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...mit der besessenen Kraft paradiesischer Kenner
  • Star Trek: Antares - Special #001

    Der Roman zum Piloten
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    • TheOssi
    Fast vier Monate sind seit dem überaus erfolgreichen Start der neuen TREKNews-FanFiction "Star Trek: Antares" vergangen. Nun endlich liefern wir euch den Roman zum Piloten "Der Funke", geschrieben von Thomas Nikolajsen.
    Der PDF-Download folgt in Kürze

    Star Trek: Antares
    "Der Funke"


    von
    Thomas Nikolajsen




    Kapitel I
    Admiral Forrest saß in seinem Büro und ging zufriedenen Blicks einige Berichte durch. Er war so vertieft in seine Lektüre dass er verschreckt aufblickte als sein Terminal piepte und der Besuch des vulkanischen Botschafters Soval angekündigt wurde.
    „Schicken Sie ihn herein!“
    Soval hatte ihm und seinen Leuten schon einige Schwierigkeiten bereitet. Es war nicht auszuschließen dass er auch am Antares-Projekt etwas auszusetzen hatte, ausgerechnet nun da der Bau des Prototypen sich dem Ende zuneigte...
    „Was kann ich für Sie tun, Botschafter?“ Im Gegensatz zu früher fühlte Forrest sich den Vulkaniern gegenüber nun deutlich selbstbewusster, was zum großen Teil an dem Erfolg lag den Captain Jonathan Archer und seine Crew der NX-01 in den vergangenen fünf Jahren gehabt hatten.
    „Admiral, wie ich sehe befindet sich der Bau Ihres neuen Prototypen im Endstadium! Für irdische Maßstäbe ein überaus viel versprechendes Projekt. Gerade deshalb aber frage ich mich warum Sie gedenken ausgerechnet einen Andorianer in die Besatzung zu integrieren?“
    Forrest holte tief Luft. „Die Beziehungen zwischen unseren Völkern haben sich seit dem Erstkontakt erheblich verbessert, auch die Vulkanier, so dachte ich zumindest, würden sich nun langsam besser mit den Andorianern verstehen!“
    „Fünf Jahre sind bei Weitem nicht genug um einer aggressiven, fremdenfeindlichen Spezies wie den Andorianern die Disziplin und Toleranz beizubringen, die sie zur Arbeit in der Sternenflotte benötigen!“
    „Wir sind auch noch lange nicht so weit um Andorianer an unserer Akademie aufzunehmen. Wir haben mit Ihrer Zustimmung ein Austauschprogramm initiiert, das dazu beitragen soll die von Ihnen verlangten Werte gemeinsam zu erarbeiten!“
    „Nicht alle vom Oberkommando haben zugestimmt. Und diejenigen die es taten, hatten nicht damit gerechnet dass Sie so... naiv wären einen Vertreter dieses Volkes ausgerechnet auf Ihrem allerneuesten Deep-Space-Prototypen einzusetzen! Ich denke mal umgekehrt wären die Andorianer kaum so... großzügig.“
    „Keine Sorge, wir werden schon dafür sorgen dass der Austauschoffizier keine geheimen Daten stiehlt. Immerhin wird er von loyalen Offizieren unserer Sternenflotte umgeben sein, die ein Auge auf ihn werfen werden!“
    „Wenn Sie absolut nicht gewillt sind Ihr umstrittenes Vorhaben aufzugeben, muss ich darauf bestehen, dass mindestens einer von unseren Offizieren noch zusätzlich Dienst tut.“
    „Das...“ Forrest räusperte sich. „Bei allem Respekt, Botschafter, aber das halte ich für keine gute Idee. Sehen Sie, die Andorianer vertrauen uns halbwegs, uns Menschen, meine ich, aber Vulkaniern gegenüber haben sie nach wie vor ihre Vorbehalte. Das Konfliktpotential mit einem Vulkanier an Bord der Antares wäre nicht abzusehen...“
    „Für den Anfang vielleicht, aber auf Dauer dürften alle nur davon profitieren.“
    „Aber die Andorianer haben es zur Bedingung gemacht, dass sie ihre Austauschoffiziere vorerst nur auf Schiffe stationieren auf denen keine Vulkanier Dienst tun. Wenn sie sich erst einmal an das Leben und die Zusammenarbeit mit menschlichen und denobulanischen Kameraden gewöhnt haben, werden sie sicherlich auch bereit sein Vulkanier zu akzeptieren.“
    Eine einkommende Meldung schien die Befürchtungen Sovals zunächst jedoch zu bestätigen: Zwei Andorianer sorgten für Aufruhr innerhalb des Geländes des Sternenflottenhauptquartiers. Mit einem unterdrückten Fluch auf den Lippen machte Forrest sich auf zum Ort des Geschehens; wäre sein spitzohriger Besucher ein Mensch gewesen, hätte man jetzt wohl ein schadenfrohes Grinsen in seinem Gesicht sehen können. Doch der Botschafter verzog keine Miene, als er sich erhob um den Admiral zu begleiten.
    „Botschafter, das ist eine rein interne Angelegenheit der Sternenflotte!“
    „Wenn sich Andorianer auf der Erde befinden, geht dies uns sehr wohl etwas an.“

    Zähneknirschend hatte Forrest Soval gestattet mitzukommen. Sie fanden in einem der Gärten, in denen die Offiziere und sonstigen Angestellten sich in den Arbeitspausen auszuruhen pflegten, einen andorianischen Mann jungen bis mittleren Alters sowie eine leicht verängstigt wirkende Frau Anfang 20 (sofern man bei Andorianern überhaupt irdische Maßstäbe anwenden konnte; vielleicht alterten sie ja genauso langsam wie Vulkanier...) Beide wirkten zudem noch ziemlich wütend, weshalb sie von Sicherheitskräften festgehalten wurden.
    „Defender Torlan! Was geht hier vor?“, fragte Forrest barsch, als er den Fähnrich sah, der sich gerade schwankend vom Boden erhob und die Blutende Nase hielt.
    Der männliche Andorianer starrte Soval mit hasserfüllten Augen an, dann deutete er auf seine Begleiterin. „Dieser Pinky hat es gewagt, ein Paarungsritual mit meiner Dienerin einleiten zu wollen! Sie ist zwar nur eine untergeordnete Frau, aber diese Schmach hat sie trotzdem nicht verdient. Ich verlange Genugtuung!“
    „Ich bin mir sicher, dieser junge Mann wird sich in aller Form bei der jungen Dame entschuldigen. Waren Sie es, der ihn niedergeschlagen hat?“
    „Ich hätte es gerne, aber dann wäre er vielleicht nicht mehr am Leben. Ich habe Dalana gestattet, ihre Ehre selbst zu verteidigen!“
    Der Admiral wandte sich an die Dienerin. „Bei uns werden Vorfälle wie dieser so gehandhabt, dass wir zuerst versuchen sie verbal zu klären, mit Worten, verstehen Sie? Und wenn das nichts bringt können Sie immer noch den Sicherheitsdienst rufen. Vergessen Sie nicht, Sie befinden sich hier nicht auf Andor! – Und nun zu Ihnen, Mr. Torlan: Ich glaube, wir haben Ihnen ausdrücklich gesagt, dass Sie Ihren Dienst an Bord der Antares allein antreten werden, es sei denn Ihre Begleiterin hat ein paar Fähigkeiten, die sich als unentbehrlich für uns erweisen sollten!“
    „Erstens heißt es ‚Torlan aus dem Haus der Verborgenen’ und nicht ‚Mr. Torlan’. Zweitens: Dalana ist meine Dienerin, sie sorgt für mein leibliches Wohl wohin ich auch gehe, für mich sind ihre Dienste unentbehrlich!“
    „Soll das etwa bedeuten, Sie können ohne sie nicht mal Ihre Notdurft verrichten?“, fragte Soval mit einem, wie der Admiral herauszuhören glaubte, süffisanten Unterton.
    Torlan brüllte wie ein Besessener und wäre garantiert auf den Botschafter losgegangen, wenn seine beiden Bewacher ihn nicht mit Leibeskräften zurückgehalten hätten. Daher begnügte er sich zunächst mit einer Verbalattacke, deren Worte der Universalübersetzer zum Großteil nicht zu entziffern vermochte. Zuletzt fügte er noch mit stolzgeschwellter Brust hinzu, dass er auch mutterseelenallein auf einem unbewohnten Planeten überleben konnte, wenn es sich denn als nötig erweisen sollte.
    „Wenn dem so ist, dann möchten wir Sie darum bitten, Ihre Dienerin hier zu lassen oder wieder nach Hause zu schicken“, meinte Forrest, der so tat als hätte er die ohnehin unverständlichen Beschimpfungen nicht mitgekriegt.
    „Niemals werde ich auf dieser Welt voller Barbaren verweilen, eher gehe ich nach Hause, aber nur ungern würde ich euch in Stich lassen, Herr!“
    Der Blutende Fähnrich war derweil in den medizinischen Komplex geführt worden.
    „Deine Dienste waren mir immer von höchstem Wert“, begann Torlan, „aber wenn ich bedenke, dass auf diesem Sternenflottenschiff auch eine Menge junger Männer wie jener, der dich belästigt hat herumlaufen, muss ich eingestehen dass dies unter gar keinen Umständen der richtige Ort für so ein zartes Geschöpf wie dich ist!“
    „Zartes Geschöpf?“, höhnte einer der Sicherheitsleute, „Admiral, die hat einen Schlag drauf wie Bud Spencer!“
    Alle drei anwesenden Außerirdischen sahen den Mann verwirrt an.
    „Bud... Spencer?“, echote Torlan.
    „Ein Schauspieler aus dem 20. Jahrhundert, bekannt für seine... kräftige Statur und... Prügelfreudigkeit!“, erklärte Forrest verlegen.
    „Jetzt hören Sie doch endlich auf, sie zu demütigen! Sehen Sie sie sich an, sie ist sogar ein paar Zentimeter kleiner als ich, normalerweise sind andorianische Frauen im Durchschnitt größer als die Männer! Der Mann war ja nur für ein paar Sekunden besinnungslos, sie ist ein zartes Pflänzchen“
    „Mit der Schlagkraft eines kleinen Dampfhammers“, brummte der Sicherheitsmann von vorhin.
    „Wie dem auch sei“, meldete sich nun Soval wieder zu Wort, „unter den gegebenen Umständen halte ich es für unvermeidbar, dass einer von unseren Leuten ebenfalls zu Ihnen an Bord kommen wird, um ein Auge auf Defender Torlan zu werfen!“
    Torlans Antennen richteten sich kerzengerade auf, und er sah den Vulkanier mit der größtmöglichen Verachtung an, die seine Mimik aufbringen konnte. „Wenn dem so ist, dann werde ich ebenfalls wieder zurück nach Andor reisen!“
    „Meine Herren, so beruhigen Sie sich doch! Ich denke, ich könnte Ihnen einen Kompromiss verschlagen, der allen Seiten gerecht wird.“
    „Und wie wird dieser aussehen, Admiral?“, zischte der Andorianer.
    Doch noch ehe Forrest etwas erwidern konnte, kam ein Sternenflottenoffizier mit einem PADD auf ihn zu, dicht gefolgt von einem jungen Vulkanier. Der Admiral sah sich die Mitteilung kurz an, erbleichte dann und meinte: „Sie müssen mich entschuldigen, ein Notfall ist eingetreten... Es sieht so aus als ob wir die Antares noch schneller startbereit kriegen müssten.“
    Der Vulkanier sprach mit Soval, welcher den Admiral ansah, welcher wiederum von seinem PADD aufsah und nickte.
    „Mr. Torlan, kehren Sie wieder in Ihre Unterkunft zurück und halten Sie sich bereit. Von Ihrer Dienerin sollten Sie sich so bald wie möglich verabschieden, denn es wird ernst.“
    „Was... was ist denn passiert?“, fragte der Andorianer aufgeregt.
    „Das werden Sie schon noch rechtzeitig erfahren!“
    Ohne ein weiteres Wort gingen Forrest, Soval sowie deren beiden Begleiter zurück in das Hauptgebäude.

    *
    Man schrieb den 13. Februar 2156.
    Mit Maximum Warp war die Enterprise wieder auf die Erde zurückgekehrt. Archer konnte immer noch nicht glauben, was er vor einigen Tagen über Subraumfunk gehört hatte, doch das betretende Gesicht Forrests bestätigte die traurige Nachricht und machte sie zur endgültigen Gewissheit.
    „Die Berman?“
    „Ja“, antwortete der Admiral.
    Das Schwesterschiff der Enterprise, mit der Registriernummer NCC-11, war also tatsächlich vor acht Tagen einem Angriff geheimnisvoller, feindseliger Aliens zum Opfer gefallen.
    Ein weiterer Mann, der ebenfalls die Uniform eines Sternenflottencaptains trug, befand sich im Raum; Forrest hatte ihn direkt nachdem Archer das Büros betreten hatte als Caylon vorgestellt, den kommandierenden Offizier der Antares. „Ist sie in romulanisches
    Territorium eingedrungen?“, fragte dieser nun.
    „Soweit wir wissen nicht“, erwiderte der Admiral, „aber andererseits haben sie ihre Grenzen auch nicht besonders gut markiert.“
    Böse Erinnerungen wurden in Archer wach, Erinnerungen an die erste Begegnung mit diesen aggressiven Unbekannten, von denen man lediglich den Namen der Rasse, nicht aber die Gesichter kannte. „Allerdings“, murmelte er wie zur Bestätigung von Forrests Worten.
    „Wie ist es überhaupt zu diesem Angriff gekommen?“, wollte Caylon wissen.
    Forrest seufzte. „Wir wissen es noch nicht. – Die Überlebenden befinden sich derzeit an Bord des vulkanischen Schiffes Toral.“
    „In drei Tagen werden sie die Erde erreichen“, fügte Soval hinzu, der sich bislang schweigend im Hintergrund gehalten hatte.
    „Sind die Trümmer der Berman untersucht worden?“, fragte Archer.
    „Nein“, lautete Sovals ebenso knappe wie unfassbare Antwort.
    „Offenbar hielten es die Vulkanier nicht für nötig herauszufinden,
    wie es zu der Vernichtung kam“, kommentierte der Admiral die Vorgehensweise der grünblütigen Logiker.
    Soval schien dem nur noch eins hinzuzufügen zu haben: „Die Schiffe sind explodiert.“
    „Tatsächlich?“, fragte Archer sarkastisch und wandte sich dann an Forrest: „Ich kann mit der Enterprise in einer Woche in Position sein, Admiral.“
    Doch der schüttelte nur den Kopf. „Das ist mir zu riskant, Jonathan. Ich werde nicht nur ein einziges Schiff ausschicken, um die Trümmer zu untersuchen.“
    Nun wurde Archer klar, weshalb Caylon sich hier befand. Auch dieser Mann selbst schien sich seiner Bedeutung nun bewusst zu werden und trat auf seinen Amtskollegen und den Admiral zu. „Ich nehme an, dass jetzt die Stelle kommt, an der ich gefordert werde.“
    Forrest nickte nur ausdruckslos. „Ganz recht, Captain Caylon. – Wie bald können Sie starten?“
    „Die letzten Systemtests laufen gerade, Admiral“, lautete die enthusiastische Antwort, „wenn alles glatt läuft, ist die Antares in zwei Tagen einsatzbereit!“
    „Machen Sie lieber drei draus. Ich möchte dass mindestens ein Crewmitglied der Berman Sie auf dieser Reise begleitet.“
    „Aber Sir... In drei Tagen haben die Romulaner vielleicht schon alle Informationen beseitigt!“, protestierte Archer.
    Forrest nickte. „Das ist mir klar. Aber ich riskiere lieber diese Informationen, als zwei weitere Schiffe und deren Besatzungen!“
    Beide Captains stimmten zu. Der Gedanke, den allerneuesten Prototypen NX-05 schon bei seinem ersten Einsatz an die Romulaner zu verlieren, behagte niemandem, am wenigsten Caylon. Da es im Moment nichts mehr zu sagen gab, befahl Forrest den beiden wegzutreten.
    „Sie handeln unlogisch, Admiral“, meinte Soval, als die Beiden wieder einmal allein waren.
    „Ich will wissen, wie meine Leute gestorben sind. Wenn wir herausfinden, welche Waffen die Romulaner verwendet haben, gelingt es uns vielleicht, einen Schutz...“
    „Die Romulaner sind Ihnen technisch weit überlegen, selbst ihrem neuesten Prototypen“, unterbrach ihn Soval, „die Untersuchung wird nur ein Ergebnis zur Folge haben: Sie werden zwei weitere Schiffe verlieren.“
    „Das denke ich nicht, Botschafter. Archer und Caylon sind beides fähige Kommandanten, sie werden es schaffen.“
    „Archer ist nichts weiter als ein...“ Soval suchte nach einer zutreffenden Metapher; Bud Spencer kam ihn in den Sinn, ebenso Torlan und seine Dienerin, doch das schien nicht das Richtige zu sein. „Ich denke ‚Revolverheld‘ ist die passende Bezeichnung.“
    Forrest lächelte gequält. „Sie waren ja schon immer ein Fan von Archer, Botschafter.“
    Soval hob die Augenbraue. „Denken Sie an meine Worte, Admiral.“ Und nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: „Und sagen Sie nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt, wenn Sie uns darum bitten, die Überlebenden zu bergen.“
    Forrest wurde wütend, doch noch ehe er etwas erwidern konnte, hatte der Vulkanier das Büro schon verlassen. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er darauf getippt das Sovals Verhalten auch mit dem Kompromiss zu tun hatte, den der Admiral bezüglich der vulkanischen Präsenz an Bord der Antares beschlossen hatte: Ein Vulkanier, der in der Sternenflotte diente, genauer gesagt ein Mann, der nur zu einem Achtel Vulkanier war. Wie es zu dieser Mischung gekommen war, schien Vielen ein Rätsel zu sein, und die Vollblut-Vulkanier weigerten sich strikt, George Mestral als einen der ihren anzuerkennen, was er ja genau genommen zu ganzen sieben Achteln auch nicht war. Der Grund für seine Existenz schien in einer ominösen Geschichte zu liegen, die T’Pol einst Captain Archer erzählt hatte und die auch Forrest vor einer Weile gehört hatte. Demnach hatte ein inoffizieller Erstkontakt über 100 Jahre vor dem erstem Warpflug stattgefunden, in einem kleinen amerikanischen Städtchen namens Carbon Creek, in dem auch Mestral geboren worden war. Wie es aussah, schien doch etwas dran zu sein, dass einer der damals auf der Erde gestrandeten Vulkanier weder zurückgekehrt noch wirklich gestorben war, auf jeden Fall nicht ohne vorher seine Gene weiterzugeben.
    Gründliche Untersuchungen Mestrals, der den Namen seines ominösen Urgroßvaters geerbt haben sollte, hatten seine zum Teil vulkanische Identität zwar wiederholt bestätigt, aber die Vulkanier hatten diese Tatsache stets abgelehnt, mit der Begründung dass es vollkommen unmöglich sei, dass Menschen und Vulkanier Gene miteinander austauschten. Normale Empfängnis konnte mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden, aber durch ein paar genetische Veränderungen an den Keimzellen dürfte sich dieses natürliche Hindernis schon umgehen lassen, wie diverse nichtvulkanische Ärzte, unter ihnen auch der schon zur lebenden Legende gewordene Doktor Phlox von der Enterprise, angedeutet hatten. Das Problem war nur, wie hatte a) jener Ur-Mestral es geschafft, ein komplettes Mini-Genlabor mit auf die Erde zu schleppen und b) wie hatte der eigentlich unfruchtbare (oder unfruchtbar sein müssende) Hybrid aus dieser ersten Verbindung es geschafft, sich munter weiter fortzupflanzen?
    Fragen über Fragen, die selbst der heutige Mestral nicht wirklich beantworten zu können schien oder wollte. Eine der abstrusesten Theorien bestand darin, der erste Mestral hätte seine Keimzellen schon vor dem Flug zur Erde an die genetische Struktur der Menschen angepasst, mit der Absicht, sich dort mit einer einheimischen Frau zu paaren. Doch das erschien aus zweierlei Gründen völlig unlogisch:
    Erstens würde kein Vulkanier, der bei Verstand war, das Bedürfnis verspüren, sich mit einer Frau zu paaren, die einer primitiveren, obendrein noch unlogischen und zur Gewalt neigenden Spezies angehörte.
    Zweitens hatten die Vulkanier damals noch keine menschlichen DNA-Proben zur Verfügung, die für eine genetische Anpassung notwendig gewesen wären.
    Die wohl bescheuertste, aber für den Moment wohl als definitivst anzusehende Erklärung hatte der Biologe und dekonstruktivistische Hobby-Philosoph Dr. Jacob Merkel parat: Mestral müsse aus irgendeinem temporalen Logikloch herausgeklettert sein, man müsse seine Existenz schlicht akzeptieren, bis man auf weitere Erkenntnisse stoße.
    Wie dem auch sei, Soval hatte sich mit der Aussicht, einen Ein-Achtel-Vulkanier als Vertreter seiner reinrassigen Spezies akzeptieren zu müssen, nicht wirklich anfreunden können, womit sich seine Weigerung, bei der Untersuchung der Zerstörung der Berman seine Unterstützung anzubieten, zumindest teilweise auch als Trotzreaktion deuten ließ.
    Doch ein weiterer Gedanke überfiel Forrest, einer, den er ganz und gar nicht wahrhaben wollte: Was wenn die Vulkanier doch mehr über die Romulaner wussten? Mit einiger Wahrscheinlichkeit taten sie das vermutlich auch, aber wieso weigerten sie sich dann, dieses Wissen zu teilen?

    Kapitel II
    Zumindest von Außen sah die Antares schon ganz fertig und flugbereit aus. Auf dem ersten Blick, vor allem schräg von Oben, sah sie aus wie eine von der Form her leicht „aufgemotzte“ Version der NX-Klasse. Doch ganz von Oben offenbarte sich einem ein kleines, grob zylinderförmiges Element zwischen den Warpgondeln, das sich bei gerader Betrachtung von Vorne, von Hinten sowie von der Seite als eine unten drangehängte Zusatzsektion entpuppte, deren Form man am ehesten mit einem Zigarrenstummel assoziieren konnte.
    Obwohl dieser Anblick nichts Neues mehr für Caylon war, fand er ihn dennoch faszinierend, ja beinahe schon erhabend. Er wollte den Shuttle-Piloten schon bitten, eine weitere Ehrenrunde um das Raumdock im Erdorbit zu drehen in dessen Mitte das brandneue Schiff lag, doch dann entsann er sich seiner eigentlichen Aufgabe und der Dringlichkeit dieser Mission. Immerhin war seit der Besprechung in Forrests Büro bereits ein Tag vergangen. Er gab dem zuständigen Techniker an der Kommunikation der Antares Bescheid und das Shuttle dockte an.
    Caylons Schritte führten ihn fast automatisch zum Maschinenraum, der sich auf dem untersten Deck in der Zigarrensektion befand. Dort war auch schon seine Bordingenieurin und zugleich Erste Offizierin, Commander Nicole Müller, hektisch am Werkeln. Kaum sah sie den Captain, winkte sie ihm zu und hielt kurz inne.
    „Commander, ich habe Admiral Forrest gesagt dass wir schon in zwei Tagen startbereit sein können, aber wir werden noch einen weiteren Tag warten, bis die Überlebenden der Berman eingetroffen sind!“
    „Die Berman, schrecklich! Ich schwöre Ihnen, uns werden diese Romulaner nicht so schnell kriegen!“ Caylon hatte sie bereits vor seinem Abflug von der Erde informiert.
    „Wir werden mit der Enterprise losfliegen und uns die Trümmer ansehen, sofern noch welche da sein sollten... Wie geht es voran?“
    Müller hatte derweil ihre Arbeit wieder aufgenommen; in gewohnter Hektik wuselte sie von Station zu Station, nahm hier eine Einstellung vor, wies dort einen Techniker zurecht, und Caylon dackelte ihr etwas atemlos hinterher.
    „Ich finde es gut, dass Admiral Forrest Ihr Angebot nicht angenommen hat. In zwei Tagen würden wir es niemals schaffen!“
    Der Captain sah sie erstaunt an. „Ich dachte, ihr Sternenflotteningenieure könntet Wunder vollbringen!“
    „Aber das schaffen wir nur, wenn wir selbst sagen, wie lange wir brauchen!“, erwiderte sie mit einem Lächeln.
    Ein Ingenieur trat auf sie zu und gab ihr ein PADD. Sie nahm es, warf einen kurzen Blick drauf und meinte: „Sieht gut aus. Weiter so, Ensign!“ Sie gab ihm das PADD zurück und widmete sich wieder ihrer Arbeit. Ohne von ihrer Konsole aufzusehen erklärte sie: „Der Warpantrieb sieht gut aus. Warp 4,7 sollten wir auf jeden Fall erreichen.“
    „Und wie steht es mit den Waffensystemen?“
    Müller ging zu einer anderen Konsole, betätigte ein paar Schalter, sah auf den Bildschirm und blickte zufrieden drein. „Die Zielerfassungsscanner brauchen noch eine Feinjustierung, ansonsten ist auch hier alles klar!“
    Während sie wieder zurück zum Warpkern ging, meinte der Captain: „Vielleicht werden wir sie brauchen.“
    Die Bordingenieurin hielt kurz vor der Warpkern-Konsole inne und sah ihn etwas schief an. „Ihnen ist klar, dass die Feinjustierung der Zielerfassung die Aufgabe des Waffenoffiziers ist!“
    „Admiral Forrest hat uns den von der Berman zugewiesen, einen Lieutenant Jim Beem! Und der wird wohl erst kurz vor unserem Start in drei Tagen hier eintreffen. Ich fürchte, das werden Sie übernehmen müssen, Commander.“
    „Geht klar, ich habe ja sonst nichts zu tun! – Ach Sir, wie ist es eigentlich so in Australien?“
    „Genauso rau wie das politische Klima. Wir wurden ja erst ziemlich spät in die Weltregierung aufgenommen!“
    „Deutschland ein ganzes Stück früher. Ich wette, Ihr Ayers Rock ist ein Witz gegen unser Harz!“
    „Den was?“
    „Geographie war wohl nicht Ihre Stärke?“
    Caylon grinste. „Nein, das war sie nicht. – Na dann viel Spaß noch!“ Er verabschiedete sich und verließ den Maschinenraum.
    „Den werde ich haben“, murmelte Müller zu sich selbst.

