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Der Geschmack den Ihr Gaumen verlangt!

Das Tor nach Walhalla


CptJones

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Der Türmelder ertönte und Captain Tanrim bat Lieutenat Contello in seinen Raum. Der Ermittler erkannte sogleich, daß der Zakdornianer wegen einer Sache außerordentlich besorgt sein mußte. Er folgte der Aufforderung des Captains und nahm Platz.

"Wie findest du die "Community"? Hast du dich auf dem Schiff inzwischen eingelebt?"

"Ob es wirklich nur EIN Schiff ist, das bezweifle ich inzwischen. Du hast jedenfalls eine kompetente und pflichtbewußte Mannschaft." Er legte eine kleine Pause ein und warf Tanrim einen durchdringenden Blick zu. "Aber deswegen hast du mich nicht gerufen, oder?"

Der Zakdornianer legte statt einer Antwort zunächst zwei elektronische Datenblöcke auf den Tisch.

"Lieutenant Anquenar ist irgendwie an einen Teil der Rohfassung des Friedensvertrages gekommen. Wenn er authentisch ist - und davon gehe ich aus - dann scheint das wirklich der Beginn politischen Tauwetters zu sein. Noch ist das natürlich mit Vorsicht zu genießen, aber der Entwurf stimmt zumindest außerordentlich hoffnungsvoll."

Contello warf einen kurzen Blick auf den umfangreichen Text.

"Da dein Gesicht alles andere als hoffnungsvoll aussieht, nehme ich an, daß es auch schlechte Nachrichten gibt?"

Tanrim nickte und deutete auf den anderen Datenblock.

"Eine ziemlich wüst formulierte Protestnote der Ferengi. Scheinbar haben sie mächtig vom Breen-Bürgerkrieg profitiert und beiden Seiten Waffen, Ausrüstung und Rohstoffe geliefert. Zumindest glaubt die Admiralität das, weil sie sich sonst keinen Reim darauf machen können."

Der Ermittler strich sich nachdenklich übers Kinn, während er sich die Botschaft zu Gemüte führte.

"Wir haben ihnen ihr schmutziges Geschäft verdorben und jetzt rasseln sie mit dem Säbel. Das klingt plausibel, aber ich kann deine Skepsis schon nachvollziehen. So wie die da vom Leder ziehen, scheinen wir ihnen stärker auf die Füße getreten zu sein als wir dachten. Soll ich versuchen, mehr herauszufinden?"

"Gern." antwortete der Zakdornianer und fügte eindringlich hinzu: "Aber sei dabei unbedingt diskret! Wir dürfen jetzt keine Eskalation verursachen. Sonst ist mehr in Gefahr als nur diese Mission. Und die bereitet mir schon genug Bauchschmerzen."

Kaum daß der Ermittler den Raum des Captains verlassen hatte, machte er sich sogleich an die Arbeit. Dazu begab er sich in sein Quartier, genehmigte sich einen Cognac und begann dann mit einer gründlichen Recherche. Er ließ sich vom Computer archivierte Geheimdienstberichte zeigen und forderte mit seiner
Sicherheitsfreigabe aktuelle Berichte aus dem Sternenflotten-Hauptquartier an. Stunden vergingen, in denen er sich durch endlose Akten las, ohne einen nennenswerten Erkenntnisgewinn zu erhalten. Bei einem weitern Cognac, der ihm über die Ernüchterung hinweg half, gelangte er zur Einsicht, daß dieses
Ergebnis zu erwarten gewesen war. Eine ganze Abteilung von Geheimdienstlern hatte sich bereits um Klärung des Rätsels bemüht, bevor Tanrim überhaupt den Bericht erhalten hatte. Wie konnte er da annehmen, im Handstreich die Lösung finden zu können? Er seufzte und kam zu dem Schluß, daß er die Sache anders angehen mußte.

"Computer, zeige mir die Quartalsbilanzen der zwanzig größten Ferengi-Waffenhändler als Liniendiagramme über einen Zeitraum von zwei Jahren."

Die gewünschten Daten erschienen als bunte Linien auf dem Bildschirm.

"Computer, markiere den Zeitpunkt, zu dem die Crew der Community die Pläne der militanten Breen-Fraktion durchkreuzt hat."

"Ein exakter Zeitpunkt kann nicht definiert werden." antwortete die Computerstimme. "Der gewünschte Zeitabschnitt wurde auf Grund von Wahrscheinlichkeiten als Band mit einer Breite von neunzehn Tagen markiert. Wünschen Sie eine zusätzliche Darstellung der Wahrscheinlichkeitsverteilung?"

Contello antwortete nicht. Er starrte wie gebannt auf den senkrechten, roten Balken, an dessen Ende sämtliche Kurven rapide einbrachen. Doch nicht lang danach stiegen sie wieder an. Stetig und nachhaltig erhöhten sich die Umsätze der Waffenhändler wieder und übertrafen aktuell sogar in den meisten Fällen das Niveau der heißen Phase des Breen-Bürgerkriegs. Von einem verdorbenen Geschäft konnte also keine Rede sein. Doch das warf drei wichtige Fragen auf: Warum waren die Ferengi so ungehalten? Wer kauft all diese Waffen? Und vor allem, wozu?
 

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Die blaue Flüssigkeit auf dem Esslöffel roch verführerisch.

„Der Unterschied ist wirklich so eklatant? Hier probier mal die Sauce...“ Der denobulanische Koch der USS Amazonas sah interessiert zu, wie der Löffel im Mund der Botschafterin verschwand.

„Und?“, hakte er nach, als keinerlei Reaktion von der kleinen Frau kam.

„Merkwürdig“, gab diese zu „Erst diese Schärfe, dann wird es plötzlich süß und wenn man es schluckt, scheint es bitter geworden zu sein. „Was ist das, Meckxt?“

„Es heißt Tehumawelo. Hab ich vor einer Weile auf einem Markt in Bajor entdeckt. Bislang hab ich aber noch kein Gericht gefunden, zu dem es passen könnte. Aber du als Halb-Bajoranerin kannst mir da bestimmt weiterhelfen...“

Doch die kleine Frau schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, aber meine Kenntnisse über die bajoranische Küche sind so gut wie gar nicht existent. Aber wenn du willst, dann kontaktiere ich ein paar Bekannte auf Bajor und frage nach.“

Meckxt nickte. „Klingt gut, tu das.“ Er reichte ihr eine Schale Suppe. „Du hast mir immer noch nicht geantwortet. Ich meine, merkt man wirklich einen Unterschied zwischen den isolinearen Chips und den Gelpacks?“

„Hängt davon ab.“ Milseya zog sich auf den Tisch hoch und griff nach der Schüssel, nachdem sie sich gesetzt hatte. „Danke. Ich denke, dass die meisten auf dem Schiff kaum einen Unterschied merken werden. Vielleicht in den Laboren, wenn Analysen ein kleines Bisschen länger dauern als gewöhnlich. Aber die Unterschiede sind kaum der Rede wert. Beim Steuer sieht das aber wohl anders aus. Vielleicht weil dabei viele unterschiedliche Systeme beteiligt sind. Und wenn jedes dieser System wegen der Isos langsamer reagiert, dann reagiert das Schiff eben insgesamt träger.“ Sie rührte gedankenverloren in der Suppe, während sie sich die Nachricht von Thomas ins Gedächtnis rief, in der er sich bei ihr darüber beschwert hatte. Du hast nicht zufällig einen Tipp, wie das Schiff flotter wird? hatte er sie beinahe schon ein wenig verzweifelt gefragt. Nein, den hatte sie leider nicht – außer dass er sich an George wenden solle. Wenn einer den Systemen Dampf machen konnte, dann der Chefingenieur.

„Du solltest die Suppe essen, so lange sie noch heiß ist“, riss der Kopf sie aus ihren Gedanken.

„Tut mir leid“, gab sie zurück und schöpfte schnell einen gefüllten Löffel aus der Suppe. Doch kaum hatte sie diesen in den Mund gesteckt, aktivierte sich ihr Kommunikator.

„Botschafterin Anquenar“, hörte sie die Stimme des Captains der USS Amazonas. „Kommen Sie bitte sofort auf die Brücke.“

Milseya hob verwundert die Augenbrauen. Javier Innurrito klang ernst. „Natürlich, Captain“, antwortete sie. „Gibt es ein Problem, Sir?“

Das Zögern war unüberhörbar. „Breen“, kam schließlich die knappe Antwort.

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Die Zeiten, in denen die Götter unter den Völkern wandelten, waren schon vor langem im Nebel der Geschichte versunken Die warpfähigen Völker sprachen nicht mehr mit ihren Göttern. Die Wissenschaft erklärte fast alles, Technologie bestimmte den Alltag, Sorgen ums tägliche Überlegen waren mit den Göttern verschwunden … wenn der Regen ausblieb, wurde künstlich nachgeholfen … oder waren die Götter mit den Sorgen verschwunden? Assjima legte den Bericht ihres Mitarbeiters beiseite, lehnte sich zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte gedankenverloren Löcher in die Luft. Der Captain hatte darum gebeten, in Erfahrung zu bringen, ob Dimede in irgendeiner Form Kontakt mit irgendwelchen Personen aufgenommen hätte. Ob es sich dabei um telepathisch befähigte Personen handeln würde … Elijah konnte darauf keine Antwort geben. Nein … das war so nicht ganz richtig: Elijah hatte herausgefunden,  dass in den archivierten Aufzeichnungen aller ihnen näher bekannten warpfähigen Spezies keine Informationen darüber enthalten waren. Warum auch? Die Götter sprachen nicht mehr mit ihren Völkern. Sie waren überholt, unnütz geworden. Nicht mehr zeitgemäß. Und wer dennoch an Götter glaubte, schloss diese in seinem privaten Bereich ein. Ein innerer Dialog mit seinem Gott, ein Gebet, eine Vision … das war etwas für das eigene Herz, für die eigene Psyche, hatte aber nichts in einer offiziellen Datenbank zu suchen.

Marla hatte sich bereit erklärt, Elijah bei seinen Nachforschungen zu unterstützen. Gemeinsam hatten sich die beiden nun daran gemacht, die über die zentrale Datenbank verlinkten Bibliotheken der einzelnen Föderationsmitgliedsvölker und anderer assoziierter Spezies gezielt nach Schlagworten wie Fruchtbarkeitskulte, Muttergottheiten, Legenden, religiöse Visionen, telepathische Kommunikation mit Göttern usw. zu durchsuchen. Assjima setzte nicht allzu viel Hoffnung in diese Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Aber sie wollte nichts unversucht lassen, um Erkenntnisse über das Wesen Dimedes zu erlangen. Irgendwo musste es einfach einen Hinweis darauf geben, dass Dimede nicht nur ihrem eigenen Kopf entsprungen war. Eine Idee, basierend auf den Erzählungen Aisos und Dackbads. Ein Gedankenkonstrukt geboren aus dem Wunsch, dass Aiso und Jeremy nicht verloren waren …

Ein leises Knurren riss sie aus den Gedanken und erinnerte sie daran, dass sie das Frühstück ausgelassen hatte. Ein paar Kohlenhydrate würden das Denken womöglich erleichtern und so stand sie auf und schlenderte in die Messe. Es waren nicht viele Leute da, aber die wenigen Anwesenden hatten sich neben der Essensausgabe versammelt und diskutierten lachend über einen Zettel, der dort an der Wand klebte. Ein Zettel an der Wand in der Messe? Das hatte Assjima in den vielen Jahren auf Raumschiffen noch nie erlebt und so drängelte sie sich ein wenig nach vorne, um genauer sehen zu können, um was es dabei ging. Auf dem vergilbt wirkenden Papier waren drei gezeichnete Gesichter zusehen. Darüber stand in fetten altertümlichen Buchstaben:

 

WAnted

 

Die Zeichnungen zeigten drei verschiedene, aber einander doch ähnelnde Frauengesichter, die Assjima sehr bekannt vorkamen.

Eines hatte einen breiten Entenschnabel, eines war eindeutig terrestrisch und das dritte war blau und hatte eine bolianische Glatze. Darunter stand ein kleiner Text:

Gesucht werden dringend Informationen zu dieser Frau, der wir den Arbeitsnamen „Große Mutter“ verpasst haben. Sie trägt jedoch viele verschiedene Namen, erscheint jeder Spezies in deren eigenem Aussehen, spricht die Sprache einer jeden Spezies, ist viele tausend Jahre alt (was man ihr vermutlich aber nicht ansieht) und tritt überwiegend im Zusammenhang mit sexuellen Ritualen und Handlungen in Erscheinung. Wir gehen davon aus, dass keiner von euch sie gesehen hat, bitten euch aber darum, in euren Erinnerungen und privaten Büchern nach Hinweisen zu suchen. Vielleicht in einer Geschichte, die von euren Großeltern, Pfaffen, Priestern, Hexen (und weisen Frauen) erzählt wurde. Möglicherweise habt ihr auch in einem Tempel, auf einem ritualen Stein oder dem großen Kochtopf aus dem Erbe der Ur-Ur-Ur-Großmutter mal ein Bild von ihr gesehen.

Bei sachdienlichen Hinweisen bitte bei Crewman James Bristow auf der Primärstation melden. Es gibt auch eine Belohnung in Form eines Schokoriegels (solange der Vorrat reicht)

 

„Ob er auch Müsliriegel mit Cranberry hat?“ „Oder die leckeren mit diesen Knusperflocken?“ „He Leute! Da steht eindeutig SCHOKORIEGEL!“ „Also … meine Großtante mütterlicherseits hat da immer so eine Geschichte erzählt …“

Die wilde Diskussion um sie herum riss Assjima aus ihrer Überraschung. Sie drehte sich um, woraufhin die anderen über sie herfielen:

„Doc! Hat das mit der Suche nach dem Captain zu tun? Ich habe zuhause noch ein altes Buch über die Mythen und Legenden der Bolianer. Ich kann meinen Bruder anrufen, dass er da mal nachschaut.“

„Mein Cousin kennt sich super gut in den religiösen Texten der Andorianer aus. Er war dort als Missionar.“

„Der Großonkel meines Verlobten hat da mal so eine Geschichte erzählt … ok – er war da total besoffen, aber jeder Trinker findet ja bekanntlich mal einen Korn …“

„Bei uns gibt es einen uralten Ritualplatz. Da steht ein großer steinerner Trog, umgeben von einem ausgetretenen Labyrinth. Und es gibt eine Legende dazu. Ich werde da mal nachfragen …“

Etwas erschrocken wich die Deltanerin einen Schritt zurück und hob beschwichtigend die Hände. „Leute … euren Eifer in Ehren. Aber ich habe jetzt gar nichts zur Datenerfassung dabei. Und bitte stürmt nicht gleich alle auf einmal in die Krankenstation. Ich werde dafür sorgen, dass James einen Raum bekommt, in dem er euch empfangen und eure Aussagen aufnehmen kann. Gebt mir eine Stunde Zeit. Wir geben euch über die Bordkommunikation Bescheid. Aber es wäre wirklich wunderbar, wenn ihr seiner Bitte nachkommen könntet. Und fragt auch eure Kollegen. Uns interessieren gerade die Geschichten, die nicht in der Datenbank stehen. Vielleicht helfen die tatsächlich, das Rätsel um das Verschwinden vom Captain und von Aiso zu lösen.“

„Alles klar, Doc! Wir schauen mal, was sich da so findet.“ Ein Teil der Gruppe verlies die Messe mit schnellen Schritten, andere setzten sich an die Tische und begannen, ihre Geschichten auszutauschen.

Assjima schaute sich amüsiert um. Das würde Dimede gefallen. Dann aktivierte sie ihren Kommunikator: „Assjima an Crewman Bristow. In fünf Minuten in meinem Büro.“

Viereinhalb Minuten später rauschte James in Assjimas Büro, die sich gerade ein Sandwich aus dem Replikator geholt hatte. „Doc?“

„Du hast hoffentlich genügend Schokoriegel?“

„Wie meinst du das?“

„Du wirst viel Kopfgeld bezahlen müssen.“

„Ach … wegen meines Zettels?“ Der Sanitäter lief rot an. „Das war nur so eine Schnapsidee … mehr ein Gag.“

„Eine verdammt gute Idee. Hast du genügend Schokoriegel?“

„Wenn drei reichen …?“

Assjima ließ sich lachend in ihren Sessel fallen. „Du wirst sie kistenweise brauchen. In wenigen Minuten wird ein großer Teil der Crew anfangen, in den Erinnerungen zu wühlen, alte Freunde anzurufen, die im Lager eingemotteten Bücherkisten hervor zu wühlen … Die Brücke wird alle verfügbaren Kapazitäten für private Gespräche bereit stellen. Vendetta fängt umgehend damit an, dir in Frachtraum drei einen Arbeitsbereich einzurichten. Miauz aktiviert ein paar Zivilisten damit sie dir bei der Aufnahme des Materials behilflich sind. Du bekommst einen Scanner, mehrere Aufnahmegeräte und einen Ordner in der Datenbank, in der du sämtliche Erzählungen ablegst, damit Elijah und Marla sie analysieren können. Und Tassadar kümmert sich im Moment um die benötigten Schokoriegel. Dazu auch Müsliriegel. Wir stellen ein paar Tische sowie einen Replikator in den Frachtraum. Damit sich die Leute zusammensetzen und austauschen können. Du wirst dort eine Märchenstunde für uns abhalten. Bitte erfasse sämtliche Personalien, damit wir gegebenenfalls nachragen können.“

James Gesicht wurde dunkelrot. „Oh … du meinst, ich kann das?“

„Natürlich kannst du das. Hol dir noch Blechbüx zu Hilfe. Aber ich muss noch wissen, wer diese Zeichnungen gemacht hat.“

„Das war Ivan. Der hat sich deine Schilderungen deiner Vision angehört und dann die Gesichter gezeichnet.“

„Und er hat sie verdammt gut getroffen! Aber ich habe ja noch mehr Gesichter gesehen. Schick den Jungen bitte umgehend zu mir. Vielleicht kann er noch ein paar Gesichter zeichnen. Ich werde versuchen, mich so gut wie möglich zu erinnern. Er soll dir anschließend im Frachtraum zur Hand gehen. Womöglich gilt es noch mehr Phantombilder aufzunehmen. Noch Fragen?“

„N … Nein … ich glaube nicht.“

„Gut. Dann an die Arbeit, Crewman!“

„Aye, Commander!“

Kaum hatte James das Büro verlassen, summte das Terminal. „Brücke an Doktor Assjima. Wir haben eine eingehende Transmission für Sie.“

„Bitte auf mein Terminal legen“

Auf dem Monitor erschien ein lustiges Gesicht mit breitem Schnabel und blauem Federschopf. „He Süße! Ich habe gehört, du würdest nach mir suchen.“

„Dackbad! Endlich!“

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Kentan lief etwas nervös im OPS-Zentrum auf und ab; dabei sprach er mit Lieutenant Fatma Nissad, die ihm in den vergangenen Monaten immer mehr zu einer persönlichen Vertrauten geworden war.

"Offenbar wollen meine Vorgesetzten, dass ich mir Gedanken zu Künstlicher Intelligenz allgemein und künstliche Telepathie beziehungsweise den Empfang telepathischer Signale durch technologische Komponenten im Speziellen mache. Und ganz nebenbei soll ich auch noch erklären, wie dieser Blechbüx zu dem wurde, was er ist."

"Und Sie haben noch keine Erklärung?"

"Nein, aber letzteres ist in dieser Situation auch am nebensächlichsten. Künstliche Intelligenz - das habe ich auch alles in einem Rundschreiben an die anderen Offiziere geschrieben - kann, wenn man sie bewusst erschaffen will sowohl auf Software- wie auch Hardware-Ebene manifestiert werden. Für reine Software-Lösungen reicht schon ein präduotronisches Netzwerk aus, wenn man die darauf laufende KI ordentlich programmiert. Im Gegensatz dazu kann eine multitronische Matrix eine künstliche Intelligenz oder gar ein künstliches Bewusstsein sogar schon auf reiner Hardware-Ebene entwickeln. Wobei das Netzwerk dann wiederum imstande wäre, binäre und analoge Daten gleichermaßen direkt zu verarbeiten. Aber nur ein Fehler bei einem künstlichen Neuron, und das Ganze kann instabil werden, wie man am eindrucksvollsten aus dem M5-Desaster vor fast 120 Jahren kennt. Eine positronische Matrix wiederum ist der Heilige Gral der Kybernetik: Bei ihr sind Hard- und Software gleichermaßen wichtig, und auch beides kann sich im Verlauf des Betriebs verändern. Wohingegen man bei einem einmal fertig gestellten multitronischen System nachträglich nur noch wenig an der Hardware verändern kann ... Es sei denn, man setzt massiv auf Nanosonden."

"Wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstehe, dann wäre ein multitronisches System neben bioneuralen Varianten am besten geeigent, um telepathische Signale zu empfangen?"

"Im Prinzip ja, wobei man dafür keinen kompletten Nachbau eines lebenden Gehirns bräuchte - aber es gibt allein schon bei lebenden Spezies sehr unterschiedlich strukturierte telepathische Zentren. Und welches davon als anorganischer Nachbau am besten geeignet wäre, da bin ich mir nicht so ganz sicher. Schon die heutigen Psychotricorder verwenden eine etwas vereinfachte multitronische Matrix, sehr, sehr weit davon entfernt, einen zweiten M5 zu bilden. Ich denke, mit einer Kombination aus multi- und positronischen Elementen ließe sich vielleicht eine feiner Auflösung erzielen. Aber selbst dann müsste man dem zu untersuchenden Objekt sehr nahe sein, was heißt, wir müssen erst einmal in diese ominöse Subraumtasche oder wo auch immer die Vermissten sein mögen hinein, dort eine Art von Planeten finden und dann ... Nun, ich denke, schon lange vorher dürften die Sinne unserer lebenden Telepathen etwas aufgeschnappt haben. Soweit gesehen ist das organische Original immer noch unschlagbar."

"Aber was ist, wenn wir die von Ihnen vorgeschlagene verfeinerte Psychotricorder-Matrix mit den Langstreckensensoren koppeln?", fragte Lieutenant Nissad. "Immer vorausgesetzt, sie ließe sich dafür entsprechend erweitern."

Kentan seufzte. "Im Prinzip wäre das ja möglich, aber wir würden dann zu 99,999 Prozent nur Datenmüll und undifferenziertes Hintergrundrauschen empfangen. Die Gehirne organischer Telepathen filtern das Unwichtige meist automatisch heraus, aber eine Maschine macht keinen Unterschied und wir würden nur unsere Speicher mit überwiegendem Unsinn füllen."

"Dann programmieren wir die Verarbeitungs-Software so, dass die Daten nach sagen wir 30 Sekunden wieder automatisch aus den Speichern gelöscht werden, sofern kein auffälliges Signal hereinkommt."

Kentan zuckte mit den Achseln. "Meinetwegen ... Aber warten wir erst mal die Entscheidung des Captains ab. Wie gesagt, das was ich Ihnen gerade erzählt habe, steht etwas zusammengefasster auch in dem Rundschreiben an alle Kollegen. Ich persönlich bin immer noch der Meinung, dass wir die vielversprechendsten Ergebnisse erhalten, wenn zwei oder drei der hier an Bord dienenden Telepathen ihre Kräfte in einer Art multipler Gedankenverschmelzung bündeln. Dann hätten wir eine breite Streuung und eine, wenn alles gut geht erhöhte Reichweite. Dafür sollte jeder Teilnehmer an dieser 'Séance' am besten einer anderen Spezies angehören ... Ein Vulkanier, hauptsächlich als Bindeglied, ein Betazoid und Dr. Assjima als Deltanerin. Letztere kann die medizinischen Risiken und den möglichen Nutzen einer solchen Vorgehensweise immer noch am besten bewerten."

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In wenigen Momenten würden sich die Turbolift-Türen öffnen und dann...

Milseya schloß ihre Augen und atmete mehrmals tief durch.

Und dann würde sie die Brücke nicht als Crewmitglied betreten. Auch nicht als Gast. Sondern als Botschafterin der Föderation.

In den vergangenen zwei Wochen hatte die Sternenflotte alles getan, um aus ihr eine würdige Vertreterin ihrer Interessen zu machen. Stundenlang war sie auf dem Holodeck getrimmt worden, was sie alles sagen und tun durfte - und vor allem lassen sollte. Durch Dutzende von Simulationen hatte sie sich durchgequält, mehrere gewaltige Handbücher hatte sie gewälzt – all das für ein Friedensabkommen, zu deren Entstehung sie mit einer Unbedachtheit beigetragen hatte. Und dass sie womöglich mit einer Unbedachtheit wieder zunichte machen könnte. Anders konnte Milseya sich den Aufwand, den man mit ihr betrieb, nicht erklären.

Es wunderte sie, dass sie es trotz allem hinbekommen hatte, jeden Abend mit H'Qar und ihren Kindern zu reden. Leider hatte sie es nur geschafft, andere Nachrichten zu lesen und zu schreiben – und wie gerne hätte sich mit ihren Freunden unterhalten. Allen voran, Assjima – insbesondere als sie den Bericht von Elijah über die weibliche Gottheiten gelesen hatte. Dabei fiel ihr ein, dass sie ihm noch eine Nachricht zu kommen lassen wollte. Womöglich würde ihm die eine Abhandlung über Tulpas weiterhelfen können - und die über ..

Sie spürte, wie der Turbolift stoppte. Sie warf rasch einen letzten Blick auf den simplen dunkelblauen Overall, den sie trug, und strich ihre Haare glatt. Nicht einmal zum Friseur habe ich geschafft schoss es ihr durch den Kopf unwillkürlich als sich die Türen öffneten.

Milseya trat ohne zu zögern auf die Brücke und schritt direkt auf die Kommandaten der USS Amazonas zu, den sie mit einem knappen Kopfnicken begrüßte. „Captain Innurrito.“

„Botschafterin“, kam es knapp vom Chilenen zurück bevor auf den Schirm deutete. „Drei Schiffe der Sarr-Theln-Klasse versperren uns den Weg“, erklärte er.

„Haben sie ihre Waffen aktiviert?“

„Nein.“

„Die Schilde?“

„Negativ.“

Die Bajohaliianerin starrte nachdenklich auf den Schirm. „Was ist mit der Kennung der Schiffe, Captain?“

„Ma'am?“ Javier Innurrito sah sie irritiert an.

