dieses Chaos mit den durchgeknallten Gelpacks verantwortlich ist?"

 

"Naja, Mrs. Sheridan und T'Vok meinen, daß er sich seiner Lage und seinen Fähigkeiten nicht bewusst ist."

 

"Konnten sie ihm eine Nachricht mitteilen?"

 

"Sie haben es versucht." antwortete Rev. "Jedoch scheint er in seiner momentanen Verfassung nicht fähig, das zu begreifen."

 

Der Zakdornianer grübelte einen Augenblick.

 

"Das bedeutet, wir müssen unseren Zeitplan straffen. Wer weiß, wann Tenner wieder unsere Schiffssysteme durcheinander bringen wird." murmelte er. "Dabei hatte ich gehofft, daß wir noch einen neuen Sicherheitschef zugeteilt bekommen würden. Und Mister Sheridan will wirklich versuchen, ein Kommunikationsgerät zu bauen, um mit dem Captain reden zu können?"

 

"Ja, Sir."

 

"Hm, bleibt abzuwarten, was uns das nutzt solange Tenner nicht bei Sinnen ist."  Der Zakdornianer seufzte. "Visionen, verrückte Gelpacks und ein benebelter Sternenflotten-Captain. Es wird wirklich interessant. Kehren Sie an Ihre Arbeit zurück, Lieutenant. Ich muß einige Dinge in die Wege leiten. Wir werden bald auslaufen und uns auf die Suche begeben."

 

"Verstanden, Sir." antwortete der Tellarite und verließ den Bereitschaftsraum. Rev hatte nicht allzu viel Lust, dort hin zurückzukehren, wo es sie während des Breen-Bürgerkriegs verschlagen hatte, Doch die Aussicht, Captain Tenner und Asio Plee möglicherweise zu retten elektrisierte auch ihn. So nahm er sich fest vor, die wissenschaftliche Abteilung bestmöglich vorzubereiten- nach einer ausgiebigen Mahlzeit.

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„Ich soll die Gedanken eines Gelpacks lesen?“ Assjima stand noch immer in Jeans, kariertem Hemd, Cowboystiefeln und dem frech in den Nacken geschobenen Hut bekleidet vor Captain Tanrim und starrte in verblüfft an.

 

„Nun ja … ich dachte mir, du könntest es wenigstens mal versuchen.“ Der Zakdorn deutete mit seinem kurzen, dicken Zeigefinger auf das bläuliche Gebilde vor sich auf dem  Schreibtisch.

 

Die Ärztin schüttelte den Kopf. „Glaube mir, Vartik. In all den Jahren auf diesem Schiff habe ich vermutlich mit jeder einzelnen Schweißnaht versucht zu kommunizieren. Auch mit Gelpacks. Nix! Nada! Die denken einfach nicht.“

 

„Aber Jenax und T’Vok haben Tenner gesehen. Ganz eindeutig“

 

„Das bestreitet ja auch keiner.“ Assjima zog einen Stuhl heran und setzte sich. „Aber das muss nicht bedeuten, dass die Gelpacks eigenständig denken. Womöglich sind sie nur das übertragende Medium.“ Sie stupste das Pack mit dem Finger an. „Da drin bewegt sich nichts … nicht der kleinste Gedanke.“

 

„Wie erklärst du dir dann das seltsame Erlebnis der beiden?“

 

„Was soll Jeremy gesagt haben?“  Sie zog das Padd mit Revs Bericht heran und las laut vor: „‘Wir verlassen den Orbit in einer scharfen Kurve. Antrieb abgeschaltet. Schilde auf halbe Kraft‘. Und hier: ‘Das Echo nimmt nicht den geraden Weg. Die Melodie ist vereint. Der Pfad teilt sich auf …“ Assjima lehnte sich zurück und dachte nach. „Das sind nicht Tenners Worte. So redet er nicht. Außerdem ist Jeremy ein Mensch mit telepathischen Fähigkeiten, welche die deines Schreibtisches kaum überstiegen dürften. Das klingt mir eher nach Dimede höchstpersönlich.“ Sie griff erneut nach dem Gelpack und wiegte es nachdenklich in der Hand. „Das Gel reagiert doch auf subnukleonische Strahlung. So wie sie in Nebeln der Mutara-Klasse entsteht. Die wiederum aus ionisierten Gasen bestehen …“

 

„So wie Glontas Auge …“ Tanrim richtete sich auf und starrte die Ärztin an. „Mit diesen Gasen müsste Dimede viel Erfahrung haben. Könnte es sein, dass sie unsere Gelpacks irgendwie mit einer Botschaft … geimpft hat?“

 

Assjima zuckte mit den Schultern. „Denkbar wäre es. Wenn ja … zu welchem Zweck? Sie hätte doch ganz einfach irgendeine Gestalt annehmen und diese Nachricht persönlich übermitteln können.“

 