    Caylon trat aus dem Turbolift auf die Brücke, auf der eine Reihe von Sternenflottentechnikern an den zum Teil offenen Konsolen arbeiteten. Es befanden sich aber auch schon zwei reguläre Führungsoffiziere an ihren Plätzen, Ensign Darius Tschernovsky an der Navigation (er scharrte unruhig mit den Füßen, als wolle er am liebsten sofort losfliegen) und Lieutenant George Mestral, welcher die Wissenschaftsstation besetzte.
    An der Kommunikation saß einer der Sternenflottentechniker, ein Lieutenant. Er schraubte hier und da an ein paar Knöpfen, hob die noch nicht festgeschraubte Abdeckung hoch, überprüfte die Kabel und Prozessoren, klappte die Abdeckung wieder runter, schraubte erneut an den Knöpfen, dabei den für Kommunikations-Offiziere so typischen Knopf am Ohr, schüttelte den Kopf und meldete sich dann beim Maschinenraum: „Wir haben hier noch einige Probleme mit dem Komm-System. Vor allem auf den niederen Bändern ist nur Rauschen!“
    „Ich kümmere mich darum, sobald ich eine Hand freihabe, Ensign! – Müller Ende.“
    Caylon, dem dieses kleine Gespräch nicht entgangen war, ging auf den ND zu. „Probleme, Lieutenant?“
    „Ein paar, Sir. Aber nichts, das wir bis übermorgen nicht beheben können“, lautete die Antwort.
    Caylon nickte zufrieden. „Ihr Eifer ist vorbildlich, aber schon in wenigen Stunden wird der eigentliche Kommunikationsoffizier diesen Platz hier einnehmen.“
    „Das bin ich auch nicht anders gewohnt, Captain, denn ehrlich gesagt, die Mission auf die Sie gehen... Stimmt es eigentlich, dass ein Andorianer Kommunikationsoffizier wird?“
    „Oh ja. Ich weiß, ein echtes Novum auf einem Sternenflottenschiff! – Sollten Sie mich noch brauchen, ich lasse mir ein paar Sachen raufbeamen und richte dann mein Quartier und meinen Bereitschaftsraum ein.“
    „Aye, Sir.“

    *
    Müller hatte eigentlich vorgehabt, auch die Nächte durchzuarbeiten, doch die Schiffsärztin, ihre Beinahe-Namensvetterin Miller, hatte ihr regelrecht befohlen sich auszuruhen. Und das obwohl sie eigentlich rangniedriger war! Doch Ärzte hatten auf Sternenflottenschiffen stets ein paar besondere Privilegien, die ihnen im Notfall auch erlaubten Führungsoffiziere bis hin zum Captain für dienstuntauglich zu erklären.
    Also machte sich die Chefingenieurin, nicht ohne sich vorher noch unter heftigen Gähnattacken das Komm-System anzusehen, auf Caylons ausdrücklichen Befehl bereit zum Schlafengehen.
    Doch noch fand sie ihre wohlverdiente Ruhe nicht, denn das Terminal kündigte piepend eine einkommende private Nachricht an. Es war Gerhard Schmarnbacher, ein Freund ihrer Eltern. Und er sprach Deutsch mit einem nordbayrischen Akzent. „Hallo, Nicole, ich weiß, es ist jetzt spät bei euch droben, darum will ich es nur kurz machen: Viel Glück bei deiner ersten Mission auf diesem neuen Schiff, auch im Namen deiner Eltern! Obwohl die noch mal persönlich anrufen dürften. Ihr seid doch noch eine Weile hier?“
    „Wir reisen erst übermorgen ab!“, gähnte sie, doch die Erwähnung ihrer Eltern hatte ihr im Innersten einen kleinen Schock versetzt.
    „Na dann ist ja noch ein wenig Zeit... Hast du übrigens die Visitenkarte noch, die ich dir gegeben habe?“
    Schlagartig wurde Müller ein wenig munterer. Schmarnbacher hatte Kontakt zu allerlei seltsamen, wenn auch irgendwie liebenswerten Leuten, die um die Erhaltung der deutschen Kultur in einer Zeit der totalen Globalisierung und beginnenden Galaktisierung bemüht waren. „Ja, ich habe die Karte. Aber du kannst beim besten Willen nicht erwarten, dass ich sie bei jedem Erstkontakt den Außerirdischen unter die Nase halte!“
    „Das erwarte ich auch gar nicht. Zeig sie denen, die mit dir Dienst tun, es reicht auch schon wenn Menschen nichtdeutscher Herkunft von diesem Vorhaben erfahren!“
    „Ich werde sehen, was ich tun kann, Gerhard. Aber jetzt muss ich wirklich ins Bett, ich bin nämlich hundemüde!“
    „Dann schlaf schön, Nicole! Und pass auf dass dir der Warpantrieb nicht um die Ohren fliegt! Und noch was: Sprich auf jeden Fall noch mal mit deinen Eltern, kontaktiere sie wenn sie sich nicht bei dir melden!“
    Die Verbindung wurde beendet und Müller begann sich auszuziehen. Kurz zuvor holte sie noch mit zitternder Hand aus einer ihrer zahlreichen Uniformtaschen eine kleine, weiße Plastikkarte, auf der folgendes bizarres Inserat stand:

    Alois und Hermine Mückner
    Heimathistoriker Deutschland,
    Dialekt- und Mundartkunde
    Jodelkurse (jetzt auch für Nicht-Menschen!)
    Hauptsitz:
    München, Schillerstraße 16
    Nebensitze:
    Düsseldorf, Kafkaweg 7 / Forchheim, Pattenstraße 9

    Laut Gerhards Angaben sollte es derzeit schon ein paar jodelnde Denobulaner geben, unter ihnen Gerüchten zufolge auch Doktor Phlox von der Enterprise. Aber andere Völker? Sie musste unwillkürlich an Andorianer in Lederhosen denken, eine Vorstellung, die eigentlich selbst einen Vulkanier zum Schmunzeln bringen müsste, doch sie war so müde dass sie nur ein bisschen rumgluckste und die Karte achtlos in die Ecke warf. Ein nettes, skurriles altes Ehepaar, diese Mückners, aber irgendwie nicht ganz der Realität gewachsen.
    Der Hauptgrund jedoch, weshalb sie sich nun mit dieser seltsamen Visitenkarte beschäftigte war ein anderer, deutlich tragischerer: Sie wollte nicht an ihren Vater denken. Es ging ihm nicht gut, er war unheilbar krank, sie wusste nicht ob sie es noch mal schaffen würde ihm in die Augen zu sehen – auch wenn es nur per Bildschirm war. Warum hatte er sich mit dem Ster... Aber nein, so durfte sie nicht denken!
    Trotz ihrer ungeheuren Müdigkeit wälzte sie sich noch etliche Minuten schlaflos hin und her.
    *
    „Aufwachen!“ Es klopfte heftig an ihrer Tür. Müller schreckte auf, immer noch etwas schlaftrunken, und lauschte dem Tumult der draußen vor sich ging.
    „Commander Müller hatte einen schweren Tag gestern, lassen Sie sie doch wenigstens zu sich kommen!“ Es war Caylons Stimme.
    „Bei solch einer laschen Disziplin ist es ein Wunder dass ihr Menschen überhaupt soweit gekommen seid!“
    Müller ahnte was da vor sich ging. „Einen Moment noch, bitte! Ich muss mich nur noch schnell anziehen und mir die Zähne putzen! Duschen müsste ich eigentlich auch noch!“
    „Die Körperpflege können Sie vorerst auch sein lassen, ihr Pin... äh, Menschen...“
    „Torlan! – Commander, beachten Sie die Worte, die unser Austauschoffizier im Moment von sich gibt einfach nicht! Ich weiß, dass Sie immer schnell mit Ihrer Morgentoilette fertig sind.“
    Müller gab sich beste Mühe, einen neuen Rekord im Schnellduschen aufzustellen, ebenso im Schnellanziehen und Schnellzähneputzen. Als sie die Tür ihres Quartiers öffnete, wartete draußen bereits Caylon auf sie.
    „Andorianer können ziemliche Hitzköpfe sein, lassen Sie sich durch ihn nicht unnötig provozieren!“
    „Ich denke er hat sich wegen des fehlfunktionierenden Komm-Systems beschwert?“
    „Das Rauschen konnten Ihre Mitarbeiter schon um Einiges reduzieren, aber Torlans empfindliche Ohren und Fühler sind eben nicht so leicht zufrieden zu stellen wie die eines Lieutenants.“
    „Klingt so als könnten wir uns auf eine interessante Zusammenarbeit gefasst machen...“
    Caylon lachte. „Sie hätten ihn erst mal gestern erleben sollen, er kam an Bord kurz nachdem Sie ins Bett gegangen waren, hellwach und wollte gleich einen weiblichen Crewman von der Astrometrie zu seiner persönlichen Kammerdienerin abkommandieren! Normalerweise begleitet ihn laut eigenen Aussagen immer eine junge Frau seines Volkes, aber nach einem Zwischenfall auf der Erde wollte er sie, ich zitiere wörtlich, ‚nicht den geifernden und sexhungrigen Blicken’ unser männlichen Crewmitglieder aussetzen! Deshalb hat er sie mit der Baracuda wieder zurück nach Andor geschickt, aber ganz ohne sie scheint er immer noch nicht zurechtzukommen.“
    „Wenn er einen Babysitter braucht, schicken Sie ihn am besten zu Dr. Miller. Ich geh’ mir jetzt erst mal einen Kaffee machen und sehe dann im Maschinenraum nach dem Rechten.“
    „Torlan wird sich freuen. Möchten Sie sich nicht doch lieber zuerst das Komm-System vornehmen?“
    „Tut mir leid, aber der Maschinenraum ist als Chefingenieurin immer noch mein primäres Revier. Ich werde mir das Komm-System ansehen, sobald ich kann. Wenn ihm das nicht passt, schicken Sie ihn einfach zu mir!“

    „Na endlich, wurde auch höchste Zeit!“ Nun, da das Komm-System fehlerfrei funktionierte, wirkte Torlan zum ersten Mal seit seiner Ankunft auf der Antares sichtlich zufrieden; zumindest zufriedener als bei seiner Ankunft. Doch als er sah wie Commander Müller auf dem Stuhl des Captains Platz nahm, wurde ihm wieder ganz anders: „An Ihrer Stelle würde ich das nicht tun, wenn Caylon das sieht können Sie in ziemliche Schwierigkeiten kommen!“
    „Und wieso, wenn ich fragen darf?“
    „Weil Sie sich als rangniederer Offizier nicht so aufspielen sollen!“
    „Zufällig bin ich nicht nur Leiterin der Ingenieursabteilung, sondern auch noch Erster Offizier!“
    „Was? Das kann doch nicht sein! Ich mein, Sie... Sie sind eine Frau!“
    „Gut erkannt, Defender. Haben Sie Probleme damit?“
    „Ob ich Probleme habe? Nicht wenn ich nicht gezwungen werde, Befehle von Ihnen entgegen zu nehmen!“
    „Ich befürchte, das wird sich nicht ganz vermeiden lassen. Vergessen Sie nicht, wir sind hier an Bord eines Schiffs der Erde, keinem andorianischen!“
    Die Antennen des Austauschoffiziers versteiften sich ruckartig und er murmelte etwas Unverständliches in seiner Sprache.
    „Keine Angst, Mr. Torlan, ich werde Sie heute noch mal mit meiner weiteren Anwesenheit auf der Brücke verschonen, schließlich muss ich dafür sorgen dass im Maschinenraum alles reibungslos läuft! – Lieutenant, Sie haben die Brücke.“
    Mestral nickte und nahm den Platz in der Mitte ein. „Ich hoffe doch von mir werden Sie auch Befehle entgegennehmen“, meinte er mit einem leicht süffisanten Unterton.
    „Wenn Sie auch nur einen einzigen Tropfen vulkanisches Blut mehr in Ihren Adern hätten, wäre ich schon längst wieder abgereist!“, knurrte der Andorianer.
    „Nun denn – auf gute Zusammenarbeit!“

    Kapitel III
    Der 16. Februar, der Tag der Abreise, war gekommen und mit ihm das vulkanische Schiff Toral. Während der Großteil der Überlebenden der Berman auf die Erde gebracht wurde, begab Jim Beem sich an Bord der Antares, wo er sogleich vom Captain in dessen Bereitschaftsraum empfangen wurde. Nun, wirklich empfangbereit schien Caylon noch nicht zu sein, denn er war immer noch damit beschäftigt, seinen Bereitschaftsraum einzurichten. Er stellte noch kurz ein paar Bücher in ein Regal, bevor er den Neuankömmling hereinbat.
    „Lieutenant Jim Beem meldet sich an Bord, Captain“, begrüßte ihn der neue Waffenoffizier förmlich.
    „Stehen Sie bequem, Lieutenant“, erwiderte der Kommandant und schüttelte dem nun schon entspannter wirkenden Beem die Hand. „Willkommen an Bord der Antares, Lieutenant.“
    „Danke, Sir.“
    Caylon nahm hinter seinem Schreibtisch Platz und blickte sein Gegenüber mit ernstem Gesicht an. „Ich möchte, dass Sie wissen, dass es mir leid tut, was mit der Berman passiert ist, Lieutenant, aber... aber ich muss Sie trotzdem nach den Einzelheiten fragen.“
    In Beems Gesicht zuckte es leicht, doch sonst ließ er sich nichts anmerken. „Das ist mir klar, Sir.“
    „Wir wissen bereits, dass die Romulaner Ihr Schiff vernichtet haben.“
    „Das stimmt nicht ganz, Sir. Die Berman wurde vernichtet, weil sie mit den Romulanern kollidiert ist. Es... es war furchtbar, wir hatten bereits eine Warpgondel verloren, Captain Baird war von einem heruntergefallenen Träger erschlagen worden und der gesamten Crew wurde die Evakuierung befohlen. Lieutenant...“
    Er wurde von Piepen des Komm-Signals unterbrochen.
    „Caylon“, meldete sich der Captain.
    „Ich habe Captain Archer in der Leitung, Captain“, erklang Torlans Stimme.
    „Stellen Sie es bitte hierher durch. Caylon Ende. – Würden Sie mich bitte kurz entschuldigen, Lieutenant?“
    „Natürlich, Sir“, erwiderte Beem und verließ den Bereitschaftsraum.
    Auch Archer saß offenbar in seinem Bereitschaftsraum auf der Enterprise, als Caylon seinen Bildschirm einschaltete.
    „Captain?“, fragte der Kommandant der Antares.
    „Admiral Forrest hat mich informiert, dass Lieutenant Beem eingetroffen ist.“
    „Das stimmt.“
    „Sind Ihre Startvorbereitungen abgeschlossen?“
    Caylon dachte an seinen noch nicht ganz eingerichteten Bereitschaftsraum (von seinem Quartier ganz zu schweigen) und antwortete: „Positiv“. Er würde den Rest noch während des Flugs erledigen können.
    „Gut. Dann lassen Sie uns keine Zeit verlieren.“
    „Einverstanden. – Anteres Ende.“

    Caylon betrat die Brücke und nahm in seinem Kommandosessel Platz. „Mr. Torlan, rufen Sie die Dockkontrolle und bitten Sie um Startfreigabe.“
    „Ich ziehe ‚Torlan aus dem Haus der Verborgenen’ vor, wenn es kürzer sein soll auch ‚Defender Torlan’.“ Auf Caylons Blick fügte er schnell hinzu: „Wenn es ganz kurz sein soll dann nur ‚Torlan’.“
    „Sie haben einen Befehl erhalten, oder, Mr. Torlan?“ fragte der Captain mit einer zum großen Teil gespielten Wut.
    „Aye, Sir“, seufzte der adelige Andorianer resignierend. Er stellte die Verbindung her und rief: „Antares an Dockkontrolle, wir verlangen Starterlaubnis.“
    „Erlaubnis erteilt, Antares. – Gute Reise und viel Glück.“
    Caylon, der seinen Kommunikationsoffizier seit dessen Aussprache des Worts ‚verlangen’ überrascht angesehen hatte, wandte sich nun an den Navigator. „Lösen Sie bitte die Verankerungen, Ensign Tschernovsky.“
    Er tat wie geheißen und Mestral meldete, dass das Schiff nun frei schwebend sei.
    „Danke, Lieutenant!“ Und zu Tschernovsky: „Bringen Sie uns hier raus!“
    Langsam schwebte die Antares bei aktiviertem Impulsantrieb aus dem Dock. Die Enterprise schloss auf und vom Maschinenraum kam die Meldung, dass ihnen Warp 4,9 zur Verfügung stand.
    „Danke, Commander. Sie haben sich Urlaub verdient.“
    „Was denn, jetzt schon?“, lachte Müller am anderen Ende des Interkoms.
    Torlan sah den Captain erwartungsvoll an. „Die Enterprise wartet auf unser Signal, Sir.“
    „Sagen Sie ihnen es geht los. – Ensign Tschernovsky, Warp 4,5!“
    „Aye, Sir – Warp 4,5…“
    „Beschleunigen!”

    *
    Romulus war eine schöne Welt, Grün, Braun, mit ein bisschen Grau und dem einen oder anderen Spritzer Blau – zumindest von Oben betrachtet. Doch bei näherem Hinsehen gab es auch nicht ganz so schöne Anblicke, wie den Senatshügel, aus dem der Senat, ein eigentlich prachtvoller Bau, aus einer Reihe von ihn umgebenden Slums und teils potthässlicher Militäranlagen herausragte. In einer dieser Anlagen – oder vielleicht auch irgendwo im Senatsgebäude selbst? – befand sich eine Kommandozentrale, in der eine Reihe von nicht näher erkennbaren Leuten emsig an Konsolen arbeiteten, beaufsichtigt von einem Mann in einer ziemlich prächtigen Uniform.
    Die Türen öffneten sich und ein jüngerer Mann, deutlich schlichter uniformiert, trat herein. Er schlug sich kurz mit der rechten Faust auf die linke Seite der Brust und sprach dann: „Zenturio, die beiden Erdenschiffe sind gestartet.“
    „Gut, alles verläuft nach Plan... – Sie kennen die Befehle... Führen Sie sie aus.“
    „Ja, Zenturion.“ Eigentlich lagen dem jungen Offizier noch ein paar Fragen auf den Lippen, zum Beispiel weshalb keiner der Menschen auch nur einen Romulaner zu Gesicht bekommen sollte. Er konnte die Paranoia und Fremdenfeindlichkeit Seinesgleichen zwar verstehen, aber warum so verschämt? Eigentlich konnte es nur von Vorteil sein, wenn sie sich zu erkennen gaben, denn die Menschen würden den Vulkaniern gegenüber sehr, sehr misstrauisch werden, um es mal milde zu formulieren. Und das könnte dem Romulanischen Imperium doch nur zu Gute kommen! Doch als braver Soldat wagte er nicht zu widersprechen, zumal jedwede Aktion in diese Richtung ihm aller Wahrscheinlichkeit nach den Kopf hätte kosten können...

    *
    Captain Caylon hatte eigentlich noch seinen Bereitschaftsraum zu Ende einrichten wollen, aber angesichts der Dringlichkeit der Mission zog er es vor die Sensorlogbücher der Toral zu studieren. Viel war aus ihnen aber ohnehin nicht zu erkennen; Beem hatte ihm noch gesagt dass Lieutenant Jones, der Wissenschaftsoffizier der Berman, das Steuer übernommen und das ohnehin irreparabel beschädigte Sternenflottenschiff auf Kollisionskurs mit den Romulanern gebracht hatte, deren Schiff bei dem Zusammenstoß ebenfalls zerstört worden war.
    Caylon schaltete den Bildschirm aus und rieb sich die Augen. Eines musste er heute noch erledigen. „Caylon an Torlan.“
    „Sprechen Sie, Captain.“
    „Würden Sie sich bitte kurz in meinem Raum melden, Torlan.“
    Nur wenige Sekunden später stand der Andorianer vor seinem kommandierenden Offizier. „Captain?“
    Caylon stand auf, um, so hoffte er, mehr Autorität gegenüber dem blauhäutigen Aristokraten auszustrahlen; angesichts des bis zur Arroganz aufgebauten Überlegenheitsgefühls des Andorianers kein leichtes Unterfangen. „Torlan... Ich weiß nicht, wie es auf Andor oder in Ihrem Adelshaus gehandhabt wird, aber an Bord von Erdenschiffen haben wir ein paar Höflichkeitsregeln.“
    „Was meinen Sie? Ich nenne Sie doch immer ‚Sir’ und ‚Captain’, worin liegt also das Problem?“
    „Nun, ich bin Ihnen auch dankbar dass Sie mir gegenüber den nötigen Respekt zeigen, aber nehmen wir zum Beispiel Ihr Gespräch mit der Dockkontrolle heute Morgen, als Sie um Erlaubnis baten...“
    „Ja?“
    „Sie haben Sie geradezu verlangt!“
    „Ich sehe das Problem nicht, Captain.“
    „Das war unhöflich.“
    „Ich verstehe.“ Die Stellung von Torlans Fühlern verriet jedoch, dass er nicht wirklich begriffen hatte worum es ging.
    „Sehen Sie, Torlan, es hat schon mit Ihrer Ankunft hier angefangen. Sie haben prompt einem weiblichen Crewman befohlen, Ihr Gepäck in Ihr Quartier zu bringen, doch dafür war sie nicht zuständig! Dabei stand der Quartiermeister doch direkt neben Ihnen!“
    „Bei allem Respekt, solche Aufgaben sollte man besser Frauen überlassen.“
    „Weil Sie in Ihrer Welt unterwürfiger zu sein scheinen? Das bringt uns zum nächsten Problem. Ich erwarte, dass Sie Commander Müller mit demselben Respekt entgegentreten wie mir!“
    Torlans Mundwinkel zuckten. „Ich... ich werde mir Mühe geben. – Sonst noch etwas, Sir?“
    „Nein, vorerst nicht, danke“, meinte der Captain nach einer kurzen Denkpause.
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen oder abzuwarten verließ der Andorianer schnurstracks den Bereitschaftsraum.
    „Genau das meinte ich“, murmelte Caylon zu sich selbst.

    Torlans nächste Bewährungsprobe stand ihm auch schon bald darauf bevor, als die Schiffsärztin seine Anwesenheit auf der Krankenstation verlangte. Er selbst war sogar pünktlicher als sie, er saß bereits regungslos auf einem der Betten, als sie hereinkam.
    „Entschuldigen Sie die Verspätung, ich war völlig in Gedanken“, begrüßte sie ihn mit ihrem walisischen Akzent. Kathrine Miller selbst war über diese Verzögerung mehr verärgert als er, denn sie war unter Kollegen und Freunden bekannt für ihre Pünktlichkeit und Pingeligkeit. Nachdem Torlan nur genickt hatte, fuhr sie fort: „Leider hat das andorianische Militär Ihre Unterlagen nicht überspielt, also werde ich Sie jetzt rundum untersuchen müssen.“
    Torlan, der immer noch schwieg, ließ die ersten Scans steif und unbeweglich über sich ergehen. Schnell war dieser Teil der Untersuchung auch vorüber, und sie bat ihn, seinen Oberkörper für detailliertere Scans freizumachen. Als er sich daraufhin ebenfalls noch nicht rührte, fragte sie: „Also, ziehn Sie jetzt Ihre Uniform aus, oder soll ich das tun?“
    Endlich kehrte Leben in den steifen Andorianer ein. „Wagen Sie es, mich anzufassen, und Sie haben ein, zwei, Hände weniger!“ Er konnte nun mal nicht aus seiner Haut. Nicht einmal Dalana hätte er gestattet, ihn so anzufassen wie diese Menschenfrau es nun vorhatte.
    Mit Engelszungen gelang es Miller dann doch noch, ihn dazu zu überreden, seinen Oberkörper freizumachen, doch als er halbnackt dasaß versteifte er sich nur noch mehr. Dies würde eine lange Untersuchung werden... Die Ärztin hatte von einem ähnlichen Verhalten im Geschichtsunterricht gehört, sie war nicht gerade begeistert davon zu sehen, dass es Rassen gab bei denen immer noch derartige Umstände herrschten.

    *
    Jim Beem saß allein an einem Tisch in der Crewmesse, als Commander Müller hereinkam. Sie sah sogleich den Einsamen und bat ihn, neben ihm Platz nehmen zu dürfen. Mit einem eher vagen Brummlaut und einem Kopfnicken stimmte er zu, er sah in ihr leicht gezwungen wirkendes lächelndes Gesicht, als sie sich setzte und stand hastig salutierend auf. „Es ist mir eine Ehre, Ma’am! Verzeihen Sie, ich war ganz in Gedanken, wenn ich Sie schon beim Betreten der Messe...“
    „Ist schon gut, Lieutenant. Ich weiß, was Sie durchgemacht haben, es muss schrecklich gewesen sein, all die Kameraden zu verlieren, mit denen Sie nun schon Jahre gedient hatten...“
    „Ja, Ma’am... Sir... Ich... ich hatte nicht nur Kameraden, es waren auch echte Freunde darunter...“
    „Ich weiß, keiner kann die Verluste wieder wettmachen, aber ich hoffe, Sie werden hier an Bord Leute kennen lernen, die Ihnen ebenfalls ans Herz wachsen. Und ich schwöre Ihnen, solange ich hier Chefingenieurin und Erste Offizierin bin, wird Ihnen diese neuen Freunde niemand wegnehmen!“
    „Danke, Ma... Commander.“
    „Niemals soll sich etwas Derartiges wie auf der Explorer...“
    „Was war denn mit der Explorer, Ma’am?“
    „Kein Romulanerangriff, aber ebenfalls... Verzeihen Sie, ich möchte jetzt nicht darüber reden.“ Müller dachte an ihr bewährtes Ablenkungsmittel während der letzten Tage, griff in eine der Brusttaschen ihrer Uniform und zog ein kleines Plastikkärtchen heraus. „Haben Sie eigentlich in Ihrer Zeit auf der Berman jemals etwas Vergleichbares gesehen?“ Es war die Visitenkarte der jodelnden Mückners.
    Beem konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen, als er die seltsame Anzeige las. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Deutschen so einen Sinn für Humor hätten! – Woher haben Sie das?“
    „Von einem Freund meiner Eltern. Und das ist kein Spaß, die Beiden meinen es ernst! Sind Bekannte des besagten Freunds, definitiv schon über 60, aber immer noch voller Tatendrang!“
    Beem sah nun auf einmal grimmig drein. „Ich schwöre Ihnen auch etwas, Commander: Wenn wir wieder irgendwelchen dreckigen Romulanern begegnen sollten, dann werden sie jodeln, sie werden so laut jodeln, dass es die ganze Galaxie hört, und es wird der letzte Laut sein, den sie in ihrem verdammten Leben von sich geben!“ Er gab ihr die Visitenkarte wieder, trank seinen Eistee aus (Alkohol war im Dienst leider verboten), verabschiedete sich förmlich und ging.

    *
    Nur noch zwei Tage bis zum Eintreffen an den Koordinaten, an denen sich die Katastrophe ereignet hatte. Captain Caylon nutzte die Zeit, um ein kleines Gespräch mit Archer zu führen. Beide Captains saßen in ihren jeweiligen Bereitschaftsräumen und unterhielten sich über außerirdische Crewmitglieder mit Integrationsschwierigkeiten.
    „T’Pol hat eine Weile gebraucht, aber inzwischen hat sie sich so gut eingefügt, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, wie es ohne sie wäre. Dr. Phlox war schon immer aufgeschlossen anderen Kulturen gegenüber, einschließlich der menschlichen, mit einer zuweilen fast kindlichen Neugier. Er soll anfangs sogar den Wunsch geäußert haben, einigen Crewmitgliedern bei der Paarung zusehen zu dürfen!“
    Caylon konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. „Tja, dann besteht ja vielleicht noch Hoffnung für Torlan... Wobei es nach dem ersten Filmabend in unserem Bordkino gestern nicht gerade danach aussah. Unser Austauschoffizier schlug sogar selbst vor, einen Streifen mit Bud Spencer anzusehen. Wir entschieden uns für ‚Hector, der Ritter ohne Furcht und Tadel’, weil er auch ein paar, wenn auch sehr ungenaue Einblicke in die irdische Geschichte gewährt.“
    „Oh, Bud Spencer! Zwischendurch kann er durchaus komisch sein, vor allem wenn er mit diesem langen Blonden, Terence Hill, zusammen ist. Aber nicht nach irgendwelchen Weltraum schlachten, da wäre es dann zu viel.“
    „Bei uns hätte es beinahe eine Schlacht im Kino gegeben! Als Torlan Spencer in Aktion sah, wurde er plötzlich unglaublich wütend, er beschimpfte einen namenlosen Sicherheitsoffizier, der seine Dienerin auf der Erde mit diesem Schauspieler verglichen haben soll!“
    Archer lachte. „Ein Sicherheitsoffizier hat was? Eine Andorianerin mit Bud Spencer verglichen?“
    „So scheint es gewesen zu sein.“
    „Nun, ganz so abwegig dürfte der Vergleich nicht einmal sein. Ich habe selbst einmal die ungestüme Bekanntschaft mit einer andorianischen Frau gemacht, aber die war mehr vom Typ schießwütige Ringerin, keine die Faustschläge austeilt!“
    „Aber genau das soll Torlans Dienerin gemacht haben: Einen Mann niedergeschlagen haben, der sie angeblich sexuell belästigt hatte.“
    „Die Frauen sind bei den Andorianern im Durchschnitt größer und aggressiver als ihre männlichen Gegenstücke. Kaum vorzustellen, dass sie in ihrer Heimat eigentlich nicht viel zu sagen haben! – Aber nun zu etwas Anderem: Ich weiß, dass es angesichts eines derart hinterhältigen Feinds ein extremes Risiko darstellen kann, aber wir sollten trotzdem die kleine Gedenkfeier für die Gefallenen von der Berman veranstalten, wenn wir die Untersuchung des Trümmerfelds abgeschlossen haben.“
    „Unbedingt, das sind wir ihnen schuldig! Hoffen wir nur, dass die Romulaner wenigstens so viel Anstand haben, nicht vor dem Ende der Zeremonie anzugreifen.“
    „Hoffen wir es... Aber rechnen wir lieber mit dem Schlimmsten, damit wir auf alles vorbereitet sind! – Verdammt, jetzt klinge ich schon wie Reed, aber wenn es um Romulaner geht, kann man wie gesagt wirklich nicht vorsichtig genug sein.“
    „Das meine ich auch. Hoffen wir, dass wir die Untersuchungen schnell abschließen können, immerhin haben sie Priorität!“
    „Selbstverständlich. Und hoffen wir, dass wir dort auch wirklich etwas finden, das uns weiterhilft... Wenn man bedenkt, dass bei unserer Ankunft über drei Wochen seit der Zerstörung der Berman vergangen sein werden, könnten unsere Chancen nicht wirklich gut stehen. Die Romulaner hatten vermutlich genug Zeit, um alle Spuren beseitigen zu können!“
    „Daran dürfen wir nicht einmal denken, es muss da etwas geben, ansonsten sind wir geliefert!“

    Kapitel IV
    Bei der Ankunft wurde es Gewissheit: Trümmer waren noch vorhanden, und erste Scans ergaben dass sie tatsächlich vollständig von der Berman und einem fremden Schiff, der Logik zufolge dem der Romulaner, stammten.
    Während Müller das Kommando auf der Brücke hatte, kam George Mestral kam seiner Aufgabe als Wissenschaftsoffizier mit der für Vulkanier so typischen Gründlichkeit nach. Torlan verfolgte das Verhalten dieses Mannes mit einem gewissen Entsetzen, niemals hätte er gedacht, dass jemand er nur zu einem Achtel Vulkanier war sich so steif benehmen könnte. Ekel und Abscheu stiegen wieder in ihm hoch, als Gedanken an andere Vulkanier, vor allem Botschafter Soval auf der Erde, in den Sinn kamen.
    „Mr. Torlan, würden Sie bitte eine Computerverbindung zu der Enterprise für mich herstellen? Ich möchte meine Analyseergebnisse gerne mit denen Sub-Commander T’Pols vergleichen.“
    Mestral hatte diesen Befehl, diese Bitte geäußert, ohne von seinem Sichtgerät aufzusehen, für Torlan ein eindeutiges Zeichen von widerwärtiger vulkanischer Arroganz. Er sah den Bittsteller mit missfallendem Blick an. „War das ein Befehl, Vulkanier?“ Er hatte das letzte Wort mit all der Abneigung gefüllt, die in den letzten Minuten in ihn hochgestiegen war.
    Mestral sah von seiner Konsole auf und blickte zu dem Andorianer. Auch Müllers Aufmerksamkeit war nun geweckt, sie sah ebenfalls in die Richtung des Blauhäutigen.
    „Auch wenn meine Ohren noch spitze Enden aufweisen, bin ich nur zu einem Achtel Vulkanier, Mr. Torlan“, korrigierte der Wissenschaftsoffizier.
    Torlan grunzte bestätigend und rührte keinen Finger.
    Mestral beschloss, seinem Befehl, der eigentlich ganz höflich als Bitte verfasst worden war, etwas mehr Nachdruck zu verleihen: „Würden Sie nun bitte die Computerverbindung herstellen?“
    Endlich wandte der weißhaarige Sturkopf sich seiner Station zu und drückte dort einige Knöpfe, woraufhin an Mestrals Konsole ein bestätigendes Piepen erklang.
    „Danke, Mr. Torlan“, erwiderte der Teilvulkanier mit hörbarer Erleichterung.
    Müller dagegen war mit dem Verhalten des Austauschoffiziers alles andere als einverstanden; sie stand aus dem Kommandosessel auf, ging zu ihm hin und bat ihn um ein Gespräch im Konferenzraum. Torlan verdrehte Antennen und Augen, leistete allerdings Folge.
    Nachdem Beem vorübergehend zum Warmhalten des Kommandosessel abkommandiert worden war, gingen sie in den angrenzenden Besprechungsraum, wo Müller ihn sogleich mit ärgerlich in die Hüften gestemmten Hände fragte: „Nun, Mr. Torlan, was sollte das eben?“
    „Was meinen Sie?“, erwiderte der Andorianer verständnislos.
    „Sie wissen sehr wohl, was ich meine, Torlan!“
    Diesmal war ein ungläubiger Blick alles, was sie erntete. Doch sie glaubte, dass er sich mit Absicht dumm stellte und teilte ihm das auch ohne Umschweife mit, gefolgt von der Frage: „Wieso haben Sie Mestral vorhin so angefahren?“
    Nach einer Pause antwortete Torlan: „Ich habe ihn nicht... angefahren. Wie Sie sich vielleicht denken können, Commander, habe ich als Andorianer nicht besonders viel übrig für die Vulkanier... und andere... Lebewesen.“
    „Mestral ist kein Vulkanier.“
    „Einer seiner Vorfahren war es, das reicht mir und ist genug um sein gesamtes Blut zu verseuchen!“
    Müller trat näher an ihn heran und starrte ihm geradewegs in die Augen. Für einen kurzen Augenblick übermannte sie eine Vision, sie sah Torlan in Lederhosen auf einem Berg stehen und aus Leibeskräften... Es zuckte in ihren Mundwinkel, sie verscheuchte den absurden Gedanken und starrte den Andorianer noch intensiver an.
    Und tatsächlich war dieses Vorgehen von Erfolg gekrönt, denn schließlich trat er einen Schritt zurück. „Ich bin es nicht gewohnt, einer Frau Rede und Antwort zu stehen“, bemerkte er beinahe schon kleinlaut.
    „Dann gewöhnen Sie sich besser dran, Mr. Torlan – Es könnte öfter geschehen, als Ihnen lieb ist.“
    „Dessen bin ich mir sicher.“
    Müller gab einen Seufzer von sich. „Nun denn... Ich wünsche, dass Sie Mestrals Befehle in Zukunft ausführen, ohne sie vorher zu hinterfragen und dass Sie Ihre Vorurteile in Ihrem Quartier lassen, wenn Sie morgens Ihren Dienst antreten.“ Sie holte Luft und fügte hinzu: „Selbiges gilt in Bezug auf Doktor Miller und mich. – Haben wir uns verstanden?“
    „Ja, Sir“, bestätigte der soeben Zurechtgestutzte zögernd.
    „Wegtreten!“

    *
    Zwei Tage vergingen und Torlan fügte sich auf wundersame Weise in die Crew ein. Er zog zwar immer ein Gesicht wenn Mestral ihm etwas befahl, aber ansonsten verhielt er sich vorbildlich.
    Müller hatte allerdings Glück, dass sie die Mordphantasien des adeligen Blauhäuters nicht mitbekam, die dieser regelmäßig nach Dienstschluss hegte. Torlan hoffte inständig, bald einen Romulaner in die Finger zu kriegen, ansonsten konnte er für nichts mehr garantieren.
    Caylon saß wieder einmal in seinem Bereitschaftsraum und machte einen Logbucheintrag:

    Computerlogbuch der Antares, 26. Februar 2156. – Die Enterprise und die Antares sind nun schon seit zwei Tagen vor Ort und wir haben unsere gemeinsamen Untersuchungen des Trümmerfeldes nun beinahe abgeschlossen. Mein Wissenschaftsoffizier Lieutenant Mestral hat dabei einige Energiesignaturen entdeckt, von denen er und Chefingenieurin Müller denken, dass sie Waffensignaturen der Romulaner darstellen...

