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Lewinski öffnete seine Augen. Dann schloss er sie wieder, atmete mehrmals tief ein und aus und spürte sein Herz rhythmisch schlagen. Um ihn herum hörte er nur das leise Vibrieren der Schiffssysteme. Ruhe. Geborgenheit. Zum ersten Mal seit einem Jahr konnte er wieder eine Nacht durchschlafen, ohne sich irgendwelche Sorgen machen zu müssen, wie es nun in seinem Leben weitergehen sollte. Mit einem kräftigen Stoß löste sich John Lewinski von seinem Bett und betrat die Waschnische, um sich zu pflegen und danach seine Uniform anzuziehen. Endlich durfte er dies wieder; endlich war er wieder ein reguläres Mitglied der Sternenflotte. Langsam heftete er sich seine vier Rangpins an seinen Kragen und beobachtete dabei diese Prozedur im Spiegel.
Captain.
Ja, endlich war er wieder einer. Ein Captain ohne Schiff zwar, doch ein Captain nichtsdestotrotz. Es fühlte sich gut an, wieder das Deck seines Schiffes unter den Füßen zu spüren. Die Monitor war ein fantastisches Schiff, so viel stand fest. Wenn er ehrlich war, konnte er sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass er wieder in der Sternenflotte war und er möglicherweise nicht dieses Schiff kommandierte. War es tatsächlich möglich, dass man ihm einen ganz anderen Posten zuteilte? Ohne etwas zu frühstücken, begab sich der Mensch sogleich in den Transporterraum. Aufgrund der frühen Uhrzeit begegnete er so gut wie gar keinen Besatzungsmitglieder. Die, die er traf, nickten ihm freundlich zu und konnten ihre Freude darüber nicht verbergen, dass ihr alter Kommandant noch am Leben und nun sogar in Sicherheit war. John freute es, diese Reaktionen bei seinen ehemaligen Untergebenen zu beobachten. Sie hatten ihn also nicht vergessen. Im Transporterraum stand Crewman Bear. Und auch sie freute sich, dass Lewinski zurück war. Für einen Smalltalk blieb jedoch leider keine Zeit. John ließ sich gleich auf die Erde beamen. Er materialisierte im prächtigen Garten vor dem Sternenflottenhauptquartier.
Die Perfektion dieses Planeten, seine Schönheit und Eleganz, spiegelten sich in der unglaublichen Natur ab, die hier vor dem Schaltzentrum der Sternenflotte errichtet worden war. Fast achtzig Jahre lang war Boothby, der wahrscheinlich berühmteste Gärtner aller Zeiten, für diese Anlagen verantwortlich gewesen. Vor einigen Monaten war er tragischerweise verstorben, doch dieser Park war sein Vermächtnis. Er stellte die Art und Weise dar, wie man sich an den alten Mann erinnern sollte. Der Sternenflottenoffizier genoss die ruhige Atmosphäre für einen Moment, lauschte andächtig den Vögeln und fokussierte seine Gedanken auf die kleinen Bäche und Springbrunnen, die die Anlage säumten. Der Garten Eden war hier in der Tat Wirklichkeit geworden.
Schließlich hatte Lewinski genug Kraft getankt. Er fühlte sich nun bereit, bereit dazu, sich dem Dämon zu stellen. Selbstsicheren Schrittes betrat er das Sternenflottenhauptquartier und begab sich in Richtung des Arrestbereiches. Dieser war in einem separaten Teil des Hauses untergebracht, was wohl auch logisch erschien, waren in ihm doch einige der berühmtesten Kriminellen der gesamten Föderation untergebracht. Hier wurden nicht Leute festgehalten, die nur einen einfachen Diebstahl oder Betrug begangen hatten. Nein, hier waren die (wenigen) Politiker, Funktionäre und Sternenflottenoffiziere untergebracht, die wegen Korruption und/oder Betrug angeklagt werden würden. Nur wenige erhielten Zugang zu diesem Bereich, dessen gesamte Wände und Türen aus dem widerstandsfähigsten Material, welches derzeit bekannt war, bestanden: reinem Neutronium. Doch der Captain gehörte nicht zu den Leuten, die mit diesen Beschränkungen leben mussten. Mit schnellen, geübten Tastendrucken gab er seinen Autorisierungscode ein, der ihm den Zutritt ermöglichte. Auch wenn seine Arbeit meistens unter die Geheimhaltung fiel, so war Captain Lewinski nichtsdestotrotz oder vielleicht sogar gerade deswegen eine feste Größe innerhalb der Hierarchie der Sternenflotte.