Milseya wandte ihren Blick ab. „Im Rahmen unserer Friedensgespräche haben sich die Breen bereit erklärt, dass die Kennung ihrer Schiffe jederzeit ablesbar ist – auch um zu verhindern, dass irgendwelche versprengte Putschisten Attentate verüben können“, erklärte sie leise.

Der Captain zögerte nicht lange. „OPS – die Kennung der Schiffe.“

„Aye“, kam hinter ihm und Milseya zurück. „Es handelt sich um die Schiffe mit der Kennung … Sham-To, Alk-To und Kalt-To. Offenbar allesamt von der Koalition der Yec Tantar.“

Milseya lächelte, was Innurrito mit einem Stirnrunzeln quittierte. „Kennen Sie die Schiffe?“, fragte er ungehalten.

„Nein“, schüttelte sie den Kopf. „Aber ich glaube zu wissen, wer sie befehligt.“

Javier Innurrito runzelte immer noch mit der Stirn.

„Erlauben Sie, dass ich die Schiffe rufe, Captain?“

„Tun Sie das“, kam es knapp zurück.

Nach einem kurzen Wink an die OPS drehte sie sich wieder zum Schirm. „Ich rufe die Schiffe der Sarr-Theln-Klasse, die sich direkt vor uns befinden. Danke, dass Sie uns auf dem Territorium der Breen begrüßen ... Relk Mart. Oder hat man Sie in der Zwischenzeit befördert?“

Das kurze Schweigen wurde von einem blechernen Lachen in der Komm beendet. „Sie haben nichts von Ihrem Scharfsinn verloren, Captain Anquenar.“ Auf dem Schirm erschien das Bild von einer Brücke, in dessen Mitte ein Breen auf den Bildschirm zu ging. „Und es heißt UThot Mart.“

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„Ihr braucht unsere Hilfe?“ Der Ok’Ta lachte. „Schätzchen … ist dein Erinnerungsvermögen irgendwie getrübt? Die habe ich euch doch schon zigmal zugesagt.“

„Ich weiß, Dackbad. Dem Captain geht es wohl eher darum, dieses nun Versprechen einzufordern.“

„Das Versprechen eines Ok’Ta muss nicht eingefordert werden. Wir riskieren gerne mal eine dicke Lippe, aber egal was wir für einen Unsinn von uns geben – wir stehen dazu.“

Assjima rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl herum. Das lief hier irgendwie in die falsche Richtung. Den ersten Initiator des  dritten Taxon der Ok’Ta-Anatidae zu verärgern war nicht in ihrem Sinne gewesen. „Bitte verstehe mich nicht falsch …“

„Süße … ich verstehe dich schon richtig. Euer Faltengesicht ist wohl der Ansicht, dass wir Windbeutel seien. Große Klappe und nichts dahinter. Könnte ja sein, dass wir uns da irgendwie herauswinden möchten. Deshalb schickt er vorsichtshalber sein hübsches, redegewandtes Goldkind vor, in der Hoffnung, gut Wetter zu machen. Hast du als Schiffsärztin eigentlich nichts Wichtigeres zu erledigen, als den Kollegen auf der Brücke die Arbeit abzunehmen?“

„Doch schon … aber Captain Tanrim weiß, dass wir beide einen guten Draht zueinander haben. Er geht davon aus, das dies die Kommunikation erleichtern würde.“

Dackbad beugte sich vor: „Assjima … natürlich unterhalte ich mich lieber mit dir als mit dem ollen Zakdorn. Dennoch ist es unlogisch, strategische Absprachen mit dem leitenden medizinischen Offizier als Mittelsmann zu tätigen. Denn über den Punkt, dass ihr uns um Hilfe bitten müsst, sind wir doch schon längst hinweg. Wir waren in den letzten Wochen nicht untätig. Wir beobachten den Nebel, wir beobachten die Breen und was sich sonst noch in diesem Sektor herumtreibt. Die USS Amazonas mit Botschafterin Anquenar an Bord hat im Moment den ersten Kontakt mit den Breen …“ Dackbad hielt inne, dann zog ein breites Grinsen über sein Gesicht. „Keine Sorge, Schätzchen. Mit den Guten. Sie unterhält sich wohl gerade mit UThot Mart. Wenn der nicht inzwischen die Seiten gewechselt hat, wird dies vermutlich eine positive Besprechung. Egal … ich denke, wir sind hier ganz gut auf dem Laufenden.  Seit zwei Wochen ist das zweite Taxon der Ok-Ta-Anatidae damit beschäftigt, die Subraumkorridore im Bereich des Nebels zu reinigen. Und auch die, die auf den Routen liegen, welche für eure Anreise in Frage kommen. Der kürzeste Weg ist schon komplett repariert. Wir sind einfach mal davon ausgegangen, dass ihr über die Sternenbasis 621 kommen werdet. Der Kanal beginnt momentan im Rolor-Nebel. Im Bereich der Tzenkethi-Koalition ist er jedoch komplett ruiniert. Diese Freaks haben ihr Subraumnetz während des großen Krieges gegen diese Wechselbälger komplett vermint und wohl vergessen, wo sie die Dinger versteckt haben. Oder ihr nehmt die Route über Valeria. Ein Korridor ist momentan ab Ultima Thule auch für ein größeres Raumschiff geeignet. Aber ich weiß nicht, ob ihr mit den Valerianern in Berührung geraten möchtet. Die gehören nach wie vor zu den eher unangenehmen Zeitgenossen. Und auf welche Seite die sich bei den Breen gestellt haben konnten wir noch nicht herausbekommen. Es gibt Gerüchte, dass ein Teil der militanten Führungsgruppe bei denen Unterschlupf gefunden hat. Aber das sind nur nicht bestätigte Gerüchte. Vielleicht wäre es am sichersten, den Umweg über die Cardassianische Union zu nehmen. Die dürften euch ja noch was schuldig sein. Aber deren Bürokratie …“ Der Ok‘Ta schüttelte lachend den Kopf. „Ich persönlich würde es vorziehen, durch die Badlands zu fliegen. Da weiß man wenigstens, auf was man sich einlässt.“

Beruhigt lehnte Assjima sich zurück. Der Unmut Dackbads war offensichtlich schon wieder verflogen. „Ganz ehrlich, mein Freund: Ich habe keine Ahnung, welche Route der Captain geplant hat. Ich weiß nur, dass er sich von euch navigatorische Hilfe beim Durchfliegen der Subraumkanäle erhofft. Dass ihr schon dabei seid, diese Wege für uns frei zu räumen hat er vermutlich nicht einmal zu träumen gewagt.“

„Es war sowieso höchste Zeit, da mal gründlich aufzuräumen. Unsere Jungen werden bald schlüpfen. Die brauchen schließlich ordentliche Korridore zum Üben.“

Jetzt war es an der Schiffsärztin, zu schmunzeln. „Ich würde mir wünschen, ein paar von euren Jungen kennenzulernen.“

„Mal sehen … das wird nicht so einfach. Wie alle Anatidae sind sie Nestflüchter. Kaum geschlüpft sausen sie schon davon. Nur die Ok-Ta-Elmag hat sie halbwegs unter Kontrolle.“

„Boss … wenn ich mich richtig erinnere, dann ist eure Eierchefin auch diejenige, die sich am besten mit Glonta auskennt?“

„Jo, da erinnerst du dich richtig, Schätzchen. Die amtierende Ok-Ta-Elmag lernt immer alles von ihrer Vorgängerin. Sie übernimmt auch deren Datenbank. Denke, dass da auch das eine oder andere zu Glonta zu finden sein sollte. Hab‘ aber selber noch nie nachgefragt.“

„Ob mir eure Elmag Informationen zu Glonta zukommen lassen würde?“

Dackbad verzog das Gesicht. „Oh je … die Ok-Ta-Elmags sind grundsätzlich nicht so einfach gestrickt wie meinereiner. Immerhin müssen sie ja unsere Jungen erziehen. Die amtierende Ok-Ta-Elmag des dritten Taxon heißt Entuck und ist eine Gouvernante der übelsten Sorte. Glaube mir: Mit der willst du echt nichts zu tun haben. Aber ich kenne die Ok-Ta-Elmag des zweiten Taxon. Die heißt Entack und ist wirklich eine Süße. Sie hat auch mal drei oder vier Eier von mir gelegt. Ist schon ein Weilchen her … da war sie noch keine ausgebildete Ok-Ta-Elmag, sondern nur eine Ok-Ta-Elmag-Helferin. Die kann ich bitten, mit dir Verbindung aufzunehmen. Braucht der verwirrte Langhaardackel mehr Stoff?“

„Wie bitte?“

„Na dieser langhaarige Typ, der immer Gedichte zitiert.“

„Ach, du meinst Elijah? Ja. Er versucht gerade mit Hilfe unserer Datenbank die verschiedenen Mythologien der Muttergottheiten zu analysieren. Der Captain möchte wissen, ob und wie Glonta mit anderen kommuniziert.“

„Na ja … in grauer Vorzeit, als wir noch mit den Geiern zusammen gehaust haben, hat sie wohl mal mit einer Ok-Ta-Elmag gesprochen und ihr empfohlen, den Geiern die Nachbarschaft aufzukündigen und uns unseren eigenen Lebensraum zu suchen. Sie konnte es wohl nicht leiden, dass die Geier unsere Küken zum Frühstück gefuttert hatten. Den Rat haben die Ok’Ta sehr gerne befolgt.“

„Und heute?“

Dackbad schüttelte bekümmert den Kopf. „Das weiß ich nicht, Schätzchen. Die Ok-Ta-Elmags reden nicht mit uns Erpeln über diese Dinge. Unser Job ist es, für Futter und Sicherheit zu sorgen. Der Rest ist Aufgabe der Elmags und ihrer Helferinnen.“

„Ich verstehe … Falls deine Freundin uns helfen möchte, kannst du ihr zusichern, dass ich nur missionsrelevante Informationen an meine männlichen Kollegen weitergeben werde.“

„Das wird es erleichtern. Die Elmags sind der Ansicht, dass gewisse Dinge nicht in die Finger von testosterongesteuerten Personen geraten dürfen. Sie sagen, das würde unser Verstand nicht verkraften. Wir könnten davon verrückt werden.“ Er grinste. „Dafür verraten wir ihnen nichts über die Geheimnisse der Navigation. Nur die Grundlagen, damit sie den Eierschwarm steuern und die Jungen wieder einfangen können. Alles andere wäre viel zu kompliziert für ihre hübschen Köpfchen.“

Assjima nahm sich vor, bei passender Gelegenheit mehr über die sozialen Strukturen der Ok’Ta in Erfahrung zu bringen. Diese Raumnomaden schienen ein sehr archaisches System der Geschlechterrollen zu praktizieren. Was vielleicht eine passable Erklärung für ihre Nähe zu einer Muttergottheit sein könnte. Sie hob theatralisch den Zeigefinger. „Das, mein Freund, müssen wir bei Gelegenheit einmal ausdiskutieren. Aber ich habe noch ein anderes Problem: Es hat ewig gedauert, dich ausfindig zu machen. Und ich habe dafür mindestens zwanzig Gefallen einfordern müssen. Du hingegen scheinst keine Probleme zu haben, mich jederzeit zu erreichen.“

„Du willst meine Telefonnummer haben?“ Dackbad lehnte sich zurück und lachte schallend. „Darum wurde ich schon lange nicht mehr gebeten“ Er beugte sich vor und drückten einen schmatzenden Kuss auf den Monitor. „Danke, dass du dich nach mir verzehrst.“ Dann wurde er wieder ernst. „Die Föderation hat ja überall Subraumrelais verteilt. Und jedes eurer Schiffe hat eine eigene Kennung. Die Relais anzuzapfen ist kein Problem. Und die Community dann zu erreichen auch nicht. Aber wir müssen die Relais auch jedes Mal extra ansteuern. Zudem haben unsere Schiffe keine Kennungen. Selbst wenn wir in Reichweite eines Relais wären und uns da nicht gerade rein gehackt haben erwischt ihr uns nicht. Unsere Nestschiffe sind nur begrenzt mit der Föderationstechnologie kompatibel. Wir hätten beim Abschied ein paar Kommunikationsgeräte austauschen sollen. Aber ich verstehe, dass dies ein Problem ist.“ Er dachte nach. „Ich bin momentan in der Nähe vom Außenposten Gamma 7 und habe mich in deren Kommunikationssystem eingeklinkt. Die wissen natürlich nichts davon. Deswegen kann ich auch nicht lange hierbleiben. Aber wenn euer Faltengesicht dafür sorgen könnte, dass wir uns offiziell auf der Raumstation aufhalten dürfen, kann ich Dackgong und Dackbrol hierlassen. Die könnt ihr dann jederzeit anrufen. Sie können dann mit mir Rücksprache halten. Vielleicht finden die auch einen Weg, eines eurer Föderationsgeräte in ein Nestschiff einzubauen. Das wäre dann noch einfacher.“

„Ich denke, das wird sich einrichten lassen“ antwortete die Ärztin.

„Gut. Dackgong wird sich morgen in das Kommunikationssystem von Gamma 7 einklinken und sich um 14 Uhr nach eurer Bordzeit bei euch melden. Dann kann Tanrim ihm sagen, ob er und Dackbrol auf die Station dürfen. Vorher werden die beiden sich auf keinen Fall enttarnen. Das nächste Relais ist von hier aus nämlich verdammt weit weg.“

Assjima nickte. „Das hört sich nach einem guten Plan an.“

„Ich mach mich jetzt wieder vom Acker, mein Herzchen. Hier sind mir auf Dauer doch zu viele Löffelköpfe unterwegs.  Die scheren sich offensichtlich einen Dreck um die entmilitarisierte Zone. Außerdem muss ich dringend aufs Klo. Wir sehen uns hoffentlich sehr bald.“

„Danke für deine Hilfe, Boss.“

„He – versprochen ist versprochen! Erinnere Tanrim aber auch daran, dass er uns in Sachen Föderationsmitgliedschaft helfen will … wenn dieser ganze Scheiß hier zu Ende ist.“ Er drückte noch einmal einen Schmatz auf den Bildschirm und verschwand.

Immer noch schmunzelnd ließ Assjima den Computer nun nach dem Captain suchen und erstattete ihn in knappen Worten Bericht.

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Bei al den Aufgaben, die noch anstanden, hatte es George irgendwie geschafft Zeit für das Shuttle von Lieutenant Contello zu finden.

Jenes Raumfahrzeug stellte in nur jeder erdenklichen Sicht eine Kuriosität dar. Strenggenommen sollte man so was bestenfalls noch im Flottenmuseum oder in historischen technischen Dateien zu sehen bekommen. Doch es stand in einer Nische auf dem Hangardeck. Angeleuchtet von diffusen blauen Licht, dass die Nische und auch die Fähre in eine Aura der Ruhe tauchte und beinahe gemütlich wirkte.

George hatte mit Scannern den Antrieb nochmals Untersucht und dabei auch unter anderem Daten für Computersimulationen gesammelt. Des weiteren wollte er auch mit der technischen Datenbank der Sternenflotte versuchen die Komponenten zu identifizieren, in der wagen Hoffnung dass man doch Replikator Daten für Ersatzteile vorfinden würde. Sogar die Datenbanken des Flottenmuseums und eine Verbindung zu Memory Alpha waren einbezogen worden.

Doch bisher zeigte sich das Glück verhalten. Viele der gebräuchlichen Teile waren zu bekommen. Doch ausgerechnet die Teile die nach einem Austausch schrien, waren nicht zu finden. Immerhin gab es noch Blaupausen dieser Teile , was George in die Lage versetzte wenigstens einen Nachbau fabrizieren zu können.

 

In einem Computermodell hatte George bereits den Antrieb des Shuttles mit den neuen Komponenten versehen und wollte testen, ob das ganze überhaupt funktionieren würde. Auf dem Display sah man eine dreidimensionale Darstellung der Fähre rotieren. George gab die letzten Einstellungen wie Treibstoffmischung und Ausrichtung der Warpspulen ein.

 

„Computer! Simulation laden und den Antrieb des Shuttles mit Warp 1 zünden.“

 

Der Computer zirpte zur Bestätigung und führte die Befehle aus. Auf einem separaten Display sah man die Werte in die Höhe steigen. Das Simulierte Subraumfeld baute sich auf, Die Beschleunigung nahm zu und näherte sich der Lichtschwelle.

 

 

„Warnung! Maschinenfehler entdeckt. Abschaltung des Antriebes eingeleitet.“

 

„Was? Die Einstellungen waren Idiotensicher!“ , zischte George verärgert.

 

„Anfrage kann nicht verarbeitet werden.“

 

„Mit Dir habe ich nicht gesprochen.“ polterte George zur Decke. „ Computer Maschinenfehler Identifizieren.“

 

„Die Regulatoren der Plasmainjektoren versagten bei der Zündung auf Warp 1. Dabei kam es zu einem Ungleichgewicht der Materie Antimaterie Balance.“ verkündete der Computer.

 

George ließ sich in den Sessel sinken und dachte nach. Einen derartigen Fehler hatte er nicht mehr gesehen seit er an der Akademie studiert hatte. Dunkel erinnerte er sich dabei, dass Damals ein Vorfall als Beispiel thematisiert wurde, bei dem die Enterprise unter Admiral Kirk einen Eindringling abfangen musste und deswegen den Warpantrieb mit einem Kaltstart aktivieren wollten. Das Ergebnis war ein Wurmloch. Mit der Enterprise wurde auch ein Asteroid reingerissen, der beinahe das Schiff vernichtet hätte. Konnte dass wirklich sein?……..

 

„Computer! Wurde bei dem Maschinenfehler ein Wurmloch erzeugt?“

 

„Positiv! Das Subraumfeld wurde durch das Ungleichgewicht in ein instabiles Wurmloch umgewandelt.“

 

„Zeige die Werte des Wurmloches.“ Auf dem Display tauchten Datenkolonnen auf die George sich durchsah. Dort stach ihm ein weiteres Detail ins Auge.

 

„Computer! Hatte das Shuttle innerhalb des Wurmloches Warp 1 überschritten?“

 

„Positiv! Das Shuttle beschleunigte innerhalb des Wurmloches auf Warp 2,9.“

 

„Wie ist das Möglich?“

 

„Es sind nicht ausreichend Daten für eine Hypothese vorhanden.“

 

„Gab es bei der Strukturellenintegrität des Rumpfes Überlastungen?“

 

„Die Stresswerte des Rumpfes stiegen kontinuierlich an. Vorausberechnetes Versagen des Rumpfes bei einem in der Anomalie fortgesetzten Fluges 4,9 Minuten nach eintritt .“

 

„Berechnete Endgeschwindigkeit beim Versagen des Rumpfes?“

 

„Endgeschwindigkeit beim versagen des Rumpfes Warp 5,3.“

 

„Computer, alle Daten der Simulation speichern.“ George spürte, dass sich daraus was machen lies. Contellos Shuttle war nicht zu mehr als Warp 1,4 fähig und nach wenigen Sekunden hatte sich diese im Wurmloch vervielfacht. Als George weitermachen wollte sah er seine Frau im Türrahmen stehen.

 

„Ich habe hier was für Dich, was den Psychotricorder angeht.“ , sagte Jenax und setzte sich auf einen Stuhl während sie ihrem Mann das Padd reichte.

 

„Wie wäre es mit einem Essen, während wir die Daten durchgehen?“, schlug George vor.

 

„Gerne. Denn ich sterbe vor Hunger.“, antwortete Jenax.

 

Beide sammelten die Padds auf und gingen gemeinsam zum Casino.

 

 

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Fähnrich junior Grade Loonara Vot notierte James auf seinem Padd und sah die Frau aus der Sicherheit fragend an. „Ihr habt auf Trill auch so einen Mutter-Mythos?“

„Na ja … eigentlich ist es eher ein Mutter-Kesselmythos“ entgegnete die Frau. „Einer der Guardians hat ihn mir einmal erzählt. Trill wurde zuerst nur von den Symbionten bewohnt. Sie lebten ausschließlich in den Höhlen von Mak’ala. Lange schon bevor sich die Trill aus Primaten entwickelten. Ala-Kam wandelte über den Planeten und bedauerte die armen, etwas stumpfsinnigen Trill, die sich gerade auf die Hinterbeine erhoben hatten und versuchten, mit den Händen das Feuer einzufangen.  Und sie bedauerte die armen Würmer in den Teichen von Mak’ala, die vor Verzweiflung schrien, weil ihre Ideen und Gedanken die Höhlen nie verlassen würden. Sie nahm ihren großen Kessel und schöpfte aus den Teichen von Mak’ala. Dann lockte sie die Trill mit den verbrannten Händen und gebot ihnen, zur Heilung ihrer Wunden in den Kessel zu steigen. Dann soll sie einige Zaubersprüche so laut herausgeschrien haben, dass sich die im Kessel sitzenden Trill vor Schreck verschluckten. Und so kamen die ersten Symbionten in die ersten Trill. Der Kessel trägt noch heute den Namen Lamt’ka sa – der Vereiner. Er steht noch heute in einem kleinen Tempel nahe der Höhlen. Zumindest behauptet man das. Hier habe ich ein Foto von ihm.“ Sie schon James ein Padd über den Tisch, auf dem das Foto eines schlichten tönernen Topfes mit den Ausmaßen einer Badewanne zu sehen war. „Man erzählt sich, dass die Trill nach dieser Vereinigung das Feuer nicht länger mit den Händen zu fangen versuchten, sondern erst Steine, dann Hölzer und später Feuerzeuge benutzen.“

James nickte. „Danke, Fähnrich. Von dieser Ala’Kam haben Sie nicht zufällig auch ein Foto?“

Loonara Vot lachte. „Nein, leider nicht. Der Guardian zeigte mir ein paar Malereinen an den Höhlenwänden, die Ala’Kam darstellen sollen. Aber das waren nur einfache Strichzeichnungen. Als Steckbrief gänzlich ungeeignet. Aber man erzählt sich, dass sie uralt und trotzdem sehr schön gewesen sein soll.“

„Vielleicht würde es sich lohnen, in den Legenden der Trill etwas genauer nachzulesen“ brummte der Crewman. „Diese Geschichte passt recht gut in das Puzzle. Danke, Loonara. Müsli oder Schoko? Noch haben Sie die Wahl.“

„Schoko bitte.“

James schob ihr den Riegel über den Tisch und sah sich im Raum  um. Dann grinste er. „Da drüben an dem Tisch sitzt Fähnrich Grunther. Der hat mir auch so eine Kesselgeschichte von den Kelten erzählt. Vielleicht nehmen Sie sich noch ein paar Minuten Zeit für einen Kaffee und reden mit ihm? Möglicherweise entdecken Sie Parallelen?“

„Das werde ich machen“ zwitscherte die Trill gutgelaunt und schlenderte hinüber zu dem Piloten.

Der Sanitäter streckte sich und bewegte die verspannten Schultern. Seine kleine Datenbank zeigte auf, dass Fähnrich Vot die fünfzehnte Person war, die in den letzten zwei Stunden ihre Geschichte zum Besten gegeben hatte. An den Tischen saßen noch mindestens zehn weitere, die geduldig warteten bis sie an die Reihe kamen. Miauz tänzelte gutgelaunt zwischen den Tischen herum, versorgte alle mit Getränken und plauderte nach Herzenslust. Er schien ganz in  seinem Element zu sein, während Blechbüx scheinbar stoisch den Replikator bediente. Was jedoch niemand ahnte: Miauz und Blechbüx trieben ein abgekartetes Spiel. Während Miauz mit seinen Plaudereien die Anwesenden immer tiefer in Gespräche über Mythen und Legenden trieb, hatte Blechbüx sämtliche Sensoren auf Höchstleistung gestellt und zeichnete alles auf, was an den Tischen erzählt wurde. Auf diese Weise entging ihm nicht der kleinste Hinweis. Zeitgleich sortierte sein Prozessor mit Hilfe der Stimmenidentifikation die aufgeschnappten Gesprächsfetzen den richtigen Personen zu und stellte erste inhaltliche Zusammenhänge her.

Die Idee zu dieser nicht ganz legalen Lauschaktion stammte allerdings von Miauz, dem der kleine Roboter vor längerer Zeit von diesem Programm erzählt hatte, das Gle‘ma vor Jahren schon für ihn geschrieben hatte. Ein praktisches kleines Tool, welches dem Frisör auf Anhieb sehr gefallen hatte. Sehr praktisch, um auf Partys jeden Tratsch aufzuzeichnen und später in Ruhe abzuspielen.  Und tatsächlich hatte diese Mythensammelaktion etwas von einem Happening. Die Leute waren alle sehr gut gelaunt. Voller Hoffnung, dass ihre Geschichten auf der Suche nach dem Captain und Aiso von Nutzen sein könnten, saßen sie an den Tischen, füllten sich mit Kaffee und Mineralwasser ab, plauderten, tauschten sich aus, spannen die wahnwitzigsten Ideen … und es kamen immer mehr. Die begrenzte Anzahl an Tischen zwang sie, sich mit anderen zusammen zusetzen, mit denen sie bislang noch keine drei Worte gewechselt hatten. Miauz rieb sich vergnügt die Pfoten. Alle redeten mit allen! So und nicht anders hatte er sich das vorgestellt. Man brauchte kein großartiges Catering, keine Dekoration, keine Musik … die gemeinsame Hoffnung reichte aus. Dann fiel sein Blick auf den Chronometer und er hielt erschrocken einen Moment lang die Luft an: gleich war Schichtwechsel. Es würden jede Menge neuer Leute kommen und er hatte nicht genügend Tische! Vendetta würde sofort eingreifen müssen!

Der einzige, der sich langweilte, war der junge Ivan. Er saß verloren vor seinem Zeichenbrett und hatte nichts zu tun, denn keiner der Anwesenden hatte auch nur die geringste Vorstellung, wie diese Große Mutter aussehen könnte. Doch gleich war Schichtwechsel. Vielleicht würde doch noch jemand kommen, der mehr als nur Geschichten kannte.

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  • 2 Wochen später...

T'Vok betrat Revs Büro und räusperte sich, als dieser sie auch nach zwei Minuten noch nicht bemerkt hatte.

"Sir ich wollte fragen, wie weit Sie mit dem Studium der aktuellen Berichte aus anderen Abteilungen gekommen sind."

Rev seufzte nur und zeigte auf einen Stapel elektronischer Datenblöcke, die sich auf seinem Schreibtisch türmten.