    Im Maschinenraum fand derweil eine Zusammenkunft im hinteren Bereich, der dem dort arbeitenden Personal auch als „Chief’s Office“ bekannt war, statt, an der die jeweiligen Chefingenieure und Wissenschaftsoffiziere beider an dieser Mission beteiligten Schiffe teilnahmen. Sie waren um einen Bildschirm versammelt, auf dem eine Reihe von Sensordaten zu sehen waren.
    Tucker, der Chefingenieur der Enterprise, deutete auf eine dieser Anzeigen und meinte: „Sehen Sie sich das an.“
    „Was meinen Sie?“, fragte Mestrals voll vulkanische Amtskollegin T’Pol.
    „Diese Anzeige hier“, antwortete er und deutete darauf.
    Müller sah sie sich an und wandte sich dann an Tucker: „Denken Sie, was ich denke, Commander?“
    „Wenn Sie sich da eine Chance für uns ausdenken, dann ja.“
    Und gemeinsam arbeiteten sie einen Plan aus, der wirklich viel versprechend zu sein schien. Vor allem Müller war mit der Entwicklung zufrieden, denn nun konnten sie sich (hoffentlich) endlich gegen die Romulaner wehren, ohne gleich auf Kamikaze-Aktionen zurückgreifen zu müssen. Sobald sie genug brauchbare Ideen zusammen hatten, die auch ausführbar waren, suchte Müller im Eiltempo den Captain auf.

    „Und das wissen Sie mit Sicherheit?“, fragte Caylon aufgeregt, nachdem sie in dessen Bereitschaftsraum geeilt waren.
    „Ja, Sir. Diese Energiesignatur, die wir da gefunden haben, bietet uns die Möglichkeit... eine Chance, eine Verteidigung zu entwickeln.“
    „An was denken Sie da, Commander?“
    „An einen Energieschirm, Sir. Stellen Sie sich ein gigantisches Kraftfeld vor, dass das gesamte Schiff umgibt.“

    Müller wäre wohl sicher nicht so freizügig mit den Informationen zu ihrer Idee gewesen, wenn sie gewusst hätte, dass sich in unmittelbarer Nähe des Trümmerfelds und somit auch der beiden Sternenflottenschiffe ein getarntes romulanisches Schiff befand. Dessen Befehlshaber, Commander Romor, saß beinahe schon gemütlich in seinem Sessel und lauschte samt Rest der Brückencrew den Stimmen, die aus seinem Komm-System erklangen. Es waren die Stimmen von Caylon und Müller; wie genau die Romulaner es geschafft hatten, den Bereitschaftsraum, womöglich auch noch den ganzen Rest des Schiffes (und bei der Enterprise vermutlich ebenso) anzuzapfen, blieb wohl vorerst ihr Geheimnis. Immerhin hatten sie reichlich Zeit gehabt, das Trümmerfeld zu untersuchen und womöglich die eine oder andere Überraschung darin zu platzieren.
    Das Schiff war übrigens nicht von derselben Art wie das das die Berman angegriffen hatte; der Bird of Stealth war nicht für harte militärische Schläge konzipiert wie der Bird of Vengeance, dessen Überreste sich in den vergangenen Wochen immer mehr unter die des Erdenschiffs gemischt hatten. Die Vorteile von Romors Schiff lagen vor allem in seiner hoch effizienten Tarnvorrichtung, die es den Menschen auch in zehn Jahren nicht gestatten würde, zu sehen wer da direkt vor ihrer Nase saß und ihnen zusah und zuhörte.
    Zusammen mit der gedämpften Beleuchtung auf der Brücke fehlte eigentlich nur noch das Popcorn (oder was auch immer das romulanische Äquivalent dazu sein mochte), aber da dessen Verzehr wohl die Aufmerksamkeit der Lauschenden abgelenkt hätte, gab es nichts dergleichen. Und es gab noch Einiges zu hören.

    „Ein Schutzschild also?“, fragte Caylon auf Müllers Erläuterung ihres Vorhabens.
    „Ich denke, so könnte man es – auch für den Nicht-Techniker verständlich – beschreiben, Captain.“
    „Und wann können Sie mit der Arbeit anfangen?“
    „Im Grunde sofort“, lautete die optimistische Antwort.
    „Einverstanden. – Fangen Sie gleich nach der Zeremonie an.“
    Müller nickte; sie wusste, was der Captain damit meinte.

    Nachdem die Romulaner gehört hatten wie jemand (allem Anschein nach der weibliche Offizier) den Bereitschaftsraum verlassen hatte, befahl Romor die Lautsprecher abzuschalten, die Aufzeichnung jedoch weiter laufen zu lassen.
    „Ja, Commander“, erwiderte ein Sub-Lieutenant und gehorchte.
    Der Befehlshaber lehnte sich zufrieden in seinen Sessel zurück. Alles verlief nach Plan... Er überlegte, ob er bei der nächsten Abhöraktion nicht etwas zum Knabbern bestellen sollte. Die Menschen schienen bis jetzt zwar nur von geringerem Unterhaltungswert zu sein, aber das Beste stand ihnen ja noch bevor.
    Streng genommen hatte er nicht genau so gedacht, zumindest war es bei den Romulanern nicht üblich, während der Dienstzeit etwas zu Essen. Wohl aber als Zuschauer bei diversen Kämpfen. Und wenn alles gut ging...

    *
    Die angekündigte Trauerfeier fand um 1500 in der Crewmesse der Antares statt, von wo aus durch die im Bug eingelassenen Fenster die Trümmer der beiden im Kampf zerstörten Schiffe zu sehen waren. Fast die gesamte Besatzung, einschließlich aller Führungsoffiziere, hatte sich hier versammelt, um der Gefallenen zu gedenken. Auf der Enterprise bot sich ein ganz ähnliches Bild, auch hier waren fast alle versammelt.
    Beem trat aus der Mitte der Trauernden heraus und begann, mit ernstem Blick zu sprechen: „Wir haben uns hier heute zusammengefunden... um Abschied zu nehmen. – Abschied von dreizehn tapferen Offizieren, die ihr Leben gaben, um ihr Schiff gegen einen unbarmherzigen Feind zu verteidigen. – Einen feigen Feind, der ohne Vorwarnung das Feuer auf uns eröffnete und es wahrscheinlich sofort wieder tun würde, wenn er die Chance dazu hätte.“ Er musste erst einmal tief Luft holen, um fortfahren zu können. „Crewman Hertha Burk, Lieutenant Michael Franklin, Ensign Johannes Taufer, Lieutenant Natasha Nowh, Crewman James Janeway, Crewman April-May June, Crewman Anthony Drake, Captain Steward Baird... Commander Hendrick Jones... Ich werde euch rächen...!“
    Caylon zuckte zusammen. Bei allem Verständnis für die Trauer, aber... Er würde Beem darauf ansprechen, sobald die Trauer-Zeremonie vorüber war. Nun, nachdem dieser wieder zu den anderen zurückgetreten war, rief der Captain „Aaachtung!“ und alle nahmen blitzartig Haltung an. Daraufhin teilte er Captain Archer mit, dass sie bereit seien, was der Kommandant der Enterprise ebenfalls war.
    Kurz darauf feuerte die Antares zwei Torpedos ab, einen aus dem Steuerbord-, dann einen aus dem Backbordrohr. Nachdem diese im Trümmerfeld detoniert waren, tat die Enterprise es ihr gleich. Nach einer kurzen Pause feuerten die beiden Schiffe wieder im Wechsel je zwei Torpedos ab, nach deren Detonation von dem Trümmerfeld nicht mehr viel übrig blieb; drei bis vier größere Teile trieben, von der Druckwelle der Explosionen erfasst, auseinander.
    Die Reaktionen der Crewmitglieder waren alle von Mitgerissenheit geprägt; Beem sah mit ausdrucklosem Gesicht zu, Tränen kullerten Kathrine Millers Gesicht runter und Müller musste die Zähne fest zusammenpressen, um nicht laut loszuweinen.
    Die größte Überraschung jedoch bot – auf jeden Fall für Torlan – Mestral, dessen immer noch relativ starres Gesicht wie bei Vielen anderen auch von Tränen benetzt war. Konnte es sein dass sieben Achtel Menschlichkeit sich doch gegen das vulkanische Erbe zu behaupten vermochten?
    Der Andorianer selbst zeigte bei dem ganzen Spektakel kein Gefühl der Trauer. Im Gegenteil, eine gewisse Verachtung machte sich in ihm breit angesichts der Verschwendung von kostbaren Torpedos. Wenn er ein romulanischer Kommandant wäre, er würde warten bis beide Schiffe ihre Munition aufgebraucht hatten und dann angreifen. – Da, sie taten es schon wieder! Die Antares feuerte erneut einen Torpedo ab, die Enterprise sogar deren zwei. Menschen! Immerhin hatten sie es nun geschafft, nichts mehr von den Trümmern übrig zu lassen außer ein paar Staubpartikeln.
    Steuermann Ensign Tschernovsky, für den diese Art der Zeremonie wie für Viele der Anwesenden auch absolutes Neuland war, verfolgte das Geschehen mit einer Mischung aus Faszination und Trauer.
    Nachdem der letzte Torpedo explodiert war, befahl Caylon allen wegzutreten – allen bis auf Beem.
    „Ja, Sir?“, fragte dieser neugierig.
    Caylon wartete, bis auch der letzte von den anderen die Messe verlassen hatte und begann dann zögernd: „Jim, Ihre Rede von vorhin war... sie war beispiellos.“
    „Ich hoffe doch im positiven Sinne.“
    „Das war sie. – mal abgesehen von Ihrem letzten Satz.“
    Der Lieutenant dachte kurz nach. „Sie meinen, als ich Rache geschworen habe.“
    „Genau. – Ich... Ich hoffe, das war nur so ein Satz... Dahin gesagt, ohne groß darüber nachgedacht zu haben.“
    „Ich denke immer, bevor ich spreche, Captain“, lautete die ernste Antwort.
    „Trotzdem möchte ich Sie bitten, jetzt noch einmal über diesen Satz nachzudenken, Lieutenant.“
    Beem tat es und kam zu dem Schluss: „Ich würde ihn jederzeit wieder so formulieren, Sir.“
    Der Captain war zu den Fenstern gegangen. „Sie werden sich also an den Romulanern rächen?“
    „Wenn sich mir die Gelegenheit bietet.“
    „Und wie sähe diese ‚Gelegenheit’ Ihrer Meinung nach aus?“, fragte Caylon, nachdem er wieder zu seinem Waffenoffizier zurückgekehrt war.
    „Nun, das wird sich zeigen, Captain.“
    Caylon nickte. „Vielleicht in einer Kampfsituation?“
    „Vielleicht, Sir.“
    Caylon dachte nach. „Habe ich Ihr Wort, Lieutenant, dass Sie das Schiff keiner unnötigen Gefahr aussetzen werden, nur um Ihren Rachedurst zu stillen?“
    Beem zögerte zuerst, antwortete dann jedoch überzeugt: „Das haben Sie, Sir.“
    „Gut.“
    „Aber wenn die Chance besteht, ein Schiff dieser Bastarde gefahrlos in die ewigen Jagdgründe zu befördern... Ich werde den verdammten Knopf drücken.“
    Der Captain sah ihn mit ernster Miene an. „Sie wissen, dass ich Sie so unmöglich wieder an Ihren Posten zurück lassen kann, Lieutenant. – Daher frage ich Sie noch mal: Was tun Sie, wenn Sie die Chance haben, ein Romulanerschiff zu vernichten?“
    „Ich drücke den Knopf.“
    „Nein! – Sie werden meinen Befehl abwarten, verstanden?“
    „War das als Befehl zu verstehen, Sir?“, fragte Beem zögernd.
    „Davon können Sie ausgehen, Lieutenant!“ Caylons Stimme klang streng, ja beinahe schon wütend. „Also: Was tun Sie, wenn sich Ihnen die Gelegenheit bietet, ein Schiff der Romulaner zu vernichten, Soldat?“
    „Ich... ich warte auf Ihren Befehl, um diesen dann zu befolgen, Sir.“
    „Sehr gut, Lieutenant. Wegtreten.“ Doch kurz vor der Tür hielt er Beem noch einmal zurück. „Lieutenant, es tut mir aufrichtig leid um Ihre Crew... Und ich verstehe Ihren Schmerz. – Aber Sie dürfen nicht zulassen, dass er die Kontrolle über Sie erlangt.“
    Der Waffenoffizier nickte. „Ja, Sir.“, erwiderte er leise.
    „Das wäre dann soweit alles, Lieutenant.“

    Kapitel V
    Müller hatte die Zeremonie bei Weitem nicht so verkraftet wie sie es eigentlich gewollt hätte. Mit tränenüberströmten Gesicht betrat sie ihr Quartier, ließ sich auf ihr Bett fallen und begann laut los zu weinen.

    Die Trauerfeier hatte mehr als nur schmerzhafte Erinnerungen an ihr vorheriges Kommando auf der Explorer, dem zweiten Deep-Space-Prototypen mit der Registriernummer NX-02, wachgerufen. Sie war auch schon damals Chefingenieurin gewesen, allerdings im Rang eines Lieutenant-Commanders. Ein Strahlenleck im Maschinenraum hatte sie beinahe das eigene Leben und das der übrigen Crew gekostet; Reg, einer der Ingenieure, hatte weitaus weniger Glück gehabt und war der tödlichen Theta-Strahlung zum Opfer gefallen. Müller selbst war bei der Abschaltung des Warpkerns schwer verletzt worden... Auch wenn das nur ein Unfall gewesen war, so konnte sie doch besser als vielleicht Andere nachvollziehen was auf der Berman geschehen war und wie Beem sich nun fühlen musste.
    Doch so elend es ihr jetzt auch ging, sie durfte ihre Pflicht nicht vergessen. Caylon erinnerte sie daran, dass Sie sich an die Entwicklung des Schutzschilds machen sollte und kündigte zu diesem Zweck auch Tuckers Ankunft an, mit dem sie sich im Maschinenraum der Antares treffen sollte.
    „Verstanden, Captain.“ Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Ich werde gleich kommen.“
    „Commander, ich habe bemerkt wie sehr Sie die Trauerzeremonie mitgenommen hat. Ich würde Ihnen auch wirklich gerne etwas mehr Zeit geben, um Ihre persönlichen Eindrücke zu verarbeiten, aber...“
    „Schon gut, Captain. Ich kann und werde meine Pflicht erfüllen. Müller Ende.“

    *
    Inzwischen hatte die Enterprise an der Antares angedockt und Tucker war an Bord gekommen, um seiner Kollegin bei den Details der Schutzschildrealisierung zu helfen. Denn immerhin war er der erste Ingenieur der Sternenflotte gewesen, der eine stabile Energiebarriere errichtet hatte, um eine fremde Lebensform auf der Enterprise einzudämmen. Doch damals hatte das Kraftfeld lediglich die Größe einer Wand besessen, nun ging es darum, ein ganzes schiff damit einzuhüllen. Da Tucker auch noch auf seinem Schiff gebraucht wurde, musste er sich nach ein paar kurzen Einweisungen schon wieder verabschieden.
    „Und vergessen Sie nicht, wenn Sie irgendwelche Probleme mit der Schildharmonik haben sollten...“
    „...dann weiß ich, wo ich Sie finden kann, Trip“, ergänzte sie grinsend, „aber ich denke, ich schaffe es schon. Trotzdem danke für das Angebot.“ Sie wollte seine Hilfe nicht noch weiter in Anspruch nehmen; vielleicht fürchtete sie auch, dem leicht flapsigen Charme zum Opfer zu fallen, den Südstaatler so haben sollten und den man vor allem diesem Mann nachsagte.
    „Hey, es geht hier schließlich um einen Schutz vor Romulanern. – Und mit etwas Glück auch gegen andere Partikel- und Antimateriewaffen.“
    Genau das war es: Die Fähigkeit, auch ernste und wichtige Angelegenheiten auf eine lockere Art anzugehen. Müller hatte diese Weise nicht ganz so drauf, also antwortete sie schlicht mit einem „Hoffen wir es“.
    Inzwischen hatten sie die Luftschleuse erreicht; nachdem Müller sie geöffnet hatte, fragte Tucker mit für seine Verhältnisse schon geradezu gespielter Förmlichkeit: „Bitte um Erlaubnis, von Bord gehen zu dürfen.“
    Sie nickte und fing mit ebenfalls gespieltem Ernst an: „Erlaubnis ert... Warten Sie noch einen Augenblick, Commander.“ Sie zog die bereits bekannte Visitenkarte aus ihrer Brusttasche und übergab sie dem Ingenieur. „Bei uns hier scheint niemand Interesse an diesen Angeboten zu haben, aber ich dachte bei Ihnen könnte zumindest Dr. Phlox, sofern er nicht schon einen der Jodelkurse besucht hat, etwas damit anfangen!“
    Tucker sah sich die Karte grinsend an. „Sieht ja sehr charmant aus... Sagen Sie, wollen Sie diese Dinger jetzt bei jedem Erstkontakt verteilen?“
    „Ich habe nur diese eine Karte, obwohl ich einen ganzen Stapel mitnehmen hätte können. Und wie gesagt, bei uns hier an Bord ist niemand ernsthaft daran interessiert.“
    „Nun, ein Andorianer in Lederhosen sähe irgendwie auch bescheuert aus... Ich werde das Angebot mal an den Doc weiterleiten, ich denke für solche skurrilen Sachen findet er immer wieder Zeit! – Aber jetzt muss ich wirklich gehen, Commander. Ihre Volksmusiksammlung können Sie mir vielleicht ein andermal zeigen.“
    „Ich sammle keine Volksmusik!“, rief sie mit gespielter Entrüstung, „nun gehen Sie schon!“
    Sie reichten sich noch grinsend die Hände und Tucker betrat die Enterprise, woraufhin Müller die Schleuse wieder schloss und beide Schiffe sich voneinander entfernten.
    „Abtrennungssequenz abgeschlossen“, meldete Mestral auf der Brücke.
    „Sie haben es gehört, Ensign, setzen Sie einen Kurs auf die Erde. Warp 4,5.“
    „Aye, Captain“, erwiderte Tschernovsky und fügte wenige Augenblicke später hinzu: „Kurs gesetzt, warte auf Ihren Befehl!“

    *
    Für die Romulaner war es nun Zeit zu handeln.
    „Commander, beide Schiffe bereiten sich darauf vor, auf Warpgeschwindigkeit zu beschleunigen.“
    „Sagen Sie unseren Piloten, sie sollen sich beeilen.“, befahl Romor.
    Kurz darauf starteten zwei getarnte Shuttles aus dem getarnten Schiff, von denen jeweils eines die Antares, eines die Enterprise ansteuerte. Letzteres erreichte sein Ziel zuerst und klammerte sich – immer noch getarnt – mit Andockhaken an der oberen Backbordhülle fest. Das andere Romulanershuttle flog auf den Zigarrenrumpf der Antares zu, wo es sich, ebenfalls noch getarnt, festkrallte.
    Nur wenige Augenblicke später gingen beide Schiffe auf Warp, nichts ahnend, welche gefährlichen, blinden Passagiere sie mit sich führten.

    *
    Computerlogbuch der Antares, 03. März 2156. Seit nunmehr drei Tagen sind wir wieder auf dem Rückflug zur Erde. – Commander Müller hat mir unterdessen mitgeteilt, dass die Arbeiten an der Schildvorrichtung nur langsam voran gehen.

    Reed, dem taktischen Offizier auf der Enterprise, fiel als ersten auf dass etwas nicht stimmte: Seine Konsole zeigte einen kurzen, aber deutlich messbaren Energieanstieg auf dem D-Deck, Sektion 12a an. „Er dauerte nur zwei Sekunden, dann war er auch wieder verschwunden.“
    Archer sah zu Tucker, der an der technischen Station die Anzeigen prüfte. „Trip?“
    „Laut Computer gibt es keine Fehlfunktionen in diesem Bereich.“
    „Nimm dir trotzdem ein paar Ingenieure und check das.“
    „Aye, Captain“, nickte Tucker und aktivierte das Interkom: „Tucker an Murphy und Cale, wir treffen uns auf dem D-Deck, Sektion 12a.“ Nach Murphys Bestätigung verließ er die Brücke mit dem Turbolift.

    Auf dem D-Deck streiften derweil drei Gestalten herum, die dort wirklich nicht hingehörten. Sie trugen grün-bläuliche Anzüge, die an eine Rüstung erinnerten und eindeutig für den Kampf bestimmt waren. Die Visiere ihrer Helme waren von außen undurchsichtig, so dass ihre Gesichter verborgen blieben. Sie hatten Waffen im Anschlag, mit denen keiner freiwillig Bekanntschaft machen wollte. Einer von ihnen sprach im befehlenden Ton „kjumnaih so'ul 'nhaith“, woraufhin alle die angegebene Richtung einschlugen.
    Plötzlich wurden Stimmen hörbar, die immer näher kamen. Murphy und Cale befanden sich auf den Weg zu der Sektion, die Tucker ihnen angegeben hatte, und schienen nicht gerade begeistert von dem Befehl den sie erhalten hatten.
    „Ich frage mich, was jetzt wieder los ist“, brummte Murphy.
    Der erste Romulaner, der auch schon zuvor gesprochen hatte, hob die Hand, flüsterte „'trun vuit!“ und die drei blieben stehen.
    „Wahrscheinlich hat Porthos es wieder einmal nicht zu seinem Klo geschafft und er braucht jemanden, um den Dreck wegzuschaffen“, mutmaßte Cale.
    „Tja, wir müssen etwas verbrochen haben.“
    „Ich habe dir doch gesagt, wir hätten Tucker beim Kartenspielen gewinnen lassen sollen, aber...“
    Sie bogen gerade um die Ecke, woraufhin sie sich den drei Romulanern gegenüber sahen.
    „Nah’hal!“, befahl der Erste wieder und die anderen beiden hoben ihre Waffen. Wie erwähnt, sie sahen so aus als ob niemand gerne mit ihnen Bekanntschaft machen würde, und ihre Wirkung bestätigte den Eindruck vollkommen: Keine Löcher wurden in die Brust gebrannt, nein, Murphy und Cale lösten sich einfach in Rauch auf.

    „Soeben gab es zwei weitere Entladungen auf dem D-Deck, Sektion 12 a. Diesmal bedeutend stärker. – Sir, es sieht wie ein Waffenfeuer aus!“, alarmierte Reed beunruhigt den Captain.
    Dieser aktivierte sogleich das Interkom: „Trip, bleib wo du bist, geh auf keinen Fall allein auf’s D-Deck!“
    „Verstanden, John“, erklang die verwirrte Antwort. „Was ist los?“
    „Später“, vertröstete ihn Archer und befahl Reed: „Riegeln Sie das D-Deck ab! – Schließen Sie sämtliche Schotts um die Sektionen 9 bis 15!“
    „Aye, Sir.“ Der Brite fühlte sich ganz in seinem Element und befahl sofort der Sicherheit, auf das D-Deck zu kommen. Dann stand er selbst von seiner Konsole auf und bat um Erlaubnis, sich dem Sicherheitsteam anschließen zu dürfen.
    „Erlaubnis erteilt“, nickte Archer.
    Reed verließ die Brücke und T’Pol übernahm die Taktik.
    „Geben Sie zur Vorsicht taktischen Alarm“, befahl Archer der Vulkanierin und zu Sato gewandt rief er: „Informieren Sie die Antares!“

    Reed versorgte sich in der Waffenkammer mit einer Phasenpistole und einem EM-Gewehr, dann stürmte er in den Turbolift und von dort auf das D-Deck, wo ihn drei Sicherheitsoffiziere erwarteten, die alle nur mit Pistolen bewaffnet waren.
    Die drei Romulaner befanden sich immer noch in der Sektion 12a; vor einem der nun verschlossenen Schotts angekommen, sprach der Erste: „Afurr. – hyaa-aife!“
    Die beiden anderen hoben wieder ihre Disruptoren und wollten schon das Schott sprengen, als dieses sich von selbst öffnete.
    „Feuer!“, rief Reed, der mit seinen Leuten von der anderen Seite hereinkam. Doch die Anzüge der Romulaner absorbierten die lähmenden Strahlen der Phasenpistolen. Dagegen konnten die Uniformen der beiden Sicherheitsoffiziere, die nun unter gegnerischen Beschuss gerieten, die Disruptorschüsse keineswegs absorbieren.
    „Rückzug“, befahl Reed und lief mit dem verbliebenen Sicherheitsoffizier zurück, die Romulaner dicht auf den Fersen. Er feuerte sein EM-Gewehr ab, das erfreulicherweise mehr Wirkung zeigte und einen der Romulaner tötete. Dann konnte er gerade noch einen Disruptorschuss ausweichen, der die Wand streifte und die Lampe hinter ihn vaporisierte. Sofort wurde es dunkler im Korridor, was in einem Gefecht nie von Vorteil sein kann (es sei denn, man hatte Nachtsicht- oder Infrarotsensoren). Reed schmiss sich auch prompt auf den Boden, zielte auf die Korridorwand hinter den Romulanern und zerstörte eine Energieleitung. Die Explosion schleuderte die beiden Angreifer durch die Luft, doch ihre Schutzanzüge verhinderten offenbar schlimmere Verletzungen. Nur das Visier eines Romulaners wies einen Riss auf, der allerdings nicht groß genug war, um etwas von seinem Gesicht erkennen zu lassen.
    Reed rappelte sich auf und eilte zur nächsten Sektion des Decks, wo er sofort das Sicherheitsschott schloss, sobald er und der Sicherheitsoffizier durchgehuscht waren. „Ich schätze, wir sollten Verstärkung holen! – sie bleiben hier und bewachen das Schott, ich werde schnell die Teams einweisen!“
    „Aye, Sir“, erwiderte der Offizier.

    Die anderen beiden Romulaner standen derweil benommen vor dem soeben verschlossenen Schott und der Erste rief wütend: „Ar’va mnahe hevam!“, was soviel bedeutete wie: „Ich hasse Menschen!“ Er und sein Begleiter feuerten auf das Schott, welches, wenn man die Wirkung der Disruptoren auf Menschen in Betracht zog, schon beim ersten Schuss zumindest ein paar starke Risse bekommen hätte sollen. Aber entweder waren ihre Energiezellen schon auf einem niedrigen Level oder die Schotts waren stabiler als die Romulaner vermuteten.
    Auf der anderen Seite des Schotts wurde es dem Sicherheitsoffizier trotzdem ungemütlich; er zog sofort seinen Kommunikator hervor und alarmierte Reed.
    „Verstanden, Lang, wir sind gleich bei Ihnen!“, erklang die Antwort aus dem Lautsprecher.
    Die Romulaner schienen inzwischen vor dem störrischen Stück irdischer Ingenieurskunst kapituliert zu haben, auf jeden Fall senkten beide ihre Waffen und der Erste meinte: „Aehhen khru“, woraufhin der andere nickte. Er berührte eine Taste an seinem Anzug und die beiden Eindringlinge lösten sich in einem Transporterstrahl auf. Der Erste tat es ihm gleich, doch statt sich ebenfalls zu dematerialisieren wurde das Sicherheitsschott von einer gewaltigen Explosion aus den Angeln gerissen; es begrub Lang unter sich und eine Feuerwalze fegte durch den Korridor, die das Schiff fürchterlich erbeben ließ.
    Der zweite Romulaner war im Shuttle materialisiert und aktivierte den Antrieb. Doch anstatt zu starten, versagte zuerst die Tarnvorrichtung und dann explodierte das Shuttle in einer gewaltigen Explosion, die ein ganzes Stück der Enterprisehülle mit sich nahm.