Die Atmosphäre war hier drinnen, im Arrestbereich, gedämpfter. Die Lichter hatte man gedimmt und es existierten keinerlei Fenster. Die Temperatur war aufgrund der Klimaanlage angenehm kühl und machte Lewinski ein wenig schläfrig. Diese gemütliche Atmosphäre schien tatsächlich beabsichtigt zu sein, um den Gefangenen nicht einmal den Gedanken an Flucht in den Sinn kommen zu lassen. Vorbei an einigen Sicherheitswächter kam er an die Tür, welche sein Ziel war. Zelle 29-B. Abermals musste John seinen Code eingeben, worauf sich das Schott vor ihm öffnete und er Zugang zum Arrestbereich dieser Zelle bekam. Vor dem Kraftfeld, an der Konsole, stand der übliche Sicherheitsoffizier und nickte dem Captain zu, als dieser eintrat. John erwiderte die Geste und richtete sogleich seine gesamte Aufmerksamkeit auf das Individuum, welches hinter einem Kraftfeld eingesperrt war. Die eigentliche Zelle bestand aus einem größerem Raum, in dem sich eine Liege, ein Schreibtisch samt Stuhl und einem Computerterminal befanden. Wem hier nun die Idee einer Fluchtgefahr kommen sollte, dem sei versichert, dass die Benutzung des Computers äußerst reglementiert war und alle ausgehenden Transmissionen gründlich überprüft wurden. Eine separate Badnische komplettierte die Einrichtung. Missmutig presste Captain Lewinski seine Lippen zusammen. Für all das, was ihm dieser Mann angetan hatte, verdiente dieser eigentlich nicht eine solch luxuriöse Behandlung. Der Gefangene erkannte seinen äußerst seltenen Besucher und erhob sich mit einem Seufzen von der Liege. Die Sternenflottenuniform hatte er gegen Zivilkleidung eintauschen müssen, welche ihn seltsam harmlos erschienen ließ. Doch von diesem Äußeren durfte man sich nicht täuschen lassen, wie John nur allzu gut wusste. Beide, Offizier und Gefangener, kamen ganz dicht an das orange glühende Kraftfeld heran, welches leicht knisterte. Sie sahen sich in die Augen.
„Schön, dass sie mich besuchen kommen,“ begrüßte ihn Edward Jellico und schien diese Aussage nicht im Geringsten spöttisch zu meinen. Im Gegenteil, er schien sich tatsächlich zu freuen.
„Ich kann nicht gerade behaupten, dasselbe zu empfinden,“ antwortete John kalt und musterte den ehemaligen Admiral, der ihn vor einem Jahr gezwungen hatte, seinen Posten als Kommandant der USS Monitor aufzugeben.
„Schade. Äußerst schade. Nun, was ist denn dann der Grund ihrer Anwesenheit?“ fragte der Mensch und setzte sich wieder auf die Liege, die Arme in den Schoß gelegt.
Lewinskis Antwort brauchte seine Zeit. Eigentlich war er sich selbst nicht so ganz im Klaren gewesen, wieso er heute Morgen diesen Drang gefühlt hatte, hierher zu kommen, sich noch einmal seinem erbitterten Gegenspieler zu stellen. Nun war er hier und...