"Ich bin noch immer damit beschäftigt, die Parameter für ein neues Experiment zur Kontaktaufnahme festzulegen. Ich kann mir da keinen Fehlschlag mehr erlauben. Aber ja, ich nehme die Berichte als Bettlektüre mit und weiß von jedem immer so viel, wie ich lesen konnte bevor ich eingeschlafen bin." Er drehte seinen Bildschirm so, daß die Vulkanierin sehen konnte, woran er gerade arbeitete.

"Faszinierend! Ein Filter-Algorithmus für die multitronische Matrix eines Psychotricorders."

Rev nickte langsam. "Das stand in Lieutenant Delamas Bericht. Er hat zurecht darauf hingewiesen, daß wir ohne einen Filter der Datenflut nicht mehr Herr werden würden. Ich versuche gerade auszurechnen, wie viel dieses Programm möglicherweise unerwünscht ausfiltern würde und in welcher Weise der Filter die Ergebnisse beeinflusst."

T'Vok bemerkte, daß Rev seine Arbeit noch lange nicht beendet hatte und wechselte nun das Thema, um ihm das mitzuteilen, weswegen sie gekommen war.

"Waren Sie zuletzt in der Mannschaftsmesse, Sir?"

Der Tellarite schüttelte den Kopf. "Ich habe dem Replikator in meinem Quartier den Vorzug gegeben, warum? Gibt es dort ewas besonderes?"

"Ja, allerdings beziehe ich mich nicht auf eine besondere Form von Nahrung, sondern auf eine interessante Recherche-Methode von Crewman Bristow. Mittels eines Aushangs fordert er Crewmitglieder auf, ihm Informationen zu Muttergottheiten ihrer jeweiligen Kultur mitzuteilen." Sie hob eine Augenbraue. "Als Gegenleistung bietet er den Crewmitgliedern Nahrung an und obwohl Nahrungsmittel auf diesem Schiff reichlich vorhanden sind, scheint seine Methode ausgezeichnet zu funktionieren."

Rev strich sich gedankenverloren über seinen Kugelbauch.

"Ich kann das gut verstehen. Es erzählt sich einfach besser, wenn man anschließend etwas zu essen bekommt. Das ist gut für die Motivaton."

"Es ist unlogisch, da Nahrungsmittel an jedem Replikator verfügbar sind."

"Ja, vielleicht. Aber das kann man doch nicht vergleichen!"

T'Vok hob skeptisch eine Augenbraue.

"Wie dem auch sei, Sir. Ich wurde durch die Untersuchungsmethoden des Crewman dazu angeregt, in der vulkanischen Geschichtsdatenbank zu forschen. Dabei bin ich auf ein interessantes Gerät gestoßen, dessen Wirkungsweise wir eventuell für unsere Zwecke nutzen könnten."

Jetzt spitzte Rev seine Ohren und vergaß für einen Moment seine Kalkulationen.

"Ich spreche vom Stein von Gol, einem psionischen Resonator. Er wurde in der archaischen vulkanischen Kriegergesellschaft als Waffe eingesetzt. Er verstärkt telepathische Energie und wandelt sie um in kinetische Energie. Beides sind Prozesse, die wir sehr gut für unsere Zwecke nutzen könnten. Eine telepathische Verstärkerbaugruppe ohne Rückkopplungseffekt hätte vielleicht das letzte Experiment bereits erfolgreich verlaufen lassen und ein Umsetzer in kinetische Energie würde eine leicht messbare physikalische Größe erzeugen, die wir zur bildhaften Darstellung des Signals verwenden könnten."

Rev nickte langsam.

"Ich sehe bei beidem eine gewisse Überschneidung zum Psychotricorder, aber es wäre in jedem Fall eine interessante Option, die wir Commander Sheridan vorschlagen sollten."

"Leider gibt es ein Problem bei der Sache, Sir. Das Gerät wird zwar namentlich erwähnt, seine Funktionsweise ist jedoch auf Grund seiner Gefährlichkeit kaum dokumentiert und das einzig bekannte Exemplar wurde vor mehreren Jahren von der vulkanischen Regierung zerstört. Ich kann Commander Sherdian also lediglich mitteilen, daß es einst ein Gerät mit dieser Funktionsweise gegeben hat und daß es folglich mit unseren Mitteln möglich sein müßte, seine Baugruppen neu zu erfinden."

"Wäre sonst ja auch zu einfach..." seufzte der Tellarite und drehte sich wieder zu seinem Bildschirm um. "Tun Sie das, T'Vok. Und versuchen Sie, so viel wie möglich herauszufinden. Vielleicht genügt es Commander Sheridan ja doch, um den Psychotricorder für unsere Zwecke zu verbessern."

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Die Tests die George und Jenax für den Psychotricoder vornahmen zogen sich in die Länge. Neben den vielen Ansätzen von seinen Kollegen versuchte George unteranderem die Frequenzbereiche zu isolieren, über denen theoretisch die telepathischen Signale gesendet und empfangen werden.

Resigniert wollte der Ingenieur das Display abschalten als ihm eine neue Nachricht angezeigt wurde.

 

„Was ist los George?“ fragte Jenax, als sie sah wie ihr Mann in der Bewegung innehielt.

 

„Eine Nachricht von T´Vok.“ Antwortete er und begann zu lesen. Jenax erkannte, dass diese Nachricht sofort die Aufmerksamkeit ihres Mannes gefesselt hatte. Die Reaktion hatte schon beinahe was von einem Bluthund, der endlich nach langer Zeit eine erhoffte Fährte aufgenommen hatte.

Als sie ihn fragen wollte, um was es ging kam George ihr zuvor.

„Der Stein von Gol“, sagte er erstaunt.

 

„Der Stein von Gol? Klingt irgendwie vulkanisch?“

 

„Ist es auch Jenax. Laut den Informationen von T´Vok handelt sich bei dem Stein von Gol um einen psionischen Resonator. Dieser wurde in der Zeit vor der Reformation auf Vulkan als Waffe eingesetzt.“

 

„Als Waffe? Gedanken?“

 

„So steht es hier. Leider existiert das Artefakt nicht mehr, da es laut T´Vok vor einigen Jahren auf Vulkan nach dessen Konfiszierung von Isolationisten Zerstört wurde. Die Enterprises war damals bei der Auffindung des Artefakts dabei. Es sollte also noch Daten darüber existieren.“

 

„Und indem wir herausfinden wie dieses Artefakt funktioniert…“

 

„Können wir am Ende was bauen, dass uns eine Kommunikation mit dem Captain und möglicherweise auch dessen Ortung ermöglicht. „George blickte zur Decke.

„Computer! Alle Daten über ein Artefakt, dass der Stein von Gol genannt wird.“

 

„Es liegen neben den Mythologischen Daten auch Missionsberichte der USS Enterprise NCC 1701 D bei Sternzeit 47160,1 und Sternzeit 47169,2 vor. Wünschen sie einen Download dieser Dateien?“

 

„Das Wünsche ich, sowie die entsprechenden Auszüge des Computerlogbuchs der Enterprise die sich alle mit dem Stein von Gol und dessen Funktionsweise beschäftigen.“

 

„Um den Download zu starten wird eine Autorisierung der Stufe 5 gefordert.“

 

„Genehmigung Sheridan Alpha 556 erbitte Zugriff.“

 

„Download wurde ausgelöst. Voraussichtlicher Abschluss des Downloads in einer Stunde und 22 Minuten.“

 

 

 

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Als Sid die Krankenstation betrat, stand Assjima hochkonzentriert über eine Reihe Petrischalen gebeugt und impfte die Zellkulturen mit Tröpfchen aus einer Pipette. Mit etwas Glück würde sie in wenigen Stunden aus diesem Experiment ein Mittel gegen die bei manchen Spezies auftretende Übelkeit bei Subraumreisen extrahieren können.

„Hast du einen Moment Zeit“ fragte er leise, um sie nicht zu erschrecken und so womöglich das Experiment zu verderben.

Sie hob die Hand ohne den Blick von der Pipette zu nehmen. „Einen Moment, Sid. Geh doch schon in mein Büro rüber. Ich bin gleich bei dir.“

Der Ire schlenderte hinüber in den anderen Raum, replizierte sich ein Glas Saft und für Assjima einen Tee – Kräutermischung 286 … einen Raktajino wollte er ihr so spät am Abend nicht mehr hinstellen. Dann ließ er sich in einen der beiden Besuchersessel fallen, nippte nachdenklich an seinem Getränk und versuchte, seine Gedanken zu sortieren.

„Da bin ich …“ Die Ärztin ließ sich in den gegenüberliegenden Sessel fallen und griff nach dem Tee. „Kannst du Gedanken lesen? Genau auf diese Mischung habe ich richtig Lust. Was kann ich für dich tun?“

„Ich war eben bei James. Da ist die Hölle los. Der arme Kerl kommt kaum mehr hinterher. Aber er scheint viel Spaß zu haben. Und er macht seine Sache gründlich. Da kommt bestimmt was bei raus. Ich wollte ihm auch eine Geschichte erzählen, aber es war mir eindeutig zu turbulent. Außerdem passt meine Geschichte nicht so richtig in die von Elijah und Marla gesetzten Parameter. Du kannst mit ihr vielleicht mehr anfangen.“

„Du hast eine Geschichte über die große Mutter?“

„Nun ja … nicht direkt über sie. Und Elijah hat zu ihrer keltischen Version sicherlich schon alles ausgegraben. Aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass alle viel zu sehr auf diese Gottheit  fixiert sind. Hat sie dir nicht gesagt, dass sie nicht weiß, wie sie den Captain, Aiso und den Romulaner da raus bekommen kann? Warum sind alle so bestrebt, ihr auf die Schliche zu kommen. Wir werden bestimmt mehr über sie erfahren, wenn wir in der Nähe des Nebels angekommen sind. Ich kann das ganze Gedöns nicht so richtig nachvollziehen.“

Assjima schmunzelte in sich hinein, während sie den Teebecher zwischen den Handflächen drehte. „Das siehst du ganz richtig, Sid. Ich weiß nicht, welche Idee der Captain hatte, als er den Befehl gab, so viel wie möglich über Dimede heraus zu finden. Mir hingegen geht es um die Hoffnung. Seien wir doch ehrlich: die Basis auf der wir unsere Rettungsmission aufbauen ist mehr als schwammig. Visionen, die Mythologie der Ok’Ta … wir haben nicht einen handfesten Beweis, dass die drei überhaupt noch am Leben sind. Und wenn, so haben wir keine Idee, wie sie da raus zu bekommen sind. Und wir haben eine lange Reise vor uns. Wie denkst du, wird es um die Moral der Crew bestellt sein, wenn wir nur auf diesen nebulösen Träumen basierend bei dem Nebel angekommen sind? Wir haben nur eine Chance, wenn die Crew vor Tatendrang und vor Ideen überschäumt. James, Miauz und Blechbüx fixen sie an. Und es scheint zu funktionieren.“

„Ist das auf deinem Mist gewachsen?“

„Vor allem auf Marlas … und na ja … auch ein wenig auf meinem. Aber was ist mit deiner Geschichte?“

Sid lehnte sich zurück und grinste. „Weiber! Euch darf man einfach nicht über den Weg trauen. Aber was ich sagen wollte … hast du schon einmal von der Anderswelt gehört?“

Assjima schüttelte den Kopf. „Nein … ich glaube nicht.“

„Du weißt vielleicht, dass die irischen Mönche während der Christianisierung des mittelalterlichen Europas eine sehr wichtige Rolle gespielt haben.“

„Ja … der heilige Columban, der heilige Patrick …“

„Diese Liste ließe sich unendlich lang fortsetzen. Der Erfolg ihrer Arbeit basierte vor allem auf ihrer Befähigung, die alten Elemente der keltischen Glaubenswelt in die christliche Lehre einfließen zu lassen. So haben sie es ihren Täuflingen leicht gemacht, sich einer neuen Religion zuzuwenden. Diese war ja nicht so viel anders als die alte. Ein weiteres Ergebnis dieser umsichtigen Vorgehensweise war die Bewahrung der keltischen Mythen bis in die Neuzeit hinein. Sie lebten im Alltag der Menschen ungestört weiter. Jedes irische Kind bekommt diese Geschichten erzählt. Und überall gibt es heilige Orte auf unserer Insel. Ich war einmal an  einem besonders magischen Ort mit dem Namen Tobar Bhríde … der Brigid-Quelle bei Liscannor. Sie ist nur eine von insgesamt 15 heiligen Quellen, die dieser Gottheit geweiht sind. Brigid ist die Göttin des Feuers, der Einheit, der Geburt, der Heilung und der Poesie. Sie gilt als die Tochter der Erdmutter Danu. Ich habe es nachgelesen: dānu soll eine proto-indo-europäische Form mit der Bedeutung fließendes Wasser sein. Der Flussname Donau kommt wohl ebenfalls daher. Die Kelten wohnten ja nicht nur auf unserer grünen Insel. Aber zurück zu Tobar Bhríde. Diese Quelle wird als ein dünner Ort bezeichnet. Dünne Orte sind Plätze, an denen der Übergang zur Anderswelt besonders leicht sein soll. Die Anderswelt ist kurz gesagt eine Welt, die jenseits oder parallel der normalen Alltagserfahrungen existiert, in der andere Wesen leben, die von Zeit zu Zeit Verbindungen zu den Menschen aufnehmen.

Die Legende erzählt vom Volk der Thuata de Danaan, des Volks der Muttergöttin Dana. Im Buch der Eroberungen wird von der Ankunft der Milseser erzählt, die die Thuata de Danaan bekämpften und besiegten. Aber anstatt sie zu vernichten oder zu vertreiben, erlaubten die Sieger den Besiegten, im Land zu bleiben – unter der Bedingung, dass sie sich in die Hügelgräber zurückzögen. Dieses Volk der Dana lebt fortan weiter als das gute Volk. Und sie nehmen immer wieder Kontakt mit den Menschen auf. In Form von unsterblichen Elfen. Grunther erzählte mir vorhin vom Donauweibchen. Eine gute Nixe, welche die Menschen immer vor Gefahren wie Hochwasser gewarnt hat, so dass sie sich rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten. Andererseits soll sie auch viele junge Männer unbeabsichtigt zu sich in die Tiefe und somit in den Tod gelockt haben. So ähnlich muss man sich auch unsere irischen Elfen vorstellen. Gutwillig, aber durch ihre Leichtfertigkeit und ihre Andersartigkeit auch gefährlich. Sie locken die Menschen zu sich in ihre Elfenhügel. Diese verbringen dort ein paar glückliche Tage oder Wochen mit Spiel und Tanz und wenn sie in ihre Welt zurück kehren, sind dort Jahrzehnte vergangen und all ihre Lieben schon längst verstorben.

Diese Anderswelt ist ein Ort, an dem es weder Gut noch Böse gibt. Ein Ort für Helden, für Feiglinge, für Gewinner und auch für Verlierer. Es existiert keine Zeit. Sie ist das keltische Jenseits, aber im Gegensatz zum christlichen Jenseits können Lebende es betreten und wieder verlassen. Der Tod existiert dort nicht … Konstruktionen und gewohnte Deutungen zerbrechen dort, um den Blick frei zu machen für sonst unbewusste und nicht wahrgenommene Kräfte und Realitäten. Viele irische Helden machten sich auf, um diese Anderswelt zu finden. Als ich der Sternenflotte beigetreten bin, gab es auch in mir die Sehnsucht nach dieser Anderswelt. Sie lebt immer noch in mir. Aber vor zehn Jahren … dort an der Quelle der Brigid habe ich erkannt, dass man nicht unbedingt in die Unendlichkeit des Universums reisen muss, um diesen sagenhaften Ort zu finden. Ich saß dort stundenlang und starrte in das klare Wasser der Quelle. Und plötzlich verstand ich es: Die Suche nach der mystischen Insel Avalon – ein vermutlich bekannteres Synonym für die Anderswelt – ist keine Reise bis ans Ende des Universums. Es ist eine Seelenwanderung. Die wahre Reise führt ins Innere.“ Er unterbrach sich und starrte nachdenklich auf seine Hände.

Und Assjima starrte ihn an. So hatte sie Sid noch nie reden hören. Er, das unerschütterliche, gutmütige Arbeitstier, der stets zuverlässige Pragmatiker, den sie noch nie mit einem Buch in der Hand gesehen hatte … ein Träumer? Ein Suchender? Doch bevor sie etwas sagen konnte, sprach er schon weiter:

„Ich war dort. Ich habe sie gesehen, die Anderswelt. Nur kurz, ohne Elfen, ohne Sang und Spiel. Aber meine Perspektive hat sich geändert, während ich dort saß. Es war, als ob ich unter Wasser wäre. Ich konnte ganz normal atmen, aber alles um mich herum war verschwommen. Ich befand mich tief im Inneren der Quelle. Und ich sah die Realität um mich herum wie ein Taucher, der von unten aus dem tiefen Blau der Wasseroberfläche und dem Licht entgegen blickt. Später habe ich in den alten Legenden und Geschichten nachgelesen und fand dort viele ähnliche Beschreibungen. Stell dir vor, du tauchst und siehst von unten ein Schiff, das von vielen Rudern angetrieben wird. Du kennst dieses Schiff bislang nur aus dem Blickwinkel von der Seite oder von oben. Du weißt, wie die Ruder ins Wasser eintauche, wie sich der Bug gleichmäßig durch die Wellen schiebt. Das hast du schon viele Male gesehen. Doch plötzlich erscheint das Schiff in einer vollkommen anderen Perspektive. Es ist dasselbe Schiff, es sind dieselben Ruder, die gleichen Wellen. Aber du hast es noch nie so gesehen - als das was es wirklich ist: Etwas, das dazu bestimmt ist, auf der Wasseroberfläche zu schwimmen, seine Passagiere vor den Gefahren der Tiefe zu beschützen und sie im Licht zu halten. Von oben lässt sich die Gefahr nur erahnen … diese dunkle Tiefe jedoch siehst du nur von unten ganz klar. Und ebenso das Licht. Erst jetzt erkennst du das Wunder dieses Schiffes.“

Sid stand auf und stellte sein noch halbvolles Glas zurück in den Replikator. „Ich denke, dass wir versuchen sollten, die Anderswelt zu finden. Wir wissen schon, wo sich so ein dünner Ort befindet. Wir sind auf dem Wege dorthin. Aber um den Zugang zu ihr entdecken zu können müssen wir die Perspektive wechseln. Und wie ein Mensch einen Feenhügel auf Irland verlassen kann, so können auch unsere Leute den Feenhügel im Breenraum wieder verlassen. Die Gefahr dabei ist nur, dass sie es vielleicht gar nicht wollen. So wie die Menschen in den Feenhügeln, den unergründlichen Quellen, den tiefen Flüssen, die nicht wieder zurück gekehrt sind.“ Dann verließ er das Büro und ließ eine sprachlose und sehr nachdenkliche Ärztin zurück.

 

Bearbeitet von Assjima
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  • 2 Wochen später...

Die Wogen des Ozeans glitzerten orangefarben in der untergehenden Sonne. Schiffe kamen aus dem Jenseits über den Horizont … drei schlanke Barken schoben sich durch die Wolken. Die langen Ruder bewegten sich in gleichmäßigem Rhythmus, um ihre Blätter wirbelten zarte Nebelfetzen, während der Bug der Schiffe sich hob und senkte, als ob er durch Wellen schneiden würde. Sie saß im Sand auf einer Düne und beobachtete das Schauspiel fasziniert. Ebenso wie eine Ansammlung einfach gekleideter Menschen ein Stückchen unterhalb am Strand, die Bündel mit Treibholz, Seetang und Muscheln trugen. Als die Schiffe näher heran schwebten, wurden die Besatzungen sichtbar. Männer mit nackten, muskulösen Oberkörpern, die mit kraftvollen Bewegungen die Riemen betätigten. Sie hörte ihre Stimmen in einer ihr unbekannten Sprache ein eigentümliches Lied singen. Ein Schwarm großer Fische umschwebte die Boote, als sich plötzlich einer der Männer erhob, seinen Speer nach einem besonders großen Exemplar schleuderte und verfehlte. Der Speer fiel unweit der Strandgutsammler in den Sand. Der Mann zögerte nicht, sprang über Bord und tauchte mit kräftigen Schwimmbewegungen hinterher. Als er den Stand erreichte, stürzte sich die Gruppe auf ihn und hielt ihn fest. Der Mann schlug mit Panik im Gesicht um sich und schrie aus Leibeskräften. Sie sprang auf, stolperte durch den losen Sand die Düne hinunter und brüllte: „Lasst ihn los! Er ertrinkt!“ Die Leute sahen sie erschrocken an, ließen den Mann los, der sich sofort vom Stand abstieß und nach oben schwamm, wo ihm seine Kameraden zurück ins Boot halfen.

 

„Assjima? Willst du nicht lieber ins Bett gehen anstatt hier an deinem Schreibtisch zu schlafen?“

Die Ärztin hob den Kopf und blinzelte verschlafen in das helle Licht. „Alice … wieso bist du schon hier?“

„Schon?“ Die junge Frau lachte. „Es ist gleich 23:00 Uhr. Deine Schicht ist seit einer halben Stunde beendet.“

Assjima richtete sich auf und rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. Dann schob sie die über den Tisch verteilten Padds zusammen. „Ich muss über der Lektüre eingeschlafen sein.“

Alice schnappte sich eines der Padds und warf einen kurzen Blick darauf. „Du liest keltische Mythologie? Schwierige Kost. Kein Wunder, dass du dabei einschläfst.“

„Sid hat mich drauf gebracht. Es ist alles ziemlich verwirrend. Und ich hatte eben einen ganz seltsamen Traum.“

„Was denn für einen?“

Doch Assjima schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß nicht so genau … Er zeigte irgendwie eine vollkommen andere Perspektive auf. Ich muss darüber nachdenken …“ Sie hielt kurz inne. „Sag mal … weißt du, ob es eine fertige Schablone für ein Holodeckprogramm gibt, die nur mit Daten gefüttert werden muss damit diese visuell umgesetzt werden können?“

„Keine Ahnung. Wozu brauchst du so etwas?“

Die Deltanerin deutete müde auf den Stapel Padds. „Das hier ist so fremdartig, dass meine Phantasie nicht ausreicht, um mir das alles vorstellen zu können. Ich werde George oder Kentan fragen. Einer von beiden hat bestimmt einen Experten, der kurz zu entbehren ist.“

„Aber erst morgen früh. Dann kannst du wieder klarer denken.“ Alice lachte. „Order der diensthabenden Ärztin.“

„Aye, Ma’am!“ Assjima stand auf und klemmte sich den Stapel Padds unter den Arm. „Gute Nacht, Lieutenant. Ich wünsche dir eine ruhige Schicht."

 

Dann ging sie in ihr Quartier, brühte sich einen Tee auf, schickte eine kurze Anfrage an George und Kentan und setzte sich mit der Tasse in der Hand auf das Sofa, um weiterzulesen.

 

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George befand sich noch auf dem Holodeck, als er die Nachricht der Ärztin erhielt.


„Komm auf Holodeck eins. Bin schon dort. George“


Nachdem er die Antwort gesendet hatte wandte er sich dem Modell der Community zu, das in der Mitte des Holodecks schwebte. Nachdem er sich mit den Daten von der Enterprise und der vulkanischen Akademie der Wissenschaften zu dem Stein von Gol befasst hatte, brauchte er vorerst etwas Zerstreuung.
 

In die ebenfalls erzeugte Konsole gab er weitere Gleichungen ein, die den Antrieb des Modells anpassten.

„Modifizierungen komplett.“ Antwortete die Prozessorenstimme. George bemerkte nicht, dass sich inzwischen die Schotten wieder geteilt hatten und die deltanische Schiffsärztin das Holodeck betrat.

„Neue Simulation starten.“

 

Der Computer zirpte. Dann richtete sich das Modell neu aus.

„Beginne mit der Zündung auf Warp eins.“ Das Warpfeld um das Schiff wurde visuell dargestellt und reagierte in Echtzeit auf Veränderungen. „Aktiviere Modifizierungen.“ Zwei Sekunden später bildete sich ein Wurmloch um das Schiff, das sich wie eine Rose öffnete. „Wurmloch wurde erzeugt. Stabilisatoren auf Maximum. Geschwindigkeit steigt.“

 

„Geschwindigkeit durchgeben“, wies George an.
„Warp 3……… Warp 6………Warp 8………Warp 9,9……….Warp 10,6……..Warp 11……..Warp 13,4………..Warp 15……Warp 16,4…..Warp 16,6………Maximalgeschwindigkeit bei Warp 16,7883 erreicht.“

George stieß einen Pfiff aus. „Computer! Zustand der Trägheitsdämpfer und der strukturellen Integrität?“

 

„Trägheitsdämpfer und Strukturelle Integrität konnten die auftretenden Belastungen bei 112 % Leistung kompensieren. Es konnten keine Schäden registriert werden die durch die Beschleunigung auftreten können.“

Jetzt bemerkte George den Neuankömmling aus den Augenwinkeln.

„Hallo Assjima. Bin gerade für heute fertig geworden.

 

Die Ärztin lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen neben der Türe. „Was hast du da gerade gemacht?“

„Das hier ist ein eigenes Projekt. Bei der Simulation für den Warpantrieb des Shuttles von unserem Sicherheitschef hatte der Antrieb eine Fehlfunktion. Das Shuttle erzeugte ein Wurmloch und beschleunigte auf Warp 5,3 bevor es von den Beschleunigungskräften zerrissen wurde. Dabei entdeckte ich, dass man diesen Wurmlocheffekt nutzbar machen konnte. Das Ergebnis war, dass ich sogar eine neue Warpskala erstellen musste, da sonst die Stellen hinter dem Komma zu viel geworden wären.“

„Ich dachte schon, du wolltest uns in Zukunft mit Warp 16 durch das All katapultieren.“ Sie löste sich von der Wand, hielt dann aber in der Bewegung inne. „Das wolltest du doch nicht, oder?“

„Keine Sorge, die Warp 10 Schwelle gibt es immer noch. Aber die neue Skala sollte es leichter machen eine Geschwindigkeit anzugeben, ohne dabei die Stellen hinter dem Komma minutenlang herunter zu beten“, erklärte George. „Im Grunde ist das Wurmloch wie ein Laufband und die Community der Läufer der auf dem Band nochmals Beschleunigt.“
 

Dann wandte er den Blick an die Decke.