    *
    Die Brückenoffiziere der Antares hielten geschockt den Atem an, als sie die Explosion an der Außenhülle der Enterprise sahen.
    „Die Enterprise verliert ihren Warpantrieb, Captain“, informierte Tschernovsky Caylon.
    „Runter auf Impuls. Bringen Sie uns zur Enterprise“, befahl der Captain seinem Navigator und aktivierte dann das Interkom. „Caylon an Miller, bereiten Sie die Krankenstation auf Verwundete vor.“
    „Verstanden, Captain.“
    „Brücke an Maschinenraum, halten Sie ein Ingenieursteam für den Notfalleinsatz auf der Enterprise bereit.“ Und Beem befahl er, ein Sicherheitsteam zusammenzustellen.
    „Sind schon unterwegs, Captain“, erklang nun Müllers Komm-Stimme.

    Im Kontrollzentrum des Shuttlehangars arbeiteten zwei Offiziere, um bei den Startvorbereitungen für den Rettungseinsatz zu helfen.
    Zwei Romulaner materialisierten in den bereits bekannten Kampf-Anzügen, bewaffnet mit jenen Disruptoren, mit denen schon diverse Crewmitglieder der Enterprise tödliche Bekanntschaft gemacht hatten. Nun waren es eben jene beiden Techniker, die das schmerzhafte „Vergnügen“ hatten, von den Energieentladungen in ihre Moleküle zerrissen zu werden.
    Gerade in diesem Moment öffneten sich die Zugangstüren zu dem Kontrollraum, denen die Angreifer den Rücken zugewandt hatten. Nun aber drehten sie sich um und sahen sich Beem gegenüber. Dieser sprang geistesgegenwärtig durch die noch offenen Türen zurück, doch einer der Romulaner traf ihn an seinem Bein. Es war ein Wunder dass es sich nicht gleich auflöste; vermutlich lag es daran, dass der Schuss ihn nur streifte. Doch das war genauso schlimm wie ein Volltreffer mit einer auf Töten gestellten Phasenpistole; Beem schrie vor Schmerzen auf und fiel bewusstlos zu Boden.
    „Vah mnaeri mnean ihir sa’diam?“, fragte der zweite Romulaner und deutete auf den Sicherheitsoffizier.
    „Wir nehmen ihn gefangen“, meinte der erste (Der Verständlichkeit halber werden die Worte der Romulaner von nun an gleich übersetzt wiedergegeben).
    Der zweite nickte und zog den Bewusstlosen an dessen Füßen zurück in den Kontrollraum.
    „Stellen Sie Ihre Waffe auf Betäubung!“, befahl nun wieder der Erste. Es schien, er hatte Gefallen an der nichttödlichen Wirkung der Disruptoren gefunden. So ließen sich immerhin Gefangene machen, die man zum Verhör mitschleppen konnte. Und Geiseln, die einen sicheren Rückzug garantierten.
    „Bereiten Sie unser Shuttle vor“, befahl der Erste, nachdem sein Untergebener die Umstellung vorgenommen hatte.
    Die Türen öffneten sich erneut und Müller kam mit einem PADD in der Hand herein. Ohne ihre Augen von dem Datenträger zu nehmen, sprach Sie: „Mr. Beem, ich hätte gerne Ihre Meinung zu...“
    Der Strahl aus dem Disruptor des zweiten Romulaners streckte sie – Gott sei Dank nur betäubt – nieder.
    „Versiegeln Sie die Türen“, knurrte der Anführer. Mehr Gefangene hätten ohnehin nicht in ihr Shuttle gepasst.
    „Ich werde es versuchen“, erwiderte der Zweite. Er machte sich an den Konsolen zu schaffen – zum großen Teil blindlings, denn er verstand die Anordnung nicht, doch schließlich schnappten die Türschlösser zum gesamten Hangar hörbar zu. „Erledigt.“
    Beem, den sie beinahe vergessen hatten, kam langsam wieder zu sich. Vorsichtig griff er nach den Kommunikator in seiner Ärmeltasche und rief schnell: „Eindringlinge, Shuttle...“
    Der zweite Romulaner narkotisierte ihn wieder.

    „Taktischer Alarm!“, rief Caylon. „Sicherheitsteams in den Shuttlehangar! – Mestral, Sie haben die Brücke!“
    „Eye, Sir.“
    Caylon verließ die Brücke, besorgte sich aus dem nächst gelegenem Waffenschrank eine Phasenpistole und eilte in Richtung Turbolift.
    Vor dem Shuttlehangar erwartete ihn bereits ein vollständig versammeltes Sicherheitsteam.
    „Bericht!“, rief er.
    „Wer auch immer da drin ist, Captain, sie haben die Türen versiegelt. Es wird etwas dauern, bis wir die Sicherheitssperren umgangen haben.“
    „Negativ. Wir müssen davon ausgehen, dass sie Lieutenant Beem gefangen halten, wir haben keine Zeit für so was.“
    „Wir könnten die Tür sprengen und die Eindringlinge so hoffentlich überraschen“, schlug der Sicherheitsoffizier, der soeben Bericht erstattet hatte, vor.
    Caylon dachte nach. War es das Risiko wert? Was, wenn die Eindringlinge nicht so überrascht wurden wie sie es planten, sondern Beem einfach töteten? Dass sich auch Müller in deren Gewalt befand, wusste er nicht. „Nein“, meinte er schließlich. „Ist es irgendwie möglich, eine Verbindung nach drinnen zu bekommen?“
    „Wir könnten versuchen, Lieutenant Beems Kommunikator anzufunken.“
    „Versuchen wir es.“ Der Captain zog seinen Kommunikator. „Caylon an Torlan.”
    „Ja, Sir?“
    „Ich werde gleich versuchen, mit den Eindringlingen Kontakt aufzunehmen. Ich bin mir nicht sicher, um wen es sich dabei handelt, halten Sie bitte den Universalübersetzer bereit.“
    „Verstanden. – Bereit.“
    „Danke. Stellen Sie mich bitte zu Lieutenant Beems Kommunikator durch.“
    „Erledigt. – Torlan Ende.“
    „Nun denn...“, begann der Captain und sprach in den Kommunikator: „Hier spricht Captain Frederick Caylon, ich bin der Kommandant dieses Schiffes.“
    Nach einer Weile hörte er von dem anderen Ende ein „Fvah?“
    „Romulaner“, meinte Torlan, der mit dem Hörer im Ohr fieberhaft an den Einstellungen des Übersetzers arbeitete.
    „Können Sie mich verstehen?“, fragte Caylon.“
    „Ja“, erklang die übersetzte Stimme des Anführers.
    „Gut. Mit wem spreche ich?“
    „Das braucht Sie nicht zu interessieren.“
    „Was wollen Sie?“
    „Wir wollen nur sichere Abreise.“
    „Wenn Sie nur weg wollen, wieso sind Sie dann überhaupt erst an Bord gekommen?“
    Nach einer Weile antwortete der Romulaner: „Um unseren Auftrag zu erfüllen.“
    „Und der lautet?“
    „Das geht Sie nichts an.“
    Caylon klang nun etwas gereizter. „Wenn es um mein Schiff geht, bin ich sehr wohl der Meinung, dass es mich etwas angeht.“
    „Ich denke, Sie sind nicht in der Lage, Bedingungen zu diktieren. Wir haben zwei Ihrer Besatzungsmitglieder in unserer Gewalt.“
    „Dann frage ich Sie jetzt noch mal: Was wollen Sie?“
    „Das wissen Sie.“
    „Ich werde auf keinerlei Bedingungen eingehen, bevor ich nicht meine Crewmitglieder gesehen habe.“
    „Sie gehen auf unsere Bedingungen ein, oder Sie werden Ihre Crewmitglieder niemals wieder sehen“, entgegnete der Romulaner, den die Unterhaltung allmählich zu langweilen anfing. „Unser Shuttle befindet sich nicht weit von unserer Position.“
    Caylon seufzte resignierend. „Wir werden Sie nicht aufhalten...“
    „Eine weise Entscheidung, Captain. – Wir werden schneller wieder weg sein, als Sie es merken.“ Er klappte den Kommunikator zu und zerstörte ihn dann mit seinem Disruptor. „Munean haviua diiver sa’munevher“, meinte er dann zu seinem Kameraden, welcher nickte. „Anhelae vectau!“, rief der Erste nun.
    Der zweite Romulaner nickte erneut und holte eine kleine Vorrichtung aus seinem Anzug, die er an die Zugangstüren zum Kontrollraum heftete. Dann drückte der erste einen Knopf an seinem Raumanzug und beide Eindringlinge wurden samt der zwei Geiseln weggebeamt.

    An der Taktik gab es wieder einen Alarm und der Wissenschafts-Offizier stand vom Kommandosessel auf um nachzusehen, was an der nicht besetzten Konsole vor sich ging. „Mestral an Captain Caylon.“
    „Sprechen Sie.“
    „Sir, es hat soeben einen Energieanstieg im Shuttlehangar gegeben. Ich würde sagen, es handelte sich um einen Transporter-Strahl.“
    „Verstanden“, erwiderte Caylon und wandte sich an den Sicherheitsoffizier: „OK, sprengen Sie die Tür. Wir gehen rein!“
    Der nickte und ging mit seinem Team in Stellung. Mit ihren EM-Gewehren zerstörten sie die Tür und er selbst, Caylon sowie drei Sicherheits-Offiziere betraten den Hangar mit gezogenen Waffen. „Klar“, meinte er knapp, nachdem sie alles gesichert hatten.
    Caylon sah zum Kontrollraum herauf; durch das Fenster konnte er sehen dass er allem Anschein nach leer war, doch der Sicherheitsoffizier meinte dass es besser sei, das zu überprüfen.
    Also stiegen Caylon und der Offizier die Leiter hoch, während die drei Sicherheits-Offiziere zurückblieben.
    „Der ist leer“, meinte der Sicherheitsoffizier, nachdem er den Kontrollraum betreten hatte.
    Nun kam auch Caylon herein. Obwohl der Mann von der Sicherheit ein paar Sekunden länger anwesend war, fiel dem Captain als ersten das Päckchen auf, das die Romulaner an der Tür angebracht hatten. „Was ist das?“, fragte er und deutete darauf.
    „Sieht wie irgendeine Art von Anzeige aus“, meinte der Sicherheitsoffizier nach einem Blick auf die im Sekundentakt wechselnden Anzeigen.
    Caylon nickte; er holte seinen Scanner aus einer der Uniformtaschen und hielt ihn an das kleine Objekt. „Oh Mist!“
    „Was ist?“
    Caylon zeigte auf das Display des Scanners, wo die Übersetzung der romulanischen Schriftzeichen zu sehen war. Es handelte sich um einen Countdown:
    0:05 – 0:04 – 0:03 – 0:02...

    Kapitel VI
    Die Anzeige erreichte die „0:01“ und alles löste sich in einem grün-orangenen Feuerball auf.
    Augenblicke später begannen Caylon, der ihn begleitende Sicherheitsoffizier und ein weiterer Offizier auf der Transporterplattform zu materialisieren, die wie der Rest des Schiffs von der gewaltigen Explosion durchgeschüttelt wurde. Es dauerte ganze zehn Sekunden, bis sie vollständig rematerialisiert waren.
    Der Sicherheitsoffizier schrie verwirrt und Caylon starrte vor sich hin. „W... was war das?“
    Mestral stand hinter der Transporterkonsole. „Knapp! Wir haben zwei verloren“.
    „Und gerade wohl einen dritten!“, rief Caylon schockiert, als der Mann hinter ihnen – einer von den drei Sicherheitsleuten – zusammenbrach.
    Mestral ging zum Interkom und alarmierte die Krankenstation. Dann begab er sich zu den anderen beiden, die bereits beim gestürzten Kameraden verweilten. Von Nahem betrachtet sah es aber so aus, als gäbe es keine Hoffnung mehr: Caylon konnte keinen Puls mehr fühlen, das Gesicht war entstellt, ein Arm verstümmelt und es sah so aus als ob diverse Organe außen statt im Körperinnern materialisiert waren. Blut spritzte an die Wand der Transporterkammer und breitete sich in einer Lache unter dem Verunglückten aus.
    Caylon ging zum Interkom und rief: „Captain an Krankenstation: Kommen Sie nicht zum Transporter... Es ist zu spät.“
    „Hier Dr. Miller... Verstanden, wir haben hier genug zu tun!“, kreischte es schon beinahe vor Hektik aus dem Lautsprecher.
    Der Sicherheitsoffizier übergab sich, während eine weitere Stimme aus dem Komm-System erklang: „Torlan an Sir... Captain, kommen Sie schnell auf die Brücke! Sie werden benötigt!“
    Caylon hielt inne. Der erste Einsatz und schon drei Tote, wenn nicht gar noch mehr Verletzte, Beem und noch ein Crewmitglied in der Gewalt der Romulaner...
    Mestral kam auf ihn zu. „Es scheint, dass einige Metallsplitter den Transport gestört haben. Alles ist durcheinander geraten durch ihre magnetische...“
    „Danke... Kommen Sie, wir gehen auf die Brücke.“ Zum Sicherheitsoffizier meinte er: „Lassen Sie ihn hier liegen, oder... tun Sie, was Sie für richtig halten... Ich werde jemanden schicken, der das hier aufwischt.“ Er deutete auf das Erbrochene, das bereits begonnen hatte sich mit dem Blut des Verunglückten zu mischen.
    „Dieser Mann war mein Freund...“, erwiderte der Offizier tonlos.
    „Ja.... Ich werde ihn...“ Caylon sprach nicht weiter und ging.

    Auf dem Weg zur Brücke erfuhr er, wer die zweite Geisel der Romulaner war: Commander Müller. Schlagartig sank seine Stimmung noch weiter. Nachdem er den Turbolift verlassen hatte, erkundigte er sich zunächst leise, was vorgefallen sei.
    „Soll das ein Witz sein?“, rief Torlan, „ich nehme an, Sie haben gemerkt, was gerade passiert ist!“
    „Ja, das habe ich! Hautnah!“, entgegnete der Captain nun ebenfalls aggressiv.
    „Entschuldigung... Captain Archer von der Enterprise ruft uns.“
    „Legen Sie den Ruf in meinen Raum!“ Caylon verließ die Brücke.

    Das Bild war stark verrauscht, aber man konnte dennoch die lange Wunde erkennen, die Archers Stirn zierte. „Frederick, wir haben ein Problem!“, begrüßte er seinen Amtskollegen.
    „Dem stimme ich zu. Es ist sogar mehr als eins! Was genau ist passiert?“
    „Die haben ihr Schiff, das sie an unserer Außenhülle angedockt hatten, in die Luft gesprengt!“
    „Kommt mir bekannt vor! Bei uns war es eine Bombe! Und Lieutenant Beem und mein Chefingenieur wurden als Geisel genommen. – Wir müssen da Schiff aufspüren, von dem die Shuttles kamen!“
    „Als Geisel? Verdammt! – Konnten sie fliehen?“
    „Ich weiß es nicht, aber es ist zu vermuten... Veni, vidi, vici! Ironisch, nicht wahr? Wie bei den alten Römern siegen diese Romulaner!“
    „Ich würde es nicht als Sieg bezeichnen“, widersprach Archer, „ich kann mir nämlich kaum vorstellen, dass ihr Auftrag lautete, Amok zu laufen! Sie hatten etwas vor – und wir haben sie dabei gestört...“
    „Nur was? Was hatten sie vor?“
    „Wenn Sie mich fragen, dann wird es Zeit, dass wir etwas mehr über diese Romulaner erfahren! Wir wissen weder, wie sie aussehen, noch können wir ihre Sprache sprechen! Sie könnten wie Elefanten aussehen – und wir würden es nicht wissen! Sie sind wie ein imaginärer Feind...“
    „Aber ziemlich real... Ich habe ein ungutes Gefühl... Als ob die uns aus einem bestimmten Grund auf den Fersen sind“, bemerkte Caylon nachdenklich.
    „Ich... habe da eine Befürchtung... Ich werde versuchen... gewisse Quellen anzuzapfen, sobald wir wieder auf Warp gehen können!“
    „Wir schicken euch ein Reparaturteam, damit es schneller geht.“
    „Gut, wir können es gebrauchen! Immerhin ist unser Schiff älter!“
    „Ja, ganze fünf Jahre!“, meinte Caylon mit einem Hauch von Schmunzeln.
    Da erschien ein kleines Fenster am linken oberen Rand von seinem Bildschirm, in dem der Andorianer zu sehen war. „Torlan an Captain. Könnten Sie… bitte auf die Brücke kommen?”
    „Selbstverständlich.“ Er schloss das kleine Fenster und verabschiedete sich noch von Archer: „Machen Sie’s gut, John! Wir sprechen uns noch, nehme ich an?“
    „Ja, ich denke schon! Archer Ende.“

    Wieder auf der Brücke angekommen, nahm Caylon erst richtig die Techniker war, die eifrig dabei waren, diverse Konsolen und Lampen zu reparieren. Die Enterprise hatte auf ihrem Jungfernflug keine so großen Schäden genommen... Ihn hätte es nicht verwundert, wenn die Romulaner tatsächlich wie Elefanten aussahen – auf jeden Fall benahmen sie sich wie solche im Porzellanladen. „Was ist passiert?“, wollte er von Torlan wissen.
    „Fragen Sie unseren Hightech-Computer!“
    „Bitte?“
    „Ich nehme an, er meint mich“, entgegnete Mestral.
    Caylon ging auf seinen Wissenschaftsoffizier zu.
    „Es sind gute Nachrichten“, fuhr dieser fort.
    „Erinnern Sie mich daran, einen Strich im Kalender zu machen!“
    „Ich werde dran denken!“, meinte Mestral lächelnd. „Also, Folgendes: Ich dachte, es wäre ganz praktisch zu wissen, wo dieses Shuttle hin ist, oder ob es überhaupt ein Shuttle gab.“
    Die Neugier der anderen Führungsoffiziere war nun geweckt. Torlan, Tschernovsky und die gerade herein gekommene Dr. Miller kamen näher.
    „Puh... Alle gesund oder verarztet?“, fragte letztere.
    Torlan meldete sich. „Mein linker Fühler ist... ein wenig... taub. Ich ver... verstehe, dass Sie beschäftigt sind, aber...“
    „Keine Sorge... Ich werde mich nachher darum kümmern“, meinte sie, während sie sich über Mestrals Konsole beugte.
    „Danke!“
    „Nun, was ist los?“, fragte Tschernovsky.
    „Das wollte ich gerade erklären, aber Sie stehen leider alle im Licht!“
    Die Offiziere sahen sich an und wichen bis auf den Captain alle einen Schritt zurück.
    „Also“, fuhr Mestral fort, „ich habe es geschafft, durch das Aussenden von EM-Strahlung Plasmateilchen um uns herum im Raum aufzuheizen. Ich habe Ensign Tschernovsky gebeten, entlang dieser Spur zu fliegen. Einige Teilchen sind durch seinen ziemlich rasanten Flugstil verschoben worden...“
    Ensign Darius Tschernovsky sah sich betont unschuldig um.
    „...aber nach etwa zwei Kilometern war der Kurs geradlinig. Jetzt ist nur noch die Frage, wohin er führt...“
    „...und ob das, was da war, auch jetzt noch dort ist“, ergänzte Miller.
    „Sehr scharfsinnig!“, meinte Torlan ironisch.
    „Nicht jeder ist ein barbarischer Jäger, Mr. Torlan!“
    „Beleidigen Sie mein Haus nicht!“
    „Ms. Miller, nicht aufregen!“, ermahnte sie Caylon. Und zu Torlan gerichtet sagte er: „Wir sind alle ganz ruhig!“
    „Auch wenn das ziemlich schwer fällt!“, bemerkte Tschernovsky.
    „Sprechen Sie!“, forderte ihn der Captain auf.
    Der Navigator wurde ziemlich verlegen. „Nun ja... äh... ich meine... Also, zwei unserer Leute sind gefangen, drei weitere tot... Und wir wissen nichts über unseren Feind.“
    „Genau, und deshalb ist er auch nicht unser Feind. Ein Gegner wird erst dann zum Feind, wenn man ihm in die Augen blicken kann.“ Zunächst leiser fügte er hinzu: „Und dafür werde ich sorgen... – Alle Mann auf ihre Stationen! – Doktor, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Überstunden machen könnten.“
    „Wie Sie wünschen. Ich muss sowieso noch die Krankenstation reinigen! Alles ist staubig und dreckig...“
    Während die Ärztin ging, sahen sich die anderen Führungsoffiziere belustigt an.
    „Ensign, ich möchte, dass Sie entlang der Pasmaspur fliegen, nur mit Manövrierdüsen“, befahl der Captain Tschernovsky. „Mr. Mestral, suchen Sie auf allen Bändern, Frequenzen und was es sonst noch so gibt nach allem, was hier nicht sein sollte und verdächtig erscheint. – Torlan, Sie kommen mit mir. Wir treiben einen vorübergehenden Taktischen Offizier auf und werden uns die Videoaufzeichnungen ansehen. Vielleicht können wir mit ein paar Tricks unsere Feinde erkennen.“ Kurz vor dem Turbolift gab er noch eine letzte Anweisung: „Mr. Mestral, Sie haben das Kommando!“

    *
    Man hätte meinen sollen, das Hangardeck sei samt der darin befindlichen Shuttles vollkommen zerstört worden. Dem war aber nicht so, lediglich der Kontrollraum war zu Metallstaub geworden, die Shuttles selbst hatten nur ein paar rußgeschwärzte Flecken abbekommen. Genau genommen war fast die gesamte Außenhülle von Ruß überzogen, mit ein paar mehr oder weniger blanken Stellen dazwischen. Aber sie hielt noch. Metall war eben stabiler als Fleisch und so konnte die Antares ein Reparaturteam schicken, das die Leute unterstützte, die in ihren bronzefarbenen Raumanzügen auf der Außenhülle der Enterprise am Werkeln waren. Ein Großteil der auf der Antares verbliebenen Techniker kümmerte sich derweil um den Shuttlehangar; es war fast ein kleines Wunder, dass die Fähre vorhin durch diesen Trümmerhaufen gekommen war. Aber wie gesagt, den meisten Schaden hatte der Kontrollraum abbekommen. Und irgendwie schien es Einigen auch Spaß zu machen, im Vakuum des luftleeren Hangars zu arbeiten. Sie fühlten sich wie richtige Astronauten. Nun, streng genommen herrschte dort kein Vakuum, denn die Abschottung war transparent und hielt die Luft im Innern fest. Trotzdem trauten sie diesem Anblick nicht so ganz; es wirkte fast wie ein Aberglaube, dass etwas, das man nicht richtig sehen konnte, auch keinen ausreichenden Schutz vor der Kälte des Weltalls bot.

    Caylon und Torlan befanden sich derweil auf den Weg zum Computerraum. Der Andorianer war hochzufrieden, denn er hatte dem Captain soeben den Vorschlag unterbreitet, in Beems Abwesenheit vorübergehend als Taktischer Offizier zu arbeiten. Und Caylon hatte zugestimmt! Es war zwar denkbar dass er immer noch unter den Auswirkungen der Explosion und des Nottransports litt, aber andererseits erschien es irgendwie auch logisch, einen Andorianer an der Taktik zu haben. Caylon selbst hatte mit einigem Erstaunen gehört, wie Torlan den Lieutenant von der Berman beim Vornamen genannt hatte. Doch war es ein Wunder, dass sich ein irdischer Sicherheitsoffizier, der dreizehn Kameraden verloren hatte und nun auf Rache aus war und ein von Natur aus aggressiver Blauhäuter mit Antennen so gut miteinander verstanden? Wohl kaum. Eigentlich hätte der Captain den Andorianer nun schwören lassen müssen, kein romulanisches Schiff ohne seinen ausdrücklichen Befehl in die Luft zu jagen, aber sie waren nun beim Computerraum angekommen.
    „Captain, welch eine Ehre!“, rief der orientalisch aussehende Lieutenant-Commander, der für die Datenverarbeitung zuständig war.
    „Mr...“
    „Benjur Al’Seen!“
    „Ach, Sie haben den Maschinenraum übernommen, richtig?“
    „Ja, das stimmt. In einem Notfall übernehme ich dort.“
    „Dann haben Sie alles richtig gemacht, denn dies ist ein Notfall. – Wir müssen uns die Sicherheitsaufzeichnungen des Shuttlehangars ansehen.“
    „Ich verstehe. Das Loch in den Raum ist ganz schön groß, es ist eine gigantische Aussicht. Gott sei Dank haben wir den Bereich mit durchsichtigen Schotten absichern können. Es wird Zeit, dass das Kraftfeld überall eingesetzt wird.“
    „Keine Sorge, der Fortschritt wird auch uns noch erreichen. Ich hoffe, Ihre Bildbearbeitungsprogramme sind da schon weiter voraus.“
    „Sie werden staunen!“, meinte Al’Seen.
    Torlan, der bislang den zylindrischen Computerkern mit seinen bläulich leuchtenden Leitungen bestaunt hatte, wandte seinen Blick nun der Konsole zu, an der der Araber arbeitete.
    „Kann man hier auch auf meine persönlichen Logbücher zugreifen?“, fragte Caylon mit einem Hauch von Unbehagen.
    „Nein“, lachte Al’Seen, „die sind auf Ihrem persönlichen Computer drauf.“
    „Da bin ich ja beruhigt.“
    „Da sind ja diese Bastarde!“, entfuhr es Torlan, als auf dem Bildschirm zwei Romulaner in Kampfanzügen erschienen.
    Al’Seen blickte ihn zweifelnd an, er war mit dem Temperament des Austauschoffiziers noch nicht so gut vertraut.
    „OK, ... Halten Sie das Bild an. Versuchen Sie mal den Vorderen ranzuzoomen.“, befahl der Captain, den Ausbruch des Andorianers willentlich ignorierend.
    Der Kopf des scheinbar führenden Romulaners erschien nun in Großaufnahme, doch von dem Gesicht konnte man in diesem Stadium der Darstellung noch nicht die Spur erkennen.
    „Da ist er...“, murmelte Caylon.
    „Aber, wenn ich das sagen darf... viel bringen tut uns das nicht.“
    „Nein, aber nun können wir ihm in die Augen blicken...“, meinte Torlan.
    „Noch nicht“, dämpfte der Captain die Erwartungen seines neuen Taktischen Offiziers. Al’Seen fragte er: „Können Sie eine Art von Infrarotmessung vornehmen... Ich will sehen, wer sich hinter diesem Visier befindet. Wie sie aussehen...“
    „Das wird schwer. Es scheint kein richtiges Visier zu sein, mehr eine Art innerer Bildschirm... vermute ich. Aber ich versuche es...“
    Ein paar Sekunden später nahm das Bild die für ein sichtbar gemachtes Infrarotspektrum typische Farbzusammensetzung an: Blaue, orangefarbene, Flächen zu denen sich auch noch grüne und gelbe gesellten.
    „Ich habe ein Wärmebild erzeugt“, erklärte der Informatiker, „unsere Kameras können alles. Aber, nun ja, viel sehen wir da nicht...“
    „Wir müssen durch das Visier blicken... Versuchen Sie’s mal mit Restlichtverstärkung... Irgendwas dringt doch da durch...“
    Al’Seen kam der Aufforderung des Captains nach und zoomte das Visier heran. Es erschien nun in grünen Tönen, und man konnte in der Tat ein paar schwache Konturen erkennen, oder vielmehr erahnen. „Das hat auch nicht viel gebracht... Immerhin wissen wir, dass sie humanoid sind!“
    „Hellen Sie das Bild auf und erhöhen Sie den Kontrast!“
    Die Konturen wurden nun etwas schärfer. Eindeutig ein Humanoide, aber das war auch schon alles.
    „Was ist denn das?“, fragte Caylon, konzentriert und fast ein wenig enttäuscht auf den Monitor starrend.
    Torlan beugte sich noch weiter zum Bildschirm vor. „Ich weiß es nicht. Das könnte alles sein, vom Andorianer bis zum Suliban...“
    „Ja, aber wie sehen Sie nun aus? – Versuchen Sie mal den anderen Romulaner, der sich links von ihm befand, zu identifizieren!“
    „Wie Sie wünschen...“ Al’Seen zoomte wieder heraus und nahm den anderen Eindringling unter die Lupe, wiederholte sämtliche vorangegangenen Prozeduren, doch das Ergebnis war nicht viel befriedigender. Der Computerspezialist dachte eine Weile lang nach, dann meinte er: „Vielleicht haben wir mit den Aufzeichnungen von der Enterprise mehr Glück.“
    „Hoffen wir es...“
    Die Kommunikation auf der Brücke war von einem Lieutenant besetzt; er stellte eine Verbindung zum Computerkern der Enterprise her und schon bald darauf sah sich Al’Seen deren Romulaner-Aufzeichnungen an. „Das sieht ja schon mal viel versprechend aus! Bei denen waren gleich drei Stück zu Besuch. Ich bin erstaunt, deren Kameras scheinen ebenfalls auf dem neuesten Stand zu sein...“
    „Hätten Sie bei Commander Tucker und Lieutenant Reed auch etwas anderes erwartet?“
    „Nun ja, in fünf Jahren kann sich Einiges ändern...“ Der Arabischstämmige nahm sich einen Romulaner nach dem anderen vor, ebenfalls ohne allzu großen Erfolg. Er spulte ein paar Bilder weiter vor, wo es dunkler wurde, nachdem einer der Romulaner eine Lampe im Korridor zerstört hatte. Da waren es auch nur noch zwei von ihnen, wie es schien waren ihre Chancen, doch noch ein brauchbares Bild des Gegners zu bekommen gleich Null. Al’Seen spielte die dunkleren Szenen mit Restlichtverstärkung ab, was zu einem schmerzhaften Weiß führte, als die Energieleitung hinter den verbleibenden Romulanern explodierte. Schnell wurde die Lichtverstärkung für diesen Teil der Aufzeichnung heruntergefahren.
    Torlan wirkte sichtlich beeindruckt. „Dieser Mann, der die Leitung zerstört hat... War das Lieutenant Reed?“
    „Sieht ganz so aus“, bestätigte der Computerspezialist.
    „Der Kerl ist mir irgendwie sympathisch... Immerhin hat er es geschafft, mehr gegen diese Dreckskerle zu unternehmen als wir!“
    „Und dafür haben sie auch gleich ihr Shuttle in die Luft gesprengt“, ergänzte Caylon tonlos.
    „Nun ja, wie sagt man doch auf der Erde so schön... Wo gehobelt, wird, da...“
    „Das könnte es sein!“ Al’Seens Ausruf wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den Sicherheitsaufzeichnungen zu.
    „Was haben Sie?“
    „Das Visier des einen Romulaners bekam durch die Explosion einen Riss!“ Er hatte den betreffenden Kopf bereits isoliert und herangezoomt. Ganz konnte man das Gesicht auch mit der nachfolgenden Infrarot-, Restlichtverstärkungs- und Kontrastverbesserungsaktion sichtbar machen, aber immerhin konnten sie eine Augenbraue erkennen. „Ihre Hautfarbe scheint etwa der der Menschen zu entsprechen... Und der von noch ein paar Dutzend oder hundert anderen humanoiden Rassen“, bemerkte der Informatiker, nachdem er die Infrarotdarstellung durch ein kontrast- und helligkeitsverstärktes Originalfarbenbild ersetzt hatte.
    Caylon und Torlan starrten diese Darstellung genau an.
    „Was ist?“, fragte Al’Seen verwundert, der außer der Augenbraue (vielmehr nur zwei Drittel davon) und ein paar umgebende Millimeter Haut nichts weiter von Bedeutung erkennen konnte.
    „Nichts... Ich dachte nur gerade, ich hätte noch etwas erkennen können“, meinte der Captain.
    Doch genau diese Augenbraue schien der Schlüssel zu sein: Torlans Fühler hatten nervös zu zittern angefangen, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Und nun begannen sie wie wild zu zucken...
    „Was ist los?“, fragte Al’Seen beunruhigt, „sind Ihre Antennen so eine Art eingebauter... Wünschelrute, die bei bestimmten optischen Reizen ausschlägt?“
    „Ich... weiß es nicht, eigentlich kann das gar nicht sein... Mein Linker Fühler wurde bei der Explosion im Hangar in Mitleidenschaft gezogen, das muss es sein! – Also nun mal ehrlich, was wissen wir schon? – Gar nichts!“
    Caylon nickte und befahl dem Computerexperten, die Ergebnisse zu speichern und erklärte die Datenanalyse für offiziell beendet.