„Ich wollte sie noch einmal vor der Verhandlung sehen, die morgen beginnt. Vielleicht um Zeuge einer eventuellen Entschuldigung ihrerseits zu werden.“
Der ehemalige Admiral lachte kurz auf und schüttelte dann seinen Kopf.
„Leider werde ich sie dann enttäuschen müssen, John. Ich bereue nicht meine Taten und ich entschuldige mich daher auch nicht für sie. Aber ich denke, diese Antwort haben sie auch erwartet, oder?“
„Ich denke schon... ja.“
Abermals sprang Edward Jellico von seiner Liege auf fuchtelte mit dem erhobenen Zeigefinger in der Luft herum.
„Sagen sie mal, glauben sie wirklich, dass, wenn ich ein Mitglied von Sektion 31 bin, die zulassen werden, dass ich verurteilt werde und so viele Geheimnisse ans Licht kommen? Ich bitte sie. Die werden mich vorher schon rausholen.“
Lewinski zuckte die Schultern.
„Sollen sie es doch versuchen. Ich denke jedoch, dass sie ihre eigene Wichtigkeit für diese Organisation jedoch überschätzen.“
„Wenn sie meinen...“
Statt einer Antwort, drehte sich John und verließ wortlos die Arrestzelle. Es gab nichts mehr zu sagen. Um die ganze Affäre mit Sektion 31 konnte er sich morgen Sorgen machen. Heute sollte erst einmal gefeiert werden.
Etwas später als Captain Lewinski erhoben sich die restlichen Mannschaftsmitglieder der USS Monitor aus ihrem wohlverdienten Schlaf. Für die meisten an Bord des kleinen Schiffes war heute ein ganz besonderer Tag, denn heute sollte die lang erwartete Hochzeit von Lieutenant Ardev und Fähnrich Tellom stattfinden. Für drei Jahre waren die beiden Führungsoffiziere das offizielle Liebespaar des Schiffes gewesen, der lebende Beweis für die Familie, die die Crew darstellte. Und heute sollte es soweit sein, diese beiden jungen Personen wollten den ewigen Bund fürs Leben schließen. Die Feier fand in der prächtigen Gartenanlage der Sternenflottenakademie statt. Das Brautpaar hatte sich für die andorianische Hochzeitszeremonie entschieden, was den so traditionsbewussten Ardev gerührt hatte. Da Andor zu weit weg war, um dorthin zu reisen und an jenem Ort die Hochzeit durchzuführen, hatte man sich für die Akademie auf der Erde entschieden. Ihre Grünanlagen mit den weiten Wiesen und den beeindruckenden Bäumen ähnelten dem Klasse L- Planeten Andor sehr. Auf der Wiese waren mehrere Reihen von Bänken aufgestellt worden, auf dem die zahlreichen Hochzeitsgäste Platz genommen hatte. Unter ihnen waren Offiziere der Sternenflotte, die in Galauniformen gekleidet waren, Beamte der Föderation, alte und neue Freunde des Paares und noch weitere. Aufgeregt murmelten die Gäste vor sich hin. Niemand von ihnen war jemals Zeuge einer andorianischen Hochzeit gewesen, umso mehr war man also gespannt, wie das Ganze ablaufen sollte. Seltsamerweise saßen einige der Offiziere der Monitor, wie z.B. die Captains Lewinski und Price sowie Lieutenant Bird nicht auf ihren Ehrenplätzen in der ersten Reihen, sondern waren über die hinteren Plätze verteilt. Ganz vorne, auf einem kleinen Podest, stand Arena Tellom, die in ein terellelianisches Festkleid gewandet war. Bei ihrer Spezies existierte keine Ehe und daher konnte sie auch kein Brautkleid tragen, daher hatte sie sich für etwas entschieden, was in etwa ein Äquivalent darstellte.