„Computer! Programm speichern und Simulation Ende.“

 

Die Community und die Konsole verschwanden ohne Verzögerung.

„Nun was genau kann ich für dich tun?“ erkundigte sich George

 

„Gebe mir bitte rechtzeitig  Bescheid, wenn du mal das Ganze Schiff auf ein Wurmlochkatapult setzen willst. Damit ich genügend Mittelchen gegen Raumkrankheit bereitstellen kann und dann auch noch Zeit habe, mich ordentlich festzuschnallen.“

Sie trat einen Schritt auf ihn zu. „Es ist schon ziemlich spät, aber vielleicht hast du noch ein paar Minuten Zeit, mir bei einem Holoprogramm zu helfen. Aber das kann auch bis morgen warten. Ich will nicht schuld sein, wenn Jenax dir die Ohren langzieht.“

„Kein Problem“, versicherte George. „ Was genau schwebt dir den vor?“

„Du weißt, dass Marla, Elijah und James Gebrüder Grimm spielen und fleißig die Mythen aller möglicher Völker sammeln. Doch es ist einfach zu viel Material und die Inhalte sind teilweise sehr komplex. Das Ganze ist extrem verwirrend und ich hätte gerne ein Programm, das mit allen möglichen Daten gefüttert werden kann. Textdateien, Audiodateien, leider nur wenige Bilder … Das Programm sollte die Erzählungen und Beschreibungen visuell umsetzen, logische Lücken in den Erzählungen schließen, denkbare Zusammenhänge aufzeigen und uns die Möglichkeit geben, per Stimmeingabe andere Varianten und verschiedene Verknüpfungen auszuprobieren.“  

„Ok. Es gibt einige Algorithmen, die von der Archäologischen Abteilung der Sternenflotte verwendet werden, um so die kulturelle Entwicklung einer fremden Zivilisation nachvollziehen und sogar Projektionen in die Zukunft zum Teil erlauben“, antwortete George.

 

Er ging zu dem Panel, dass im Schottrahmen eingelassen war und wühlte sich durch einige Dateiverzeichnisse.


„Da haben wir was.“ sagte er. „Computer! Programm Gamma 44-6 Theta aufrufen.“

„Programm wird aufgerufen. Bitte Quellen spezifizieren die dafür verwendet werden sollen.“

„Alle zugänglichen kulturellen Datenbanken sowie die Daten, die Doktor Assjima eingeben wird.“

„Verknüpfungen hergestellt.“

„Ebenfalls einen Alterierungsmodus integrieren“, wies George den Computer an.

„Integrierung abgeschlossen. Mit dem Befehl Alterieren besteht nur die Möglichkeit das laufende Programm mit neuen Parametern zu versehen.“

 

Assjima war von hinten an George herangetreten und hatte ihm über die Schulter geschaut. „Das war es schon?“ fragte sie verblüfft.

„Fürs erste ja. Das Programm ist sogar brandneu. Wurde mit dem letzten Update in die Datenbank überspielt. Aber wir können auch die neueste Beta Version des Programms laden?“

„Ich weiß nicht …“ Assjima rieb sich die Nase und sah George fragend an. „Gäbe es da gravierende Unterschiede? Für mich sollte das Ding einfach idiotensicher sein.“

„Nun die stabile Version habe ich aufgerufen. Bei der Beta kann ich keine Garantien abgeben.“

Ich glaube, wir belassen es dann einfach bei der älteren Variante. Lass es uns ausprobieren. Computer –  zeige uns die Quelle von Tobar Bhríde.“ Plötzlich standen sie beide inmitten eines Kirchhofes. Vor ihnen sprudelte eine in Stein gefasste Quelle. „Das sieht doch schon ganz nett aus. Und nun zeige uns in chronologischer Abfolge alle in der Datenbank erfassten Ereignisse, die mit diesem Ort verbunden werden.“

Mit jedem weiteren Abschnitt der von einem Ereignis zum anderen sprang, konnte man wahrhaftig die Entwicklung der gezeigten Kultur nachverfolgen, Sprache, Kleidung, Gepflogenheiten und vieles andere entwickelten sich praktisch im Zeitraffer.
Und man bekam das Gefühl vermittelt ein Zeuge der gezeigten Ereignisse zu sein.
„Wow“, lautete die Antwort des Chefingenieurs.

„Es scheint zu funktionieren. Computer … nun bitte alle Daten über ein Ereignis aus dem 9. Jahrhundert … die königliche Versammlung in Tarleton. Thema: in der Luft schwebende Schiffe.“ Als die Szene erschien, hielt Assjima unwillkürlich die Luft an. Drei Barken schwebten über dem Ozean in den Wolken. „Verdammt … es funktioniert tatsächlich! So sah es in meinem Traum aus …  genau so!“

George betrachtete sich die Schiffe mit dem Interesse eines Ingenieurs. Dann schüttelte er reflexhaft den Kopf. „Nicht zu fassen.“

„Siehst du die Leute da unten am Ufer? Und jetzt … da wirft einer aus der Besatzung seinen Speer nach einem, aus unserer Perspektive in der Luft schwebenden Fisch. Er kann die Leute da unten am Strand nicht sehen. Sie existieren in seiner Welt nicht. Jetzt springt er über Bord ins Wasser. Er sieht nur Wasser … wir schauen hinauf und sehen durch die Lüfte schwebende Schiffe. Er taucht, um seinen Speer zurück zu holen. Und wird von Wesen, die er für Meereswunder halten muss, festgehalten. Doch aus unserer Perspektive ist er das Wunder …“

George sah auf den Chronometer. „Jedenfalls werde ich ein Wunder brauchen, wenn ich mich nicht bald aufmache“, sagte George.

„Du hast recht“ antwortete Assjima schmunzelnd. Dies war nicht seine Welt. Er konnte damit genau so wenig anfangen, wie sie mit der technischen Spielerei, die sie vor ein paar Minuten gesehen hatte. „Es ist spät. Ich danke dir für deine Hilfe.“

„Keine Ursache. Aber vergiss nicht, dass auch du Schlaf brauchst. Gute Nacht“ verabschiedete sich George. Kurz darauf hörte man das Ächzen der Schotten die auseinander und wieder zusammenglitten.

 

Jones und Bryn in : Malen nach Mythen

Bearbeitet von CptJones
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Nachdem George gegangen war, überlegte Assjima einen Moment lang, dem Rat des Kollegen zu folgen und sich ebenfalls schlafen zu legen. Doch siegte einmal wieder die Neugier.

„Computer … zeige die aktuelle Szene aus der Vogelperspektive“ Die holographische Projektion vor ihr drehte sich und sie sah die drei altertümlichen Schiffe von oben. Sie glitten gemächlich über eine glitzernde Wasseroberfläche. Von der darunter befindlichen Gruppe Strandgutsammler war nichts zu sehen. „Computer … zeige mir mögliche Objekte und Lebewesen, die sich logischerweise unter der Wasseroberfläche befinden müssten.“ Die Meeresoberfläche wurde transparent und darunter waren diverse Fische, aber auch Felsen, Pflanzen, Treibgut und anderes zu sehen. „Computer, wo befindet sich der Strand und die darauf befindliche Gruppe Menschen?“

„Bitte die Frage wiederholen“

„Ich möchte die Menschengruppe sehen, die in der vorherigen Darstellung gezeigt wurde.“

„Diese Einstellung ist nicht möglich“

„Warum nicht?“

„Es existieren keine zugehörigen Parameter“

„Computer – gehe zurück zur Ausgangsposition.“ Sie stand wieder am Fuße der Düne. Wenige Meter vor ihr standen die Leute und diskutierten in der fremden Sprache über das befremdliche Ereignis. „Computer – was sind das für Leute?“

„Es handelt sich um eine Gruppe unbekannter Individuen, keltischer Zugehörigkeit am Stand von Tarleton, Wales.“

„Welches Jahr?“

„Eine genaue Zuordnung ist nicht möglich. Laut der überlieferten Quellen Mitte des 9. Jahrhunderts irdischer Zeitrechnung.“

„Speichere diese Einstellung und gehe zurück zu Position zwei“

Wieder sah sie die Schiffe von oben. Die Männer auf dem Deck des letzten Bootes besprachen sich mit dem wild gestikulierenden Mann, den sie soeben wieder aus dem Wasser gezogen hatten.

„Computer … zeige mir erneut alles, was sich unter der Wasseroberfläche befindet.“

Fische, Seetang, mit Wasser vollgesogene Baumstämme, die irgendwo im Nichts trieben, aber kein Strand und keine Menschen.

„Wo ist die Gruppe Kelten aus dem 9. Jahrhundert?“

„Die Frage kann nicht beantwortet werden.“

„Warum nicht?“

„Sie ist unlogisch.“

Assjima hob erstaunt den Kopf. Was war das denn für eine Antwort?  „Warum ist sie unlogisch?“

„Menschen können nicht ohne Atemgeräte unter Wasser existieren.“

„Aber du hast sie mir eben noch gezeigt.“

„Die letzte Einstellung zeigt eine Gruppe Menschen auf einem Strand.“

„Lege Einstellung Zwei transparent über Einstellung Eins und passe die Perspektive an.“

Nun endlich wurde die Gruppe Strandgutsammler unter den Schiffen sichtbar.

„Computer – alteriere das Programm dahingehend, dass die Menschen auf den Schiffen die Menschen unter ihnen im Wasser sehen können.“

Das Bild verzerrte sich einen Moment lang, doch Assjima konnte keine Veränderung erkennen. Auch nicht im Verhalten der Besatzungen, von denen einige auf die Wasseroberfläche starrten, aber offensichtlich nichts Besonderen darunter wahrnehmen konnten.

„Computer – führe meinen Befehl bitte aus.“

„Der Befehlt wurde ausgeführt.“

„Warum reagieren die Leute nicht entsprechend?“

„Die Frage kann nicht beantwortet werden.“

„Warum nicht?“

„Die Frage ist unlogisch.“

„Warum?“

„Menschen können nach dem damaligen Stand der Technik unter Wasseroberfläche befindliche Objekte nicht wahrnehmen.“

„Nicht sehen oder nicht wahrnehmen?“

„Nicht … sehen …“

„Den Fisch konnte der Mann vorher doch auch sehen.“

„Fische können im Wasser existieren.“

„Menschen doch auch.“

„Nicht nach dem damaligen Stand der Technik.“

„Warum konnte der Mann den Fisch sehen obwohl dieser unter Wasser war?“

„Fische können im Meer existieren. Es ist logisch, dass der Fisch dort war.“

„Du willst mir also sagen, dass der Mann den Fisch gesehen hat,  weil es möglich war, dass er sich dort befand? Der Mann hat den Fisch also eher wahrgenommen als gesehen?

„Korrekt“

„Die Gruppe Strandsammler ist für die Männer auf den Schiffen deswegen nicht sichtbar, weil sie logischerweise nicht dort sein können. Sie werden also nicht gesehen, weil sie nicht wahrgenommen werden?“

„Korrekt … logischerweise … vermutlich …“

Das Licht begann zu flackern und das Bild verzerrte sich in unregelmäßigen Abständen, während Assjima sich ein Lachen verkniff. Würde sie jetzt weiter machen, könnte der Computer vor Verzweiflung Suizid begehen und sie hätte in wenigen Augenblicken größten Ärger mit George. Das Risiko war ihr dann doch zu groß. Es lag deutlich auf der Hand: diese Episode der irdischen Mythologie war für ein elektronisches Gehirn nicht interpretierbar. „Computer … beruhige dich. Welche Sprache sprechen die Strandgutsammler?“

„Einen mittelalterlichen keltischen Dialekt von der englischen Westküste“

„Und die Besatzung auf den Schiffen?“

„Die Sprache ist unbekannt.“

„Unbekannt, nicht überliefert oder von dir erfunden?“

„Erfunden, da keine Hinweise auf die Sprache der Crew überliefert sind.“

Assjima nickte. Die Strandgutsammler hatten also kein Wort von dem verstanden, was der Seemann gerufen hatte. Und deswegen konnten seine Worte nicht in die Überlieferung eingehen. „Computer … hast du sämtliche Beschreibungen über das Aussehen der Seeleute in die Darstellung einfließen lassen?“

„Korrekt“

„Gibt es äußerliche Parallelen zu anderen Völkern in den irdischen Mythologien?“

„Korrekt“

„Welche?“

„In absteigender Reihenfolge … Gälen, Insel-Kelten, Festland-Kelten, Briten, Pikten, Schotten, Sachsen, Angeln, Römer, Dänen, Norweger, Franken, Sueben, Teutonen, Cherusker, Goten, Langobarden, Skythen, Griechen …“

„STOP! Laut der Überlieferung sind es also Menschen europäischen Ursprungs?“

"Korrekt“

Insgeheim hatte Assjima gehofft, hier auf einen frühen Nachweis außerirdischen Besuchs auf der Erde gestoßen zu sein. So war es zwar weniger spektakulär, brachte sie aber einen Schritt weiter. Der Computer hatte lauter Völker aufgezählt, mit denen die Menschen der englischen Westküste in Verbindung standen. Sie hatten also für die Strandgutsammler kein befremdliches Äußeres, sprachen aber eine Sprache, von der kein Wort verstanden wurde. Die Sprache der Anderswelt …? Die Sprache des  guten Volkes von dem Sid erzählt hatte? Das Volk in den Hügeln? Nein … unlogisch. Die Túatha Dé Danann waren Vorfahren der Insel-Kelten. In den Feenmärchen gab es bei Begegnungen mit dem guten Volk keine Verständigungsprobleme.

Die Anderswelt … der wichtigste Ort in der keltischen Anderswelt war Tír na nÓg, das keltische Pendant zum griechisch-römischen Elysium, zum germanischen Walhall, zum christlichen Jenseits …Dort dürfte es keine Sprachbarrieren geben. Wenn dieser Ort für alle Völker gedacht war, so sollten sich dort Skythen, Griechen, Kelten, Römer, Germanen problemlos unterhalten können. Vielleicht in einer Sprache, die den Menschen auf der anderen Seite der Anderswelt unbekannt war?  Oder die Sprache spielte keine Rolle, weil man andere Kommunikationsformen hatte … Assjima atmete tief durch. Das hier war müßig, brachte sie keinen Schritt weiter. Aber Tír na nÓg … allein der Name war schon faszinierend. „Computer … zeige mir, was über einen Ort namens Tír na nÓg überliefert ist.“

Das Bild wandelte sich und begann, die Geschichte Oisíns in Zeitraffer abzuspielen. Die Geschichte dieses Sagenhelds spann sich um Verwandtschaften, Liebe, Hirsche, Hunde … Assjima folgte ihr ein Weilchen, wobei ihr fast die Augen zufielen. Doch als der Computer die Szene aufzeigte, in der der Held nach Tír na nÓg reiste, wurde sie schlagartig wach. Er ritt auf einem Zauberpferd, das über das Wasser galoppieren konnte. Tír na nÓg lag auf einer Insel. Es war nur durch eine lange, beschwerliche Reise zu erreichen. Und man benötigte die Einladung eines Einwohners von Tír na nÓg. Wie war das doch gleich bei den Germanen? Asgard und Walhall, die Halle Odins, erreichte man nur über den Bifröstr, eine magische Regenbogenbrücke, deren Anfang nicht so ohne weiteres zu finden war. Auf dem Weg ins christliche Jenseits musste der Mensch erst durch ein reinigendes Fegefeuer. Und um das das Elysium zu gelangen, musste ein verzaubertes Labyrinth durchquert werden. Sie atmete tief durch. Konnte nicht einfach mal etwas nur einfach sein?

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Sergio Contello war besorgt und gut gelaunt gleichermaßen, als er mit dem Lift nach oben zur Brücke fuhr. Gut gelaunt, weil er endlich das herausgefunden hatte, worum ihn der Captain gebeten hatte und besorgt, weil die aufgedeckte Angelegenheit eine weitaus größere Dimension erreichte als angenommen.
Der Lift stoppte und öffnete zischend seine Türen und Contello schlenderte auf die Hauptbrücke. Obwohl Captain Tanrims Schicht eigentlich vorbei war, hatte ihm der Bordcomputer gesagt, daß der Zakdornianer noch in seinem Bereitschaftsraum war. So nickte der Ermittler der Brückencrew im Vorbeigehen knapp zu und  steuerte direkt auf die Tür zum Bereitschaftsraum zu. Er drückte den Türmelder und wartete einen Augenblick, bis aus dem Inneren das "Herein!" ertönte.
Die Türen glitten auf und Contello trat einen Schritt vor.


"Hast du einen Augenblick Zeit? Es geht um die Sache, auf die du mich angesetzt hattest."


Der Zakdornianer bejahte dies und deutete auf den freien Sessel ihm gegenüber.


Als Contello Platz genommen und die Türen sich geschlossen hatten, legte der Ermittler einen elektronischen Datenblock auf den Schreibtisch, ohne ihn zu aktivieren.


"Du wolltest doch wissen, warum die Ferengi neuerdings so dünnhäutig reagieren." eröffnete er das Gespräch. "Ich habe meine Quellen abgeklappert und bin zu dem Schluß gekommen, daß wir in der Tat dabei sind, ihnen ein außergewöhnlich gutes Geschäft zu verderben. Allerdings läuft der Deal anders herum als gedacht."


Tanrim machte ein verwirrtes Gesicht. "Anders herum? Kannst du das bitte erläutern?"


"Wir wußten ja, daß sie vom Breen-Bürgerkrieg profitiert haben, indem sie beide Seiten mit Waffen versorgt haben. Mit dem Kriegsende war dieses Geschäft zunächst vorbei. Doch alle wichtigen Waffenhändler konnten nach einem keleinen Durchhänger ihren Profit noch steigern. Ich habe herausgefunden daß viele Breen, die im Krieg auf der falschen Seite gestanden haben jetzt in die eigene Tasche wirtschaften und ganz massiv Waffen und Ausrüstung verkaufen. Denn im Friedensvertrag wird eine Klausel stehen, nach der die Waffen der militanten Kräfte erfasst, abgegeben und entweder unter die Kontrolle der neuen Regierungstruppen gelangen oder vernichtet werden müssen."


Der Captain nickte verstehend.


"Deswegen versuchen die Ferengi, den Friedensprozess mit Störmanövern hinauszuzögern, damit sie möglichst lange Waffen kaufen können." antwortete er. "Aber was machen die Ferengi mit all den Waffen?"


"Das habe ich mich auch gefragt. Neben den üblichen Kunden aus dem kriminellen Millieu scheinen sie vor allem die Tzenkethi-Koalition massiv zu beliefern, die ironischerweise gerade dadurch zu liquiden Mitteln gekommen ist, weil sie den Breen während des Bürgerkriegs Rohstoffe verkauft haben."


Tanrims Zeigefinger senkte sich auf den elektronischen Datenblock.


"Da drauf sind also Beweise, daß die Tzenkethi-Koalition massiv aufrüstet?"


Contello nickte.


"Mehr als das. Ich habe auch herausgefunden, daß die Lieferungen nicht nur aus modernen Waffen bestehen. Einige Breen-Militärspezialisten, Offiziere und Wissenschaftler mit umfangreichem Sündenregister scheinen sich dorthin abgesetzt zu haben. Die Tzenkethi-Koalition erhält gerade Wissen und Technologie, das ihr einen militärischen Entwicklungssprung von mehreren Jahrzehnten verschafft und wenn wir keine Möglichkeit finden, diese Aufrüstung schleunigst aufzudecken und zu unterbinden, dann wird die Koalition in wenigen Monaten bereit sein gegen jeden ihrer Nachbarn loszuschlagen, inklusive der Föderation."


Der Captain hatte sich die Ausführungen gespannt angehört.


"Das klingt soweit alles plausibel, Sergio. Aber denkst du wirklich, daß die Koalition einen neuen Krieg anzettelt?" fragte er mit unüberhörbarer Skepsis. "Das letzte Mal haben sie sich eine blutige Nase geholt . Die Kriegsausgaben haben sie fast ruiniert und auch die Bedingungen für einen Friedensvertrag waren alles andere als milde. Sie mußten einen breiten Streifen der Grenzregion räumen, um eine Pufferzone zu schaffen. Ganze Kolonieen wurden brachgelegt und Millionen Einwohner zwangsumgesiedelt. Eine weitere Niederlage wird die Koalition als politisches Gebilde kaum überleben."

"Möglich. Aber so weit will ich gar nicht gehen. Noch können wir reagieren." Er beugte sich ein wenig nach vorne und begann an seinen Fingern abzuzählen. "Erstens, wir müssen dafür sorgen, daß die Waffengeschäfte so schnell wie möglich aufhören. Je schneller die Breen also den Friedensvertrag unterschreiben, desto besser. Zweitens müssen wir den Tzenkethi klar machen, daß wir ihre Absichten durchschaut haben und Abwehrmaßnahmen einleiten. Und drittens, was für uns momentan fast das Wichtigste ist, wir müssen die Augen offen halten, denn unser momentaner Kurs führt uns in Kürze direkt an der Pufferzone zur Tzenkethi-Koalition entlang."


Der zakdornianische Stratege nickte und schwieg einen Moment,  während in seinem Kopf mehrere Planspiele durchliefen. Dann griff er nach dem elektronischen Datenblock.


"Gute Arbeit, Sergio. Bite entschuldige mich jetzt, ich werde das sofort weiterleiten. Nimm es nicht persönlich, aber ich hoffe diesmal wirklich, daß du dich irrst. Obwohl die Chancen dafür verschwindend gering sind. "

 

Als Contello den Raum verlassen hatte, öffnete der Captain einen verschlüsselten Kanal zum Sternenflotten-Hauptquartier und seufzte. Nun würde ein langer Arbeitstag noch länger werden, doch wenn der Frieden auf dem Spiel stand, mußten persönliche Befindlichkeiten nun einmal hinten anstehen.

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Vartik Tanrim staunte nicht schlecht, als er auf dem Maschinendeck die Demonstration des neuen Antriebs im Modell sah. Innerhalb von einer Minute hatte die Community wenn auch im Modell eine Geschwindigkeit erreicht, bei der Schiffe der Defaint und Intrepid Klasse dagegen wie lahme Enten wirkten.

Zwar war Tanrim über die Jahre es gewohnt, dass sein Chefingenieur die eine oder andere Bastelei durchführte, doch diese hier war Praktisch die Kür. Neben ihm hatte auch sein Erster Offizier den Vortrag verfolgt. Zuerst leicht skeptisch, doch am Ende blieb auch ihm die Spucke weg.

 

„Wie sicher ist dieser neue Antrieb?“, erkundigte sich der Kommandant.

 

„Bisher ist noch alles Theorie Captain. Aber die Simulationen sehen sehr gut aus. Ich würde sagen in ein oder zwei Monaten könnte man daran gehen einen Shuttle mit dem Antrieb auszustatten und erste Flüge zu machen.“

 

Tanrim überlegte einige Sekunden lang. Dann sah er wieder zu seinem Chefingenieur.

„Ließe sich auch der Antrieb der Community umrüsten? Und wenn ja wie schnell?“

 

George zögerte kurz mit seiner Antwort. „Nun Sir, die Umrüstung würde eine Stunde in Anspruch nehmen und im Grunde kann jedes Raumschiff mit Warpantrieb so modifiziert werden. Die einzige Begrenzung in diesem Fall ist die Leistungsfähigkeit der Stabilisatoren, der Trägheitsdämpfer und der Strukturellen Integrität.“

 

„Was würde passieren, wenn diese Systeme versagen?“

 

„In dem Fall Captain würde das betreffende Schiff sich in Duraniumkonfetti verwandeln. So schnell, das wohl niemand es überhaupt mitbekommen würde. Deswegen habe ich entsprechende Sicherungen eingebaut, die sechsfach vorhanden sind.“

 

„Interessant Commander. Die Idee an sich ist faszinierend. Ich möchte, dass Sie weiterhin an diesem Konzept arbeiten.“

 

„Aye, Captain“, antwortete George. 

 

„Wie steht es mit ihren Nachforschungen über den Stein vom Gol Commander? Konnten Sie für unser Vorhaben bereits Fortschritte erzielen?“

 

„Wir scheinen auf einem guten Weg zu sein. Es ist aber ziemlich schwierig, da es nur wenige Daten von der Enterprise gibt die Damals gesammelt wurden was die Funktionsweise betrifft. Der Rest ist in den vulkanischen Mythen zu finden. Und diese Informationen muss man mühsam analysieren, da in einigen Jahrtausenden es sich nicht vermeiden lässt, dass trotz gewissenhafter Archivierung sich doch Verfälschungen der Fakten einschleichen können.

Aber ich Denke, dass wir auf einem guten Weg sind Captain.“

 

„Bleiben Sie dran Commander. Wir werden diese modifizierten Sensoren so schnell wie möglich brauchen. Meine Herren, wenn sie mich entschuldigen. Ich habe noch einigen Papierkram vor mir, bevor wir unser Ziel erreichen.“

Mit diesen Worten verließ Tanrim seinen Chefingenieur und seinen Ersten Offizier.

 

 

„Der Stein von Gol?“, hakte Trend nach.

 

„So ist es. Die Vulkanier hatten erfolgreich einen psionischen Resonator entwickelt und als Waffe eingesetzt.“

 

„Und wie soll eine Waffe nach der Suche helfen?“ fragte Trend skeptisch.

 

„Aufgrund derer Fähigkeit Biologische Signale in technische umzusetzen. Wenn ich dahinterkomme wie es die Vulkanier damals angestellt haben, kann ich auch möglicherweise die Sensoren dementsprechend anpassen, um so die Vermissten aufzuspüren zu können.“

 

„Hört sich einfacher an als es ist was?“

 

„So ist es. Das ganze Schiff zerbricht sich darüber und über andere damit zusammenhängende Themen den Kopf.“

 

„Wenn Du Hilfe brauchst George dann…“

 

„Sei vorsichtig mit dem, was Du anbietest Trend. Ich könnte dich beim Wort nehmen“, sagte George mit gespielten Ernst,

 

„Ich werde mich auf den Weg machen. Wir werden es bald mit einem Haufen böser Jungs zu tun haben.“

Ohne weitere Worte verließ auch der Erste Offizier den Hauptmaschinenraum. George vertiefte sich wieder in ein Padd mit den Berichten über die Maschineneffizienz.

„Ja das werden wir“, flüsterte er vor sich hin.