„Hätte sie als olivfarbene Nixe oder als breitschnabelige Ok-Ta vor dem Sternenflottenkommando auftauchen sollen? Da wäre sie nicht mal durch die erste Pforte gekommen. Die erste Äußerung Tenners wirkt auf mich wie ein Hinweis auf ein Flugmanöver. Vielleicht handelt es sich um das Bruchstück eines umfassenden Flugplans?“

 

„Da könntest du Recht haben. Der andere Satz hingegen ist ganz anders geartet. Eher ein Rätsel, ein versteckter Hinweis … das Echo nimmt nicht den geraden Weg … es wird von Felswänden zurück geworfen, verhindert, dass die Quelle des Geräusches geortet werden kann, es hat kein Ziel. Aber die Melodie ist vereint. Viele Stimmen … oder Instrumente … spielen gemeinsam. Doch der Pfad teilt sich auf … Vielleicht eine Entscheidung, die ansteht. Oder der Hinweis, dass man sich trennen muss um gemeinsam zum Ziel zu kommen. Dimede liebt Geschichten. Ich wage sogar zu behaupten, dass sie nur aufgrund der Geschichten existiert. Sie braucht … wie nannte sie es doch gleich? … Ach ja: Narrativum. Das Element, welches nach ihrer Aussage eine Geschichte zusammenhält. Jeremys Worten fehlt womöglich noch das nötige Narrativum. Deswegen verstehen wir sie nicht.“

Assjima stand auf, ging zum Replikator und bestellte sich einen Raktajino. Sie warf Tanrim einen fragenden Blick zu, doch der winkte nur ab. Als der Captain sie gleich nach ihrer Ankunft zu sich ins Büro rufen lies, war sie etwas verärgert gewesen. Sie hatte eigentlich geplant, sich umgehend ins Quartier zurück zu ziehen, eine lange heiße Dusche zu nehmen und sich nach der durchgefeierten Nacht ordentlich auszuschlafen. Dass Vartik schon in den frühen Morgenstunden auf das Schiff zurück gekehrt war, hatte sie erst begriffen, als sie ihn am Vormittag erfolglos auf der Ranch gesucht hatte. Ihre Müdigkeit war inzwischen jedoch wie weggeblasen und die ersten Schlucke des heißen Gebräus vertrieben nun noch die letzten Dunstschwaden des kalifornischen Weins aus ihrem Kopf.

„Gehen wir einmal davon aus, dass Dimede auf irgendeine Art und Weise Zugriff auf unsere Gelpacks nehmen konnte … Vielleicht hat sie uns einen Plan eingespeist, der uns den korrekten Anflug in diesen Subraumknoten ermöglicht. Desweiteren könnte sie uns Hinweise gegeben haben, die uns in die richtige Richtung denken lassen. Die uns bei anstehenden Entscheidungen eine Hilfestellung geben könnten. Vorausgesetzt, wir wissen damit umzugehen. Gehen wir weiter davon aus, dass sie  aus irgendwelchen Gründen gute Geschichten braucht. Sei es nur weil sie ihr gefallen oder weil sie existentiell  für sie sind  … Wäre es zu abwegig, von einem Joint Venture auszugehen? Sie hilft uns und wir sorgen für eine coole Story?“

 

Der Captain hatte sich zurückgelehnt und beobachtete seine Schiffsärztin fasziniert.  Wenn sie in Fahrt war, und ihrer Phantasie freien Lauf lies wirkten selbst die abwegigsten Ideen als absolut naheliegend und logisch. Jetzt durfte er sie nur nicht unterbrechen.

 

„Denken wir weiter in diese Richtung: Was würde passieren, wenn wir die demontierten Gelpacks wieder genau dort platzieren, wo sie sich vor dem Ausbruch ihres Wahnsinns befanden? Ich meine: jedes einzelne genau da wo es war. Womöglich können wir dann über den Schiffscomputer Dimedes Flugplan abrufen? Und vielleicht bekommen wir so die vollständigen Hinweise in der richtigen Reihenfolge?“

 

Tanrim wartete. Wartete auf die Fortsetzung. Doch Assjima schwieg und blickte ihn nur fragend über den Rand ihrer Tasse hinweg an. Wie? War sie tatsächlich schon fertig mit laut Denken? Darauf war er nicht vorbereitet.

„Äh …Puh …“ Er wischte sich mit dem Handrücken einen Schweißtropfen von der Stirn und sortierte nun wie wild die eigenen Gedanken. „Das wäre vielleicht wirklich so etwas wie ein Plan. Ich muss das mit Torr und Sheridan besprechen.  Es wird schwierig werden, die Gelpacks zum Sprechen zu bringen, ohne ständig die Telepathen an Bord mit einbinden zu müssen.“

 

„Das werden die schon schaffen. Aber ein Problem werden wir auf jeden Fall bekommen: wir müssten uns nahezu blind auf die Gelpacks und somit auf Dimede verlassen. Einer Phantasiegestalt das Schiff zu überlassen dürfte so manchem in der Crew wie ein Stein im Magen liegen.“ Assjima stand auf. „Darf ich mich zurückziehen, Captain? Ich bin todmüde. Das Rodeo und die anschließende Party gestern waren übrigens äußerst gelungen.“

 

Vartik lachte. „Vielen Dank. Ich hatte ja auch wunderbare Gäste. Wegtreten und ausschlafen, Commander!“

 

Bearbeitet von Assjima
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  • 4 Wochen später...