    Torlan hatte es mit einem Mal eilig, in sein Quartier zu kommen. Doch mitten auf dem Weg dorthin machte er kehrt und begab sich zur Krankenstation. Er wollte nicht, dass diese Menschenärztin ihn anrührte, aber mit Fühlerverletzungen war nicht zu spaßen. Er hatte gehört, dass vor allem ältere, ganz selten aber auch jüngere Andorianer, Antennenrheuma bekamen, was zu extremer Eingeschränktheit der Antennenbewegungen bis hin zur völligen Steifheit führen konnte. Das Zucken seiner Fühler soeben im Computer- und Datenverarbeitungsraum war ziemlich schmerzhaft gewesen, die Behandlung ließ sich nicht länger aufschieben.

    Kapitel VII
    Auf der Enterprise gingen die Reparaturen etwas langsam, aber zügig voran. Captain Archer betrat gerade die Krankenstation, um seinen Kopf hatte er ein seltsames Gebilde geschlungen, das sowohl an einen Verband als auch an etwas Lebendiges erinnerte. Zumindest bewegte es sich, was ein normaler Verband nicht tun sollte. Immerhin regte sich das, was der Doktor ihm um die Brust geschlungen hatte, nicht auch noch.
    „Ah, Captain, was machen Ihre Verletzungen?“ Phlox schien selbst in einer Krisensituation wie dieser nicht die gute Laune zu verlieren. Und das obwohl bei der Explosion auch die Krankenstation in Mitleidenschaft gezogen worden war.
    „Die gebrochenen Rippen spüre ich gar nicht mehr, und am Kopf habe ich ein grässliches Jucken...“
    Der Denobulaner lächelte. „Dann wirkt der Speichel der Feridan-Maden. Widerstehen Sie dem Drang, sich zu kratzen oder den Verband abzunehmen. Wenn Sie sich kratzen, zerdrücken Sie womöglich die Maden und sie schütten im Todeskampf ein Sekret aus, das zu starken Halluzinationen führen kann.“
    „Na toll, können Sie mir nicht wenigstens einmal etwas verschreiben, das nicht mit irgendwelchen Tieren zu tun hat? Ich glaube kaum, dass Dr. Miller auf der Antares einen vergleichbaren Zoo hütet wie Sie hier.“
    „Das dürfte Sie in der Tat nicht. Ich hatte das Vergnügen, die Dame auf der Erde mal kurz kennen zu lernen; sie ist nett, aber ihr Hang zur Überpünktlichkeit und klinischen Sterilität auch im hintersten Winkel des Schiffs erscheint mir doch ein bisschen zu arg ausgeprägt. Das liegt wohl daran, dass sie noch jung ist, noch keine 30. Ich hoffe, sie wird sich in dieser Hinsicht noch zum Positiven ändern. Nicht dass ich etwas gegen Sauberkeit hätte, gerade ich als Arzt lege großen Wert auf die Reinheit meines Arbeitsplatzes und der Patienten. Aber schade fand ich es schon, wie sie bei der Erwähnung all meiner nützlichen Tierchen das Gesicht verzog.“
    „Ganz so übel ist die Sternenflottenmedizin auch nicht, Sie selbst praktizieren Sie ja ebenfalls zu einem Teil! – Sagen Sie, wie schaffen Sie es, in einer Lage wie dieser nicht Ihre Laune zu verlieren? Immerhin wurden bei der Explosion auch ein paar Ihrer Tiere getötet!“
    „Der Verlust trifft mich in der Tat, aber er dürfte leicht wieder wett zu machen sein, ganz im Gegensatz zu den Crewmitgliedern, die durch die Hand der Romulaner ums Leben kamen! – Sie haben Recht, eigentlich müsste ich wütend sein. Und ich bin es auch. Aber dann denke ich wieder daran, welche gefährlichen Situationen wir schon durchgestanden haben, und bei den meisten davon waren wir allein! Jetzt haben wir das modernste Raumschiff der Sternenflotte an unserer Seite, gewiss, es wurde auch beschädigt, aber wir werden es schon schaffen. Optimismus, Captain!“ Phlox setzte wieder sein legendäres Grinsen auf, das vor fünf Jahren zum ersten Mal für eine Hebung von Archers Gemüt gesorgt hatte. Nur diesmal verschwand es wieder schneller. „Na, immerhin wurden Sie dieses Mal nicht schon wieder entführt. Haben Sie eigentlich mitgezählt, wie oft Sie schon insgesamt in Gefangenschaft gerieten?“
    Archer lächelte leicht gequält. „Ich habe es irgendwann aufgegeben... Aber ich sage Ihnen, ich würde mich liebend gern noch hundert Mal entführen lassen, wenn ich dadurch den Tod all dieser guten Leute verhindern hätte können... Auf der Antares kam ein Crewmitglied bei einem teilweise fehlgeleiteten Nottransport ums Leben, das dürfte wohl kein schöner Anblick gewesen sein...“
    „Schreckliche Angelegenheit. Eigentlich ist es ein Wunder, dass die Moleküle in den meisten Fällen wieder genauso zusammengesetzt werden wie sie vor dem Beamen waren... Captain, ich muss Sie tadeln: Sie haben es soeben geschafft, meine Stimmung zu einem erwähnenswerten Grad zu dämpfen.“
    „Tut mir leid, Phlox... Willkommen im Club!“

    *
    Auch auf der Antares fand ein Treffen von Bordarzt und Captain statt: Caylon saß gerade in seinem Bereitschaftsraum und war in mehrere PADDs vertieft, als Dr. Miller hereinkam. Phlox hatte Recht gehabt was ihren Hang zur peniblen Reinlichkeit anging: Bevor sie sich setzte, wischte sie den teilweise nicht einmal wirklich vorhandenen Staub weg.
    „Stimmt etwas nicht?“, fragte Caylon belustigt, „der Stuhl ist gerade mal ein, zwei Monate alt!“
    „Mag sein... Wie oft putzen Sie hier?“
    Der Captain konnte nicht glauben dass sie das ernst meinte. „Sind Sie mein Schiffsarzt oder gehören Sie zum Reinigungspersonal der Werft? Wir sind im kalten und gefährlichen Weltraum unterwegs, zwei Crewmitglieder wurden von fast unbekannten Außerirdischen entführt und Sie denken offenbar jede Sekunde an Putzen und Staubwischen!“
    „Nun ja, mit so primitiven Mitteln...“
    „Was wollten Sie?“ Caylons anfängliche Amüsiertheit schlug in gereizte Ungeduld um.
    „Ja, weshalb ich gekommen bin... Und zwar hat Mestral mir diesen Vorschlag unterbreitet und ich halte seine Durchführung durchaus für durchaus realistisch. Wenn ich in der Lage wäre, eine Hautprobe oder so etwas von einem Romulaner zu bekommen, könnte ich mithilfe eines DNS-Scans eine Art von... Antlitz extrapolieren. Wir könnten dann den Computer anhand von unserem Erbgut darstellen und berechnen lassen, wie die Romulaner wohl aussehen...“
    „Da gibt es aber ein kleines Problem... Die Romulaner hatten Kampfanzüge oder so was in der Art. Wir haben keine Chance, an Hautpartikel zu gelangen. Es sei denn... Auf der Enterprise wurde das Visier des einen beschädigt, aber der Riss war zu klein um etwas erkennen zu können, und selbst wenn dadurch eine winzige Schuppe gerieselt sein dürfte, so wurde sie bei der folgenden Explosion zerstört.“
    „Mir würden auch sämtliche anderen Gewebezellen zusagen... Wo Sie gerade von der Enterprise und der Explosion dort sprechen, hatte einer der Romulaner sich nicht... nun ja...“
    „In die Luft gesprengt?“, beendete Caylon den Satz.
    „Solch eine Ausdrucksweise wollte ich eigentlich vermeiden...“
    „Wäre möglich, dass wir vielleicht etwas finden würden, aber wir haben Wichtigeres zu tun. Sobald die Enterprise wieder einigermaßen okay ist und von hier weg kann, müssen wir weiter...“
    „Ich könnte doch noch eben...“
    „Nein!“
    „Aber ich dachte...“
    „Wir werden noch genug Gelegenheiten haben, die Romulaner ohne Masken zu sehen. Da bin ich mir fast sicher.“
    „Wie Sie meinen.“ Die Enttäuschung war Dr. Miller deutlich anzumerken.
    „Doktor!“
    Doch sie wollte nicht mehr mit sich reden lassen. In dem Moment als sie den Raum verließ betrat ihn Torlan, welcher der Ärztin zögernd zunickte.
    „Wir haben so etwas wie Türsignale an Bord“, wies Caylon den Andorianer zurecht, als dieser vor seinem Schreibtisch stand.
    „Es war doch offen“, lautete die trockene Antwort.
    „Vor wem haben Sie eigentlich Respekt?“
    „Vor meinem ehrenwerten Vater und... eventuell noch vor Ihnen, was sich aber noch herausstellen wird.“
    „Sehr gut. Was kann ich für Sie tun?“
    „Was haben wir da auf diesen Kameraaufzeichnungen gesehen?“
    „Waren Sie nicht dabei?“ Der Captain gab sich betont unwissend.
    „Schon, aber ich will Ihre Theorie hören!“
    „Das Bild war von sehr schlechter Qualität. Es kann zu Fehlern gekommen sein, da wir viel herummanipuliert und –gebastelt haben.“
    „Sie verstecken sich hinter diesen vermeintlichen Ungenauigkeiten. Ihr Spezialist lobte doch die Qualität Ihrer Kameras so sehr, dass ich mich wunderte weshalb er nicht gleich eine Ode an sie schrieb!“
    „Was wir gesehen haben war wohl ein Romulaner, was sonst?“
    „Meine Fühler haben ausgeschlagen, was heißt dass es entweder ein Andorianer eines feindlichen Hauses war...“
    „War es aber nicht.“
    „...oder eine Frau...“
    „Ich glaube nicht, dass es eine Frau war.“
    „...oder ein Mensch... oder ein Vulkanier....“
    „Scheinbar irren sich Ihre Fühler. Sie bilden sich einen Feind ein, der nur im Unterbewusstsein existiert und projizieren das auf die Wirklichkeit. So würde es zumindest Sigmund Freud ausdrücken.“
    „Wer?“
    „Ein Psychologe. Ich erwarte nicht, dass ein Volk voller Psychopathen jemanden wie ihn kennt.“
    „Nehmen Sie das zurück...“, knurrte Torlan drohend.
    „War nur ein Witz!“, beschwichtigte ihn Caylon, „genauso wie unsere Augen uns oft nur zeigen, was wir sehen wollen, scheinen Ihre Fühler das auch getan zu haben. Obendrein war ja einer von ihnen auch noch verletzt, soweit ich mich erinnere... So einfach war das. Kein Grund zur Sorge, Torlan, vertrauen Sie mir.“
    „Jäger pflegen sich nicht zu irren, auch nicht mit einem nur leicht verstauchten Fühler.“ Mit diesen Worten verließ er den Bereitschaftsraum.

    *
    Caylon hatte die vergangenen zwei Stunden im Fitnessraum verbracht. Nun betrat er frisch geduscht den Turbolift, in dem sich bereits Mestral befand.
    „Sir!“
    „Lieutenant! – Brücke, nehme ich an?”
    Mestral nickte und Caylon stellte sich neben ihn.
    „Sie sagten, Sie hätten eine Spur?“
    „In der Tat. Es ist eine Theorie, aber sie ist sehr wahrscheinlich. T’Pol war so freundlich, mich im Gegenzug für unsere Leistungen davon zu unterrichten, dass dem Oberkommando Vulkans... gewisse Informationen vorliegen, die relevant sein dürften.“
    Irgendwie gefiel Caylon dieser Gedanke nicht ganz. „Ach, nein...“
    Mestral drückte auf einen Knopf und der Turbolift hielt an. Auf den fragenden Blick seines Captains atmete er tief ein und aus und meinte: „Sir, ich... muss Ihnen sagen, dass ich mich ein wenig... bedrängt fühle.“
    „Nach so kurzer Zeit schon? Ich kann nur hoffen, dass diese Mission nicht allzu lange dauert.“ Caylon wirkte sichtlich überrascht.
    „Sir, ich möchte, dass Sie wissen, dass ich nur zu einem Achtel...“
    „...dass Sie nur zu einem Achtel Vulkanier sind. Ich weiß... Und?“
    „Mich für etwaige Fehler meiner entfernten Artgenossen verantwortlich zu machen, ist falsch.“
    „So wie ich das verstanden habe, sind Sie aber lieber Vulkanier, oder?“ Der Gedanke an das arrogante Verhalten Sovals ließ ihn nachempfinden, wie Torlan und jeder andere Andorianer sich in der Gegenwart von Vulkaniern fühlen musste.
    „Das ist korrekt, nichtsdestotrotz gelingt es mir immer öfter nicht, meine Emotionen zu kontrollieren.“
    „Keine Sorge...“, lächelte Caylon, „ich werde Sie vom Dienst suspendieren, wenn Sie Ihre Aufgabe nicht mehr sachlich bewältigen können.“
    „Danke, Sir“, erwiderte Mestral ernst.
    Ironischerweise war es nun Caylon, der als Vollblutmensch die Augenbraue als Zeichen der Verwirrung hob, während sein Wissenschaftsoffizier den Turbolift wieder in Bewegung setzte.

    Die Türen des Lifts öffneten sich und die beiden Offiziere betraten die Brücke. Es befanden sich nur zwei weitere Crewmen dort, Torlan, der an der taktischen Konsole stand und Tschernovsky an der Navigation.
    „Mr. Torlan!“, wollte Mestral den Andorianer schon zurechtweisen.
    Auch Caylon war für einen Moment lang verwirrt, aber dann fiel ihm das Gespräch auf dem Weg zum Computerraum ein. „Keine Sorge, das hat schon seine Berechtigung, solange Mr. Beem nicht an Bord ist. – Vernachlässigen Sie aber nicht Ihre eigentliche Aufgabe, Mr. Torlan!“
    „Torlan aus dem Haus d... Ich dachte, die Kommunikation übernimmt jemand anders!“
    „Keine Sorge, an der Navigation kann ich auch sehen ob sich ein feindliches Schiff nähert. Solange können Sie ruhig wieder Ihrer alten Aufgabe nachgehen!“, beruhigte Tschernovsky den Blauhäuter.
    Murrend setzte Torlan sich wieder an die Komm-Station. Wie hätte er auch erwarten können, dass diese Menschen einen Andorianer an den Waffenkontrollen ihres modernsten Schiffes dulden würden?
    Mestral ging zeitgleich zu seiner Station und nach Eingabe einiger Befehle in die Konsole erschien eine geradezu atemberaubende Szenerie auf dem Hauptbildschirm: Ein blaugrüner, stellenweise sogar rötlicher Nebel, der offenbar von einem Stern in seinem Innern hell erleuchtet wurde. An der Peripherie sah man einen Planeten, der mit seinen prächtigen Ringen und der bläulichen Atmosphäre an eine Mischung aus Saturn und Erde erinnerte. Ein wahrhaft majestätischer Anblick, dem sich auch Torlan nicht entziehen konnte.
    „Immer, wenn ich so was sehe, weiß ich, warum ich mich auf das Selbstmordkommando Weltraum einlasse...“, sprach Tschernovsky in ehrfurchtsvollem, beinahe flüsterndem Ton.
    „Für diesen Anblick könnte man glatt sterben...“, pflichtete ihm Dr. Miller bei, die gerade aus der Hintertür kam.
    „Sagen Sie das nicht zu laut!“, ermahnte Caylon sie, wohl wissend, dass sich hinter all dieser Schönheit eine tödliche Gefahr verbergen konnte. Er setzte sich auf seinen Sessel und wandte sich an Mestral: „Nun, was haben Sie für uns? Doch keinen Ort für unseren nächsten Urlaub...“
    „Eher nicht, Sir. Sehen Sie selbst!“
    Der Nebel auf dem Wandschirm wich einer taktischen Ansicht, die das Schema eines kleinen Sternensystems mit zwei die Sonne umkreisenden Planeten zeigte. Einer von ihnen war der blaue, mit Ringen versehene Himmelskörper, den sie schon vorher gesehen hatten.
    „Und da sind Beem und Müller?“, fragte Miller.
    Mestral nickte. „Es scheint so. Vulkanische Schiffe waren imstande, chemische Reaktionen in dem Nebel festzustellen, die eindeutig auf Ionenantriebe hindeuten.“
    „Ich war immer eine Niete in Chemie“, warf Tschernovsky ein, „aber was waren denn das für Reaktionen?“
    „Wenn Sie immer eine ‚Niete’ waren, werden Sie wohl kaum diese Gleichungen zu verstehen imstande sein.“
    Torlan drehte sich genervt in Caylons Richtung. „Ist das nicht gleichgültig, Captain?“
    „Sie haben Recht, wir vertrauen einfach mal diesen vulkanischen Sensoren. Also, was wissen wir über dieses System?“
    Mestral, der den Andorianer erstaunt angesehen hatte, widmete sich nun wieder seiner Konsole. „Zwei Planeten, der äußere der beiden war angeblich einst von einer intelligenten Spezies bewohnt, wurde aber aufgrund irgendeiner Katastrophe für diese Lebewesen unbewohnbar. Der innere Planet ist ebenfalls von dieser Spezies bewohnt worden, allerdings ist er auch inzwischen verlassen. Der Nebel scheint diesem Imperium den Todesstoß versetzt zu haben. Man vermutet, dass die Romulaner entweder ihre Nachfahren sind oder dort Anleitungen zum Bauen von Tarngeräten gefunden haben.“
    „Was für eine Spezies war das?“, wollte Caylon wissen.
    „Man weiß es nicht, sie haben nur Gebäude zurückgelassen, sonst offenbar nichts. Der Planet ist einfach verlassen worden...“
    „Ein Geisterplanet...“, kommentierte Tschernovsky.
    „Lassen Sie uns das herausfinden. – Ist die Atmosphäre atembar für Menschen und Vulkanier... und Andorianer?“
    „Nein, sie verfügt über zu hohe Sauerstoffanteile“, antwortete Mestral.
    „Und wo sollen wir dann überhaupt hinfliegen?“, fragte Torlan.
    „Genau, was wollen wir da?“, schloss der Navigator sich an.
    Mestral deutete auf den Bildschirm. „Dort, irgendwo im nördlichen, oberen Teil des Nebels – diese rötliche Gasansammlung – befindet sich angeblich eine riesige romulanische Basis. Angeblich.“
    „Und da sind Beem und Müller?“, wollte Miller wissen.
    „Ich hoffe doch sehr“, meinte Caylon und stand auf, „wir müssen Müller finden... und Beem, natürlich.“ Beinahe hätte er den Namen seines Waffenoffiziers vergessen. „Ich meine, Müller hat taktisch oberste Priorität. Dieser Schutzschild, von dem sie sprach...“
    „Soweit ich verstanden habe, hatten sie und Commander Tucker den Schild bereits fertig gestellt. Allerdings ist die Datei lese- und schreibgeschützt – durch ein Kennwort. Nur so können wir auf die Aktivierungs-Sequenz zugreifen.“ Mestral sah sich die Eingabeaufforderung auf einem Bildschirm an.
    „Dann hoffe ich, dass wir keinen Romulanern begegnen“, bemerkte Torlan.
    Caylon dachte einen Moment lang nach und schließlich umspielte ein Lächeln sein Gesicht. „Geben Sie ‚Harz’ ein.“
    „Sir?“ Mestral wirkte sichtlich verwirrt.
    „Tun Sie’s, ich glaube, ich weiß jetzt, was eine bestimmte Diskussion zu bedeuten hatte.“ Eine Diskussion, die allerdings stattgefunden hatte, bevor die Idee zu einem energetischen Schild offiziell geboren worden war. Oder hatte Müller schon vor der Auswertung der Sensorendaten des Trümmerfelds daran gedacht? Möglich wäre es. Und das scheinbar belanglose Streitgespräch darüber, ob nun der Harz schöner sei oder der Ayers Rock (eigentlich war es nur eine eher herausfordernde Bemerkung seitens der Chefingenieurin gewesen), ergab nun endlich einen tieferen Sinn.
    Mestral gab auf jeden Fall den Namen ein, doch das Ergebnis war negativ. „Scheint wohl doch nicht das richtige Wort gewesen zu sein!“
    „Wie haben Sie ‚Harz’ buchstabiert?“
    „H-E-A-R-T-S.“
    „Nein, so war das nicht gemeint! Das Harzgebirge in Deutschland, Lieutenant!“
    „Ach so! Das wäre dann H-A-R-T-Z... Nein, auch nicht. Augenblick mal, wird im Deutschen denn nicht schon das ‚Z’ wie eine ‚TS’-Kombination ausgesprochen? – Also H-A-R-Z... Voilà! Es hat geklappt! – Äh...“ Mestral wirkte angesichts seines Freudenausbruchs peinlich berührt. „Es hat funktioniert, Sir“, fügte er im vulkaniertypischen Tonfall hinzu. „Woher wussten Sie das?“
    „Intuition. Ziemlich unvulkanisch, nicht? – Gut...“ Er aktivierte das Interkom. „Caylon an Al’Seen.“
    „Al’Seen hier, was kann ich für meinen Vorgesetzten tun?”
    „Ihr ‚Vorgesetzter’ möchte gerne, dass Sie sich mal den Schutzschild ansehen, den Commander Müller entwickelt hat. Erstatten Sie mir in einer Stunde Bericht!“ Und zum Navigator: „Mr. Tschernovsky!“
    „Tschernovsky, Sir!“, korrigierte der Angesprochene leicht zornig.
    „Pardon, Mr. Tschernovsky, wie weit sind wir von dem Nebel entfernt?“ Er stand auf.
    „Bei Warp 4,7... Etwa zweieinhalb Stunden, Sir!“
    „Sehr gut, setzen Sie Kurs, Maximalgeschwindigkeit! Mal sehen, was dieses Schiff so draufhat. – Mestral, versuchen Sie, mit weiteren Scans mehr über den nördlichen Bereich des Nebels herauszufinden! Was für Gefahren er birgt und so weiter. – Ich bin in meinem Raum!“ Er war bereits auf dem Weg zur hinteren Tür, doch neben der Bordärztin blieb er noch einmal kurz stehen. „Ach, äh, Lieutenant Miller... Bereiten Sie die Krankenstation vor. Auf mindestens zwei Verletzte. Ich habe keine Ahnung, was da auf uns zukommt.“

    Im Bereitschaftsraum angekommen stellte er sofort eine Verbindung zur Enterprise her. Nach einigen Sekunden erschien das verrauschte Bild von Lieutenant Mayweather, dem Navigator der Enterprise, auf dem Schirm.
    „Ah, Captain Caylon... Was kann ich für Sie...“
    „Ich möchte gern John sprechen!“
    Das Gespräch wurde in Archers Raum gelegt, während die Brückenoffiziere der Enterprise Caylons Verhalten kommentierten:
    „Meine Güte, ist der unfreundlich“, meinte Mayweather.
    „Er schien es eilig zu haben“, bemerkte Reed.
    „Außerdem ist die Kommunikation beschädigt“, warf Sato ein und deutete auf die beiden Techniker, die im Hintergrund arbeiteten.
    „Was erwarten Sie von einem australischen Menschen?“ Ausgerechnet T’Pol schoss mit ihrer durchaus rassistisch zu verstehenden Bemerkung den Vogel ab.
    Auf einem großen Flachbildschirm in Archers Raum lief gerade ein Wasserballspiel, während der Captain selbst über einen kleineren Bildschirm mit Caylon sprach. „Sie sind auf sich allein gestellt. Wir können unmöglich jetzt schon nachkommen. Wir haben noch nicht einmal Warp.“ Von der gestörten Kommunikation musste er nichts sagen, denn sein Bild erschien auf Caylons Schirm ebenso verrauscht wie dessen Bild hier.
    „Gut... Na ja, schlecht... Ich habe ein ungutes Gefühl, da reinzufliegen.“ Seine Stimme klang verzerrt, aber dennoch verständlich.
    „Mehr als viel Glück kann ich Ihnen kaum wünschen, Fred... Viel schlimmer als bei den Xindi kann es kaum werden.“ Archers Blick verdüsterte sich. „Archer Ende.“ Der Captain der Enterprise sank in seinen Sessel zurück und lauschte dem Kommentator des immer noch laufenden Wasserballspiels. Zu dem Jucken von Phlox’ Maden gestellte sich noch ein dumpfer, pochender Kopfschmerz, der schon vorher da gewesen war, sich aber nun durch die Erinnerungen an die Delphische Ausdehnung erst richtig bemerkbar machte.

    Kapitel VIII
    Die Antares näherte sich dem Nebel; angesichts der gefährlichen Situation verlief das nächtliche Leben an Bord des Schiffes dabei erstaunlich normal ab: Pärchen vergnügten sich miteinander, Crewmen schliefen, waren auf ihren Stationen oder gingen irgendwelchen Freizeitaktivitäten nach, ein paar von ihnen hatten sich sogar zu einem spontanen Treffen im Schiffskino entschlossen. Torlan war diesmal nicht mit von der Partie und der Film war auch nicht mit Bud Spencer.
    Gerne hätten wohl auch jene beiden Gestalten sich lieber den Film angesehen oder noch lieber eine Mütze voll Schlaf genommen, die durch einen scheinbar endlos langen und obendrein noch viel zu engen Tunnel krochen. Es waren Caylon und Al’Seen.
    „Erinnern Sie mich daran, einen Antrag beim Sternenflottenkommando einzureichen, dass man diese Röhren etwas größer macht“, meinte Caylon. Seine Stimme zog eine scheppernde Hallfahne hinter sich her. Wegen der Rohre und Kabel war es hier unmöglich aufrecht zu gehen; das Metallgitter, das den Boden bildete drückte schmerzhafte quadratische Muster in die Hände der beiden Offiziere.
    „Liebend gerne“, erwiderte Al’Seen auf Caylons vorherige Bemerkung, „aber eigentlich bin ich auch an solche Tunnel gewöhnt. Wissen Sie, im Irak, wo ich geboren bin, gab es unterirdische Bunkersysteme, in der meine Vorfahren sich immer versteckt haben, während des vierten Golfkriegs... Ich spielte immer darin, als ich ein Kind war.“
    „Wann war der eigentlich noch mal, der vierte Golfkrieg?“
    „Haben Sie in Geschichte eigentlich geschlafen? Der war... äh... Nun ja, das Datum kann man schwer einschätzen. Auf jeden Fall entstanden die ersten Unabhängigkeits- und Revolutionsbewegungen um 2035. Dann gab es die ersten Terroranschläge, dann fühlte sich die australische Regierung verantwortlich, sich der Sache anzunehmen und die gesamte arabische Welt erhob die Waffen gegen die westlichen und östlichen Mächte. Sie selbst sahen sich als Mitte an, als die Unterdrückten, die nun nach der Freiheit trachteten. Dann kamen die USA dazu, dann die Briten, die Deutschen, die Franzosen... Halb Afrika und ganz Arabien wurden von einem der furchtbarsten Kriege heimgesucht, den die Welt je gesehen hat.“
    „Ja, und dann kam es langsam, aber sicher zum Dritten Weltkrieg. – Ich verstehe bis heute nicht, wie man Atomraketen einsetzen konnte. Aber da sind wir ja Gott sei Dank darüber hinweg.“
    „Die Australier haben auch Nuklearwaffen eingesetzt“, bemerkte Al’Seen.
    „Mein Volk auch? Eine schreckliche Vorstellung. Australien ist so ein Paradies.“
    „Sie sollten erst mal Bagdad sehen. – Wenn wir wieder zu Hause sind, müssen Sie sich das unbedingt mal ansehen. – So, wir sind gleich da...“
    In zehn Metern Entfernung konnten sie bereits ein helles Licht am Ende des Tunnels ausmachen, und ein immer lauter werdendes Summen von Maschinen kam ihnen entgegen. Mit einem Mal mischte sich ein Klappern dazu, das von hinten zu kommen schien. Sofort drehten dich beide um, wobei Caylon mit dem Kopf an ein Rohr stieß. Ein Nachschlag des Schicksals, weil er die Explosion der romulanischen Bombe heil überstanden hatte?
    „Hallo?“ Caylons Schrei hallte und schepperte so sehr, dass Al’Seen sich die Ohren zuhielt. Der Captain zuckte ebenfalls zusammen als eine Welle von Schmerz durch seinen lädierten Schädel hallte. „Hallo? Wer ist das?“, fragte er nun deutlich gedämpfter.
    „Normalerweise ist in diesem Bereich des Schiffs niemand“, meinte Al’Seen. Auch er hatte den Pegel seiner Stimme auf ein erträgliches Mindestmaß gesenkt.
    Caylon wurde sichtlich beunruhigt. „Es sei denn, jemand interessiert sich für unsere internen Systeme, richtig?“, flüsterte er.
    „Und wer sollte das sein?“, fragte Al’Seen ebenfalls im Flüsterton.
    „Ich habe keine Ahnung...“ Doch das war teilweise gelogen. Denn es gab da ganz bestimmt jemanden, das Dumme – oder vielmehr Gute – war nur dass diese Leute das Schiff verlassen hatten. Oder doch nicht?
    Sie krochen den Weg, den sie gekommen waren, wieder zurück Erneut drang ein Geräusch an ihre Ohren, ein Poltern, gefolgt von einem Flüstern, irgendwo in den Kabelschächten. Immer näher kamen sie der Stelle, an der sie diesen Korridor betreten hatten. Es war jemand hier, kein Zweifel...
    Der Bereich, den sie nun betraten war nur spärlich beleuchtet, denn hier sollte sich um diese Zeit niemand aufhalten. Doch erneut erklang das Gepolter, das die Deckenplatten vibrieren ließ, ein unheimlicher Anblick bei dem matten Lichtschein. Falls das ein Crewmitglied sein sollte, das sich da einen Scherz mit ihnen erlaubte... Caylon gingen diverse Bestrafungsmethoden durch den Kopf, die die Seeleute vergangener Jahrhunderte gegen solche Personen angewandt hatten. Nicht selten endeten sie tödlich...
    Sie betraten einen senkrechten Schacht und kletterten die Leiter hoch. Ein Deck über ihnen befand sich ein weiterer Tunneleingang; Caylon kletterte voran, dicht gefolgt von Al’Seen.
    „Lieutenant?“
    „Lieutenant-Commander, Sir. Was ist?“
    „Haben Sie gerade meinen Kopf berührt?“
    „Soll das ein Witz sein?“ Der Iraker befand sich nach wie vor unter dem Captain, der ihn gerade verwirrt und angstvoll anblickte.
    Caylon atmete schneller und sah nach oben. „Eigentlich nicht.“ In dem Moment griff er mit seiner rechten Hand nach oben, und obwohl er nach wie vor nichts sah, bekam er dennoch das Bein eines offensichtlichen humanoiden, aber mit einem Tarnanzug ausgestatteten Wesens zu fassen.
    Plötzlich wurde Al’Seen von etwas getroffen, das ihn sechs Meter tief bis auf den Grund des Leitungsschachts warf; Caylon konnte sich mit Mühe und Not an einer Sprosse festklammern. Al’Seen wurde durch den Aufprall die Luft aus den Lungen gepresst, und sein schmerzverzerrtes Gesicht weitete sich noch mehr, als er von unsichtbaren Händen hochgerissen wurde. Ein Licht blitzte auf und der Notfall-Ingenieur verwandelte sich von der Brust aus schreiend und in Zeitraffer in ein Häufchen Asche. Der Todesschrei schien durch das ganze Schiff zu hallen, er trieb Caylon, der ohnehin nichts mehr für den Todgeweihten tun konnte wieder hinauf anstatt wie zuerst geplant nach unten (wo ihn mit Sicherheit das gleiche Schicksal erwartet hätte).
    Der Schuh des unsichtbaren Verfolgers betrat die unterste Leitersprosse, während der pervers langsame Energiewirbel Al’Seens Kopf wie eine ätzende Säure auflöste und den Schrei, nicht aber dessen Nachhall, nach und nach verstummen ließ. Erst jetzt begann der zu einem Brikett gewordene Körper auseinander- und zu Boden zu fallen.
    In den Korridoren nicht unweit des Tatorts wurden Türen aufgerissen, Crewmitglieder traten in ihren Pyjamas hinaus und unterhielten sich flüsternd über die entsetzlichen Schreie, nachdem schlagartig das Licht aufgedreht worden war.