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Als Assjima sehr früh am folgenden Morgen mit verschlafenem Gesichtsausdruck in ihr Büro tapste, hatten sich Alice, Marla, Elijah und James bereits um ihren Schreibtisch herum mit Kaffee- und Teetassen breit gemacht. Sie unterbrachen ihre Diskussion nur kurz für ein „Guten Morgen, Boss. Auch schon wach?“ um dann die Köpfe erneut zusammen zu stecken.

Die Deltanerin holte sich einen Raktajino, schob Elijahs Sandwich beiseite und setzte sich auf die Tischkante. „Was faselt ihr da von frustrierten Ferengi, der Tzenkethi-Koalition und einer geheimen vulkanischen Monster-Psi-Waffe?“

„Nix genaues weiß man nicht“ brummte James und mümmelte weiter an seinem Käsebrot herum. „Kann es sein, Doc dass ich dich vor gerade mal drei Stunden das Holodeck habe verlassen sehen?“

Assjima zuckte nur mit den Schultern und nippte an ihrem Doppelt-Stark-und-sehr-heiß-Getränk. „Ich musste etwas recherchieren“ worauf hin Alice nur die Augen verdrehte, etwas wie „unverbesserlich“ murmelte und aufstand. „Im Gegensatz zu unser aller Meisterin bin ich nur ein menschliches Wesen und benötige wenigstens ein klein wenig Schlaf. Ihr entschuldigt mich bitte.“ Sie stellte ihre Tasse in den Replikator  zurück und verließ das Büro.

„James … was machst du denn schon hier. Du hast doch Spätschicht.“

„Noch, Doc, noch hier, muss das heißen. Bin gerade mit meinen Untersuchungen fertig geworden. Musste doch noch die Nachschicht mitnehmen.“

„Und?“

„Na ja … wenigstens habe ich jetzt Partygeschichten für die nächsten zehn Jahre auf Lager. Einige davon sind ziemlich krass. Elijah hat sie schon abgespeichert. Ich hoffe mal, dass er damit mehr anfangen kann als ich.“

Assjimas Blick wanderte hinüber zu dem Anthropologen, der in ein Padd vertieft seine Umgebung nicht einmal wahrzunehmen schien. „Lieutenant?“

 „Ziemlich faszinierend, was James da zusammen getragen hat.“ Elijah hob den Kopf und kratze sich am Hinterkopf. „Aber wenn ich das richtig überblicke, so gibt es nichts Wesentliches, was uns ernsthaft weiterhelfen könnte. Ich denke, dass Marla unseren Bericht an den Captain abschließen kann. Wir kommen bezüglich Dimede vorerst nicht weiter.“

Jetzt ergriff die Schiffsberaterin das Wort: „Kulte um die große Mutter sind in der gesamten Galaxie verbreitet gewesen. Schöpfungsgeschichten, Wiedergeburtsrituale, Fruchtbarkeitskulte in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Es haben sich ein paar Gemeinsamkeiten herauskristallisiert: Die verschiedenen Götter hatten fast alle eine Mutter, die weniger vergeistigt als ihre Sprösslinge war. Am ehesten könnte man sie als bodenständig bezeichnen. Gutmütig, pragmatisch, beschützend, fördernd, beratend, liebevoll, weise …  aber man konnte sie auch erzürnen. Vor allem wenn man sich an ihrer Schöpfung vergriff. In all diesen Mythen wandelte sie in den frühen Zeiten unter ihren Völkern als eine von ihnen. Meistens in Gestalt einer weisen Frau, die man um Rat fragen konnte und die ihre Untertanen in den verschiedensten Dingen des Lebens unterrichtete. In späteren Entwicklungsstadien begegnete man ihr nicht mehr persönlich. Es war nun die Aufgabe der Priesterinnen, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Mit beginnender Technologisierung verschwand sie aus so gut wie allen Kulturen. Die Ok’Ta sind eine der wenigen Spezies, in deren Kultur sie nach wie vor eine wesentliche Rolle spielt.“

„Weil sie Glonta nach wie vor brauchen …“

Marla nickte. „Das ist auch unsere Vermutung. Die Ok’Ta leben zwar in ihren Nestschiffen, aber sie haben keine eigene Industrie, keine eigene Forschung … sie holen sich ihr Futter aus Teichen und lassen ihre Eier frei mit einem Asteroidenschwarm treiben. Wer sollte die Eier beschützen, wenn nicht Glonta?“

„Und nun beschützt sie den Captain, Aiso und den romulanischen Piloten … auf einer kleinen Welt, in der sie sich nur von dem ernähren können, was die Natur ihnen gibt.“

„Zurück zu den Anfängen“ brummte Elijah. „Wäre sie ein Mensch würde ich sagen, sie leidet an einem typischen Helfersyndrom. Jetzt hat sie erneut eine Aufgabe. Sie hat wieder einen Grund, zu existieren.“

Assjima runzelte die Stirn. „Du meinst, sie könnte an diesem Unfall nicht ganz unschuldig sein?“

„Ich weiß es nicht. Aber ich habe von Feuerwehleuten auf der Erde gehört, die Brände gelegt haben sollen, damit sie löschen, retten und helfen konnten.“

„Hm …“ Die Ärztin starrte in ihre inzwischen leere Tasse. „Es gibt kein nur Gut und kein nur Böse … alles hat seine Schattierungen … Marla … Sie sollten dies auf jeden Fall in den Bericht an den Captain erwähnen. Als das was es ist: eine denkbare Variante.“ Sie stand auf, um sich einen neuen Raktajino zu holen und gab James, der leise schnarchend im Sessel hing, im Vorbeigehen einen leichten Klaps auf die Schulter. „Geh ins Bett und schlaf dich aus, mein Freund. Das war gute Arbeit.“

Als der Hüne das Büro verlassen hatte, setzte sie sich in den frei gewordenen Sessel und schaute die beiden anderen nachdenklich an. „Schieben wir die Gedanken an Dimede mal einen Moment lang beiseite. Sid hat mich auf eine weitere Idee gebracht.“ Sie schilderte in Kürze ihr Gespräch mit dem Iren, berichtete von ihrem Traum und dem Erlebnis auf dem Holodeck um dann in die ratlosen Gesichter der beiden Kollegen zu schauen. „Ich bin mir auch noch nicht ganz sicher, in welche Richtung wir weiterdenken sollen. Mein Gefühl sagt mir aber, dass wir diesen noch sehr undeutlichen Pfad vor uns etwas intensiver betrachten sollten. Die keltische Anderswelt  unterscheidet sich in vielem von den Jenseitsvorstellungen anderer Kulturen. Vor allem aber dadurch, dass sie keine Welt der Toten ist. Man kann sie auch ohne besondere Kräfte vom Diesseits aus betreten und genauso wieder verlassen. Es gibt dünne Orte … Portale, durch die man sie betreten und wieder verlassen kann. Sie ist bis heute in der keltisch-stämmigen Bevölkerung ein lebendiger Bestandteil der Weltvorstellung. Sie wurde nicht in die Datenbänke abgeschoben … sie lebt. Ähnlich wie bei den Ok’Ta.“

„Die Anderswelt … hm …“ Marla beugte sich vor und begann laut zu denken: „Die Apfelinsel Avalon, der Gläserne Berg, die Arthus-Sage, das Märchen von Frau Holle, etwas moderner auch Alice im Wunderland … Brunnen, Quellen … Auf der Erde gibt es tatsächlich viele Orte, an denen man in diese andere Welt betreten kann. Die europäischen Märchen sind voll von ihnen. Und in diesen speziellen Geschichten ist die Schwarz-Weiß-Malerei nicht so ausgeprägt wie in anderen Märchen. Kein nur Gut und kein nur Böse … da gebe ich Ihnen Recht, Assjima. Die helfenden Wesen bauen da manchmal ziemlichen Mist. Doch worauf wollen Sie hinaus?“

„Wenn wir über den irdischen Horizont hinausblicken … könnte da nicht auch dieser Subraumknoten  ein solcher Ort in der Anderswelt sein?“

„Du meinst so wie Avalon oder der gläserne Berg?“ wurde sie von Elijah unterbrochen.

„Vielleicht auch nur ein kleinerer, unwichtiger wie ein Feenhügel oder die Wasserhöhle des Donauweibchens … wenn wir Glück haben.“

„Dann bräuchten wir nur das Subraum-Äquivalent zum Blautopf oder zu Frau Holles Brunnen zu finden“ lachte der Anthropologe. „Wenn wir Pech haben, dann wird es schwieriger. Um Avalon oder gar Tír na nÓg zu erreichen kann man nicht einfach nur in einen Brunnen steigen. Diese Reise ist wesentlich gefahrvoller. Mein Bauch sagt mir, dass die Suche nach einem Zugang zu dem Subraumknoten sehr schwer und gefährlich werden wird.“

„Es geht um Läuterung …“ murmelte Marla. „Reinen Herzens in einen Brunnen zu steigen, bedeutet, dass man die Läuterung schon hinter sich hat. Der schwere Weg wurde bereits zurück gelegt. Der Sprung in den Brunnen ist nur die logische, abschließende Prüfung, bevor man sein Ziel erreicht. Der Ritt auf einem magischen Pferd über das Wasser oder das Überqueren des tosenden Ozeans auf der Suche nach einem Ort, von dem man nicht weiß wo er liegt … das ist erst der Anfang der Prüfung. So gesehen macht es keinen Unterschied, ob es sich um einen kleinen, scheinbar unwichtigen Feenhügel oder um eine große mystische Stadt handelt.“

„Ja“ stimmte Assjima zu. „Ist man erst einmal in die Anderswelt eingetreten, spielt es keine Rolle mehr, wo man sich genau befindet. Es geht darum, umzudenken. Die Perspektive wechseln … nur so kann man den Weg finden.“

„In den Märchen …“ dachte Marla weiter „ … treten die Helden mehr oder weniger zufällig in die andere Welt ein. In den Sagen hingegen ist ein Held immer sehr bewusst auf der Suche nach dem Weg. Auf der Suche nach Erlösung, meist aber nur aus Neugier oder Abenteuerlust. Ich würde mal behaupten, dass wir keine Märchenhelden sind.“

„Nein“ stimmte Elijah zu. „Wir suchen bewusst nach einem Weg. Wir haben ein Ziel. Aber das macht es nicht einfacher, denn ich glaube nicht, dass wir alle reinen Herzens sind und uns die Läuterung sparen können.“

Die Schiffsberaterin seufzte. „Elijah … ich glaube, unsere nächste Aufgabe wird darin bestehen, die persönlichen Eigenschaften hunderter Märchenhelden mit denen der großen Sagenhelden zu vergleichen und herauszufinden, wie wir uns diese aneignen können.“

„Sie wollen eine ganze Schiffsbesatzung läutern und reinen Herzens in einen Subraumbrunnen springen lassen?“ Assjima lachte. „Was machen wir aber, wenn unser Bordcomputer einen fiesen Gedanken in seinem künstlichen Herzen trägt? Oder sich die Gel-Packs wieder selbständig machen?“ Sie nahm einen Schluck von dem inzwischen kaltgewordenen Raktajino, verzog das Gesicht und stellte die Tasse ab. „Ich glaube, dass viele dieser Geschichten in Vergessenheit geraten sind, weil sie nicht mehr so elementar sind. In der Föderation haben wir schon recht viel von dem erreicht, was uns die Märchen vermitteln wollen. Dennoch zeigt uns die politische Realität im Raum der Breen ganz deutlich auf, dass unser Weg eher aus der langen, gefahrvollen Reise bestehen wird. Der bequeme Sprung in den Brunnen wird uns wohl nicht geschenkt werden.“

„Ein Rettungsshuttle mit einer Crew aus Kindern wäre vermutlich auch nicht sinnvoll. Wir könnten Blechbüx schicken.“

„Elijah!“ fuhr Marla auf. „Der tut nur so, als ob er reinen Herzens sei. Der Blechkerl steckt voller kleiner Gemeinheiten.“

„Hat er schon wieder Maschinenöl in deinen Ahornsirup gemischt?“

„Schlimmer! Er hat meine Zuckerdose im Büro mit Salz gefüllt. Du hättest Hanks Gesicht sehen sollen, als er gestern in der Sitzung eine Tasse Tee trinken wollte.“

Assjima konnte sich nur mit Gewalt das Lachen verkneifen. Blechbüx war derzeit dabei, die Welt des Schabernacks für sich zu entdecken und zeigte dabei erstaunlichen Einfallsreichtum. Es dürfte wohl kaum ein Crewmitglied an Bord geben, das ihm noch nicht zum Opfer gefallen war. Es gelang ihr, wieder ernst zu wirken. „Ich glaube nicht, dass es so gedacht ist. Wie gesagt: keine Schwarz-Weiß-Malerei. Wir müssen nicht nur gut sein. Das zählt vermutlich gar nicht. Mut, Entschlossenheit, Ehrlichkeit und den festen Willen, etwas Gutes bewirken zu wollen … ich glaube, das würde ausreichen. Bei den antiken Helden hat es jedenfalls oft genügt. Ich denke, dass wir alle hier an Bord diese Eigenschaften erfüllen.“

„Sie sollten nicht immer von sich auf andere schließen, Assjima.“ Marla schluckte. „Mir würde es jedenfalls schon allein am Mut fehlen.“

Die Deltanerin verdrehte die Augen. Und als Elijah noch den Kommentar hinter herschob: „Ja, du wärest die perfekte Sagenheldin“ wäre sie am liebsten vor Scham unter den Schreibtisch gekrochen. Stattdessen versteckte sie sich hinter Sarkasmus: „Klar … ich schnappe mir ein Shuttle und hole die drei raus. Das könnt ihr euch abschminken! Ich werde auf keinen Fall meinen Kopf alleine hinhalten. Diese Mission müssen wir als Team bestehen! Nur so werden wir unser Ziel erreichen. Wenn wir auf unserer Reise etwas Wesentliches zur Befriedung des Sektors beitragen könnten, wäre das bestimmt hilfreich. Doch wir haben da noch ein kleines Problem. Irgendwie hatte ich bei der Besprechung mit dem Captain das unbestimmte Gefühl, dass er irgendwelche Bedenken hinsichtlich der Redlichkeit der Sternenflotte hegt.“

Marla nickte zustimmend. „Den Eindruck hatte ich auch. Der Captain muss unbedingt herausbekommen, was da im Busch steckt. Und zwar bevor wir den kritischen Raum erreichen.“

„Tanrim wird fragen: wie kommt ihr denn auf diese Idee?“ Elijah stand auf und streckte sich. „Das werden wir niemals erklären können. Ein Weg der Läuterung … wie soll das in der Realität aussehen?“

„Mit Subraumphysik soll sich die Wissenschaftsabteilung herumschlagen“ antwortete Assjima gelassen. „Unsere Aufgabe bestand darin, die Mythologien der Völker zu untersuchen. Das haben wir getan und unsere Erkenntnisse scheinen einstimmig zu sein. Sind sie doch, oder?“

„Sind sie“ stimmte der Anthropologe zu und setzte sich wieder. „Marla … du wirst das passend und verständlich formulieren?“

„Ich werde es jedenfalls versuchen. Euren Gedanken zu folgen ist nicht immer ganz leicht. Wie aber soll ich die Frage Tanrims nach einer Kommunikationsmöglichkeit mit Dimede beantworten?“

Jetzt war es an Elijah und Assjima, sich fragend anzuschauen. „Wie? Kommunikation mit Dimede?“ Elijah kratzte sich erneut am Kopf. „Was für eine blöde Frage … Dimede ist eine mythologische Gestalt. Entweder nimmt sie Kontakt auf oder man zelebriert ein Ritual um sie heraufzubeschwören.“

„Jetzt schaut bitte nicht mich an!“ Assjima hob abwehrend die Hände. „Ich werde weder mit dem Shuttle alleine in den Subraum fliegen noch werde ich irgendeinen Hokuspokus mit dampfenden Kesseln veranstalten!“

„Es wäre viel schöner mit diesem Ritual, dass zu deinem Geburtstag zelebriert wurde.“

„Was für ein Ritual“ fragte die Schiffsberaterin.

„Das war vor deiner Zeit. Alle Gäste mussten nackt durch ein Labyrinth schreiten.“

„Ach schade – da wäre ich gerne dabei gewesen! Aber zurück zur Kontaktaufnahme: Wir konnten auch keine Erleichterungen bei telepathischen Spezies finden. Die große Mutter hat immer ganz normal mit den Leuten kommuniziert. Oder habe ich was übersehen?“

„Zumindest wirkt es so in den Mythen. Ich frage mich allerdings, warum Dimede bislang immer nur mit Assjima Kontakt aufgenommen hat.“

Jetzt war es an Marla, die Augen zu verdrehen: „So was kann nur ein Mann fragen! Elijah: Frau, Telepathin, empathisch, Priesterin … Helfersyndrom … noch Fragen?“

„Nein! Alles klar! Haben wir alles? Ich würde jetzt gerne frühstücken gehen.“

„Ich glaube, ich habe alles für meinen Bericht. Nimmst du uns mit?“

„Selbstverständlich. Darf ich bitten?“

Bearbeitet von Assjima
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Tanrims erste Amtshandlung des neuen Tages bestand darin, daß er noch vor seinem Frühstück von seinem Quartier aus eine abhörsichere Verbindung zum Außenposten Gamma 7 anforderte. Das Sternenflottenkommando war zwar über die Erkenntnisse von Lieutenant Contello informiert worden, hatte sich aber gewohnt nebulös zu eventuellen Maßnahmen geäußert. Man würde die Situation ab jetzt genauer beobachten und Vorsichtsmaßnahmen einleiten, mehr als dieses Versprechen hatte Tanrim nicht bekommen. Dem zakdornianischen Strategen war dies jedoch zu wenig, kam es doch bei der Verhütung größeren Unheils jetzt vor allem auf eine schnelle Reaktion an.

Der Bildschirm zeigte schier endlos lange das Sternenflotten-Logo, bis endlich das stets mürrisch aussehende Bulldoggengesicht von Commander Mats van Dopper, des Kommandanten, erschien.

"Captain Tanrim. Was gibts denn so früh?"

Der Zakdornianer überging diese wenig freundliche Begrüßung kommentarlos.

"Ich wollte Sie darüber informieren, daß aktuell im großen Stile ein Waffenschmuggel aus dem ehemaligen Bürgerkriegsgebiet der Breen zu den Tzenkethi im Gange ist. Die Ferengi scheinen dabei besonders gut im Geschäft zu sein, was aber nicht heißt, daß nicht auch andere daran mitverdienen. Außenposten Gamma 7 liegt relativ nahe an der kürzesten Flugroute und auch auf unserem Kurs, deswegen wende ich mich an Sie."

Der Commander schnaubte verächtlich.

"Ich glaube nicht, daß wir viel für Sie tun können, Captain. In Reichweite unserer Sensoren haben wir nichts Auffälliges entdecken können. Wir haben hier lediglich drei Runabouts für Aufklärungsflüge zur Verfügung. Damit können wir keine schwer bewaffneten Waffenschieber stellen."

"Dann fliegen Sie wenigsten Patrouille, zeigen ein bißchen Präsenz und erfassen den Flugverkehr!" antwortete Tanrim zunehmend ungehalten. "Wenn Sie die den Sektor völlig den Waffenschiebern überlassen, dann müssen wir uns nicht wundern, daß die vor unserer Nase gerade den vermutlich größten Waffendeal der Geschichte durchziehen."

"Außer zusätzlicher Arbeit für uns wird die Maßnahme nicht viel bringen, Sir. Die Waffenschieber werden dann diesen Sektor einfach meiden und ihre Aktivitäten verlagern."

Tanrim schwieg einen Moment. Als er dann antwortete, hatte seine Stimme einen ruhigen, jedoch absolut kompromisslosen Tonfall.

"Commander Van Dopper, ich möchte es den Waffenschiebern nicht unnötig leicht machen. Möglicherweise werden diese Aufklärungsflüge keine nachhaltige Wirkung haben, aber wenn wir damit den Schmuggel nur kurzfristig etwas bremsen, haben wir schon viel erreicht. Die USS Community wird in wenigen Tagen vor Ort sein und vielleicht können wir Sie personell und ausrüstungstechnisch unterstützen. Allerdings besehe ich darauf, daß Sie sofort Ihre Runabouts einsetzen. Ich erwarte täglich einen Bericht über die gesammelten Erkenntnisse."

Van Dopper blieb nichts anderes übrig, als den Befehl des Vorgesetzten zu akzeptieren.

"Aye, Sir. Gestatten Sie mir noch eine Frage?"

Tanrim nickte.

"Wenn Sie bald eintreffen, nehmen Sie dann diese... Enten Dackgong und Dackbro mit?"

"Ja, warum?"

Der Commander zögerte.

"Nun... seit wir ihnen auf Ihren Befehl hin Landeerlaubnis erteilt haben, ist hier der Teufel los. Die beiden lassen sich von uns nur mit dem Titel "Botschafter der Ok'Ta" ansprechen, beanspruchen diplomatische Immunität sowie allerlei Extras und sorgen überall, wo sie auftauchen, für außerordentliches Chaos."

Vartik Tanrim schmunzelte, da dieses Problem für einen Strategen wie ihn kaum eine Herausforderung darstellte.

"Dann sollten Sie schleunigst die Botschafter der Ok'Ta untertänigst darum ersuchen, die Runabouts bei der Kontrolle des Sektors mit ihren Nestschiffen zu unterstützen. Sagen Sie den Exzellenzen, daß ihre hochgeschätzte Hilfe den Weg für die Aufnahme der Ok'Ta in die Föderation ebnen würde und bieten Sie ihnen eine Prämie für jedes gescannte Schmugglerschiff an. So sind sie beschäftigt und Sie haben zwei zusätzliche Schiffe zur Verfügung. Wir sind bald bei Ihnen. Tanrim, Ende."

Kopfschüttelnd wandte sich der Zakdornianer dem Replikator zu und bestellte ein Frühstück.

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Der Rotton im Gesicht von Javier Innurrito hatte eine gefährliche Intensität erreicht.

„Niemals“, stieß er wutschnaubend hervor und konnte gerade noch den Impuls mit der Faust auf den Tisch zu hauen, unterdrücken. „Halten Sie uns allen Ernstes für so dumm?“

„Meine Meinung über die Intelligenz von Menschen steht hier nicht zur Debatte“ gab UThot Mart ungerührt zurück. „Ich habe meine Befehle. Und ich gedenke, diese auszuführen.“

„Aber diesen nicht!“ Der Captain der USS Amazonas sprang aus seinem Stuhl und funkelte den Breen an. „Die Botschafterin wird dieses Schiff nicht verlassen!“

„Die Botschafterin gedenkt, für sich selbst zu sprechen“, mischte sich nun Milseya ein, die bislang recht viel Spaß an dem minutenlangen Gezänk zwischen den Beiden gehabt hatte, die Situation aber nicht eskalieren lassen wollte. „Danke, Captain“

„Sie können doch nicht allen Ernstes tatsächlich darüber nachdenken, das Angebot dieses... dieses...“

„Ich sagte: Danke, Captain“, ließ die Bajohaliianerin den Kommandanten nicht aussprechen und wies ihn mit einer jähen Geste an, sich wieder zu setzen. Als sich jener widerwillig gefügt hatte, wandte sie sich wieder dem Breen zu. „UThot Mart, ich fühle mich von Ihrem Angebot sehr geehrt – und ich würde lügen, wenn ich jetzt sage, dass ich nicht liebend gerne diese Reise auf Ihrem Schiff fortsetzen möchte. Ich kenne kaum einen Piloten, den ein solches Angebot nicht reizen würde, schließlich sind die Flugroutinen der Breen beinahe schon legendär. Aber...“ Sie griff nach der Karaffe Wasser und goss sich ein Glas ein. Sie nahm ein, zwei Schlucke und fuhr schließlich fort „... Captain Innurrito hat Recht. Ich darf als Botschafterin der Föderation nicht von Ihnen zur Konferenz geflogen werden. Das könnte von manchen missverstanden werden – und ich bin der Meinung, dass wir die Hoffnung auf Frieden nicht durch eine solche Geste zunichte machen dürfen – gleichgültig, wie gut und ehrenhaft Sie es meinen.“

Wieder griff sie zum Glas und trank ein paar Schlucke, bevor sie sich schließlich erhob. „Daher möchte ich Ihnen, UThot Mart – das Einverständnis von Captain Innurrito vorausgesetzt – folgenden Vorschlag machen: Sie und Ihre Schiffe begleiten uns zur Konferenz – natürlich würden Sie dabei stets die Vorhut bilden. Sie mögen uns ja möglicherweise nicht für intelligent halten, lebensmüde sind wir aber sicher nicht.“ Sie lächelte, als sie ein schepperndes Geräusch aus dem Breenhelm hörte, das irgendwie nach einem Lachen klang. Und auch der chilenische Sternenflottenkommandant schien sich zu entspannen.

„Im Verlaufe unserer Fluges würde ich es sehr schätzen, wenn wir alle gemeinsam die Chance nutzen würde, einander und unsere Schiffe besser kennen zu lernen“, fuhr sie fort. „Die verschiedenen Abteilungen könnten sich zwanglos in kleinen Meetings austauschen – vielleicht ergeben sich auch Möglichkeiten zu Führungen?“

Innurrito nickte und sah zu dem Breen. „Ich würde das begrüßen, UThot“, erklärte er - mit normaler Gesichtsfarbe. „Wenn Sie gestatten, möchte ich hiermit den Anfang machen und Sie und Ihre Offiziere zu einem festlichen Abend einladen. Vielleicht mit einem kleinen Konzert? Wir haben hier ein außerordentliches talentiertes Quartett...“

Milseya lächelte sanft, während ihr Blick sich nicht vom Breen löste. Dieser saß regungslos in seinem Sessel - und schien nachzudenken. Schließlich nickte er. „Meiner Führungsriege wird es nicht gefallen, dass ich meinen Auftrag nur auf diese Art durchführen kann“, meinte er „Doch werden sie es verstehen. Was Ihre Einladung betrifft, Captain Innurrito, so nehme ich diese gern an – solange wir uns mit einer Gegeneinladung revanchieren dürfen. Ich darf Ihnen dabei versichern, dass es bei uns nicht nur Algenpaste zu essen gibt. Allerdings werden wir wohl auf eine musikalische Untermalung verzichten müssen. Auf Breen-Schiffen gibt es nicht viel Zeit für derartige Freizeitbeschäftigungen.“

„Vielleicht würde ihre Crew dann gerne zur Abwechslung unsere Holodecks oder Sporteinrichtungen nutzen?“, schlug der Chilene vor.