„Viele gehen an einem Bettler vorbei und ignorieren ihn. Erst wenn dieser Bettler von eine dritten Person angegriffen wird, entwickeln die Leute Empathie für den Mann. Er ist nicht mehr unsichtbar, sondern wird zu einem schutzbedürftigen Lebewesen. Aus dem Zweier-Szenario mit Bettler und Passanten wird ein Dreier-Szenario mit Bettler, Passanten und Angreifer “ erklärte Marla. Sie saß entspannt mit Assjima und Elijah in der Sitzecke von Assjimas Büro und nippte an einer Tasse Tee. „Aufgrund einer Auseinandersetzung zwischen zwei Personen muss eine dritte Instanz eingreifen und Partei ergreifen. Empathie auf breiterer sozialer Basis bedarf also gemäß dieser Auffassung zunächst der bewusstseinsverändernd wirkenden Erzählung oder Betrachtung einer Kommunikation mindestens zweier Parteien durch eine dritte. Diese gesellschaftliche Empathie wird von vielen irdischen Wissenschaftlern als  wichtigste Basis für ein soziales Zusammenleben betrachtet. Die fiktionale Literatur einer jeden Epoche wird hierbei als eine der wichtigsten Grundelemente der empathischen Verständigung betrachtet. Wir Psychologen nennen dieses Phänomen narrative Empathie.“

 

Elijah nickte zustimmend. „Vereinfacht ausgedrückt: Die Lyrik erzeugt eine Zweierszenen-Empathie zwischen Leser und Poeten, der seine Gefühle zum Ausdruck bringt. Das ist wie in einem Mutter-Kind-Verhältnis. Nett, aber bei der Bildung einer Gesellschaft von eher untergeordneter Bedeutung.  Die fiktionale Literatur hingegen kreiert beim Leser Dreierszenen – also  narrative Empathie, die für soziale Systeme gesellschaftsbildend wirkt.“

 

„Puh …“ stöhnte Assjima, die wartend neben dem Replikator stand, während dieser erneut eine kräftige Portion Raktajino ausspuckte. „Ihr wollt also sagen, dass das Weitergeben von Geschichten essentiell für die soziale Entwicklung einer jeden Gesellschaft ist?“ Sie hielt inne, versuchte sich zu erinnern. „Die Geschichte, die ich immer dann erzähle, wenn eine Spezies den Sprung vom reinen Instinkthandeln zum sich-selbst-bewussten Denken schafft. Wenn sie beginnen sich zu fragen, woher sie kommen … ja … das hat Glonta zu mir gesagt, als sie mir im Subraumkanal begegnete.“

 

„Sie gibt den Völkern an diesem entscheidenden Punkt ihrer Entwicklung eine erste Geschichte. Lehrt sie das Erzählen und das zuhören. Sie schafft die Basis für eine auf Einfühlungsvermögen ruhende Gesellschaft…“ Marla lehnte sich zurück „Das ist ungemein faszinierend. Sie lehrt sie, einander zuzuhören, die gehörten Geschichten mit Hilfe der eigenen Phantasie auszuschmücken, sie vermischt mit eigenen Erfahrungen und Beobachtungen an andere weiterzugeben. Sie weckt ein erstes Bewusstsein für  Persönlichkeitsmerkmale, Gedanken, Emotionen und Motive anderer Personen. Aus der Fähigkeit heraus, diese Beobachtungen machen zu können, kann sich überhaupt erst eine sozial orientierte Gesellschaft entwickeln.“

 

„Und sie klagte darüber, dass die Breen ihr niemals zugehört haben“ lachte die Ärztin. „Das erklärt so Einiges.“

 

„Doch wie bringt uns das jetzt weiter?“ sinnierte Elijah

 

„Sie sagt uns, dass wir viel Phantasie, gute Geschichten und Empathie benötigen, wenn wir Aiso und den Captain retten wollen.“

 

In diesem Augenblick steckte Meg den Kopf zur Türe herein. „Doc … die Brücke meldet soeben, dass diese bolianische Ärztin auf der Station angekommen ist und in fünf Minuten in Transporterraum Eins erwartet wird.“

 

„Danke Meg.“ Assjima nickte den anderen entschuldigend zu. „Dann werde ich Bria mal abholen. Wollt ihr mitkommen?“

„Klar!“ Elijah faltete die langen Beine auseinander und stemmte sich aus dem Sessel.  

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