    Auf der Brücke befanden sich Torlan, Tschernovsky und vier weitere Offiziere, zwei Frauen und zwei Männer. Eine der Frauen hielt ein piepsendes PADD in den Händen und teilte dem Navigator mit, dass Todesschreie aus den Lüftungsschächten des siebten Decks gemeldet wurden.
    In diesem Moment erklangen dumpfe Schreie und Klopfen, beide Geräusche hatten ihren Ursprung offenbar hinter dem Sessel des Captains. „AUFMACHEN! ICH BIN’S!“
    Alle bis auf Torlan wichen erschrocken zurück. Der Andorianer ging zu der Stelle hin und öffnete eine Luke, aus der der Captain mit einem waghalsigen Sprung, schweißgebadet und außer Atem, von der letzten Sprosse auf die Brücke hechtete. „ZUMACHEN!“, brüllte der Captain atemlos. Er schubste Torlan beiseite und wollte die Luke mit dem Fuß zutreten, doch diese wurde aufgerissen und Caylon zurückgeworfen. Torlans Fühler begannen sofort heftig zu zucken.
    „Er hat einen Tarnanzug oder so was! Verlassen Sie die Brücke, alle!“, befahl der Captain.
    Alle bis auf Torlan befolgten die Anweisung; Caylon war bereits hinter Tschernovskys Konsole in Deckung gegangen. „Hauen Sie ab!“, rief er dem Andorianer zu.
    Doch der hatte bereits eine Kampfhaltung eingenommen und schüttelte auf seltsame Weise den Kopf, während er sich von Caylon entfernte. Er wollte kämpfen, das zeigte sein Gesichtsausdruck überdeutlich. Caylon wollte ihm nicht im Weg stehen; er ging zu einem in die Wand eingelassenen Panel, das von einer Klappe verdeckt wurde und deaktivierte mit dem Druck auf einen darunter befindlichen Knopf die Hauptbeleuchtung und einige Konsolen auf der Brücke. In der fast vollständigen Dunkelheit war es nicht leicht zu sagen wer wer war – Ja, auch den Angreifer konnte man zum Teil zumindest sehen. Jedes Mal wenn dieser sich schnell bewegte wurde die Umgebung gemäß seiner Konturen verzerrt. Es war erstaunlich dass man von ihm dieselben schwachen Konturen ausmachen konnte wie von Torlan. Doch da diese wie gesagt sehr schwach waren – auch die des Andorianers – besser waren sie an den unterschiedlich klingenden Schritten und Atemgeräuschen zu erkennen. Der mit dem verhallten, fast schon asthmatischen Schnaufen musste der Romulaner sein. Es bestand kein Zweifel daran dass es einer war. Caylon hielt seinen Kopf so weit unten wie möglich; er fragte sich ob die Gegner imstande waren sich zu sehen. Die Fühler der Andorianer sollten auch auf Wärmestrahlung reagieren und der Romulaner hatte mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ein entsprechendes technisches Hilfsmittel in seinen Helm eingebaut.
    Da, ein Schrei, ein Licht! Grün wie bei Al’Seen... Doch wen hatte es erwischt? Caylon sah einen Schemen auf sich zukommen. Kein Atem, die Schritte... Er griff zu, der Schemen tat es ihm gleich, und er fühlte dass es ein nackter Hals war. Also doch nicht der Romulaner...
    Das Licht ging wieder an und die herausgeschickten Offiziere kamen wieder herein. Torlan hielt den Hals des röchelnden Captains noch ein, zwei Sekunden im festen Griff, bis er ihn endlich losließ. Caylons Hand erschlaffte in demselben Moment.
    „Soviel dazu, dass Jäger sich niemals irren...“
    „Was war passiert?“, fragte Tschernovsky.
    Caylon deutete auf den Dampf, der mit einem ätzenden Geruch in der Luft hing. „Wir hatten einen... unerwünschten Gast an Bord... Scheinbar hat er Selbstmord begangen.“
    „Also ich hab’ ihn nicht erwischt, das feige Schwein!“
    „Und deshalb mussten Sie gleich auf mich losgehen?“
    „Ich dachte, er hätte Sie getötet! Und scheinbar dachten Sie dasselbe auf mich bezogen...“
    Die beiden männlichen Offiziere scannten die Brücke sowie ein Gerät, das offenbar der Romulaner verloren hatte – der Desintegrator, die Waffe mit der auch Al’Seen ermordet worden war. Der Captain und der Andorianer gingen darauf zu und ersterer nahm es in die Hand.
    „Eine Trophäe...“, bemerkte Torlan und sah Caylon an.
    „Eine Waffe! – Ich glaube, die könnte uns noch nützlich werden...“ Und leiser, verbitterter fügte er hinzu: „Ich werde Al’Seen rächen...“
    Einer der beiden scannenden Offiziere, der gerade ein paar auf dem Boden eingebrannte Aschepartikel untersuchte, meinte: „Von dem Häufchen könnten wohl noch nicht einmal mehr die Vulkanier eine DNS-Probe extrahieren!“
    „Die sind doch krank, die nehmen lieber einen qualvollen Tod im Kauf statt irgendwelche verwertbaren Spuren zu hinterlassen!“
    „Wäre das nicht auch etwas für ein Mitglied des ‚Hauses der Verborgenen’?“, frotzelte Tschernovsky.
    „Das nimmst du sofort zurück, Pin...“
    „Sachte, sachte, meine Herren!“
    In diesem Moment betrat Mestral die Brücke.
    „Gut, dass Sie kommen, übernehmen Sie hier, solange ich weg bin!“, befahl Caylon ihm prompt.

    Dr. Miller war nicht gerade zimperlich mit dem Captain. Sie tastete seinen Rücken mit behandschuhten Händen ab, wobei sie zu Caylons hier und da auch etwas fester zugriff. „Na... was haben wir denn da?“ Sie war gerade an seinem Rücken oberhalb der Hüfte angelangt. „Muss ich Ihnen etwa ein zusätzliches Sportprogramm verschreiben?“
    „Könnten Sie bitte aufhören, meine Haut...“
    „...Fettpolster...“
    „...meine Haut zu drücken.“
    „Wie Sie wollen. Diese ganzen Quetschungen muss ich aber behandeln. Ich hätte da eine spezielle Methode...“ Nein, es waren keine tierischen Sekrete à la Phlox, von denen sie da sprach. Stattdessen ging sie zu einem kleinen Wagen mit medizinischen Geräten, die Caylon, soweit er sie sehen konnte, für einen Augenblick wünschen ließen, er wäre an Captain Archers Stelle.
    „Sie sollen ja sehr tapfer gekämpft haben!“, meinte die Ärztin und sah auf ihr Gerätearsenal.
    „Es war kein Kampf“, erwiderte Caylon genervt, „ich weiß nicht, wer dieses Gerücht in die Welt gesetzt hat...“
    Andere wären an seiner Stelle froh gewesen, mal den Helden raushängen zu lassen. Doch nicht er.
    „Und woher haben Sie dann diese Quetschungen?“, fragte Miller irritiert und gleichermaßen neugierig, während sie die Handschuhe auszog und ein besonders bedrohlich aussehendes Gerät in die Hand nahm.
    „Ich habe sie von einer Jagd durch unsere Leitungsschächte! Da passt mein Körper gerade mal rein! Ich habe aber gehört, dass die Babylon-Klasse solche Röhren bekommen soll... Wirklich groß und komfortabel... Jemand namens Jefferies hat sie entwickelt. Nur hat die Sache einen Haken!“
    „Welchen?“ Miller setzte das Gerät an.
    „Die Antares ist kein Schiff der... AHH!“ Das Gerät war laut und verursachte bei der Behandlung der Blutergüsse mehr Schmerzen als es eigentlich bekämpfen sollte. Caylon schwor sich, Dr. Miller demnächst zu einem Kursus in alternativer Medizin bei Dr. Phlox zu verdonnern.

    *
    Die Sichtweite in dem rot-orangen Nebel war gering, zuweilen sogar miserabel. Mal gab es stärker konzentrierte Bereiche mit Gas, dann wieder klarerer Stellen, doch letztere waren eindeutig in der Minderzahl. Es war eine unwirtliche Gegend, Trümmerteile flogen hier und da vorbei. Wie sollte man da eine romulanische Raumstation finden, die aller Wahrscheinlichkeit auch noch getarnt war?
    Das Schicksal (oder Gott, vielleicht auch nur der Zufall) nahm ihnen die Antwort auf diese doch arg komplexe Farbe ab: Ein Ruck ging durch das Schiff, Metall knirschte auf Metall, als die Antares sich in einen Bereich der gesuchten Station hineinbohrte. Mit einem Mal wurde Tschernovsky, dem die Sache sichtbar peinlich war, klar, woher die anderen Trümmerteile höchstwahrscheinlich stammten. Ein paar weitere von ihnen gesellten sich zu ihren Brüdern und Schwestern, als sie, begleitet von diversen kleineren Explosionen, sich zum größten Teil aus der Station lösten. Nach wenigen Sekunden blieb die Antares stecken und nach und nach enttarnte sich eine riesige Station von den Ausmaßen einer ganzen Stadt.

    In der Krankenstation war Folt... pardon: Behandlung des Captains derweil immer noch im Gange. Caylon nahm die Erschütterungen und das flackernde Licht in der Krankenstation mit einer Mischung aus Besorgnis und Erleichterung auf. „Was ist denn das schon wieder?“, seufzte er.
    „Und Ihre Behandlung?“ Dr. Miller hatte das Gerät abgeschaltet; sie ahnte nun dass ihr Patient jeden Augenblick wieder auf die Brücke gerufen werden würde. Doch der ging auch schon ohne einen derartigen Ruf.
    „Alles zu seiner Zeit!“, meinte Caylon beim Rausgehen.
    „Warten Sie!“ Sie legte das Gerät beiseite und verließ kurz nach dem Captain die Krankenstation.

    Im Turbolift war der Ärztin die Nervosität deutlich anzumerken. Kein Wunder, wenn man bedachte, dass es beim letzten Vorfall einen Haufen Verletzter und auch einiger Toter gab. Und eine dreckig gewordene Krankenstation.
    Eine Nachricht erklang aus dem in der Turboliftwand eingelassenen Interkom; Torlan schrie förmlich, dass der Captain auf die Brücke kommen solle.
    Caylon drückte genervt die Antworttaste. „Ich bin schon längst unterwegs! – Was ist los?“
    „Das sehen Sie sich am besten selbst an!“

    Auf der Brücke befanden sich mehr Offiziere als normalerweise üblich, alle in Hektik; Caylon musste seine tiefe Stimme etwas mehr anstrengen, um das Gemurmel zu übertönen, während er gleichzeitig im Kommandosessel Platz nahm. „Was ist los?“, wiederholte er die bereits an im Lift an Torlan gestellte Frage.
    „Sehen Sie auf den Schirm!“, antwortete dieser.
    „Sind wir nicht mehr im Nebel?“, fragte er, seinen Blick auf die schwarze Fläche vor ihm gerichtet.
    „Doch!“
    Der Ausschnitt auf dem Schirm vergrößerte sich stufenweise; mehrere Konturen wurden sichtbar, die durch den Nebel in der Ferne immer mehr verschwammen und eine riesige, homogene Fläche bildeten. Trotzdem wurden die Ausmaße der Station deutlich.
    „Mein Gott... Ist das die Basis?“
    Was der Captain nicht sehen konnte: Die Antares hatte mit ihrer Backbordseite eine gigantische Kuppel aus Glas und Metall gerammt; was sich unterhalb dieser Kuppel befand, blieb weitestgehend im Verborgenen. Immer noch flogen Trümmersplitter von dem Zusammenstoß umher; den Romulanern war dies nicht entgangen, schon enttarnten sich zwei ihrer Schiffe. Und die waren nicht die einzigen... Ihre grünen Hüllen bildeten einen gespenstischen Kontrast zu dem Rot-Orange des umgebenden Nebels.
    Torlan hatte wieder an der Taktischen Station Platz genommen. „Aus allen Richtungen kommen Schiffe der Bauart, die auch die Berman vernichtet haben!“, rief er, während seine Konsole ununterbrochen piepte.
    „Auch?“ Caylon wurde immer unruhiger. Der Hauptschirm zeigte nun die Sicht der Heckkamera, auf die die raubvogelartigen Siouletten zweier gegnerischer Schiffe immer näher kamen...

    Kapitel IX
    Noch immer näherten sich die beiden Schiffe vom Typ „Bird of Stealth“. Caylon ging zu dem Navigator und befahl ihm zu versuchen, das Schiff rückwärts herauszufliegen.
    „Aye...“, bestätigte Tschernovsky und man hörte den Schiffsantrieb surren. „Komm schon... Los, Mädchen...“
    Die Antares vibrierte und wackelte; Metall knirschte, doch weiter tat sich nichts.
    „Es geht nicht! Verdammt!“, fluchte Tschernovsky.
    „Sir!“, meldete Torlan.
    „Brechen Sie ab!“, befahl Caylon dem immer noch leise vor sich hinfluchenden Navigator. Den Andorianer fragte er: „Was ist?“
    „Sie stoppen!“
    „Der Schild?“
    Mestral schüttelte nur den Kopf, während der Captain zu seinen Sessel zurückging und sich hineinsetzte, die Hände krampfhaft um die Lehnen geklammert.
    „Sie laden ihre Waffen!“, rief Torlan.
    Caylons Griff verkrampfte sich noch mehr. „Tschernovsky, versuchen Sie uns bei einem Aufschlag durch die Erschütterungen rauszubringen!“ Er aktivierte das Interkom in seiner Armlehne. „An Alle: Kampfstationen! Auf Einschlag vorbereiten!“
    Tschernovsky hielt sich mit beiden Händen an den Kanten seiner Konsole fest, Torlan hatte sich ein wenig vorgebeugt, Miller lag mit geschlossenen Augen auf dem Boden hinter Caylons Sessel, zwei Offiziere pressten sich an die Rückwand der Brücke, Mestral saß nahezu gelassen auf seinem Stuhl, ein weiblicher Offizier saß an einer Station links vorne vom Captain aus gesehen und blickte verängstigt in Richtung Schirm. Wie fest gefroren harrten sie der tödlichen Ladungen, doch sie kamen nicht.
    Stattdessen piepte es an der Kommunikationskonsole; Caylons Augen öffneten sich, Torlan hechtete beinahe genauso schnell mit einem olympiaverdächtigen Sprung zu der Konsole hin und teilte den Anderen irritiert mit: „Wir werden gerufen!“
    Alle sahen sich verdutzt an; Miller erhob sich vom Boden, bereit sich beim geringsten Anzeichen eines Angriffs wieder auf ihn zu werfen.
    „Auf den Schirm!“, befahl der Captain.
    „Lediglich Audio.“
    „Meinetwegen auch das.“
    Torlan stellte die Übertragung auf die Brückenlautsprecher, dann nickte er Caylon zu.
    „Ich bin Captain Fred...“
    Eine romulanische Komm-Stimme schnitt ihm barsch das Wort ab: „Wir haben zwei Ihrer Soldaten in unserer Gewalt. Wir sind bereit an Bord unserer Basis über deren Freilassung zu verhandeln.“
    „Ich verlange zuerst einen Beweis dafür, dass meine beiden Offiziere noch am Leben sind.“
    „Sie sind es... Wie lange noch, das hängt von Ihrer Entscheidung ab.“

    *
    Hatte er eine andere Wahl? Er musste auf die Forderungen der Romulaner eingehen. Immerhin, wenn sie zum Verhandeln bereit waren konnten sie doch nicht ganz so skrupellos sein wie sie sich bisher gegeben hatten... Caylon willigte ein und ein Transporterstrahl der Romulaner dematerialisierte ihn. Nachdem seine Moleküle sich wieder geordnet hatten befand er sich inmitten einer Art von riesigen Trainingshalle. Unzählige Waffen zierten deren Wände und Decke, Vertreter verschiedener Spezies, unter ihnen auch Klingonen, schienen sich dort auf einen Kampf vorzubereiten. Ein paar Romulaner in den bereits bekannten Kampfanzügen waren ebenfalls zu sehen. Aber es gab auch Wesen, wie er sie bisher noch nie gesehen hatte. Er selbst stand an der Seite eines Geländes oder Parcours, mit Gerüsten, Matten und freien Flächen. Die gesamte Halle war in ein helles, beinahe blendendes Licht getaucht, das von großen Deckenscheinwerfern herrührte. Eine der Wände bestand aus Glas, hinter ihr war eine Art von riesiger Arena zu erkennen, die Details verloren sich aber in Unschärfe.
    Caylon musste mindestens eine halbe Stunde, wahrscheinlich sogar länger, gewartet haben, als endlich jemand auf ihn zukam: Ein kleinwüchsiger, glatzköpfiger Humanoide mit Segelohren und Knollennase (er musste unwillkürlich an einen haarlosen Affen denken) kam mit weit ausgebreiteten Armen auf den Captain zu.
    „Captain Caylon vom Menschenschiff Antares, ich habe Sie erwartet!“ Der Mann schien seine Hässlichkeit mit großen Gesten und Worten wieder wettmachen zu wollen. Sahen so etwa Romulaner aus? Das schien zumindest zu erklären warum sie sich so ungern zeigten... „Konsul Fato berichtete mir bereits von Ihrer Ankunft“, fuhr der Fremde fort, „ich habe Ihr Schiff bereits kontaktiert und Ihre Crew hat mir ihren gesamten Niobium-Vorrat verkauft, im Gegenzug erhalten Sie die Übertragungsrechte des Kampfes.“
    „Des Kampfes? Sie meinen... Eigentlich bin ich nur wegen der Verhandlung hier!“, meinte Caylon verwirrt. Wütend fuhr er fort: „Dürfte ich erfahren, weshalb man mich hierher gebracht hat? Was soll das alles? – Sind Sie ein Romulaner?“
    Der Ferengi – denn dieser Rasse gehörte er in Wahrheit an – lachte kurz. „Nein, nein, ich bin nur ein Geschäftsmann, der versucht aus den Spektakeln, die hier regelmäßig stattfinden, etwas Profit zu schlagen. – Zu Ihren vorangegangenen Fragen: Sie werden kämpfen. Das ist die romulanische Art, Verhandlungen zu führen.“
    „Und wofür? Um meine beiden Crewmitglieder zurückzubekommen?“
    „Exakt, Mr. Caylon. Ein fairer Handel, oder?”
    „Ich würde schon die Geiselnahme nicht als fair bezeichnen... Die Sternenflotte wird...“
    „Politik ist hier uninteressant. Glauben Sie mir, es wird alles so kommen, wie es kommen muss. Im Moment zählt aber nur genau das... der Moment. Und wenn Sie gewinnen wollen, sollten Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben werden.“ Der Ferengi lächelte hinterlistig.
    „Und wem werde ich in diesem... Ding da...“ – er deutete auf die Arena – „...gegenüberstehen?“
    „Konsul Fato wird Sie persönlich empfangen, wie es sich bei einer ordentlichen Verhandlung gehört. – Sie sollten besser trainieren, wenn Sie es nicht schon getan haben.“ Er führte den Menschen auf das Gelände, wo eine übel aussehende Andorianerin mit nur noch eineinhalb Fühlern und gelben, funkelnden Augen ihn in Empfang nahm. „So, so, Pinky, du hast also das große Los gezogen... Ich hoffe, du bist schon von Haus aus gut durchtrainiert, denn in der halben Stunde, die uns noch verleibt, kann ich aus einem Schwächling keinen Krieger machen. – Ach ja, umziehen musst du dich auch noch. Und die Roms werden dir noch eine hübsche Kleinigkeit verpassen...“
    „Welche Kleinigkeit denn?“, fragte Caylon beinahe ängstlich.
    „Das werden Sie erfahren, sobald Sie in der Arena Ihrem Gegner gegenüberstehen. Ohne sie könnten Sie auf jeden Fall keine fünf Minuten da drinnen überleben.“

    *
    Caylon war schockiert zu sehen, wie viel Ähnlichkeit, wenn nicht gar Gemeinsamkeiten die Romulaner mit den alten Römern aufwiesen. Dabei durfte die Bezeichnung „Romulaner“ sehr wahrscheinlich noch nicht einmal ihrem waren Namen, bei dem sie sich selbst nannten, entsprechen. Wer auch immer auf die Idee gekommen war, sie so zu taufen, er oder sie musste ein Hellseher gewesen sein. Denn im Grunde war die Show, die hier ablief, nichts weiter als eine Art von Gladiatorenkampf, was die vielen unterschiedlichen Rassen betraf. Der Captain selbst stand nun inmitten der riesigen, aus Metall bestehenden Arena – man konnte sie getrost auch Kolosseum nennen, um die Parallelen komplett zu machen – und auf den Zuschauerrängen hinter dickem Glas (oder einem anderen transparenten Material) saßen Soldaten in voller Kampfmontur. Wozu denn das? Caylon hatte hässlichere Individuen als den kleinen Widerling mit den Segelohren gesehen, als er in der Trainingshalle gewartet hatte. Von dem Mundgeruch seiner andorianischen Trainerin war ihm jetzt noch ganz übel, er schwor sich, nie wieder etwas gegen Torlans Körperausdünstungen zu sagen... Der Boden der Arena war aus Sand, in der Mitte standen drei Pfeiler, weiter hinten waren ein paar Hügel zu sehen, wenn er die Entfernung richtig einschätzte mussten sie um die zwei Meter hoch sein, einige vielleicht auch kleiner. Die beiden Romulaner, die Caylon durch ein großes Tor hineingeführt hatten, führten ihn weiter, bis er direkt vor den drei Pfeilern stand, die gut zehn Meter hoch waren. An deren Spitzen vorbei konnte er die Antares sehen, die immer noch im Kuppeldach steckte und sich so eine Ehrentribüne ergattert hatte. Das Tor wurde hinter ihm geschlossen; Caylon trug nun einen weißen, lockeren Anzug. Die Menge um ihn herum tobte, er konnte es selbst durch die Glaswände hindurch, die die Arena von dem Zuschauerraum trennte, hören. Doch er verspürte nicht im Mindesten das Bedürfnis, seine Arme auszubreiten und dem Publikum Kusshändchen zuzuwerfen. Auch zu seinem Schiff hinaufzuwinken erschien ihm albern.
    Der Lärm legte sich plötzlich, und in der vollkommenen Stille trat der Gegner ein und bezog auf der anderen Seite von den Säulen Stellung. Wie alle Romulaner, denen er bisher begegnet war, trug auch er einen Kampfanzug, in diesem Fall aber definitiv eine Sonderanfertigung (es sei denn, er gehörte zur Standardkleidung romulanischer „Diplomaten“): An Knien, Füßen, Unterarmen und den oberen Handflächen leuchteten grünlich-bläuliche Ovale, als Kontrast zu der von den Scheinwerfern und dem Nebel erzeugten, hellorangenen Färbung. Fatos metallener Helm bestand aus einer runden Oberfläche, aus der nach hinten drei spitz zulaufende Dornen hinausliefen. Sein Gesicht schien von einer Art Atemmaske bedeckt zu sein, wie ein dünner Schlauch, der auf den Rücken führte, anzudeuten schien. In Caylon stieg schlagartig der Verdacht hoch, dass die Romulaner womöglich gar keine Sauerstoff-Atmer waren. Die Atmosphäre hier musste dann extra für die Gladiatoren und Gefangenen erzeugt worden sein, während die eigentlichen Bewohner außerhalb ihrer hermetisch abgeschlossenen Quartiere in dieser Art von gepanzerten Raumanzügen herumliefen. Das schien die einzig logische Erklärung zu sein!

    Auf dem Hauptschirm der Brücke konnten Mestral, Torlan, Tschernovsky und die anderen ebenfalls sehen, was in der Arena vor sich ging. Es waren neben den soeben Genannten und Dr. Miller noch ein halbes Dutzend weiterer Offiziere anwesend, sie alle verfolgten das Geschehen mit wachsender Besorgnis. Laut den Informationen des Ferengi hätten sie nun das Recht gehabt, diesen Kampf in fast alle Winkel der Galaxie zu übertragen, was aufgrund der nicht allzu großen Reichweite der Subraumkommunikation nicht einmal annähernd zu realisieren war. Immerhin konnte die Crew der Enterprise das Spektakel mitverfolgen, ein Vergnügen, auf dass deren Crew gerne verzichtet hätte, aber Archer und Konsorten wollten auch endlich wissen, wie der geheimnisvolle Gegner denn nun aussah.
    „Wir müssen doch irgendwas unternehmen können“, meinte Tschernovsky, „ich meine, wir stecken doch schon im Dach von dieser Gladiatorenarena drin...“
    „Er hat Recht“, pflichtete Torlan ihm bei.
    „Nur was können wir tun?“, fragte Mestral.
    „Ich habe da eine Idee...“ Die Augen des Andorianers blitzten vor Tatendrang.
    „Was ist das?“, rief Tschernovsky auf einmal und sprang auf.
    Auf dem Schirm war zu sehen, wie sich plötzlich in der Mitte der Arena, umgeben von den drei Säulen, eine runde Schleuse von etwa vier Metern Radius und wohl ebenso großer Tiefe öffnete. Nach unten hin schien sich die Öffnung trichterartig zu verjüngen, ein grünes Plasmafeuer brodelte in ihrem Innern. Direkt über diesem Feuer materialisierten Beem und Müller, beide gehalten, gefesselt und geknebelt von einem Kraftfeld, das offensichtlich von den Säulen gespeist wurde.