„Wenn ihr Dienst das zulässt“, erwiderte Mart.

„Ausgezeichnet“, erklärte Milseya. „Meine Herren, ich überlasse es Ihnen, die Details zu besprechen. Wenn Sie gestatten, möchte ich mich zurückziehen. Ich habe noch einiges an Korrespondenz zu erledigen.“ Sie nickte beiden Kommandanten zu. „UThot. Captain. Ich freue mich auf unser gemeinsames Abendessen.“

Sie verließ den Konferenzraum und machte sich eilig auf den Weg in ihre Räume. Dieses Gespräch hatte viel kürzer gedauert, als gedacht. Das kam ihr gerade zupass. „Computer!“, aktivierte sie diesen, als sich die Schotts ihres Raumes hinter ihr schlossen. „Öffne eine Verbindung zur Community. Ich möchte mit Dr. Elijah Rubenfeld sprechen.“

Bearbeitet von Milseya Anquenar
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Nachdem das Frühstück beendet war, stellte Elijah seins und Assjimas Tablett in den Replikator. „Ich habe noch ein paar Bücher in meinem Quartier, in die du meiner Ansicht nach noch einen Blick werfen solltest.“ „Noch mehr Lesestoff?“ Assjima verzog das Gesicht. „Ich würde gerne mal wieder ein paar medizinische Untersuchungen machen. Bevor ich alles vergesse und zur Religionshistorikern mutiere.“ Sie hakte sich bei ihm unter „Aber wenn du meinst, es könnte wichtig sein, dann begleite ich dich. Dann kann ich auch gleich überprüfen, dass du wirklich schlafen gehst.“ Fröhlich plaudernd zogen die beiden los. Vor Elijahs Quartier konnten sie schon das Kommunikationsterminal ungeduldig piepsen hören. Er eilte hinein und öffnete die Verbindung, während er Assjima mit einer Handbewegung bat, einen Moment zu warten.

Milseya streifte sich ungeduldig die Schuhe von den Füßen. Der Computer versuchte schon eine halbe Ewigkeit lang den Wissenschaftler zu erreichen. Sie war schon mehrfach versucht gewesen, den Ruf zu beenden, erinnerte sich dann aber daran, wie zerstreut oder abgelenkt Rubenfeld sein konnte und ließ ihn daher weiter vom Computer rufen. Doch gerade als sie wirklich aufgeben wollte, öffnete sich plötzlich das Fenster an ihren Display.

„Ich grüße Sie, Dr. Rubenfeld“, lächelte Milseya. „Ich entschuldige mich dafür, dass ich Sie in die Realität zurückhole. Ich hoffe, die Studien, in die Sie so sehr vertieft waren, sind nicht allzu wichtig gewesen.“

“Die Zwergenkönigin höchstpersönlich“ lachte der Anthropologe „Welch eine Ehre! Ich stehe ausnahmsweise mal mit beiden Beinen auf dem Boden. Komme gerade vom Frühstück. Assjima! Schau mal, wer sich da aus dem Nirwana meldet!“ Er winkte die Ärztin herein, die geduldig in der Tür gewartet hatte und jetzt näher trat. „Hallo Mili! Wie geht es dir? Hast du den Breensektor schon ordentlich aufgemischt?"

„Doc! Was für eine wundervolle Überraschung!“ Die kleine Pilotin strahlte über das ganze Gesicht vor Freude. „Danke, es geht mir wirklich gut – jetzt sogar hervorragend!“ Sie ließ sich auf ihren Sessel fallen. „Wie geht es dir, Assjima? Was macht die Community? Bitte sag mir, dass man mich vermisst – zumindest ein klein wenig!“ Sie lachte.

Elijah erhob sich vom Stuhl und bat Assjima Platz zu nehmen. „Ich geh mal nach nebenan und lasse euch beide alleine.“

„Nein … Elijah, Milseya wird schon einen Grund haben, warum sie dich und nicht mich angerufen hat. Hast du doch hoffentlich, Mili?“ Sie hob drohend den Zeigefinger. „Thomas macht seinen Job gut, aber wir vermissen dich alle sehr. Es ist hier viel zu ruhig!“

„Den habe ich ihn der Tat. Dr. Rubenfeld, bitte bleiben Sie“, bat Milseya den Wissenschaftler. „Denn ich glaube, ich weiß wer bzw. was Glonta ist“, fuhr sie fort und lächelte die Deltanerin angesichts deren Antwort an. „Ich vermisse euch auch...“

„Hat sie mit euch Kontakt aufge …“ Elijah und Assjima sahen sich lachend an, denn beide hatten diese Frage gleichzeitig ausgestoßen. „Du zuerst, Doktor Rubenfeld.“ „Aber Ladies first, Professor … Egal! Und wer oder was ist Ihrer Meinung nach diese Glonta, Doktor Anquenar?“Schallendes Gelächter war die erste Antwort angesichts des Schauspiels auf ihren Display. Die Bajohaliianerin schüttelte immer noch lachend den Kopf. „Nein, Glonta hat mich nicht kontaktiert, leider.“ Sie holte ein paar mal tief Luft und wartete, bis die Lachlust einigermaßen abgeebbt war, dann fuhr sie fort. „Ich denke, das Glonta eine sogenannte Tulpa ist, Frau Professorin, Herr Doktor.“

„Eine Tulpa?“ Assjima schaute den Freund fragend an.

„Tulpa ist eine theosophische Fehlübersetzung des tibetanischen Wortes Tulka. Das bedeutet einfach nur Manifestation eines Körpers. Es ist eine Denkform, bei der Gedanken und Energie ein Bewusstsein erschaffen“ erklärte Elijah. „Darüber habe ich auch schon nachgedacht, Lieutenant Anquenar. Aber eine Tulpa wird für gewöhnlich nur durch ein einzelnes Wesen erschaffen.“ Er warf Assjima einen nachdenklichen Blick zu. „Ich zerbreche mir schon seit Monaten den Kopf darüber ob nicht …“

„… dieses Wesen meinem Kopf entsprungen ist“ ergänzte die Deltanerin. „Glaubt mir … darüber habe ich auch schon oft sinniert. Aber sie taucht in hunderten Mythologien auf.“

„Sehr gut, Dr. Rubenfeld“, erwiderte Milseya ehrlich anerkennend. „Aber ich möchte, dass ihr beide weniger mystisch, sondern eher wissenschaftlich an dieses Problem herangeht. Nehmen wir einmal an, eine Tulpa sei eine Manifestation von Gedanken in einem nicht näher bestimmten Körper. Und nehmen wir weiter an, dass auch eine Tulpa den Gesetzmäßigkeiten der Quantenphysik folgt, dann ist Glonta nur eine weitere Entität mit einem vielfach höheren Bewusstsein. Denn sie wurde von unzähligen Gehirnen in diesem Universum erdacht – quantenphysikalisch betrachtet ist Glonta damit die wahrscheinlichste Realität auf einem Feld voller Möglichkeiten. Dabei spielt es keine Rolle, wie sie genannt wird oder dass sie in den jeweiligen Sagen ein anderes Aussehen hat. Ich denke, dass sie in sämtlichen Mythologien mindestens eine Sache gemeinsam hat.“

„Nicht nur eine, Milseya …“ antwortete Elijah. „Die Grundeigenschaften der großen Mutter sind in fast allen humanoiden Religionen vorhanden. Die Idee, dass sich die Gedanken tausender Wesen zu einer Entität manifestieren, ist nicht neu. Sie konnte bislang nur noch nie bewiesen werden und ist deshalb über das Stadium der Hypothese nicht heraus gekommen.“

„Etwas beweisen ist das eine, Elijah“ warf Assjima ein. „Etwas erfahren, sehen, wahrnehmen ist aber etwas gänzlich anderes. Ich habe viele … Wesen … gesehen und erfahren, die sich wissenschaftlich nicht beweisen lassen. Es gibt um uns herum viele Geister und Seelen, die dann zu einem kommen, wenn man sich besonders stark auf sie konzentriert. Dann werden sie lebendig. Werden zu eigenständigen Wesen. Sie sind da, aber sie lassen sich nicht beweisen, weil unser Horizont es nicht zulässt. Gottheiten lassen sich nicht beweisen. Auch wenn sie nur in den Gedanken ihrer Anhänger existieren, sind sie dennoch existent. Sie materialisieren sich nur nicht unbedingt. Und wenn sie es dennoch tun, dann werden sie mit Scharlatanen verwechselt.“ Sie betrachtete nachdenklich Milseyas Gesicht auf dem Monitor. „Was lässt dich vermuten, dass wir es hier tatsächlich mit einer Manifestation von Gedanken zu tun haben? Hast du eine Theorie, wie sich eine Idee tatsächlich in Materie transformieren kann? Vielleicht könnte es mit den anders gearteten physikalischen Gesetzen des Subraum zu tun haben?“

„Nein“, sagte die kleine Bajohaliianerin. „Die quantenphysikalischen Gesetze gelten auch im Subraum. Und ich kann euch auch keine beweisbaren Erklärungen dafür liefern, wie Tulpas entstehen oder existieren. Alles, was mich dazu bringt zu glauben, dass Glonta von uns allen durch unsere Gedanken erschaffen wurde, ist, dass ich gesehen habe, wie ein Mönch ein Abbild seiner Gedanken real hat werden lassen.“

Sie schloss kurz ihre Augen, um den Moment zu rekapitulieren. „Materie träumt“, flüsterte sie kaum hörbar und lächelte.

„Ich glaube“, fuhr sie fort „dass Glonta eine Art Tulpa sein könnte, weil viele Indizien darauf hinweisen. Beispielweise die Verehrung des weiblichen Prinzips in den allermeisten Kulturen. Wenn ich davon ausgehe, dass unzählige Völker diesem weiblichen Sein Namen, Gestalt und Wesen gaben und darauf das EPR-Paradoxon anwende, dann kann daraus ein Bewusstsein geboren worden sein.“ Sie rieb sich die Stirn. „Ehrlich gesagt, mache ich nichts anderes, wenn ich mit meinem Canar meditiere – meine Gedanken erschaffen eine Realität. Zwar eine, die nur ich sehe, aber es fühlt sich in diesem Moment real an.“

„Aber Mili … ich mache es doch nicht anders. Ich denke visuell. Das von mir Gedachte ist für mich so real wie der Sessel, den Elijah mir liebenswerter Weise überlassen hat. Dennoch ist es nicht materiell.“ Elijah beugte sich über Assjimas Schulter, um im Sichtfeld der Pilotin nicht immer nur als Bauch abgebildet zu sein. „Ihre Hypothese, Milseya beinhaltet die Grundidee, dass der größte Teil der Gottheiten Tulpas sein könnten. Gäbe es aus Ihrer Sicht einen Unterschied zwischen Dimede … ich meine Glonta und zum Beispiel Zeus? Oder wie wäre es, wenn wir uns Jesus als Tulpa vorstellen. Das würde die Christenheit in ihren Grundfesten erschüttern. Wobei viele Theologen dies schon vollzogen haben. Jesus Christus nicht der Sohn Gottes, sondern die Manifestation einer Ideologie. Da hat man schon im 19. Jahrhundert drüber diskutiert.“

Milseya lehnte sich in ihrem Sessel zurück. „Ich glaube nicht an Götter oder Gottheiten, Elijah. Selbst die haliianischen Himmel und Höllen sind mir suspekt. Aber gut, warum sollten die irdischen Götter nicht Tulpas gewesen sein? Eine Zeit lang glaubten die Menschen an sie, sie manifestierten sich, doch als immer weniger an sie dachten – und es damit wellenfunktionstechnisch immer weniger wahrscheinlich wurde, dass sie existent sind -, verloren sie an Macht und schließlich verschwanden sie... Assjima“, wandte sie sich an ihre Freundin. „Realität und Materialität haben doch nichts gemein? Das eine bedingt nicht das andere noch umgekehrt. Ist es denn nicht so, dass es einzig unser Geist, unser Bewusstsein ist, das aus der Welt der noch nicht manifestierten Möglichkeiten die Wirklichkeit erschafft? Der Sessel ist doch nur deshalb real, weil wir ihn als einen Sessel betrachten und damit wirklich machen. Warum ist es dann abwegig zu glauben, dass Glonta real ist, wenn so viele Ok-Ta glauben, dass sie existiert?“

Inzwischen war Elijah neben Assjima in die Hocke gegangen und lehnte sich gegen die Armlehne des Sessels. Das Ganze sah nicht nur reichlich unbequem aus, sondern war es auch. Einmal wieder verfluchte er in Gedanken seine langen Beine.

„Ich glaube, wir disputieren hier eigentlich nur über Begrifflichkeiten, Milseya“ brummte er, während er versuchte, seine Beine irgendwie am Einschlafen zu hindern. „Der Begriff Tulko steht im tibetanischen Kontext für ein Wesen, das durch die Gedanken eines Einzelnen ganz bewusst geschaffen wurde. Diese bewusste Handlung steht hierbei im Vordergrund. Eine Gottheit entsteht durch die Gedanken vieler Individuen, die durch eine gemeinsame Idee miteinander verbunden sind. Die Gottheit wächst im Laufe vieler Generationen und verändert sich mit den sich entwickelnden Ideen ihrer Anhänger. Sie ist eine unbewusste Schöpfung, die nicht minder real sein muss als die Tulpa, welche in nur einem einzigen, zeitlich begrenzten, Schöpfungsakt entsteht und daraufhin unveränderlich ist. Glonta, Dimede, Vi … wie immer sie auch benannt wird verändert sich jedoch. So zumindest hat Assjima es gesehen. Sie tritt in den verschiedenen Mythologien in unterschiedlichster Form auf. Ich würde sie deswegen als Gottheit definieren. Doch wie gesagt: diese Definition sagt nichts darüber aus, ob Dimede ein Wesen aus Materie ist, oder ob sie nur in unseren Gedanken existiert. Und selbst wenn sie nur als Idee herumgeistert, so scheint sie dennoch die Befähigung zu haben, in die reale Welt eingreifen zu können.“

Assjima nickte. „Wir sind inzwischen so weit, dass wir von ihrer Existenz ausgehen. Jedenfalls sind wir von dem Punkt weg, an dem sie als eine meiner Hirngespinste oder als okkulte Gottheit von verrückten Raumnomaden angesehen wird.“

„Wunderbar!“ Milseya lächelte die beiden an. „Was halten Sie davon, sich einen Stuhl zu holen, Elijah? Offenbar sind wir uns in Grobzügen darüber einig, was Glonta ist – wenn wir sie auch unterschiedlich definieren mögen. Was mich verwundert ist, dass ihr euer Wissen nicht anwendet.“

„Ich habe keinen weiteren Stuhl im Quartier. Nur noch die Couch und die ist festgeschraubt.“

„Er hat alles, was nicht fest eingebaut ist, in den Lagerraum gebracht. Das Quartier wäre sonst zu klein für seine Bücher“, erklärte Assjima, während Elijah kurz aus dem Sichtfeld verschwand. „Doch wie meinst du das mit dem nicht angewandten Wissen?“

Der Anthropologe kam schnaufend zurück und lies mit einem Rums einen Stapel großformatiger Bücher auf den Boden plumpsen. Eine dichte Staubwolke stieg auf, Assjima wedelte mit der Hand in der Luft herum und bekam einen Niesanfall, während Elijah sich mit unterschlagenen Beinen auf den Bücherstapel setzte. „Wir haben noch keine Order vom Captain bekommen, irgendetwas mit unseren Erkenntnissen in welcher Richtung auch immer zu unternehmen“ fügte er Assjimas Worten mit schlecht unterdrücktem Unmut zu.

„Ich entschuldige mich bei Ihnen, Elijah“, erwiderte Milseya zerknirscht. „Ich wusste nicht, dass Sie keinen weiteren Stuhl haben – aber Sie sahen so leidend aus, wie Sie da knieten...“ Sie seufzte und versuchte sich wieder zu konzentrieren. „Ich meinte, warum nutzt ihr euer Wissen nicht, um mit Glonta zu kommunizieren? Nun, wo ihr glaubt, zu wissen, um was es sich bei Glonta handelt, dürfte das kein Problem darstellen. “

„Wenn wir nach den Vorgaben der alten Legenden versuchen, mit ihr Kontakt aufzunehmen, dann müssten wir ein großes Feuer entfachen und in einem überdimensionierten Kessel irgendwelche Opfer bringen.“ „Assjima müsste sich vermutlich mit diversen anderen Damen nackt ausziehen … bevorzugt sollten diese alle Jungfrauen sein … auf diesem Schiff eine absolute Unmöglichkeit …!“

„Dem Elijah müssten wir ein Hirschgeweih aufsetzen …“

„Nicht mir! Ich bin nur ein Lieutenant. Den männlichen Hauptakt müsste der Captain übernehmen …“

„… der uns bislang leider noch nicht mitgeteilt hat, ob wir überhaupt mit Dimede in Kontakt treten sollen …“

„…geschweige denn, dass er uns erlauben würde, eine wilde Orgie um ein offenes Feuer zu veranstalten und dabei noch lebende Hühner zu opfern.“

„Lebende Hühner?“ Assjima starrte Elijah mit großen Augen an. „Von Hühnern habe ich nichts gelesen. Da war immer nur von Menschen die Rede.“

„Es ist die Idee, die zählt, werte Assjima. Wir benennen ein Huhn als Mensch und schon gilt es als Menschenopfer.“

Dann brachen beide in Lachen aus. „Entschuldige, Mili. Wir leiden beide unter Schlafmangel. Doch zu deiner Frage: Wir haben eine Idee von Glonta. Das bedeutet nicht, dass wir wissen, wie man mit ihr Kontakt aufnehmen kann. Ich glaube … nein: ich hoffe, dass sie sich bei uns melden wird, sobald wir in die Subraumkanäle eingetreten sind.“

„Vermutlich ist Schlafmangel genau das Problem.“ Milseya enthielt sich jeglichen Kommentars, auch wenn sie ein dickes Grinsen nicht unterdrücken konnte. „Schließlich ist Schlafen – Träumen - nichts anderes als eine spirituelle Reise. Und – bei allem Respekt – sollte Glonta wirklich eine Gottheit sein, sollte es genügen zu ... beten. Ein wahrhaftiger Gläubiger könnte mehr erreichen, als sämtliche Theorien, denen wir hinterherhinken. Vielleicht genügt es auch, mit Glaube und Ernsthaftigkeit zu meditieren. Aber auf keinen Fall sollte George weiter nach dem Stein von Gol suchen.“ Ihre Stimme klang schneidend. „Es gibt Dinge, die sollten tot und begraben bleiben.“

Assjima nickte zustimmend. „Und genau hier sehe ich großes Potential zum Scheitern unserer Mission. Unsere Recherchen haben ergeben, dass es die Art und Weise sein wird, wie wir den Weg zum Ziel beschreiten. Es ist der Weg der sagenhaften Helden, die den heiligen Ort erreichen, indem sie sich auf eine mühsame Suche begeben und trotz der Gefahren während ihrer Reise Positives bewirken. Sie müssen rein im Geiste sein. In gewisser Weise sogar unschuldig. Nichts Böses darf in ihren Herzen wirken. Wir müssen zu eben solchen Helden werden… Wenn wir uns einer solch geheimnisvollen und vermutlich auch nicht zu kontrollierenden Waffe bemächtigen würden … das würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu Ärger führen. Und sei es nur, dass wir gierige Ferengi auf unsere Fährte locken.“

„Der Captain und George denken in herkömmlichen Bahnen“ fuhr Elijah fort. „Sie glauben, unsere Reise sicherer zu machen, indem sie für eine weitere Waffe sorgen und indem sie die Geschwindigkeit des Schiffes erhöhen. Doch wir müssen die Perspektive ändern. Es geht nicht darum, schnell zu reisen, denn in der Welt, in der sich unserer Meinung nach Tenner und Aiso befinden, gibt es keine Zeit. Es spielt keine Rolle ob wir heute, in einem Jahr oder vorgestern ankommen. Und unser Weg muss unserer Meinung nach ein diplomatischer sein. Eine Wunderwaffe hilft uns da gar nichts. Vermutlich würde sie uns beim Eintritt in die Anderswelt sowieso um die Ohren fliegen.“

„Anderswelt?“

„Das keltische Pendant zum Jenseits. Nur dass es nicht explizit die Welt der Toten ist …“ Assjima erklärte der Freundin diese etwas unorthodoxe Sichtweise der alten Kelten in so kurzen Worten wie es überhaupt nur möglich war. Sie berichtete auch von ihrem Erlebnis auf dem Holodeck und den nachhaltigen Eindruck, den diese visualisierte Darstellung eines alten Mythos auf sie gemacht hat.

„Hmmm – ich verstehe“, kam es gedankenverloren von Milseya zurück. „Wie interessant, dass du versucht hast, es auf dem Holodeck nachzubilden – eine Holografie von einer Holografie. Das muss den Computer kräftig ins Schwitzen gebracht haben … allerdings denke ich, dass ihr zu streng mit dem Begriff des Helden umgeht. Vielleicht auch zu menschlich. Ein Held ist nur eine Person, die etwas getan hat, das über seine Kräfte, seine Möglichkeiten ging. Das hat meiner Meinung nach nichts mit Gut oder Böse, Schuld oder Unschuld zu tun. Sondern lediglich mit der Entscheidung, sich der Aufgabe, der Gefahr zu stellen.

„Die Überlieferungen sind so bruchstückhaft und unübersichtlich, dass es einem normalen humanoiden Gehirn große Probleme bereitet, diese in ein verständliches Bild umzusetzen“ verteidigte Elijah das Projekt seiner Chefin. „Wenn Sie wieder an Bord sind, müssen sie es sich unbedingt einmal anschauen. Es ist ungemein beeindruckend.“

„So du jemals wieder zurück kommst …“ murmelte Assjima leise, um dann etwas verständlicher fortzufahren: „Unsere Quellen sind da ziemlich eindeutig. Gut und Böse spielt erst in der Anderswelt keine Rolle mehr. Doch der Weg dorthin beinhaltet eine Läuterung. Von denen, die sich in den alten Geschichten auf den Weg gemacht haben, haben nur die reinen Herzens waren, die Prüfungen bestanden. Auch wenn wir heute den Begriff Held anders definieren. Ein Held ist mutig, stellt sich der Gefahr … da hast du recht. Doch sind diese Eigenschaften keine Garantie für das Gelingen. Die Helden dieser Geschichten waren oft kindlich naiv, sich der eigentlichen Gefahr nicht bewusst. Sie haben die Prüfungen bestanden, weil es den Gedanken an Gefahr … an das Böse … in ihnen nicht gab. Die Märchenhelden haben sich oft auch – im Gegensatz zu den Sagenhelden – unbewusst, ja unbeabsichtigt auf den Weg gemacht. Die Sagenhelden hingegen begaben sich auf die Suche nach einem magischen Ort, den sie als Ziel ihres Lebens betrachteten. Das Elysium, an dem sie sich am Ende ihrer Reise ausruhen durften … Und dennoch waren sie auf ihrer Reise meistens ein Spielball der Götter ohne eigentliche, willentliche Handlungsfreiheit. Die keltischen Helden unterscheiden sich da erheblich von den anderen. Ihre Reise war beseelt von dem tiefen Glauben an diesen einen mystischen Ort, durch den sie, wenn sie ihn erreichen, ihre Welt zum Positiven hin verändern könnten.“ Assjima holte tief Luft. „Ihre kindliche Unschuld wurde ersetzt durch einen tiefen Glauben an das Heilige, an das wahrhaftig Gute.“

„Und in wie fern unterscheidet sich das von unserem tiefen Glauben, dass der Captain und Aiso noch leben – und wir uns auf eine Reise machen müssen, um sie wieder zu uns zurück zu holen?“ Milseya zuckte mit den Schultern. „Ich sehe keinen. Ihr habt euch mit diesem ehernen Ziel naiv auf den Weg gemacht, weil ihr glaubt. Ihr seid beides, Assijma. Sagenhelden UND keltische Helden. Nur sollte euch das endlich bewusst werden, denn nur dann könnt ihr auch den Weg zur Läuterung tatsächlich beschreiten.“

„Keltische Helden SIND Sagenhelden …“ korrigierte Elijah. „Wir müssen zwischen Sagenhelden und Märchenhelden unterscheiden. Und sobald wir uns als Helden betrachten – welche auch immer - sind wir genau das nicht mehr, weil wir durch diese Arroganz und Anmaßung die dem Helden eigene Unschuld verlieren. Das ist ja das Vertrackte mit diesem blöden Heldentum. Märchen- und Sagenhelden sind was für die Kindheit einer Zivilisation. Die Zeit, in der die Götter noch zwischen ihren Völkern wandelten. Die sind vorbei. Wir greifen nach unseren Göttern und entmystifizieren sie. Und schwupp … weg sind sie.“

Assjima legte ihre Hand auf seinen Arm. „Du siehst das viel zu pessimistisch, Elijah. Milseya hat schon Recht: Wir wollen einfach nur unsere Freunde retten ohne dabei etwas im Schilde zu führen. Und im Gegensatz zu den Helden der alten Zeit sind uns viele Mysterien nicht mehr gefährlich, weil wir sie statt mit Unschuld durch Sachverstand meistern können.“

„Und wo bitte ist der Sachverstand, wenn hier an Bord versucht wird, eine Waffe wie den Stein von Gol zu bauen oder das Schiff mit einem Wurmlochkatapult durch den Raum zu schleudern? Und NUR Freunde retten? Das hat in den alten Geschichten noch nie ausgereicht. Das ist nicht universal genug.“

„Sich Prüfungen zu stellen, Gefahren zu begegnen – das eigene Leben für das seiner Freunde aufs Spiel zu setzen – das wird in jeder Kultur hoch geachtet. Es dürfte auch Glonta genügen. Und schließlich ist das hier keine alte Geschichte, sondern eine neue. Eine, die wir schreiben. Warum sollten wir nicht ein paar der Parameter festlegen?“ Milseya sah auf den Chronometer neben dem Display und seufzte. „Es ist spät hier. Ich muss noch einen kilometerlangen Friedensvertrag auf mögliche Fehler hin überprüfen...“

„Das ist wahrlich heldenhaft“ lachte Assjima. „Schau zu, dass du die Voraussetzungen schaffst, damit wir alle zusammen eine heldenhafte Friedensmission zu einem positiven Ende bringen können. Nur für den Fall, dass die Rettung von Freunden nicht ausreichen sollte. Und wir alle sollten daran denken, dass Glonta oder Dimede einfach nur einen Faible für gute Geschichten hat.“

„An mir soll es nicht liegen, Doc. Und wohl auch nicht an den Breen, die mir einen alten Bekannten als Beschützer geschickt haben.“ Sie sah zu Rubenfeld. „Wir werden das schaffen, Elijah. Weil wir so außergewöhnliche Personen wie Sie haben. Weil es Personen wie Sie sind, die die Götter lieben. Ach und Assjima, es gibt keinen Zweifel daran, dass ich zurückkehren werde.“ Milseya lächelte wissend. „Qapla' meine Freunde!”