    Fato, der Konsul und Kommandant der Station, sah mit Zufriedenheit wie Caylon die Anwesenheit seiner beiden Leute registrierte. Er trat näher an den Menschen heran und sprach: „Es ist ein fairer Kampf: Gewinnen Sie, kommen Ihre Soldaten frei, gewinne ich, so wird das Kraftfeld deaktiviert – und auch Sie, Captain, werden Ihr Leben gelassen haben! Haben Sie mich verstanden, Mensch?“
    „Ja, aber warum? Ist das die Art Ihres ersten Kontaktes?“
    „Es ist nicht der erste Kontakt... Es ist bereits der zweite. Wenn man ganz genau ist sogar schon der dritte.“
    „Ihnen ist klar, dass Sie mit Ihren Handlungen einen Krieg provozieren!“
    Der Konsul sah ihn mit eiskalten Augen an, die sein menschlicher Gegner allerdings nicht sehen konnte. „Das wird früher oder später so oder so unvermeidlich sein... Es ist das Schicksal, Mensch, das das einzig bindende Glied in dieser noch jungen Galaxis darstellt. Es hat so viele Spezies gleichzeitig auf einen neuen Pfad der Technik geführt, um letzten Endes einen gewinnen zu lassen. Wie in dieser Arena. Ausgeglichene Kräfte kämpfen um die Herrschaft, um den Sieg. Diese Galaxis bietet nicht für jede Spezies Platz... Mit diesem Tage wird die Entscheidung des Schicksals seinen Lauf nehmen...“
    „Man kann das Schicksal verändern...“
    „Da irren Sie.“
    Beide Gegner machten sich für den Kampf bereit. Der Romulaner befand sich nun etwa 20 Meter von Caylon entfernt, zwischen ihnen lag als einziges Hindernis der Trichter mit dem brodelnden Plasma.
    „Sie und ich sind mit einem transneuralen Interface ausgestattet!“, informierte Fato den Captain, „wir können uns jeweils dreimal eine physikalische Umgestaltung der Umgebung vorstellen, etwas Elementares, mit dem Sie umgehen können. Sei es Hitze, Sturm oder was immer Sie wollen, Mensch! Es wird geschehen.“
    Ein neuronales Interface zur variablen Gestaltung der Umgebung? Deshalb hatten sie ihn kurz nachdem die Andorianerin das kurze Training beendet hatte narkotisiert. Doch diese interessanten Aussichten beantworteten nicht seine derzeit brennendste Frage: „Sie wissen, dass ich Mensch bin... Aber wer oder was sind Sie? Warum verstecken Sie sich hinter diesen Masken?“
    „Tarnung... Ist ein großer Vorteil...“ Mit diesen Worten wurde er unsichtbar, nur noch seine Stimme hallte durch die gigantische Arena: „Meine Frage ist: Sind Sie eine Gefahr? Wie viel ist Ihre Spezies bereit, für andere zu opfern?“
    „Reicht Ihnen als Antwort... alles?“ Er sah immer noch zu Fatos letzter Position, obwohl der sich inzwischen auch ganz woanders aufhalten konnte. „Nennen Sie das fair? Sich anzuschleichen?“
    Es kam keine Antwort. Caylon drehte sich hektisch im Kreis und versuchte irgendwelchen Schritten zu lauschen, doch der wieder einsetzende Publikumslärm verhinderte dies. Schon traf ihn ein Schlag am Kopf, dann schlug der Captain ein Rad, als sein rechter Oberarm hart getroffen wurde. Ein Tritt warf ihn schließlich auf den Rücken und schleuderte ihn bedrohlich nahe an den Rand des Plasmatrichters. Er warf einen kurzen Blick zu Beem und Müller, bevor er erneut geschlagen wurde. Diesmal traf es ihn mitten ins Gesicht, Blut befleckte den gelblich-grünen Sand der Arena. Beim nächsten Schlag versuchte er, die Hand des Angreifers mit der seinen abzufangen, was ihm aber misslang.
    Beem und Müller versuchten sich derweil in diversen akrobatischen Verrenkungen, um etwas von dem Kampf mitzubekommen. Angesichts des brodelnden Feuers unter ihnen, dass das Kraftfeld, auf dem sie lagen, ebenfalls grünlich im Rhythmus des Feuers flackerte, blieben diese Versuche aber eher zaghaft.
    „Können Sie etwas sehen?“, fragte Beem, der die ungünstigere Position innehatte.
    Müller drehte ihren Kopf in Position. „Es sieht nicht gut aus... Verdammt, ich will nicht bei zigtausend Grad verbrannt werden!“
    „Glauben Sie mir... Das Verbrennen kriegen Sie nicht mehr mit...“ Da Beem selbst sehr unruhig war, konnten seine Worte allerdings nicht gerade viel zur Beruhigung der Ingenieurin beitragen.
    Caylon taumelte einige Meter zurück und fiel erneut auf den Rücken. Als er einen näher kommenden Kampfesschrei hörte, rollte er sich geistesgegenwärtig zur Seite – gerade noch rechtzeitig, denn links von ihm schlug der getarnte Romulaner auf. Der durch den Aufprall aufgewirbelte Sand brachte ihn auf eine Idee... Schnell stand er auf, rannte einige Meter weg und betätigte dann einen kleinen Knopf, den er hinter seinem Ohr fühlte. Prompt begann ein sanftes Lüftchen in seinen Haaren zu spielen, dann verstärkte sich der Wind zu einer wie die Seemänner auf der Erde sagen würden „steifen Brise“, die schnell zu einem wahren Sturm anschwoll. Kaum ein Sandkorn in der Arena schien auf dem anderen zu bleiben. Caylon schirmte seine Augen ab und blinzelte, doch er konnte wie beabsichtigt die Umrisse des Konsuls erkennen... Er mochte zwar unsichtbar sein, doch sein Körper war immer noch da, er bestand aus fester Materie, um die er Sand herumwirbeln musste und an deren Oberfläche er sich teilweise verfing. Nun wurde es Zeit, zurückzuschlagen! Caylon nahm Anlauf, setzte an zu einem gewaltigen Sprung – und traf! Angesichts des starken Winds glich diese Tatsache beinahe einem Lottogewinn, aber mit den Füßen voran streckte der Captain seinen Gegner nieder. Dann kniete er sich hin, ertastete die nicht mehr ganz so sichtbaren Umrisse des Romulaners (da er seine Augen nun fast immer geschlossen halten musste) und nahm den Konsul in den Würgegriff. Bei einem gepanzerten Gegner, der noch dazu über eine Atemvorrichtung verfügt, keine sehr fruchtbare Aktion, und dementsprechend hagelte es einige derbe Schläge auf Caylons Nieren. Schließlich aber fiel die Tarnung und der Sturm hörte auf. Das bislang johlende Publikum ließ auf einmal laute Protestschreie erklingen und man sah eine Zurschaustellung diverser kombinierter Nahkampf-Sportarten – Judo, Boxen und etwas, das wie eine romulanische Variante des Kung-Fu aussah. Beide mussten dabei Etliches an Tritten und Schlägen einstellen, wobei der „Heimspieler“ aufgrund seiner Rüstung eindeutig die Nase vorn hatte. Und von deren Qualitäten bekam der Mensch nun eine weitere Kostprobe zu spüren: Die acht ovalen Flächen an den Händen und anderen Körperstellen, die seit der Enttarnung matt gewesen waren, begannen nun wieder zu leuchten, heller als beim ersten Anblick und der Romulaner schlug mit der Oberhand zu: Mit einem grün-blauen Aufblitzen verstärkte das Kraftfeld den Schlag und schleuderte Caylon mehrere Meter weit... Und zu allem Überfluss wurde es auch noch stockdunkel. Nicht nur die Umgebung wurde pechschwarz, auch die Energieflächen an Fatos Rüstung hatten sich wieder verdunkelt. In dieser Finsternis nun, in der das Publikum wieder in völlige Stille verfallen war, hörte man keinen Laut außer dem Knirschen von Sand, das bald darauf von der bedrohlichen Stimme des Konsuls übertönt wurde:
    „Romulaner haben einen Vorteil... Wir können im Dunkeln sehen... Sie auch?“
    Als Antwort erklangen Caylons Schmerzenschreie; nur ganz schwach ließen sich Konturen erkennen, die der Nebel durch die Kuppel beleuchtete. Sekunden darauf ging das Licht wieder an; Fato klappte schnell das Visier seines Helmes herunter, das er zuvor offensichtlich hochgezogen hatte. Ein Zeichen dafür, dass die Nachtsichtfähigkeit seines Volkes nicht auf technische Hilfsmittel angewiesen war, ähnlich wie bei den Andorianern.
    Caylon, dessen Gesicht neue blutige Wunden aufwies, wich abermals zurück. Er sprang über einen der Sandhügel und griff sich wieder hinter das Ohr. Gleich darauf war ihm, als sei ihm eine schwere Last von den Schultern genommen. Er fühlte sich leicht und frei, wie es – abgesehen nach dem Genuss diverser, nicht ganz harmloser Substanzen – nur in der Schwerelosigkeit möglich war. Er stieg auf den Hügel und stieß sich mit aller Kraft ab. Schnell segelte er auf den romulanischen Kommandanten zu und trat ihn nieder. Nun, niedergetreten hätte er ihn, wenn die künstliche Schwerkraft noch aktiv gewesen wäre. So segelte Fato schnell auf die runde Glaswand zu, hinter der die Zuschauer, seine Untergebenen, hörbar den Atem anhielten. Er prallte ab und zog eine Handfeuerwaffe, während er auf eine der Säulen zutrieb. Er hielt sich daran fest, fast schon gefährlich nahe am Plasmafeuer und schoss. Caylon versuchte, den Energieprojektilen auszuweichen, aber eines riss ihm einen Teil der linken Hand weg, so dass er in der nun wieder ansteigenden Schwerkraft zunächst langsam zu Boden sank und schließlich fiel. Er hatte Glück im Unglück, denn dadurch verfehlte der letzte Schuss seinen Kopf nur um wenige Zentimeter.
    Fato warf seine Waffe zu Boden und entfernte sich wieder von dem Trichter mit dem Plasmafeuer.
    „Verdammt“, fluchte Beem, „warum ist er nur nicht reingefallen?“
    Der Romulaner schien Gefallen daran zu finden, seinen schwerverletzten Gegner aufzuziehen. „Los, Captain, töten Sie mich... Wenn Sie können“, höhnte er.
    Caylon verzog sein Gesicht zur schmerzverzerrten Grimasse; aus der doch recht großen Wunde an seiner Hand tropfte das Blut zu Boden, die weiße Kutte, die er trug, war rot durchtränkt.
    „Rotes Blut...“, bemerkte der Konsul mit einem Hauch von Neugier in der Stimme. Hatte sein Blut etwa eine andere Farbe? Caylon dürstete danach, es herauszufinden. Doch er war zu geschwächt...
    „Wie wäre es, die Erde von ihm... reinzuwaschen?“, fuhr Fato seinen angefangenen Satz bezüglich des Menschenbluts fort.
    Der Captain wollte ruckartig aufstehen, als der Romulaner nun neben ihm stand, doch er rutschte aus und hörte das schallende Gelächter des Gesichtslosen. Es war nicht der von Blut verschmierte Sand, auf dem er ausgerutscht war, sondern Schlamm, denn die gesamte Arena füllte sich in rekordverdächtiger Schnelle mit Wasser...

    „Das reicht“, knurrte Torlan, während er mit dem Rest der Brückencrew das Treiben auf dem Bildschirm verfolgte, „wir werden etwas unternehmen.“ An Mestral gewandt fragte er: „Hat dieses Schiff Kampfshuttles?“
    „Wir haben drei Shuttles zur Verfügung.“
    „Bewaffnet?“
    „Minimal.“
    Der Andorianer, der ohne zu zögern das Kommando an sich gerissen hatte, befahl dem Navigator: „Steuermann, bereiten Sie ein solches Shuttle vor. – Vulkanier, ich will, dass Sie mit unserem Schiff einen Teil dieses Nebels einsaugen und ein Shuttle so präparieren, dass es das Gas gleichmäßig abgeben kann.“
    „Wozu?“, wollte Tschernovsky wissen.
    „Als Tarnung, nehme ich an...“, meinte Mestral.
    Torlan wirkte zufrieden und ein wenig überrascht. „Vielleicht seid ihr Vulkanier doch bessere Kämpfer, als ich gedacht hatte. – Worauf wartet ihr?“
    Die Crewmitglieder fingen zu murmeln an und ließen die drei Offiziere durch, denen sich Miller hastig anschloss. „Torlan, ich muss mitkommen.“
    „Aber nur, weil Sie Doktor sind, Frau!“
    „Im Übrigen bin ich auch ranghöher als Sie... Austauschoffizier!“ Es missfiel ihr sichtlich, dass dieser nicht einmal der Sternenflotte angehörige Blauhäuter auf einmal den großen Boss markieren musste. „Haben Sie schon mal von Emanzipation gehört?“

    Einen Vorteil hatte die Sintflut: Der Feuertrichter hatte sich geschlossen. Zwar konnte das Wasser dem Plasmafeuer nichts anhaben, aber die Flammen hätten das relativ kühle Nass immer weiter aufgeheizt und schließlich beide Kontrahenten gar gekocht. Diese standen inzwischen bis zum Bauch darin und setzten die „Verhandlung“ mit einem spritzenden Nahkampf fort. Dabei tobten sie so sehr dass auch die beiden gefangenen Menschen – das Kraftfeld war nach wie vor aktiv – einige Tropfen abbekamen.
    Müller hatte ihr akrobatisches Geschick soweit perfektioniert, dass ihre Finger sich dem Schloss immer weiter näherten. „Ich... ich kann es fühlen...“
    „Kriegen Sie’s auf?“, fragte Beem.
    „Nichts ist unmöglich, würde ich sagen...“
    Fato drückte derweil den immer schwächer werdenden Captain kraftvoll unter Wasser, doch gerade als dieser im Begriff war zu ertrinken verschwand es wieder, schneller sogar noch als es gekommen war wurde es durch diverse Öffnungen abgesaugt. Jede Veränderung der Umweltbedingungen war nur vorübergehend wirksam; nach einem wie es schien festen Zeitintervall wurde die Umgebung jedes Mal wieder auf Normal gestellt.
    Fato drückte nur noch den Kehlkopf seines Gegners, der sich mit einem Tritt gegen den Bauch des Konsuls befreite. Dieser wiederum reaktivierte seine Energieflächen an Händen, Füßen und Oberarmen. Wieder einmal wurde Caylon von den Entladungen durchgeschüttelt und hin- und hergeworfen.
    In einer kleinen Verschnaufpause, die der Romulaner sich gönnte, fasste der fast völlig erschöpfte Caylon sich zum dritten- und letzten Mal hinter das Ohr. „Dort wo ich herkomme... ist es verdammt heiß... Auf Ihrem Heimatplaneten auch?“
    Die Luft in der Ferne flimmerte, wie man es an heißen Tagen des Öfteren sehen konnte. Als wäre diese neueste Umweltanpassung der Auslöser dafür, öffnete sich auch der Trichter mit dem Plasmafeuer wieder und gab Beem und Müller die einmalige Gelegenheit, ein Barbequeue mal aus der Perspektive des Grillfleischs mitzuerleben. Nun, ganz so schlimm war es nicht, denn das Kraftfeld schirmte die Hitze wenigstens zu einem gewissen Grad ab. Ungemütlich wurde es aber trotzdem.
    Der Kampf ging derweil weiter, doch Fato, wie es schien, war sichtlich geschwächt. Seine Rüstung schien wohl keine Kühlaggregate zu beherbergen, womöglich wirkte sie auch wie eine Kompaktsauna, auf jeden Fall hatte Caylon diesmal den Vorteil auf seiner Seite; mehrere Male konnte er den Konsul zu Boden schlagen. Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis die Hitze wieder nachließ...

    Kapitel X
    Im Shuttlehangar der Antares waren immer noch die Folgen der Explosion zu sehen, doch die Funktionalität wurde dadurch Gott sei Dank nicht beeinträchtigt.
    Tschernovsky und Mestral waren bereits beim Shuttle; Torlan und Miller kamen gerade herein und zwei weitere Offiziere verließen den Hangar mit einem pumpenartigem Gerät und einem Glasbehälter.
    „Das Shuttle ist bereit“, meldete der Wissenschaftsoffizier, „unsere ‚Tarnung’ musste funktionieren.“
    „Zeigen Sie’s mir!“, befahl Torlan.
    Mestral war sichtlich verwirrt. „Im Weltraum wird das zweifellos anders aussehen, außerdem wäre es außerordentlich gefährlich, hier Wasserstoffgas, gemischt mit anderen...“
    „Dann nicht, es wird funktionieren. Wenn nicht, bringe ich Sie um!“
    Miller schnappte vor Entsetzen nach Luft.
    „Das werden wir sehen“, meinte der Teilvulkanier.
    Torlan aber fühlte sich ganz in seinem Element. „Ins Shuttle, los!“

    Die Antares war immer noch von zahlreichen romulanischen Schiffen umzingelt, doch die schienen die kleine Fähre nicht zu bemerken... Alles was sie sahen war eine langsam auf die Kuppel zutreibende Wolke, eine Wolke, deren Kern allerdings aus einem metallischen Objekt bestand, in dem sich zwei Menschen, ein Ein-Achtel-Vulkanier sowie ein Andorianer aufhielten.
    „Sieht irgendwie... witzig aus“, bemerkte Torlan, als er das immer noch feststeckende Sternenflottenschiff, aus dessen Hangar sie vor wenigen Minuten gestartet waren, betrachtete.
    „Das ist es aber nicht!“, grummelte Tschernovsky. Doch innerlich musste er trotzdem leicht grinsen, denn der Anblick war doch schon ziemlich grotesk.
    „Sagen Sie, fliegen wir jetzt praktisch blind?“, fragte Miller leicht verängstigt.
    „Ich muss mich hauptsächlich auf die Sensorenwerte der Antares verlassen“, erwiderte der Navigator, „keine Sorge, wir werden es schon schaffen.“
    „Die Romulaner?“, erkundigte sich Mestral.
    „Es funktioniert, sie entdecken uns nicht“, lautete die selbstzufriedene Antwort.
    „Könnten Sie bitte etwas ruhiger fliegen, Mr. Tschernovsky...“, bat Miller.
    „Ich wusste, warum wir Sie nicht mitnehmen hätten sollen“, lautete der Kommentar des Blauhäuters.
    Miller hätte den arroganten Kerl beinahe erwürgen wollen. Zu allem Überfluss bekam der Andorianer auch noch Unterstützung von Tschernovsky, der sich grinsend zu ihm umdrehte und meinte: „Ich stimme Ihnen zu, Torlan.“
    Wenn sie nicht damit beschäftigt gewesen wäre, ihre aufkeimende Übelkeit zu bekämpfen, hätte die Ärztin den beiden Möchtegern-Machos ordentlich Kontra gegeben. So aber saß sie einfach nur still da und presste die Lippen aufeinander.
    Irgendwie sah es nun aber doch so aus, als ob der Feind sie orten konnte... Doch es mochte auch andere Gründe geben, weshalb eines der romulanischen Schiffe sich auf Verfolgungskurs begab. Vielleicht war dem Kommandanten langweilig und er wollte die kleine Wolke nur so zum Zeitvertreib jagen? – Wohl kaum, denn menschliche Denk- und Gemütsstrukturen lassen sich nur selten auf Außerirdische übertragen. Wolken aus purem Vergnügen zu jagen war den Romulanern ebenso fremd wie das Verzehren von Popcorn. Nein, dieses Volk war mit einem schon hart an Paranoia grenzenden Misstrauen gesegnet, wahrscheinlich wollte das Schiff nur sichergehen, ob es sich bei diesem sich bewegenden Nebelfetzen wirklich um nichts Gefährlicheres handelte als eine Wolke... Oder der primitive Nebelumhang war ihren Sensoren wirklich nicht gewachsen.
    „Nein!“, rief Torlan, „ein romulanisches Schiff hat offenbar die Verfolgung aufgenommen...“
    „Macht nichts“, beruhigte ihn der Navigator, „wir befinden uns jetzt ohnehin vor dem ‚Eingang’...“
    Nun, zum Hineinfliegen schien dieses riesige Rohr, in dem die Fähre nur mit einem Mindestmaß an Flugakrobatik hineinmanövrieren konnte, nicht gerade gedacht zu sein. Der ausströmende Dampf wies deutlich darauf hin, dass es sich hier um einen Teil des stationsinternen Abluftsystems handelte.
    „Voila!“, rief Tschernovsky und zeigte auf die Schachtöffnung, als sei sie die Entdeckung des Jahres.
    Miller schien allerdings mehr wegen des Ausrufs irritiert. „Ich dachte, Sie sind Russe!“
    „Ja, aber eines haben Russen und Franzosen und alle anderen gemeinsam!“
    „Und das wäre?“, fragte Mestral neugierig.
    „Einen Ort zum Dampfablassen“, erwiderte Torlan anstelle des Navigators.
    „Einen Ort zum Ausscheiden von Giftstoffen in Form von Exkrementen“, lautete Millers fachfrauischer Kommentar und Tschernovsky fügte hinzu: „Einen Auspuff...“
    Alle sahen nun erwartungsvoll zu dem Teilvulkanier. Dieser schien sich zunächst noch etwas zu zieren, doch dann sagte er zögernd: „Eine... Runde Kalto.“
    „Wie abscheulich!“, entfuhr es Torlan.
    „Na dann, rein da!“, rief Tschernovsky beinahe vergnügt.

    Im Innern der Basis tobte immer noch der Kampf der Titanen – sofern man Caylon als einen solchen bezeichnen konnte. Er hatte sich den schon größtenteils rot verfärbten weißen Kampfanzug aufgerissen, denn obwohl die Hitze wie erwartet wieder nachgelassen hatte, schwitzte er durch die Anstrengungen des Kampfes immer noch wie ein Schwein. Der Blutverlust, die zuvor herrschende Hitze (obwohl er Australier war) und diverse gebrochene Knochen machten sich nun bemerkbar. Und zu allem Überfluss zog Fato auch noch eine Art von Säbel, mit dem er den Oberkörper des Captains an mehreren Stellen aufschlitzte. Dieser wusste nicht, woher er die Kraft nahm, aber mit einigen gezielten Tritten schaffte er es tatsächlich, dem Gegner die Waffe nicht nur aus der Hand zu schlagen, sondern auch selbst ihrer habhaft zu werden und zum Gegenschlag auszuholen.
    Müller, die mit Beem zusammen immer noch auf dem Kraftfeld lag, war derweil kurz davor, sich aus ihren Fesseln zu befreien. „Einen Moment noch... Heureka! Ich hab’s!“
    Fato bekam von dem, was da oben vor sich ging nichts mit, er war zu sehr damit beschäftigt, Caylon mit schnellen Schlägen und Tritten einzudecken, bei denen jedes Mal die Energiefelder an seinem Anzug triumphal aufleuchteten. Mehrere Male fiel der Mensch auf die Erde, Sand geriet in seine Atemwege und er musste furchtbar husten. Er hatte sich wacker geschlagen, aber hatte er jemals eine reale Chance gegen diesen eigentlich übermächtigen Gegner gehabt? Als er so dalag, schaffte er es fast nur mit letzter Kraft, den Romulaner ebenfalls zum Sturz zu bringen, indem er dessen linken Fuß wegzog. Durch diese vorübergehende Niederlage wieder beflügelt, schaffte er es, sich aufzuraffen und wegzurennen, während der gerade Gefallene eine Fläche an seinem Anzug betätigte und sich hinter das Ohr griff. Der nächste Atemzug, den der Konsul nahm, hatte etwas hörbar Darth-Vader-Mäßiges. Die alten Filme kamen Caylon wieder in den Sinn... Waren die Romulaner etwa doch Sauerstoff-Atmer? Oder hatte er das Schnaufen zuvor einfach überhört? Was er aber keinesfalls überhörte war das Zischen, dass sich mit Fatos leicht metallisch angehauchten Atemgeräuschen mischte. Es durchflutete die ganze Arena, der Captain, der stehen geblieben war immer und noch nach Atem rang, bekam immer weniger Luft... Geistesgegenwärtig atmete er aus; in der Halle war schließlich kein einziges Geräusch mehr zu hören. Caylon verzog das Gesicht, er musste dringend Luft holen... Und die gab es reichlich hinter der Glaswand, wo Hunderte maskierter Romulaner wie von Sinnen tobten und jubelten. Er rannte wie in einem Dreieck, Fato hinter ihm her, doch trotz Atemmaske schaffte dieser es nicht, den Menschen einzuholen. Den allerletzten Rest an Kraft zusammennehmend gelang es dem Captain, ein unter Unterdruck stehendes Glassegment zu zerschlagen. Auch die umliegenden Segmente begannen langsam Risse aufzuweisen, während Caylon vor dem Loch stand und schnell ein- und ausatmete. Er dachte sich dabei für einen kurzen Moment, dass die nun ihrerseits nach Luft ringenden Zuschauer selbst daran schuld waren, wenn sie unter ihren Masken keine Atemgeräte trugen. Ihr Röcheln wurde in dem zunehmenden Vakuum der Tribüne immer leiser, einige versuchten gar sich die Masken vom Gesicht zu reißen...
    Fato erkannte die missliche Lage und ließ die Arena vorzeitig wieder mit Luft fluten. Danach entfernte er sich von Caylon, um seine nächste Strategie zu überdenken. Offenbar hatte er diesen Gegner deutlich unterschätzt...
    Beem und Müller wären ebenfalls beinahe erstickt. „Der Typ ist doch wahnsinnig!“, entfuhr es dem Sicherheitsoffizier.
    „Wer, der Romulaner oder der Captain?“
    „Der Romulaner natürlich! Der Captain hat nur in Selbsterhaltung gehandelt...“ Beem hatte wie seine Kollegin nun beide Hände frei und machte sich nun an den Fußfesseln zu schaffen.
    Der Konsul sprach nun mit einem beinahe respektvollem Unterton: „Sie scheinen von höherem Intellekt zu sein, als ich annahm, Mensch!“
    Caylon rang immer noch nach Luft. „Wir können das... hier friedlich beilegen! Unsere Spezies werden schon eine Einigung finden...“
    „Niemals! Das Schicksal... hat bereits entschieden! Dies ist nur der Anfang...“ Er hob seine Faust mit dem leuchtenden Energiepanel und der Kampf ging weiter.