Bryn und Fee sind „Helden wie wir“

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„Ihr Vorhaben ist durchaus faszinierend. Doch ich kann nicht erkennen wie Ihnen dabei der Stein von Gol helfen soll?“

Diese Worte, die von Professor Storak einem der Direktoren der Vulkanischen Akademie der Wissenschaften waren so wuchtig wie eine Mauer, gegen die man gelaufen ist. Der Kontakt war nur nach der Intervention von Solak zustande gekommen. Der Ehemalige Councelor hatte zunächst ähnlich auf Georges Ansinnen reagiert, aber irgendwie hatte es der Ingenieur geschafft den Romuvulkanier zu überzeugen seine Kontakte spielen zu lassen.

Doch leider wie es immer im Leben ist, wenn man ein Hindernis beseitig hatte, klopften gleich zwanzig weitere auf die Schulter.

 

„Ganz einfach Professor. Wenn ich verstehe wie die Schnittstelle zwischen dem Bediener und dem Artefakt funktioniert, so kann ich auf dieser Basis auch unsere Sensoren und Psychotricoder modifizieren. Ich habe kein Interesse daran die Historische Waffe wieder zu erschaffen“, versicherte George.

Storak wölbte auf die unnachahmliche Art die linke Braue.

 

„Wie ich hier sehe konnten Sie mit Hilfe der Gelpacks eine Art Verbindung zu den Vermissten herstellen?“

 

„Mehr oder weniger Professor. Es war nicht wirklich ein direkter Kontakt“, gestand George frustriert ein, „aber, wenn ich die Systeme nach dem Vorbild der Schnittstelle des Artefakts modifizieren kann, so würden die Chancen astronomisch steigen mit den Vermissten in direkten Kontakt treten zu können.“

 

„Ich verstehe. Wir haben leider auch sehr wenige Informationen Commander. Doch wir haben für diese sehr wenig Verwendung. Ihnen jedoch könnten sie sehr nützlich sein um ihre vermissten Kollegen finden zu können.

Die Dateien werden per Subraum an sie gesendet,“ Storak gab in ein neben sich liegendes Tastenfeld einige Befehle ein und wandte sich wieder der Kamera zu, als er die Hand zum vulkanischen Gruß erhob.

 

„Leben Sie lange und erfolgreich Commander. Storak Ende.“

 

Storak verschwand vom Sichtfeld und wurde durch das Föderationslogo ersetzt. George ließ sich in die Lehne seines Sessels zurückfallen und stieß einen Seufzer aus.

„Warum nicht gleich so?“ murmelte er verblüfft. Gespannt sah er wieder auf das Display seines Deskviewers, auf dem das Display des Posteingangs geöffnet war. Wenige Minuten später, als die Dateien hunderte von Lichtjahre zurückgelegt hatten gingen diese im Postfach des Chefingenieurs ein.

George beugte sich nach vorne und öffnete sofort die Dateien. Soraks Aussage, dass dies nicht viel sei war…war eben vulkanisch. Die Dateien enthielten praktisch die Informationen, für die George bald getötet hätte.

Er ging sie immer weiter durch, bis er dann eine Notiz an den Captain und die anderen Führungsoffiziere sendete.

 

 

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Vartik Tanrim hatte sich in seinen Bereitschaftsraum zurückgezogen und hoffte auf etwas Zeit, all die Berichte durchzusehen, die in letzter Zeit bei ihm eingetroffen waren. Er stellte fest, daß viele Abteilungen interessante Hinweise gefunden hatten und daß sie die Rettung ihrer Kameraden zumindest nicht vollkommen unvorbereitet angehen mußten. Doktor Assjima hatte gewaltige Fortschritte beim Verständnis des mysteriösen Wesens von Dimede erzielt. Er war sich sicher, daß ihnen das noch nutzen würde. Auch der Bericht seines Chefingenieurs hatte ihn schwer beeindruckt. Nicht nur, daß er einen vielversprechenden technischen Ansatz für ein Kommunikationsmittel mit den Vermissten entwickelt hatte, gleich nebenbei schien ihm auch noch ein neues Antriebskonzept eingefallen zu sein, welches dem konventionellen Warpantrieb möglicherweise schon bald  ernsthafte Konkurrenz bescheren könnte. Torr und Delama forschten ebenfalls mit Hochdruck an ihren jeweiligen Fachgebieten und es machten für den Captain den Eindruck, daß es nicht mehr eine Frage des "ob" sondern nur noch eine Frage des "wann" war, bis die erste bewußt hergestellte Verbindung zu ihren vermissten Kameraden gelingen würde. Am meisten beunruhigt hatte ihn jedoch Contellos Bericht. Offenbar hatte tatsächlich jemand aus dem Breen-Bürgerkrieg Kapital geschlagen, den niemand auf der Rechnung gehabt hatte. Er wollte gerade den nächsten Bericht öffnen, als Carters Stimme aus den Lautsprechern ertönte.


"Captain Tanrim, kommen Sie bitte auf die Brücke. Wir haben ein verdächtiges Schiff geortet."


Der Captain ließ sofort den Bericht liegen, durchquerte mit schnellen Schritten den raum und betrat durch die sich automatisch öffnende Tür die Brücke.

"Welche Kennung und welchen Kurs hat das Schiff?"


"Der Kurs führt direkt in die Tzenkethi-Pufferzone." antwortete Trend Carter und deutete auf den Hauptschirm. "Eine Kennung sendet das Schiff offenbar nicht. Den Messwerten nach zu urteilen handelt es sich aber um einen Ferengi-Marauder."


Tanrim blickte zu Contello, der an der taktischen Station den Bildschirm beobachtete.
"Vielleicht ein Waffenschmuggler?"


"Gut möglich." entgegnete der Sicherheitschef. "Auf jeden Fall scheint er eine sichere Passage durch die Pufferzone zu kennen, sonst würde er wohl kaum mit so hoher Warpgeschwindigkeit fliegen. Im gesamten Gebiet sollen noch tausende autonomer Lenkminen vom letzten Krieg liegen."


Tanrim setzte sich in seinen Sessel und hob seine Nase.
"Dann besteht eine gute Chance, daß er diesen Flug nicht zum ersten Mal unternimmt und daher die Route kennt. Wir gehen auf Alarmstufe rot." Er wandte sich an den Steuermann.  "Lieutenant Baum, Abfangkurs programmieren. Maximum Warp. Ich möchte mir dieses Raumschiff aus der Nähe ansehen."


"Aye Sir." antwortete der Pilot, neben dessen großer und kräftiger Statur die Konsole und der Sessel wie zu heiß gewaschen aussahen. "Wir können ihn allerdings selbst bei Höchstgeschwindigkeit nicht mehr einholen, ohne in die Pufferzone einzudringen."


"Energie!" befahl der Captain ungeduldig. "Wenn wir nahe genug heran kommen, um ihn zu scannen würde mir das schon genügen. Falls es wirklich ein Schmuggler ist und wir ihm zusätzlich noch einen Schrecken einjagen können, umso besser. Versuchen Sie außerdem, aus seiner Flugroute sein mögliches Ziel zu extrapolieren, Lieutenant."


Baum nickte und machte sich an die Arbeit, nachdem er das Schiff wie vom Captain befohlen auf Höchstgeschwindigkeit gebracht hatte. Die Daten, die aus dem Tzenkethi-Raum existierten waren jedoch alt und lückenhaft. Sie stammten noch aus der Zeit des Krieges und dieser hatte sich hauptsächlich auf die Grenzregion konzentriert. Dennoch war sich Baum ziemlich sicher, als er sich zu seinem Kommandanten umdrehte.


"Sir, wenn das Ferengischiff auf diesem Kurs bleibt, dann erreicht es nach unserem Kenntnisstand kein bewohntes System im Tzenkethi-Raum. Vermutlich laden sie die Fracht also im freien Raum um."


"Keine Zeugen." brummte Tanrim. "Sie tun das im verborgenen. Hat der Ferengi uns schon entdeckt?"


"Unbekannt, Sir." antwortete Baum. "Falls ja, dann hält er Kurs und Geschwindigkeit."


"Wann können wir ihn einem Tiefenscan mit höchster Intensität unterziehen?"


"Wenn er weiter Kurs und Geschwindigkeit hält, dann in frühestens fünf Minuten."


Der Captain wandte sich an den diensthabenden Wissenschaftler.

"Lieutenant Meadows, bereiten Sie die Sensoren vor. Wir haben eventuell nur einen Versuch und ich will diese Daten haben!"


Der Mensch nickte. "Verstanden, Sir."


Wie immer, wenn man auf etwas wartete, fühlte es sich so an als ob die Zeit nie vergehen würde. Quälend langsam näherte sich die USS Community dem schnell fliegenden Ferengischiff und die Grenze der Tzenkethi-Pufferzone rückte immer näher.


"Sir, wollen Sie im Ernstfall die Grenze überschreiten?" fragte Carter besorgt.


"Ich habe mir kürzlich die Verträge angesehen. Das sollte juristisch gesehen kein Problem sein." antwortete der Captain, dem trotzdem die Besorgnis ins Gesicht geschrieben stand. "Lediglich für Tzenkethi-Militär besteht ein Flugverbot. Allerdings haben die Tzenkethi das gesamte Gebiet bei ihrem Rückzug derart vermint, daß es ein gefährliches Niemandsland geworden ist. Deshalb haben wir leider auch keine Handhabe um diesen Ferengi aufzuhalten, es sei denn, wir können ihn als Waffenschmuggler entlarven. Das wäre gemäß des Waffenstillstandsvertrages unzulässig und damit könnte die Föderation auch der Tzenkethi-Regierung Druck machen. Deswegen brauche ich unbedingt diesen Scan."


"Wir fliegen jetzt in die Zone ein, Sir." meldete Baum.


"Scan kann in 80 Sekunden erfolgen." rief Meadows.


"Minen geortet!" Contellos sonst so ruhige Stimme klang aufs äußerste alarmiert. "Sie nähern sich von Steuerbord und ventral mit hoher Geschwindigkeit."


"Abschießen, Lieutenant!" befahl der Captain.


Contello beeilte sich, mit Photonentorpedos eine Zielerfassung auf die shuttlegroßen, sternförmigen Flugkörper zu bekommen. Dann löste er eine Zwillingssalve aus. Den Treffern folgten zwei weitaus heftigere Sekundärexplosionen.


"Die Minen scheinen weitaus stärker und agiler zu sein als in den alten Berichten erwähnt wurde." sagte der Sicherheitschef wieder mit der gewohnten Ruhe, als er die Messdaten der Explosionen ausgewertet hatte. "Vielleicht wurden sie bereits mit Breen-Technologie verbessert."


"Ich hoffe, die Admiralität zieht ähnliche Schlüsse, wenn wir ihnen diese Daten schicken. Damit hätten sie bereits einen Vertragsbruch begangen." antwortete der Captain. "Wie sieht es mit dem Scan aus?"


"Ich scanne... jetzt, Sir!" antwortete Meadows und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: "Das Schiff hat starke Schilde und seine Antriebsemissionen stören die Abtastung. Das Schiff transportiert eine enorme Masse, das ist sicher. Die Messdaten sind jedoch nicht eindeutig genug, um die Art der Fracht zu identifizieren."


"Dranbleiben, Lieutenant Baum!" befahl der Captain.


"Ein weiterer Minengürtel liegt direkt voraus!" meldete Contello. "Ich versuche, und eine Bresche zu schlagen." Er löste eine Vierersalve Torpedos aus, die gleich eine ganze Reihe Minen eliminierten. Jedoch nahmen die umliegenden Sprengkörper bereits die Verfolgung auf.


"Lieutenant Meadows!"


"Ich arbeite so schnell ich kann, Sir!" Die Finger des Wissenschaftlers tippten ein Kommando nach dem anderen in die Konsole. "Da sind Signaturen von... Dämpfungswaffen, Disruptoren, Breen-Energiekernen und Tonnen von Dilithium."


"Genug um eine Armada auszurüsten und trotzdem nur die Spitze des Eisbergs." kommentierte Carter. "Wollen Sie versuchen, das Schiff zu stoppen?"


"Davon rate ich schweren Herzens dringend ab, Sir!" intervenierte Contello. "Vor uns ist der nächste Minengürtel und der ist so dicht, daß wir kaum noch heil durchkommen werden."


"Lieutenant Baum, Verfolgung abbrechen!" befahl Tanrim. "Können wir innerhalb der Pufferzone zwischen den Minengürteln sicher mit Kurs auf unser altes Ziel weiterfliegen?"


"Das sollte möglich sein, Sir." bestätigte der Steuermann.


"Dann machen wir das. Lieutenant Meadows, führen Sie eine Fernabtastung des gesamten Gebiets durch, bis wir die Pufferzone wieder verlassen. Auch diese Aufklärungsdaten könnten wichtig sein." Tanrim erhob sich aus seinem Sessel. "Ich bin in meinem Raum und verfasse einen Bericht an die Sternenflotte."

 

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„Danke, Carter.“ Assjima beendete per Knopfdruck die Kommunikation zur Brücke. Ein Marauder, ein Mienengürtel … kein Grund, die Krankenstation in Alarmbereitschaft zu versetzen. Etwas frustriert betrachtete sie die zerbrochenen Petrischalen ihrer Versuchsanordnung. Sie hätte daran denken müssen, dass die Community in Bälde den Raum der Tzenkethi erreichen würde. Es war nicht die geeignete Zeit für empfindliche Experimente. Es sollte hoffentlich auch nicht die Zeit der Waffen werden …

„Meg … ich bin im Arboretum …“

„Alles klar, Doc. Verlauf dich nicht“ tönte es aus dem primären Materiallager, in dem die Afrikanerin die Bestände überprüfte.

Assjima warf die kläglichen Reste des zerstörten Experiments in die Entsorgungseinheit und ging die wenigen Schritte hinüber zur grünen Lunge des Schiffes. Sie empfand es immer wieder als glückliche Fügung des Schicksals, dass das Arboretum in unmittelbarer Nachbarschaft zur Krankenstation lag und sie auch ein paar wenige freie Minuten zwischendurch nutzen konnte, um wieder einen freien Kopf zu bekommen.

Sie setzte sich auf eine kleine Bank und im selben Augenblick setzte schon ein großer dunkler Schatten neben ihr zur Landung an. Emma begrüßte sie wie üblich mit ihrem zittrigen „Huuuuh“ und stellte den runden Kopf schräg. „Ich habe dich nicht vergessen, altes Mädchen“ flüsterte die Ärztin, zog ein kleines Tütchen mit ihrem selbstentwickelten Eulenfutter Nr. 24 aus der Tasche ihres Kittels und warf es ihr Stück für Stück zu. Nachdem die Eule ihr Frühstück gierig runter geschlungen hatte, flatterte sie auf einen der unteren Äste des nebenstehenden Baums und steckte den Kopf unter den Flügel. Es war höchste Zeit für ein kleines Tagschläfchen. Auch Assjima lehnte sich zurück, streckte die Beine von sich, schloss die Augen und lies sich das künstliche Sonnenlicht ins Gesicht scheinen. Doch schon nach wenigen Augenblicken ließ ein quietschendes Geräusch sie wieder hochschrecken. Ein paar Meter weiter hinten blinkte etwas Metallenes zwischen den Büschen.

„Blechbüx? Bist du das?“

„Sorry, Doc. Wollte dich nicht stören.“ Der kleine Roboter schlug einige Haken um diverse Büsche und kam auf sie zugerollt. Seine Greifarme waren voller Erde. „Ich habe gerade in Sta'els Beet etwas Unkraut gejätet. Bevor es total zu wuchert.“

„Das ist nett von dir. Wie geht es dir? Habe dich ein paar Tage nicht gesehen.“

„Ich habe ja auch jede Menge Arbeit an der Backe.“ Er wischte seine Greifarme im Gras ab, die daraufhin wieder ein lautes Quietschen von sich gaben. „Ich glaube, ich muss George mal wieder einen Besuch abstatten. Kann mich gar nicht erinnern, wann ich meine letzte Ölung bekommen habe. Die Zwergenkönigin hat sich bei euch gemeldet?“

„Woher weißt du denn das schon wieder?“

Blechbüx rollte theatralisch mit den Okularen. „Wir haben ein Kommunikationssystem an Bord, das über den Computer gesteuert wird …  du erinnerst dich, Glatzköpfchen? Und ich habe da so ein nettes kleines Tool … eine eingebaute Schnittstelle, die mir Mi … ach, tut nichts zur Sache. Jedenfalls kann ich problemlos …  egal. Will nicht, dass jemand Ärger bekommt. Geht’s Mili gut?“

„Na, immerhin kannst du die Gespräche nicht mithören“ lachte Assjima. „Sie scheint sich selbst zu sein. Steckt wie üblich voller Energie.“

„Und voller wilder Theorien. Ist Dimede denn nun eine Tulpe?“

„Eine Tulpe?“ Plötzlich weiteten sich Assjimas Augen. „Du verdammter kleiner Lümmel! Du kannst die Subraumverbindungen abhören?“

Die Okulare drehten sich nach oben und verliehen dem metallenen Gesicht einen unschuldigen Ausdruck. „Nur die ungesicherten. Und nur die, die ich hören will. Und auch nur dann, wenn mir langweilig ist.“

„Du weißt genau, dass man das nicht macht. Wir haben alle ein Recht auf Privatsphäre. Egal, ob dir langweilig ist oder nicht.“

„Aber die Gespräche sind viel interessanter als die blöden Tratschzeitungen von Miauz.“

„Das spielt überhaupt keine Rolle!“ antwortete Assjima scharf. „Dazu hast du schlichtweg nicht das Recht. Niemand darf ohne Erlaubnis die privaten Gespräche anderer belauschen. Und schon gar nicht ein Fähnrich der Sternenflotte.“

„Darf man nicht?“

„Nein! Ist strengstens verboten!“

„Okaaaay … das wusste ich nicht“ kam es langsam zurück. „Miauz hat gesagt, das sei in Ordnung, weil das Wohl der Vielen über dem des Einzelnen stehen würde. Und auf dieser Mission wäre jede einzelne Kleinigkeit sehr wichtig … du hast doch selbst gesagt, dass wir alle reinen Herzens sein müssten … Wie können wir da sicher sein, wenn wir nicht wissen, was die Crew denkt.“

„Die Crew ohne ihr Wissen auszuspionieren ist unmoralisch, Blechbüx. Auch wenn wir alle den Befehlen unserer Vorgesetzten gehorchen müssen, so hat jeder das Recht auf seine eigenen Gedanken, die er mit Freunden und Vertrauten teilen darf. Weder die Admiralität, noch der Captain hat das Recht, diese zu belauschen. Und schon gar nicht Miauz oder du.“

„Aber du machst das doch auch ständig. Und Sam …“

Assjima seufzte. „Ich weiß. Doch Sam und ich gehören nun mal eben telepathischen Spezies an. Wir können oft nicht anders. Selbst wenn wir uns sehr bemühen. Die anderen wissen das und können damit entsprechend umgehen. Sie wissen aber auch, dass wir nichts davon weitererzählen würden. Doch wenn du ganz bewusst und gezielt ein Gespräch abhörst, haben die Belauschten keine Ahnung davon. Und das ist nicht richtig. Noch schlimmer wird es aber, wenn du das Gehörte mit unserem Bordfrisör teilst. Weil es dann bald das ganze Schiff weiß. Die Leute wissen dann, dass sie nicht einmal mehr laut denken dürfen. Und damit ist das wichtigste unserer Gesetze verraten. Die Gedanken sind nicht mehr frei.“

„Ich verstehe …“ druckste der kleine Roboter schuldbewusst. „Es tut mir leid … ich werde nachher gleich in den Maschinenraum rollen und die Schnittstelle entfernen lassen. Miauz hat sie erst gestern eingebaut. Ich habe noch nicht viel gelauscht.“

„Dann ist es gut.“ Die Deltanerin tätschelte ihm liebevoll den Kopf. Er hatte noch viel zu lernen. Doch im Gegensatz zu manch anderem war er bereit dazu.

„Aber ich verstehe immer noch nicht, warum Dimede eine Tulpe sein soll. Wie kommt Mili nur auf so eine blöde Idee?“

„Eine Tulpa … keine Tulpe …“ Assjima seufzte leise, begann dann aber, dem kleinen Roboter die Idee der Tulpa zu erklären, während man ihm deutlich ansah, wie das am Morgen gehörte sich in seinem Computer nun korrekt zusammen setzte. Dann schüttelte er langsam den Kopf:

„Das ist wieder typisch Mili. Irgendeine Idee klemmt sich in ihrem Kopf fest und sie meint sofort zu wissen, was Sache ist. Ungeachtet dessen, dass Generationen von Wissenschaftlern sich darüber schon tausendfach den Kopf zerbrochen haben. Elijah ist also der Ansicht, dass Dimede keine Tulpa sein kann,  weil sie -  wie anhand der vielen Sagen, Legenden, Mythen bei den unterschiedlichsten Spezies deutlich zu erkennen ist – die Manifestation einer kollektiven Idee sein muss, und nicht die bewusste Schaffung durch ein einzelnes Individuum.  So ist sie per Definition eine Gottheit und kein künstlich geschaffenes Wesen.“

Die Ärztin starrte ihn einen momentlang mit vor Überraschung offenem Mund an. „Das hast du sehr gut … und vor allem sehr schnell verstanden.“

„Nun ja … mein Gehirn ist zwar ein veralteter Computer, aber immerhin ein Computer. Doch was ich nicht verstehe: wie kann jemand nur durch Denken ein Wesen erschaffen? Noch dazu eines, das wiederum selbständig denken kann?“

„Neuronale Netzwerke können ungeheure Energien entwickeln. Man vermutet, dass das Selbstbewusstsein einer Person durch die Aktivität und die Stärke seines neuronalen Systems geprägt wird.  Bei manchen Personen – so zumindest die These – soll das neuronale Netzwerk so stark sein, dass die im Inneren geschaffene Idee  sich außerhalb des Körpers manifestiert, ein eigenes neuronales Netzwerk bildet und so dem neugeschaffenen Wesen ein eigenes Selbstbewusstsein verleiht. Es gibt auch Tulpas, die unbewusst entstehen. Nur aufgrund starker Emotionen. Der Effekt ist derselbe, nur dass diese Wesen eher nach den Wunschträumen als nach dem Willen seines Schöpfers geformt ist.“

„Hm …“ brummte der Roboter. „Dann bin ich ja vielleicht auch eine Art Tulpa. Nur eben eine mit Spätzündung. Ein Ingenieur hat mich nach seiner Idee konstruiert, verschiedene Techniker haben mich zusammen geschraubt, ein Informatiker hat mich programmiert … okay, das sind viele Wesen. Aber die Idee stammt von einem Ingenieur. Und im Laufe der Zeit hat sich mein synthetisches Netzwerk zu einem neuronalen entwickelt und so ein Selbstbewusstsein entstehen lassen.“

„Das … das könnte man tatsächlich so sehen“ stotterte Assjima verblüfft. „Darüber muss ich aber erst gründlich nachdenken.“

„Ist eigentlich nicht so wichtig. Ich denke, also bin ich … das reicht an sich. Aber ihr Humanoiden seid doch auch alle Tulpas. Ihr seid doch alle von irgendwelchen Göttern geschaffen worden: So sollt ihr sein und schwuppdiwupp – ihr seid!“

„Die verschiedenen Schöpfungsmythen sind nicht alle gleich …“

„Weiß ich doch, Doc. Habe diese Geschichten eine ganze Nacht lang erzählt bekommen. Aber es ist doch schnurze, ob ihr in einem Kessel zusammen gebraut, in einem göttlichen Sexualakt gezeugt, aus Lehm geformt, aus Eisen geschmiedet oder den Knochen eines Riesen geschnitzt wurdet. Da war vorher immer ein göttliches Etwas, das die Idee hatte. Genau wie mein Konstrukteur.“

„Oder aus Worten …“ Assjima sprang auf. „Blechbüx … du bist genial! Am Anfang war das Wort!“ Sie drückte dem kleinen Kerl einen dicken Kuss auf die Blechstirn „Ich danke Dir! Du hast mir soeben geholfen, die Perspektive zu wechseln!“  und stürmte aus dem Arboretum.

Blechbüx schaute ihr verdutzt nach. „Na klar doch, Doc … immer wieder gerne. Und was mache ich jetzt?“ Er sah sich suchend um, bis sein Blick auf ein Beet voller Tulpen fiel. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Ja … dieser Roboter konnte grinsen!

Bearbeitet von Assjima
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Als Blechbüx das Arboretum verlies, blieb ein einsames, verwüstetes Tulpenbeet zurück. Und während der kleine Roboter mit einer Ladefläche voller frisch gepflügter Tulpen durch das Schiff rollte und diese an alle Crewmitglieder, die ihm begegneten mit dem Kommentar verteilte, dass „… wir doch  alle gleich sind. Egal ob aus organischer oder metallischer Materie. Wir sind letztendlich alle Tulpen …“ saß Assjima mit einer Tasse Tee in der Hand in Marlas Büro.

„Worte und Ideen haben ein Gewicht. Nicht nur ein ideelles.“

„Da stimme ich zu, Assjima“ Die Schiffsberaterin folgte in Gedanken versunken dem Honigtropfen, der sich langsam dem Gesetzt der Schwerkraft folgend auf den Weg in den freien Fall machte, um sich dann in dem heißen Tee aufzulösen. „Aber ob mit Hilfe von Worten lebloser Materie Leben eingehaucht werden kann … ich weiß nicht.“

„Ich habe es einst getan … mit Hilfe der magischen Worte und Zahlen aus der Kabbala …“

Marla horchte erstaunt auf. „Wie? Sie haben einen Golem geschaffen?“

„Ja und nein“ antwortete die Ärztin leise. „Ich hatte auf der Suche nach dem Ursprung des Lebens meine Forschungen bis zu einem gewissen Punkt vorangetrieben. Bis zu dem Punkt, an dem ich verstand, dass es ein großer Fehler wäre, weiter zu machen. Wahrlich, man sollte diese Dinge nur studieren, um die Kraft und Allmacht des Schöpfers dieser Welt zu erkennen, aber nicht, um sie wirklich zu vollziehen. Es war ein anderer, der sich meiner Notizen bemächtigte und das Experiment fortführte. Ich konnte den Golem in letzter Sekunde vernichten.“

„Wie das denn?“ fragte Marla atemlos.

„Mit den gleichen Mitteln, durch die er geschaffen wurde. Mit magischen Worten.“

„Mit Worten?“ Die Schiffsberaterin betrachtete die Kollegin ungläubig. „Mir ist ja schon des Öfteren zu Ohren gekommen, dass sich Ihre Künste nicht nur auf telekinetische, telepathische und wissenschaftliche beschränken. Das Wort weiße Hexe ist dabei gelegentlich gefallen. Aber das konnte ich irgendwie nicht so richtig glauben.“

„Zaubersprüche sind nichts anderes als ein Werkzeug um die Konzentrationsfähigkeit zu steigern und dadurch die natürlichen Fähigkeiten eines Wesens zu verstärken. Da ist nichts Übernatürliches im Spiel. Ich habe einst im Rahmen meiner Ausbildung die Kunst gelernt, die Kraft der verbalen Imagination zu beherrschen. Deswegen betrachte ich es nicht als Beleidigung, als deltanische Hexe bezeichnet zu werden. Wir arbeiten mit Wörtern, um Einfluss auf ein anderes Bewusstsein zu nehmen. Doch haben auch die deltanischen Priesterinnen noch nie versucht, nur mit Hilfe von Worten ein eigenständiges Selbstbewusstsein zu schaffen.“

Marla nippte an ihrem Tee. „Worauf wollen Sie hinaus, Doktor?“

„Elijah und ich hatten vorhin ein Gespräch mit Lieutenant Anquenar. Sie ist der Ansicht, dass es sich bei Dimede um eine Tulpa handeln könnte. Elijah und ich sind da anderer Meinung, weil eine Tulpa ein Wesen ist, das durch die reine Willenskraft oder enorme Emotionen einer einzelnen Person geschaffen wird, unsere Große Mutter hingegen eher aus der gemeinsamen Idee ganzer Volksgruppen entstanden zu sein scheint. Blechbüx jedoch hatte vorhin die Idee, dass wir so gesehen alle Tulpas sein könnten, weil wir der Idee, dem Gedanken eines einzelnen mächtigen Wesens entsprungen sind. Ich als Deltanerin habe mit dieser Vorstellung meine Schwierigkeiten, weil es in unserer Religion keine göttlichen Wesen gibt, die uns geschaffen haben. Wir sind nach den rein biologischen Vorgängen im Rahmen der Evolution entstanden. Der große Geist der Sterne kam dann irgendwann – nachdem wir schon fertig waren – und hat uns und die uns umgebende Natur beseelt. Das schließt aber nicht aus, dass es vor dieser Beseelung eine Phase gegeben haben könnte, in der auch die Deltaner an schaffende Götter geglaubt haben. Es ist uns jedoch nichts darüber bekannt und muss zu einer Zeit gewesen sein, in der wir keinerlei für Historiker und Archäologen nachvollziehbare Spuren hinterlassen haben. Zu sehen, bedeutet glauben sagt man doch so gerne. Wir sehen nichts dergleichen und glauben deswegen auch nicht daran.“

Marla lächelte. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie Schwierigkeiten mit dem Konzept eines Leben schaffenden Gottes haben könnten, Assjima.“

„Nun ja … die Essenz unseres Glaubens basiert auf dem Leben an sich. So gesehen, wäre dies unser einziger Gott. Doch wie kann das Leben sich bewusst selbst schaffen und so zu einer Gottheit werden? Dieses religiöse Bewusstsein entstand erst durch Assjimagar. Mit der Beseelung entstand eine neue Form von Selbstbewusstsein.“

„Und aus den Urdeltanern wurden die Nerillar. Euer Volk ist also in zwei Entwicklungsstufen entstanden. Erst die biologische, dann die geistige?“

Assjima nickte. „So könnte man es vereinfacht ausdrücken.“

„Eine recht pragmatische Einstellung. Der Große Geist der Sterne symbolisiert also Phase, in der die Deltaner sich selbst und ihrer Verantwortung gegenüber ihrer Umgebung bewusst wurden. Sie sind der egoistischen Phase ihrer Kindheit entwachsen und nehmen sich selbst und ihre Umgebung mit anderen Augen wahr. Die Zeit des reinen Kampfes ums Überleben der Sippe ist beendet. Sie werden schöpferisch tätig. Die Gesellschaftsformen ändern sich. Kunst als Form des Ausdrucks findet einen Platz im Leben. Die Sprache dient nicht länger nur der einfachen Übermittlung überlebenswichtiger Gedanken, sondern wird zum tragenden Medium der Gesellschaft. Habe ich das richtig verstanden?“

„Eine sehr treffende Analyse, Councelor.“

„Und in wieweit unterscheidet sich diese Idee der Beseelung durch Assjimagar von unserer Dimede, die ja - laut Ihren Worten - immer erst dann in Persona in einer Gesellschaft erscheint, wenn sich diese gerade an diesem Wendepunkt befindet?“

„So gesehen gar nicht. Nur dass Assjimagar nie als Person erschienen ist und mit den Deltanern gesprochen hat. Er steht nur für Beseelung an sich.“

„Er symbolisiert also eine bestimmte Entwicklungsphase Ihres Volkes? Genau genommen habt ihr das alles alleine geschafft?“

„Klingt etwas größenwahnsinnig, nicht wahr?“

„Auf mich wirkt das eher sehr selbstbewusst. Von einem Volk, das dank seiner ausgeprägten geistigen und körperlichen Besonderheiten so sehr über die Grenzen der allgemeinen Wissenschaft hinausblicken kann, erwarte ich eigentlich gar nichts anderes. Warum an eine Gottheit glauben, wenn ihr wisst, dass es eine natürliche Erklärung geben muss, die ihr nur noch nicht gefunden habt. Das erklärt für mich auch diese typische deltanische Neugier. Ihr seid die ewig Suchenden, denn für Erkenntnisse gibt es keine Grenzen. Es ist für euch doch alles nur eine Frage der Zeit. Nur fehlt es euch dabei manchmal an der Geduld. Wie war das doch heute Nacht? Haben Sie zwei oder gar ganze drei Stunden geschlafen, Doktor?“

Die Ärztin lachte schallend auf. „Gratuliere, Marla. Sie haben mich durchschaut! Aber schließen Sie nicht von mir auf andere. Ich bin Extrembeispiel. Sie haben doch meinen Schwager kennengelernt.“

„Professor Malik? Nun ja, der arbeitet meines Wissens nach auch sehr viel. Nur dass er Arbeit und Vergnügen meistens nicht trennt. Ein gutes Buch mit einem guten Glas Wein kombiniert kann  durchaus auch als Arbeit betrachtet werden. Jedenfalls eine effektive Methode um zu irgendeiner Form von Erkenntnis zu kommen. Aber bei euch Deltanern habe ich ständig das Gefühl, dass Arbeit, Spaß, Freizeit und Gebet - auf für mich faszinierende Weise - immer Hand in Hand geht. Eine, meiner Meinung nach, sehr gesunde Lebenseinstellung. Achten Sie darauf, Assjima, dass Sie nicht zu sehr Sternenflotte werden.“

„Jetzt höre ich meinen Mann reden.“

„Sie sollten wirklich mehr auf Sam hören“ schmunzelte die Schiffsberaterin. „Doch wie war das jetzt mit der Idee unseres klugen mechanischen Freundes?“

„Nun … gehen wir einmal davon aus, dass seine Idee den Tatsachen entsprechen würde. Dass wir alle von einem oder mehreren göttlichen Wesen geschaffen und nicht nur ausschließlich durch rein evolutionäre Ereignisse entstanden seien …“

„Stopp“ unterbrach Marla den Gedankenfluss der Ärztin. „Lassen sie uns da gleich einen anderen Ansatz wählen. Ein göttlicher Impuls ganz zu Beginn, um das Leben an sich entstehen zu lassen, dann evolutionäre Entwicklung und wieder ein göttlicher Impuls zur Beseelung … würde das besser in Ihre deltanische Vorstellung passen?“

Assjima nickte. „Damit könnte ich mich anfreunden. Und es führt mich auch gleich zu meinem Gedanken. In der jüdisch-christlichen Tradition steht am Anfang nicht irgendeine Große Mutter, die Götter, Riesen, diverse Unholde und zum Teil auch die Menschen gebiert, sondern das Wort.“

„So sagt man im Allgemeinen. Doch genau genommen ist das nicht ganz richtig. Das Evangelium nach Johannes beginnt so. Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben und das Leben war das Licht …“ rezitierte die Psychologin erstaunlich sicher aus dem Gedächtnis heraus. „Doch wenn Sie schon die jüdisch-christliche Tradition ansprechen, so sind diese Worte aus der Feder des Johannes eigentlich eine Interpretation der ersten Absätze im ersten Buch Mose: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer und es war finster auf der Tiefe und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag. Jeden neuen Tag beginnt Gott nun damit, dass er sprach. Und mit jedem Satz schuf er etwas Neues und ordnete es anschließend. Am fünften Tag schuf Gott den Menschen nach seinem Abbild und er schuf sie als Mann und Weib. Doch schon im zweiten Kapitel wiedersprich die Schrift dem vorher gesagten: Da machte Gott der Herr den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen. Etwas später, nachdem der Garten Eden fertig war, setzte er den Menschen hinein und beschloss: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gefährtin machen, die um ihn sei. Ist es nicht interessant, Doktor, dass in Vers 1.26 der Mensch als Mann und Frau durch das Wort Gottes geschaffen wurde, was dann gleich in Vers 2.7 und 2.18 relativiert wird? Plötzlich ist es nur der Mann. Und dieser wurde aus Dreck gemacht.“

„Es ist nun mal eine patriarchalische Religion. Weswegen Elijah sie bei unseren Untersuchungen etwas außen vor gelassen hat. Aber genau das ist vielleicht der Fehler. Denn am Anfang schwebte Gott als Geist über dem Wasser. Ein Geist hat kein Geschlecht. Aber wir haben hier einen Schöpfungsmythos, in dem die Welt mit Worten geschaffen wurde. Davon haben wir nicht so viele gefunden.“

„Stimmt“ Marla rührte mit dem Löffel in ihrem Tee. „Nur Himmel und Erde sind nicht explizit durch seine Worte geschaffen. Dazu hat er vermutlich den Urknall benutzt. Die Menschen damals konnten sich womöglich nicht vorstellen, dass Gott etwas so Gewaltiges – und Unendliches – wie Himmel und Erde allein nur mit der Kraft seines Wortes - seines Geistes – geschaffen haben konnte. Johannes hingegen hatte viele Generationen später diese Vorstellungskraft. Alles ist durch das Wort geschaffen.“

„Faszinierend, nicht wahr?“ Assjima lehnte sich zurück. „Und dann beseelte Gott den Menschen, indem er ihm seinen Oden einblies … Er schafft den Menschen nach seinem Bild … nicht aber als Geist, als der er ja zu Anfang über den Wassern schwebte. Gott hat sich bereits in den wenigen ersten Versen von einem Geist zu einem Wesen in menschlicher Gestalt gewandelt.“

„Wenn Elijah jetzt hier wäre, würde er uns vermutlich mit hunderten denkbarer Erklärungen aus dem Bereich der Theologie überschütten. Aber ich vermute, dass Sie gar nicht darauf hinaus wollen? Sonst hätten Sie ihn aus dem Bett geholt und würden nicht hier bei mir im Büro sitzen.“

„Da vermuten Sie richtig, Councelor. Auch wenn mich Ihre Bibelfestigkeit tatsächlich überrascht.“

„Ich entstamme einem streng katholischen Elternhaus. Die Bibel wurde mir mehr oder weniger mit in die Wiege gelegt.“

„Was ja durchaus ein großer Vorteil sein kann“ lachte Assjima. „Es geht mir um diese Idee, dass mit Worten eine Welt geschaffen wird. Worte haben etwas sehr Magisches. Besonders in Gesellschaften, in denen die Kunst des Schreibens den oberen Schichten vorbehalten ist. Doch wenn wir einmal von dieser Magie absehen … kann aus Worten tatsächlich etwas Materielles entstehen?“

„Wie Sie vorhin schon sagten: Worte und Ideen haben ein Gewicht. Doch ob sie auch ein Gewicht im materiellen Sinne haben …“ Marla zögerte, dachte einen Moment lang nach. „Vielleicht sollten wir in diesem Zusammenhang nicht nach materiellen Dingen suchen … die hat die Evolution geschaffen. Womöglich ist es dieser Moment der Beseelung, der die eigentliche Rolle spielen sollte. Neuronale Netzwerke können Bewusstsein schaffen. Blechbüx ist unser schiffseigener Beweis dafür. Das menschliche Gehirn wandelt zweidimensionale Netzhautbilder in dreidimensionale Phänomene um, die man Wahrnehmung nennt. Ein ähnliches Phänomen setzen wir bei der Hypnose ein: Der Bewusstseinszustand des Probanden wird durch das bloße Hören auf Worte transformiert … Ich würde tatsächlich so weit gehen zu behaupten, dass durch Ideen in Form von Gedankenbildern in Kombination mit Worten während eines tranceartigen Zustand das Bewusstsein eines Humanoiden – womöglich sogar sein Selbstbewusstsein – nachhaltig verändert werden kann.“

Assjima atmete tief durch. „Die Ausgangssituation zu Beginn einer Hypnose besteht im Allgemeinen darin, eine entspannte Situation zu schaffen. Ein Umfeld, in dem sich der Proband sicher fühlt. Ist das richtig?“

„Ja. Der Psychotherapeut benötigt dazu nicht einmal besondere Fähigkeiten. Nur eine gewisse Ausstrahlung, die dem Probanden die Angst nimmt. Ein bequemer Sessel, keine störenden, nervenden Geräusche, eine entspannte Körperhaltung des Probanden, eine ruhige Stimme und ein paar fast rituelle Sätze zur Einleitung des Zustandes.“

„Stellen Sie sich folgende Situation vor“ begann Assjima nun mit leiser Stimme: „Eine Ansammlung von Personen, die einander gut kennen. Eine anheimelnde Umgebung. Vielleicht ein wärmendes, Licht spendendes Lagerfeuer, um das sich die Gruppe versammelt hat. Weit und breit keine drohende Gefahr. Alle sind satt, fühlen sich wohl, freuen sich, dass sie mit Freunden und Familie hier versammelt sein dürfen.  Inmitten der Gruppe eine Geschichtenerzählerin. Sie erzählt mit ruhiger Stimme, wohlformuliert, spannend … sie reißt die Leute mit der Geschichte mit. Sie erzählt von vergangenen Zeiten und von Zeiten in der Zukunft. Sie erzählt, wie es einst war und wie es irgendwann sein könnte. Sie berichtet von wundersamen Orten, wundersamen Wesen, beschreibt dies alles sehr genau. Mitreißend und doch einfühlsam … niemand wagt es, sie zu unterbrechen um den Zauber der Geschichte nicht zu zerstören. In ihren Köpfen erwachen die wundersamen Wesen und Orte zu lebendigen Bildern … sie träumen sich hinein in diese anderen Zeiten … könnte so eine Idee in die Köpfe ganzer Völker gepflanzt werden? …….. Marla?“

Durch die Schiffsberaterin ging ein Ruck. „Entschuldigung … ich war eben irgendwie ganz weit weg“ Sie holte Luft und sammelte sich einen Moment lang. „Bei mir hat das eben überraschend gut funktioniert.“ Dann kniff sie die Augen zusammen und fixierte ihr Gegenüber. „Dimede ist nichts anderes als eine Geschichtenerzählerin? Wollen Sie das damit sagen?“

„Eine Geschichtenerzählerin, welche die Magie des Wortes bis zur Perfektion beherrscht. Die mit dieser Gabe ganze Völker beeinflussen kann, indem sie Ideen in ihre Köpfe pflanzt, die sie nicht mehr loswerden können. Gott hat die Erde durch sein Wort, seinen Willen, geschaffen. Doch urbar gemacht wurde sie durch die Menschen. Er hat den Menschen den Befehl erteilt, sich die Erde untertan zu machen und sie taten es. Der Mensch wurde zum Werkzeug des Willens Gottes. Um die Erde zu schaffen benötigte er nur seinen starken Willen, den er durch sein Wort zum Ausdruck brachte und die Hände der Menschen.“

„… und Dimede macht womöglich nichts anderes. Verdammt Assjima! Wollen Sie damit sagen, dass Dimede und der christliche Gott ein und dasselbe Wesen sind?“

„Soweit würde ich gar nicht gehen. Das Universum ist zu unendlich, hat zu viele Galaxien mit zu vielen unterschiedlichen Spezies. Außerdem sind die uns bekannten Schöpfungsmythen doch wieder so unterschiedlich, dass man da durchaus die individuelle Handschrift diverser Gottheiten hinein interpretieren könnte. Selbst unsere deltanische Vorstellung hat unter diesem Aspekt plötzlich Ähnlichkeiten mit den Mythen anderer Spezies. Wäre es zu abwegig, sich vorzustellen, dass wir es hier womöglich mit einer ganzen Spezies von geschichtenerzählenden Illusionisten zu tun haben könnten?“

Marla stieß einen leisen Pfiff aus. „Gütiger Gott … selbst für mich als Katholikin ist das vorstellbar.“ Sie ergriff die Hand der Deltanerin und genoss einen Moment lang das sanfte Prickeln, das ihren Arm hinauf kroch. „Ist das womöglich der Perspektivwechsel, denn wir Ihrer Meinung nach benötigen, um diese Mission zu meistern?“

Die Ärztin zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.  Vielleicht nur einer von vielen. Wir müssen einfach nur offen sein für das Wunderbare, das Unwahrscheinliche … Wenn Dimede und Ihresgleichen tatsächlich Auslöser dieser Beseelung der verschiedenen Völker waren und immer noch sind … dann sollten wir sie vielleicht gar nicht zu sehr entmystifizieren. Denn wie sagte Einstein  einstmals: Das Schönste, was wir erleben können ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht. Womöglich sollten wir nicht zu tief in das Geheimnisvolle vordringen um uns nicht selbst der Freude am Entdecken und Gestalten zu berauben. Wohin sollten wir uns dann noch entwickeln?“

Marla stieß einen tiefen Seufzer aus. „Was uns zu einem weiteren Perspektivwechsel führen würde …“

Assjima stand auf. „Ich muss zurück an die Arbeit. Vielen Dank, dass Sie sich etwas Zeit für mich genommen haben.“

Die Schiffberaterin erhob sich ebenfalls. „Immer wieder gerne Doktor. Meine Tür steht Ihnen jederzeit offen. Ich muss nachher zum Captain. Soll … darf ich ihm von unserem Gespräch erzählen?“

„Sicher doch. Das war ja kein Gespräch von Crewmitglied zum Councelor, sondern von Kollegin zu Kollegin. Es unterliegt also nicht der Schweigeverpflichtung. Außerdem erspart mir das einen meiner komischen Berichte, über die die Kollegen sonst gerne mal die Köpfe schütteln. Diesmal sind Sie nämlich mitschuldig.“

„Wenn Sie das so sehen, Doktor, dann werde ich gleich ein Memo an die anderen Führungsoffiziere verfassen und die Lorbeeren alleine ernten.“

„Die Lacher bekommen Sie dann aber auch alleine ab“ schmunzelte die Ärztin und verabschiedete sich.

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Im Tzenkethi-Raum, nur ein en Steinwurf hinter der Pufferzone hatte das Marauderschiff "Kaxlon" längst begonnen, seine brisante Fracht an das Nachschubbatallion 4 der Tzenkethi-Raumstreitkräfte zu übergeben. Daimon Golk war heilfroh gewesen, dem Föderationsschiff entkommen zu sein und hatte alle Ereignisse sofort dem zuständigen Tzenkethi-Nachschuboffizer Knoop Hun-Dak erzählt. Dieser wiederum hatte sofort sämtliche Sensoraufzeichnungen verlangt und an Morck Lon-Tar, den Verteidigungskommandanten des betreffenden Grenzabschnitts, weitergeleitet. Und jener, der bereits die Signale der ausgelösten Minen empfangen und ein Problem mit der Waffenlieferung befürchtet hatte, leitete alle seine Erkenntnise weiter an Tierk Noor-Kral, der im Rang eines Flottenberaters zum Erprobungsverband Kappa versetzt worden war.

In Gedanken versunken stand der frischgebackene Berater auf der Plattform der riesigen Holosphäre und ließ eine Simulation jenes Kampfes ablaufen, die ihn trotz dreier verlorener Schlachten zu einem Helden der Tzenkethi hatte werden lassen. Er, Tierk Noor-Kral, hatte sich wie alle Kommandanten jener Zeit zunächst eine blutige Nase geholt, als die Sternenflotte mit Wucht auf die Anfangsoffensive der Tzenkethi geantowortet hatte. Die alten Schiffe der J- und P-Klasse waren selbst kleineren Föderationsschiffen längst nicht ebenbürtig gewesen, wie die damalige Tzenkethi-Militärführung ihnen ursprünglich versichert hatte. Schiff um Schiff war in der Gegenoffensive der Föderation verloren gegangen, die demoralisierte Tzenkethi-Raumflotte hatte sich bald auf ganzer Front zurückgezogen. Und dann hatte Tierk Noor-Kral ein Schiff der Soyuz-Klasse vernichtet. Es war kein großer Sieg gewesen, mehr eine Verzweiflungstat, denn das gegnerische Schiff hatte bereits einen Begleitzerstörer aus seinem Verband vernichtet und den beiden flüchtenden Schiffen nachgesetzt. doch Tierk war gelungen, was wenigen Tzenkethi-Kommandanten in dieser Phase des Krieges vergönnt gewesen war. Er hatte sein Schiff das Feuer auf sich ziehen lassen und dem verbliebenen Begleitzerstörer die Möglichkeit eröffnet, dem Gegner in guter Schußposition ein paar Treffer zu verpassen. Als diese Angriffe überraschend große Wirkung gezeigt hatten, war es an Tierk gewesen, dem abdrehenden Föderationsschiff den Rest zu geben. Weitere Erfoge waren ihm in den folgenden Kriegsmonaten nicht mehr vergönnt gewesen, doch dieser eine hatte genügt, um ihm den Ruhm zu verschaffen, der ihn heute in diese Position gehoben hatte.

Er beendete die Holo-Simulation und die Sphäre wurde wieder dunkel. Seine Plattform fuhr nach unten, bis er sich wieder im darunterliegenden Korridor befand. Dies, so stellte er zufrieden fest, war kein altmodischer, schwerfälliger Kreuzer der P-Klasse mehr. Neueste Breentechnologie, die für den Dominionkrieg entwickelt worden war aber es nicht mehr rechtzeitig in die Felderprobung geschafft hatte, war hier mit verbaut worden. Breen-Militärberater waren während des Bürgerkriegs bereit gewesen, beinahe alles an die Tzenkehi weiterzugeben solange diese ihnen nur Transporter um Transporter mit kriegswichtigen Rohstoffen lieferten. Eine komplette Breen-Werft inklusive Replikatorfabrik war im Tzenkethi-Raum aufgebaut worden, um statt umständlicher und gefährlicher Transportflüge direkt vor Ort Rohstoffe in komplette Schiffskomponenten umzuarbeiten. Die beinahe in der Bedeutungslosigkeit angelangte Tzenkethiflotte hatte sich nun in Rekordzeit in eine respekteinflößende Militärmacht verwandelt und im Drei-Wochen-Takt liefen derzeit neue Kreuzer vom Stapel. dabei erfüllte es Tierk mit Stolz, daß es sich bei der neuen S-Klasse nicht um eine unförmige Breen-Konstruktion sondern um ein bulliges, symmetrisches und rein militärisch ausgerichtetes Tzenkethi-Konzept handelte. Er erkannte die Handschrift heimischer Ingenieure an den Details wie der Holosphäre und fühlte sich deshalb auf dem Schiff sofort wohl. Und die von Stolz und Euphorie erfüllten Gesichter der Mannschaft und der Offiziere zeigten ihm, daß dies allen an Bord so ging.

Spätestens seit die Nachricht von Morck Lon-Tar eingetroffen war, gab es für alle an Bord kein Halten mehr. Der Geschwaderkommandant Wont Mol-Brak hatte sofort Alarmbereitschaft und Abfangkurs für das Föderationsschiff angeordnet, ohne daß Tierk Noor-Kral ihn dazu in irgend einer Weise hatte animieren müssen. Scheinbar herrschte auch unter den neuen Offizieren Konsens darüber, daß die Tzenkethi-Koalition sich nicht mehr länger von der Föderation aus ihrem eigenen Raum, der sogenannten "Pufferzone" würde ausschließen lassen. Ein Föderationsschiff als Faustpfand, dessen war er sich sicher, würde helfen, ihren Anspruch durchzusetzen.  Zufrieden hatte er beobachtet, wie Wont Mol-Brak und Morck Lon-Tar begonnen hatten, eine Falle für das gegnerische Schiff zu stellen, das sich noch immer wie selbstverständlich durch die Pufferzone bewegte. Durch umfangreiche Waffenhilfe der Breen waren auch die alten Lenkminen längst aufgerüstet und mit aktiver Positionskontrolle und Sensoren-Dämpfungsfeldern neuster Bauart ausgestattet worden. Der Kommandant der Grenzverteidigung zog gerade eine Jahresproduktion dieser Minen, fünfundneunzigtausend Stück, im aktuellen Flugkorridor des Föderationsschiffes und von diesem völlig unbemerkt, zusammen um es zum Stopp zu zwingen. Und just für diesen Fall war auch der Erprobungsverband Kappa in Lauerstellung. Ab jetzt war alles nur noch eine Frage der Zeit.

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