    Im Innern des Abzugsschachts raste währenddessen das Shuttle, nun mittlerweile frei von Gasen und Tarnung, immer weiter in Richtung Zentrum, oder wo auch immer ihr Weg sie hinführen würde. Alle standen vorne im Cockpit und sahen Tschernovsky mit einer Mischung aus Erstaunen und Entsetzen zu, wie er immer wieder Beinahe-Zusammenstöße mit beleuchteten Stellen und Rohren vermied. Ganz ließ sich ein direkter Kontakt jedoch nicht vermeiden, was zu gelegentlichem Funkensprühen und metallischem Knirschen führte, begleitet von einem Ruck, der durch das kleine Gefährt ging. Einmal, ganz am Anfang der Passage, war ihnen sogar ein kleiner Sturm entgegengeschlagen.
    „Setzen Sie sich lieber und halten Sie sich fest!“, ermahnte sie der Navigator.
    Torlan, der im Geiste schon am Ziel war, plante schon die nächsten Schritte, es war wohl ohnehin nur noch eine Frage von zwei, drei Minuten. „Wollen Sie auch eine Waffe, Vulkanier?“, fragte er Mestral, doch der reagierte nicht. „Vulkanier!“
    „Mein Name ist Ihnen geläufig, oder irre ich mich da?“
    Der Andorianer zögerte etwas. „Mestral... Nehmen Sie auch eine Waffe?“
    „Auch wenn ich dies verabscheue...“ – Er öffnete eine Klappe mit Phasenpistolen – „...Ja!“
    „Frau...“ begann Torlan nun die Ärztin anzureden, „...Doktor, Sie nehmen sich Ihre medizinischen Geräte und bereiten sich auf drei Verletzte vor!“
    Tschernovsky hielt sich auf einmal verkrampft fest und befahl den anderen, es ihm gleichzutun. Fast instinktiv schaffte Mestral es im allerletzten Moment noch, die Phasenkanone zu aktivieren und den Ventilator wenigstens zu beschädigen, während sie mit fast ungebremster Geschwindigkeit auf ihn zuflogen...
    Caylon und Fato befanden sich immer noch im Zweikampf, während Beem und Müller trotz befreiter Hände immer noch keinen allzu großen Fortschritt bei den Fußfesseln gemacht hatten. Dies lag auch daran dass das Kraftfeld sich teilweise wie eine Art Trampolin oder Wackelpudding verhielt, und nun da die Beiden mehr Bewegungsfreiheit besaßen, brachten sie das Feld in immer bedenklichere Schwankungen. Und unten brodelte immer noch das Feuer...
    Da raste das Shuttle der Antares durch den erwähnten Ventilator, mit dem auch die Luft vorhin abgesaugt worden war... der Grund für die Turbulenzen, die am Anfang des Tunnels beinahe die ganze Mission zum Scheitern gebracht hätten. Nun aber waren sie endlich am Ziel, und die Trümmer des Ventilators, die sich in unzählige Splitter zerteilt hatten, wurden von der Druckwelle auf den ganzen Boden verteilt. Ob es nun nur die Kraft der Druckwelle war oder auch ein Reflex, die beiden Kontrahenten lagen einen Augenblick später ebenfalls am Boden, genau wie die Zuschauer, die gerade aufstanden. Beem und Müller wurden beinahe nach unten geschleudert, fast nur durch Zufall wirkte die Kraft so, dass sie lediglich in das energetische Kissen des Kraftfelds gedrückt wurden.
    Caylon nutzte die Gelegenheit und griff in seine Hosentasche. Seine Hand umfasste den Desintegrator, mit dem Al’Seen so brutal ermordet worden war. Er hatte ihn, seitdem er ihn vom Boden der Schiffsbrücke aufgehoben hatte, immer in der Hosentasche seiner Uniform gehabt. Die Romulaner hätten ihn sicher entdeckt und wieder an sich genommen – schließlich war er ihr Eigentum –, doch seine andorianische Trainerin war schneller gewesen. Sie hatte ihm in einem unbemerkten Moment die Waffe abgenommen, vielleicht sogar um sie selbst einzusetzen. Nach dem Umziehen, als der Captain immer noch groggy gewesen war von der Betäubung nach der Untersuchung (in Wahrheit war ihm da das neuronale Interface implantiert worden), hatte die Andorianerin sich erneut an ihn herangeschlichen und ihm das Teil wieder in die Hand gedrückt: „Das habe ich für Sie aufbewahrt. Benutzen Sie es, aber nur wenn Ihre anderen Optionen versagen, schließlich sollen Sie sich wie ein ehrenwerter Krieger verhalten. Machen Sie das Schwein fertig!“
    Und das tat er nun. Er aktivierte die Waffe und rammte sie Fato in den Bauch. Ein entsetzlicher Schrei drang durch die Maske, als das grüne Feuer sich langsam – wie schon bei Al’Seen und dessen Mörder pervers langsam – seinen Weg bahnte.
    Im Hintergrund waren die vor kurzem noch zuschauenden Romulaner damit beschäftigt, sich einen Weg freizusprengen, um das eingedrungene Shuttle abzuschießen. Ein paar von Ihnen bemerkten Fatos Todesschreie, doch noch ehe sie wirklich reagieren konnten war er nur noch ein Häufchen Asche. Für den Helm und die anderen metallenen Teile seiner Rüstung hatte die Energie allerdings nicht ganz gereicht; sie fielen heiß und leicht glühend zu Boden. Caylons Hände waren nicht mehr imstande, den ebenfalls heißgelaufenen Desintegrator zu halten. Er warf einen kurzen Blick auf den Metallschrott und ließ die Waffe dann fallen. Dann rannte er, rannte um sein Leben, denn die Romulaner, die Fato sterben hatten sehen, schossen nun auf ihn. Die anderen konzentrierten das Feuer auf das Shuttle, doch das wich, dicht über den Boden fliegend, den feindlichen Energiegeschossen immer wieder geschickt aus, nur wenige von ihnen trafen. Tschernovsky ist ein Teufelskerl, dachte Caylon, als hinter dem kleinen Raumfahrzeug herlief. Dessen Tür öffnete sich und zwei Hände, eine von ihnen blau, erschienen und feuerten alles was ihre Phasenpistolen hergaben. Dabei wurden nicht nur ein paar Romulaner getroffen, sondern auch eine der Säulen in der Mitte. Diese begann zuerst bedrohlich zu schwanken und mit ihm das Kraftfeld, doch Beem und Müller, die sich endlich von ihren Fußfesseln befreit hatten, schafften es noch, geduckt aufzustehen. Beem sprang freiwillig in die Tiefe, kurz bevor die Säule endgültig zusammenbrach; das Shuttle befand sich gerade in seiner Nähe, ein Geschoss, das durch die offene Tür abgefeuert wurde traf ihn und er wurde im selben Moment weggebeamt, als er sich noch knapp 30 Zentimeter über dem Boden befand.
    Das Shuttle flog wie wild hin und her, näherte sich hin und wieder dem Boden und schleuderte ein paar Soldaten um; einige von ihnen wurden von den Antriebsdüsen hinweggefegt, woraufhin ihre Uniformen zum Teil Feuer fingen und einer als schreiende, lebende Fackel auf den Plasmatrichter zulief und sich dort in den endgültigen Tod stürzte.
    Caylon befand sich derweil nicht unweit der Säulen im Nahkampf mit einem Romulaner, den er aber schnell für sich entscheiden konnte. Der Gegner fiel, verlor seine Maske und Caylon wollte schon sein Gesicht sehen, doch da nahm er wahr wie Müller in dem Moment herunterfiel, als die beschädigte Säule unwiderruflich umkippte. Zehn Meter Fallhöhe. Caylon ist nicht unweit. Nur fünf Meter. Er springt. Springt nach vorne und zugleich nach oben. Er bekommt sie zu fassen. Doch wozu? Beide stürzen sie nun in die Tiefe. Und landen auf dem Dach des gerade heranfliegenden Shuttles. Ja, Tschernovsky ist ein Teufelskerl. Und ein Held noch obendrein.
    Die Romulaner feuerten weiter, doch das kümmerte sie nun nicht mehr. Noch waren sie nicht ganz in Sicherheit, doch schon wurden sie von starken Händen durch die Tür ins Shuttleinnere gezogen. Das Rahmfahrzeug gewann nun wieder schnell an Höhe, die Phasenkanone brachte die Kuppel an einigen Stellen zum Einsturz, während das Shuttle nun kurz vor der Antares schwebte und diese, unterstütz durch das Beben der zusammenbrechenden Kuppel, das große Schiff wieder hinausdrückte.
    „Seien Sie doch vorsichtig“, zischte Miller, die gerade dabei war den schwerverletzten Captain notdürftig zu versorgen.
    „Die Antares ist ja schon draußen!“, entgegnete der Navigator. Die Kuppel hob unter dem unter ihr herrschenden Luftdruck geradezu ab, die Romulaner wurden hinausgeschleudert, wobei einige noch versuchten sich an dem Sternenflottenschiff festzuhalten, aber ihre Kräfte erschlafften schnell. Tschernovsky steuerte das Shuttle an den Leichen vorbei und mit dem Heck voran in den hinteren Hangar, wobei die Antares sich zuerst ebenfalls nach hinten bewegte und dann, sobald die Tore sich geschlossen hatten, auf vollen Impuls nach Vorne beschleunigte. Die schwer beschädigte Station ließen sie so schnell hinter sich, ebenso die Hunderten von Toten, nicht aber die romulanischen Schiffe, die umgehend die Verfolgung aufnahmen.
    Bis auf Müller, die gegen den Protest der Ärztin gleich im Maschinenraum verschwand, betraten die soeben Angekommenen die vollbesetzte Brücke, wo Beem sie bereits von seinem Posten aus begrüßte. „Willkommen zurück... Mein Name wirkt manchmal Wunder.“
    „Welch ein Wortwitz!“, erwiderte Caylon mit schmerzverzerrtem Lächeln und setzte sich auf seinen Stuhl. Er sollte jetzt eigentlich auf der Krankenstation sein, aber hier wurde er im Moment dringender gebraucht.
    „Na ja, ‚beemen’ lasse ich mich trotz meines Namens nicht wirklich gerne. Die zwei Mal bis jetzt haben mir gereicht!“, fügte der Taktische Offizier hinzu.
    Ein Treffer ließ das Schiff erbeben, alle gingen auf ihre Stationen oder hielten sich irgendwo fest. Miller krallte ihre Hände um das Geländer hinter dem Stuhl des Captains.
    „Rückwärtige Sicht!“, befahl Caylon.
    Zehn feindliche Kreuzer erschienen auf dem Schirm, die teilweise durch den Nebel verdeckt wurden, wobei immer der einen Schuss abgab, der am günstigsten zum Zielobjekt stand.
    „Der Schutzschild?“, erkundigte sich der Captain.
    „Er funktioniert nicht, die romulanischen Waffen durchschlagen ihn mühelos... Wir wurden getäuscht.“ Damit meinte der Wissenschaftsoffizier natürlich nicht irgendwelche Fehlberechnungen seitens Müller oder Tucker (obwohl diese vielleicht auch vorkommen konnten, wenn auch mit geringerer Wahrscheinlichkeit), sondern die Sensordaten von der Berman, die ihnen eine falschen Lösung vorgegaukelt hatten.
    „Mestral, dieses rote Zeug... Was ist das?“
    „Hauptsächlich Wasserstoffgas!“
    „Gut, wir haben doch einen gewissen Vorrat an Sauerstoffkanistern an Bord, oder?“
    Erneut erbebte das Schiff unter einem Treffer, als Mestral antwortete: „Ja, mit flüssigem... Sauerstoff.“ Seine Augen weiteten sich. „Genial! Ich werde die Kanister abwerfen!“
    Caylon nickte ihm nur zu. Genau darauf hatte er hinausgewollt. Er wandte sich an Beem: „Bereiten Sie zehn photonische Torpedos vor, maximale Streuung!“
    „Warten Sie... Das dauert ein Weilchen...“
    Caylon trommelte nervös mit den Fingern auf der Armlehne herum.
    „Fertig!“, rief Mestral als erster.
    „Fertig!“, verkündete bald darauf auch der Waffenoffizier.
    „Wenn das vorüber ist, werden Sie alle befördert!“
    „Ihnen gebührt das Lob“, meinte der Teilvulkanier bescheiden.
    Ein weiteres Mal wurde die Antares durchgeschüttelt, diesmal so stark, dass sie für kurze Zeit Schräglage bekam und Caylon fast aus seinem Sessel rutschte. „Also, Mestral, alle überflüssigen Sauerstoffkanister raus! Zur Not auch mit dem Rest der Fracht!“
    Langsam schwebten die Tonnen den Angreifern entgegen. „Gleich... Gleich...“, versuchte der Captain Beems Tatendrang zu dämpfen. Dieses Zögern brachte ihnen einen weiteren Treffer ein, durch den dieses Mal sogar eine Konsole hinter ihm explodierte. Dennoch ließ er sich nicht aus der Ruhe bringen, noch waren die Kanister nicht nahe genug am Feind. Langsam und konzentriert fing er an zu zählen. „Drei... Zwei... Eins... Jetzt!“
    Beem betätigte die erste Taste für die Auslöse-Sequenz noch bevor das letzte Wort richtig verklungen war. Fünf Torpedos rasten auf einmal auf die Kanister zu, die sich nun direkt vor den Bugs der romulanischen Kreuzer befanden, fünf weitere der tödlichen Geschosse folgten ihren Kameraden. Als durch die Gewalt ihrer Detonationen die Kanister aufgerissen wurden, reagierte der Sauerstoff durch die Flammen der Explosionen mit dem Wasserstoff des Nebels und erzeugte die wohl gigantischste Knallgasexplosion, die ein Mensch je zu Gesicht bekommen hatte. Die Schiffe der Romulaner wurden fast alle vernichtet, der Rest schwer beschädigt... Doch auch die Antares wurde von der gewaltigen Druckwelle erfasst und weggeschleudert.

    Kapitel XI
    Die Schönheit des riesigen Nebels war trügerisch, denn er hatte nicht nur den Feind vernichtet, sondern auch die Antares schwer beschädigt. Diese schwebte nun zusammen mit der wieder instand gesetzten Enterprise vor der ebenso atemberaubenden wie tödlichen Kulisse, wenn auch in einem gebührendem Abstand davon, wenigstens einigermaßen geschützt durch ein kleines Asteroidenfeld. Die bislang eher notdürftige Reparatur dauerte nun schon zwei Tage und ein Ende schien immer noch nicht in Sicht. Caylon war sogar in den Genuss von Dr. Phlox’ Heilmethoden gekommen, doch auf Dauer schien ihm das Jucken, das die bereits bei Archer erfolgreich angewandten Maden verursachten, nicht weniger Beschwerden als Millers Maschinen zu verursachen. Und die war obendrein noch stinksauer, dass er sich von diesem „unhygienischen Quacksalber“, wie sie den Denobulaner nannte, behandeln ließ.
    „Nun seien Sie doch mal nicht so engstirnig, ich behandle die Crew dieses Schiffes schon seit fünf Jahren auf diese Weise, und sie alle erfreuen sich bester Gesundheit!“
    „Ja, weil sie Glück hatten!“ Die beiden Mediziner befanden sich gerade in der Offiziersmesse der Enterprise.
    Phlox seufzte. „Ich habe wirklich absolut rein gar nichts gegen Ihre Methoden und ich erkenne Ihre Fähigkeiten absolut an, aber Sie können Ihr jugendliches Alter auch nicht leugnen. Es ist nun mal eine Tatsache, dass ich mehr Erfahrung habe als Sie!“
    Miller verschränkte die Arme und schmollte.
    „Ach, kommen Sie, Sie sollten die Dinge einfach mal lockerer und optimistischer sehen. Ich denke, ein Jodelkurs würde Ihnen auch ganz gut tun, auf jeden Fall soll diese Art der vokalen Tätigkeit sehr entspannend sein!“
    „Einen was?“
    „Einen Jodelkurs! Commander Tucker gab mir eine Visitenkarte von Ihrer Beinahe-Namensvetterin, Commander Müller! Wir haben auf Denobula eine ähnliche Art der Kommunikation, die allerdings hauptsächlich bei Balzritualen eingesetzt wird. Ich freue mich schon auf meinen nächsten Besuch auf der Erde, bei meinem letzten hatte ich leider keine Zeit, obwohl ich schon einige Geschichten über diese Mückners gehört habe.“
    Miller stand auf. „Doktor, ich respektiere Ihre Erfahrung und den Erfolg den Sie mit Ihren... unorthodoxen Methoden haben, aber... aber Sie widern mich an!“
    „Was ist denn nun schon wieder los?“
    „Was los ist? Wir befinden uns wahrscheinlich bald im Krieg und alles, woran Sie denken, ist dieser dämliche Jodelkurs!“ Sie schmiss die Serviette hin und stapfte wütend davon. Dabei stieß sie beinahe Reed und Tucker um, die soeben eintraten.
    „Nanu, was ist denn mit der los?“, fragte der Chefingenieur verwundert, als er und sein Kollege sich an den Tisch des Doktors setzten.
    „Können Sie es sich nicht denken? Sie ist sauer, weil unser Doc ihren Captain weggeschnappt hat! Und obendrein noch frustriert weil sie keinen Romulaner sezieren konnte, und das obwohl die Antares von Hunderten ihrer Leichen umgeben war!“, mutmaßte Reed.
    „Die Krankenstation der Antares wurde bei der Explosion im Nebel ebenfalls beschädigt, ich musste Captain Caylon also behandeln, ansonsten hätte er chronische Schäden beibehalten – Ich denke vielmehr, wir haben es hier mit einem generellen Problem bezüglich unterschiedlicher Lebenseinstellungen zu tun. Die Auseinandersetzungen mit den Romulanern könnten in einen Krieg ausarten, und falls dieser tatsächlich eintreten sollte, werde ich bereit sein und mein Bestes geben, um die Verwundeten zu versorgen.“ Phlox sah sich das noch nicht ganz aufgegessene Hühnchenfilet an, das Miller auf ihrem Teller liegen hatte lassen. „Ich glaube kaum dass sie noch einmal kommen wird... Möchte einer von Ihnen das gerne essen?“
    „Nein, nein, nur zu!“
    „Wäre ja auch eine Verschwendung“, meinte der Denobulaner, griff sich das Stück Fleisch, umwickelte es mit einem Blatt Spinat von seinem Teller, tunkte es in Tzatziki-Soße und biss hinein.
    „Da sehen wir es mal wieder, Doc, Sie sind ein Genießer!“, meinte Tucker mit einem schelmischen Grinsen.
    „Da haben Sie Recht, das Leben ist zu kurz, um nur mit Ernst und engem Blickwinkel hindurchzugehen. Deshalb würde ich auch gerne diesen Jodelkurs besuchen, bevor die Romulaner angreifen, wenn sie es denn tun sollten. – Hätten Sie eigentlich auch Interesse, Commander?“
    „Das fragen Sie mich schon zum dritten Mal! Ich habe mir alle Audiobeispiele angehört und ich muss ganz ehrlich sagen: Das ist nicht meine Welt.“
    „Mich brauchen Sie gar nicht erst zu fragen, ich bin Brite!“, wehrte Reed ab.
    Phlox aß das Hühnchen auf und meinte: „Wenn Sie nicht wollen, dann frage ich eben jemand anderen, notfalls gehe ich sogar alleine! Hmmh, da fällt mir ein, T’Pol im Dirndl... Aber das würde sie nicht mit sich machen lassen.“
    Reed wollte das Thema wechseln. „Sagen Sie, gibt es eigentlich überhaupt irgendwelche neuen Erkenntnisse über das Aussehen oder die Anatomie der Romulaner?“
    „Sie scheinen nach wie vor ein Mysterium zu sein. Captain Caylon sagte mir, dass sie grünes Blut hätten, es hatte sogar an seinen Fingern geklebt, als er in das Shuttle gezogen wurde. Leider befand sich die Probe ausgerechnet in dem Teil der Krankenstation der Antares, der am meisten in Mitleidenschaft gezogen wurde. – Aber ziehen Sie jetzt keine voreiligen Schlussfolgerungen, es gibt mehrere Spezies mit grünem Blut.“

    Caylon saß derweil in seinem Bereitschaftsraum; da die Krankenstation nun wieder funktionierte, wenn auch noch nicht perfekt, musste er bald bei Dr. Miller antreten, die ihm vermutlich als Erstes die Verbände mit den Maden drunter abreißen würde. Aber zuerst musste er noch mit jemand anderem sprechen...
    Torlan betrat den Raum und sah den Captain mit erwartungsvollem Blick an. „Sir, wenn Sie mich befördern wollen, für solche Angelegenheiten...“
    „Darum geht es gar nicht. Wohl aber um die Aktion, derentwegen Sie wohl glauben eine solche Beförderung verdient zu haben. Mir ist durchaus zu Ohren gekommen, dass Sie es waren, der die Kommandokette schlichtweg ignoriert und die Befehlsgewalt während meiner, Müllers und Beems Abwesenheit an sich gerissen hat.“
    „Das ist korrekt; irgendjemand musste ja etwas unternehmen.“
    „Und dafür bin ich Ihnen auch wirklich dankbar. Aber tun Sie das in Zukunft nie wieder, ich hoffe auch nicht dass wir jemals in eine weitere Situation mit vergleichbaren Umständen geraten werden.“
    „Wie Sie meinen, Sir... Ist das alles?“
    „Nein, nicht ganz. An jenem Tag wurde mir das Leben, wie es scheint, gleich von zwei Andorianern gerettet.“
    „Ich verstehe nicht ganz...“
    „Auf der Station der Romulaner befand sich auch eine weibliche Vertreterin Ihrer Spezies. Sie erinnern sich noch an den Desintegrator, mit dem Commander Al’Seen ermordet wurde und mit dem der Attentäter sich anschließend selbst richtete?“
    „Wie könnte ich das vergessen... Er war zu feige, sich mit einem wahren Krieger anzulegen!“
    Caylon lächelte leicht. „Sie klingen wie ein Klingone... Aber zurück zu der Andorianerin: Wie Sie sicher sahen, trug ich während des Kampfes einen weißen Anzug; glücklicherweise hatte auch er eine große Hosentasche, in der ich die Waffe verstecken konnte. Aber das hätte ich nie geschafft ohne die Hilfe dieser Frau.“
    „Das... klingt interessant. Ich nehme an, sie war auch eine Art von Gladiatorin?“
    „So sieht es aus. Sie hat mit mir trainiert... Übrigens, was mir besonders an ihr aufgefallen ist, neben den zahlreichen Narben und Verletzungen, waren ihre Augen, die waren von einem leuchtenden Gelb...“
    Torlan zuckte kurz zusammen.
    „Kennen Sie sie? Die Andorianer, denen ich bisher begegnet bin oder auf Bildern gesehen habe, haben alle dunkle, ja regelrecht schwarze Augen, wie Sie.“
    „Das ist korrekt, die meisten Andorianer haben schwarze Augen.“
    „Hat es mit den helleren Farben dann etwas Besonderes auf sich?“
    „Ich glaube nicht, dass dies Sie etwas angeht.“
    Der Captain seufzte. „Ich will Ihnen ja wirklich keine Unannehmlichkeiten bereiten, es ist nur so, dass ich gerne etwas mehr über Ihr Volk wissen möchte. Ich weiß, jemand der aus einem Clan kommt, der sich ‚Haus der Verborgenen’ nennt, dürfte wohl nicht allzu viel sagen können oder dürfen, wenn ich die wenigen Dinge, die ich über Ihre Kultur weiß, richtig interpretiere. Aber Sinn eines solchen Austauschprogramms ist es unter Anderem, sich auch etwas näher kennen zu lernen.“
    „Dann fragen Sie am besten den menschlichen Offizier, der jetzt vermutlich auf einem andorianischen Schiff oder Station dient. Ich bin Soldat, kein Kulturbotschafter.“ Und schon schickte er sich an, zu gehen. Doch an der Tür machte er noch mal halt. „Gelbe Augen, sagten Sie?“
    „Ja!“
    „Dann müssen zumindest ihre Vorfahren von der Borlah-Insel kommen. Die gelbäugigen Andorianer sind sehr selten, sie gehören fast alle dem ‚Haus der Dämonischen’ an, zumindest nennen die meisten es so, auch wenn es vielleicht mehrere Häuser geben mag. Sie gelten als unrein, als Blutsauger, als Aasfresser; wer von den Reinblütigen sich mit ihnen einlässt, dem haftet eine lebenslange Schande an, die in früheren Zeiten stets mit dem Tod bestraft wurde.“
    Caylon traten die Augen beinahe aus den Höhlen. So viel hatte Torlan noch nie an einem Stück gesagt! Und er sah auch so aus, als ob er das in Zukunft nicht allzu oft zu tun gedachte. „Das ist doch schon mal... Ich danke Ihnen, Sie haben mir da eben einen sehr interessanten Einblick gewährt. Gibt es eigentlich auch noch andere Augenfarben?“
    „Ich denke, ich habe Ihnen schon genug gesagt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich nie wieder um so etwas bitten würden. Vor allem nicht um Informationen mein eigenes Haus betreffend, denn dann müsste ich Sie auf der Stelle töten.“
    Wieder auf der Brücke angekommen, erhielt der Andorianer nur wenige Minuten später einen Anruf von seiner Amtskollegin, die ihn bat, auf die Enterprise zu kommen, da Dr. Phlox ihn sehen wollte. Diese Bitte erschien ihm recht seltsam, aber schon eine gewisse Neugier trieb ihn dazu, ihr nachzukommen und diesen Denobulaner aufzusuchen. Dem Protokoll entsprechend meldete er sich bei Commander Müller ab, die wieder einmal die Befehlsgewalt innehatte.
    „Was will er denn auf der Enterprise?“, fragte Tschernovsky verwirrt.
    „Vermutlich will die vulkanische Offizierin, T’Pol, ihn einem Verhör unterziehen“, überlegte Beem laut.

    „Ah, schön, dass Sie so schnell kommen konnten, Defender!“, begrüßte Dr. Phlox ihn sogleich.
    „Was wollen Sie?“, fragte Torlan barsch, auch wenn er womöglich etwas freundlicher hatte klingen wollen, denn dieser Arzt kannte immerhin seinen Rang, der in der Sternenflotte leider nicht allzu viel zu gelten schien.
    „Nun, wie Sie vermutlich bereits wissen, habe ich Captain Caylons Wunden fachmännisch verarztet. Dabei erzählte er mir auch, dass eine gelbäugige Andorianerin...“
    „Ich habe dem Captain, ich meine Caylon, bereits die nötigen Informationen gegeben, fragen Sie besser ihn.“ Unruhe machte sich wieder in ihm breit; warum waren sie auf einmal nur alle so verdammt neugierig?
    „Nun... Das könnte ich und werde es vielleicht auch tun, aber da Sie schon mal hier sind...“
    „Was interessiert Sie überhaupt die Augenfarbe unseres Volkes?“
    „Pure Neugier, Defender. Ich dachte mir, dass Individuen mit solch hervorstechenden Unterschieden zu dem, was wir bisher als anscheinende Norm kennen gelernt haben, irgendeine besondere Bedeutung in Ihrer Kultur haben könnten, sei sie nun negativ oder positiv. Und mich würde die statistische Häufigkeit von deren Vorkommen interessieren.“
    „Sie sind doch... Ich habe doch ohnehin schon mehr gesagt, als ein Nicht-Blauhäuter eigentlich je erfahren sollte!“
    Zu allem Überfluss kam in diesem Moment auch noch T’Pol herein, woraufhin Torlan vollkommen ausflippte: „Ha, wie lange haben Sie schon vor der Tür gestanden?“
    „Ich bin eben erst hereingekommen.“
    „Alles Lüge, ich hätte wissen müssen, dass Sie dahinterstecken, Sie und Ihre vulkanischen Spione! Zuerst beobachten Sie uns jahrelang mit einem als Kloster getarnten Horchposten und jetzt initiieren Sie dieses Austauschprogramm, nur um uns weiterhin Informationen zu unserer innenpolitischen Lage zu entlocken! Aber eins sage ich Ihnen, mit euch dreckigen Spitzohren werden nicht einmal die Dämonischen paktieren, schon gar nicht die rotäugigen Mystiker des Hauses Pegh’tram-Sgol-Shral!“ Mit zitternden Fühlern und Fingern zeigte er anklagend auf die Vulkanierin und stürmte dann hinaus, wobei er sie mit Absicht stark anrempelte. T’Pol blieb leicht schwankend stehen und hob die Augenbraue.
    „Er ist ein Prachtexemplar seiner Spezies, finden Sie nicht auch?“, meinte Phlox und notierte sich: „Rotäugige Mystiker... Seine Zunge scheint ihm da soeben gewaltig ausgerutscht zu sein, es sei denn, er hat Caylon auch von ihnen berichtet. – Hier, bitte, die neuen Geruchsblocker, die dürften jetzt eine Woche nonstop wirken.“
    „Danke. Ich nehme nicht an, Sie können mir auch etwas gegen die Emotion geben, die gerade in mir aufsteigt?“
    Phlox lächelte. „Sie würden diesem Andorianer wohl am liebsten einen Knoten in die Antennen machen?“
    „Ich rede nicht von primitiver Wut und Rachegefühlen... Ich empfinde vielmehr eine Art von Bedauern, man könnte beinahe schon sagen Mitleid. Die Crew der Antares wird diesen Mann mindestens ein Jahr ertragen müssen...“
    „Tja, aber das könnte auch die Chance für eine Vertiefung der Zusammenarbeit und des interkulturellen Verständnisses sein. Optimismus, Sub-Commander!“

    Von diesem Optimismus hätten auch Caylon und Archer etwas abhaben können... Die Reparaturarbeiten waren noch längst nicht zu Ende, doch immerhin war die Antares wieder flugtauglich. Nun hatten die beiden Kommandanten endlich Zeit für ein längeres Gespräch, zu dem der Captain der Enterprise Gast im Bereitschaftsraum seines Amtskollegen war.
    „John“, begann Caylon nachdenklich, „du erinnerst dich doch noch, als ich vor zwei Tagen sagte, dass die Ereignisse, die an jenem Tag geschahen, zum ersten Galaxiekrieg führen können. Wir waren hilfsbedürftig und ihr habt uns Unterstützung gewährt, aber jetzt wird es Zeit dass wir wieder getrennte Wege gehen. Ich rate euch, dieses Gebiet nun so schnell wie möglich zu verlassen, die restlichen Reparaturen können im Erdorbit erledigt werden.“
    Archer nickte. „Wir konnten immer noch nichts herausfinden; es wäre möglich, dass diese Aktionen, die wir in den letzten Tagen und Wochen erlebt haben, in irgendeiner Weise mit dem Temporalen Krieg im Zusammenhang stehen, oder auch nicht. Wie dem auch sei, ich wünsche euch viel Glück... Und eine gute Heimreise.“
    Ganz so lange hatte das Gespräch auch nicht gedauert; es gab auch nicht viel zu sagen und Spekulationen wollte sich keiner hingeben.
    Archer verließ den Bereitschaftsraum und das Schiff, die Enterprise würde noch warten, bis die Antares auf Warp gegangen war.
    Caylon betrat wieder die Brücke, auf der noch immer hier und da die Spuren des Kampfes zu sehen waren, eines Kampfes, den sie – für diesen Moment – gewonnen hatten. Der Captain trug nun normale Verbände, unter denen irgendwelche künstlichen Chemikalien ihren Dienst verrichteten. Er würde wohl schon so gut wie vollständig genesen sein, wenn sie wieder im heimischen Sonnensystem ankamen... Er setzte sich in seinen Sessel. „Caylon an Maschinenraum, wie viel schaffen wir?“
    „Warp 3,... Nein, Warp 4,1... Warp 4,3 für kurzfristige Zeit, aber davon würde ich eher abraten“, antwortete Müllers Komm-Stimme.
    „Dann geben Sie uns Warp 4,2 solange es geht. – Ensign Tschernovsky, setzen Sie Kurs auf die Erde!“
    Er tat wie geheißen; in seinem „Aye, Sir“ steckte ein deutlicher Unterton der Furcht; alle auf der Brücke, ja dem ganzen Schiff fühlten sich unwohl beim Gedanken eines möglicherweise galaxieweiten Krieges, mit Ausnahme von Torlan und vielleicht noch Mestral.

    *
    Endlich wieder auf der Erde angelangt, verordnete der Captain allen Landurlaub, während die Antares im orbitalen Raumdock vollständig repariert wurde. Caylon hatte sich seiner Herkunft entsprechend eine etwas wärmere Gegend zum Entspannen ausgesucht, genau genommen das Hotel Nie’suh in Bagdad. Er tat dies auch, um seinem verstorbenen Kameraden Lieutenant-Commander Benjur Al’Seen die letzte Ehre zu erweisen. Die Familie des Opfers zu benachrichtigen war ihm schwerer gefallen als alles andere; der Kampf gegen Fato wirkte dagegen, nun da er schon etliche Tage zurücklag, fast wie eine Schulhofprügelei. Aber dann musste er immer wieder an den langsamen Tod durch den Desintegrator denken, dem auch der romulanische Konsul erlegen war. Der Weltraum hatte für ihn an Reiz verloren, ausgerechnet nun, da seine offizielle Mission darin bestand, ihn zu erforschen und wie nebenbei zu versuchen, das Geheimnis der Romulaner zu ergründen.
    Eine warme, leichte Brise im Gesicht und der luftigen Zivilkleidung, blickte Caylon von seinem Balkon aus auf die nächtliche Stadt. Sie wirkte so friedlich, wer die von Blut und Gewalt gezeichnete Geschichte von Bagdad kannte, mochte es kaum glauben, wie barbarisch die Menschheit einst war. Und nun... Da ging sogar ein Andorianer spazieren! Konnte es am Ende gar...
    Es war Torlan. Zehn Minuten später stand er in Caylons Zimmer und sah durch die offene Balkontür das Licht der beiden hellblauen Scheinwerfer, die das Hotel beleuchteten. „Eine nicht ungemütliche Stadt. – Captain... Sie werden sich über meine Verschwiegenheit während der Heimreise vielleicht verwundert haben, vielleicht auch nicht... Ich muss es jetzt wissen und ich erwarte eine klare, eindeutige Antwort: Sind Sie ein Spion für die Vulkanier? Oder wieso haben Sie mich wegen dieser Dämonischen ausgehorcht? War da überhaupt eine gelbäugige Andorianerin auf der Station?“
    Caylon stöhnte. Und dabei war der Urlaub bisher doch so schön gewesen... „Hören Sie, Ihre ewige Paranoia können Sie sich... ersparen, ich schwöre Ihnen auf jeden Fall bei meinem Leben, dass es sich wirklich so abgespielt hat und meine Frage allein auf Neugier beruhte!“
    „Nun, wenn Sie schon bei Ihrem Leben schwören, dann glaube ich Ihnen... Zumindest vorerst. – Sagen Sie, glauben Sie es gibt hier in diesem.. Hotel auch einige andorianische Spezialitäten?“
    Caylon lächelte. „Ich befürchte nicht, es sei denn, Sie wollen ein paar streng geheime Rezepte Ihrer Heimat preisgeben.“
    „Dann werde ich mich mal mit der einheimischen Kost vertraut machen. Ich habe übrigens das Zimmer gegenüber gemietet... Man sieht sich, diese Stadt wirkt wirklich sehr... entspannend.“
    „Ja, das tut sie in der Tat.“
    Torlan verließ das Zimmer und Caylon ging wieder auf den Balkon. Er sah den Shuttles und andern Schwebefahrzeugen zu, sah die Hochhäuser, die ebenfalls von Scheinwerfern bestrahlt wurden und fühlte sich mit einem Mal unglaublich erleichtert. Ja, Al’Seen hatte Recht gehabt. Bagdad war wirklich das Paradies. Und wenn sie es hier geschafft hatten... sein Blick glitt hinauf zu den klaren Sternenhimmel... dann würden sie es dort draußen auch schaffen. Irgendwann.
    E n d e

    Quelle: treknews.de
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