Langsam verstummte die wartenden Menge, als sich immer mehr Personen nach hinten drehten. Lieutenant Ardev war nun am hinteren Ende der Reihe erschienen, nur mit einer schwarzen Hose bekleidet, während sein blauer Oberkörper frei blieb. Selbstsicher schritt der Andorianer, den festen Blick auf den Podest mit seiner Frau gerichtet, durch die Reihen hindurch. Plötzlich sprang Captain Matthew Price von seinem Platz auf und versperrte ihm mit grimmigem Blick den Weg. Der Lieutenant antwortete mit einer imaginären Bewegung, die Price zur Seite schubsen sollte und der betazoidische Kommandant tat, wie ihm geheißen und machte den Weg frei. Man hatte ihnen am Anfang genau die andorianische Zeremonie erklärt: das Volk der Andorianer war eine kriegerische und stolze Kultur. Auch wenn sie inzwischen besonnener geworden waren, hielten sie an ihren Traditionen fest. Wollte ein Mann seine Geliebte zur Frau nehmen, so musste er sich früher im wahrsten Sinne des Wortes durch die Reihen derjenigen kämpfen, die ihm diese Hochzeit streitig machen wollten. Heutzutage wurde diese Art von Kampf nur noch nachgestellt und Verletzte blieben so aus. Ardev schritt weiter durch die Menge, die gebannt das Schauspiel beobachtete. Als nächste kam ihm Lieutenant Danny Bird in die Quere. Die beiden jungen Männer waren schon immer sehr gute Freunde gewesen und so war es selbstverständlich gewesen, dass er sich für die Hochzeit bereit erklärt hatte, den „Trauzeugen“ zu spielen. Lieutenant Ardev fuhr sein Bein aus und stoppte die Trittbewegung kurz vor dem Kopf Birds, der artig den Weg freigab. Und er schritt weiter. Nur noch wenige Meter, dann hatte er es geschafft und die Trauung konnte beginnen. Sein letzter Gegenspieler jedoch war, zumindest war es früher so gewesen, der stärkste Widersacher gewesen. Gespielt wurde er von Captain John Lewinski, der nach einem simulierten Aufwärtshaken jedoch auch kapitulierte. Endlich konnte der Andorianer das Podest erklimmen und legte beide Hände Telloms in die seinen.
„Geliebte Arena,“ sprach Ardev die traditionellen Hochzeitsworte, „ich habe alle Widerstände überwunden und meine stärksten Feinde besiegt. Nur noch eine Hürde hindert mich, der stolzeste Andorianer zu sein: das Geschenk, dass du mir machen kannst, indem du meine Frau wirst.“
Und Fähnrich Tellom antwortete traditionsgemäß:
„Ardev von Andor, ich akzeptiere dein Angebot.“
Die andorianische Hochzeitszeremonie war hiermit abgeschlossen. Auf Ardevs Heimatplaneten galten die beiden nun als Ehepaar. Nun war es Zeit, diesen Umstand auch auf die gesamte Föderation auszuweiten. John Lewinski und Matthew Price bestiegen beide ebenfalls das Podest. Da sie irgendwie derzeit beide die Kommandanten der beiden waren und sie sich nicht zwischen den beiden Captains entscheiden wollten, hatten sie einfach vereinbart, dass beide die Trauung durchführten. Matt Price begann als erstes:
„Verehrte Gäste, liebes Brautpaar. Wir haben heute uns hier versammelt, um diese beiden Personen in den Stand der Ehe zu versetzen, welches zu den schönsten Pflichten eines Kommandanten gehört.
Zwei grundverschiedene Individuen haben sich hier zusammengefunden, um sich für ein gemeinsames Leben zu entscheiden, was ein außerordentlicher Schritt ist. Sie werden ihre verschiedenen Traditionen und Ansichten, ihre Meinungen und Wünsche in diese Partnerschaft einbringen und so es dem anderen hoffentlich ermöglichen, ein erfülltes Leben zu führen. Wir alle hier können ihnen dabei nur alles Gute wünschen.
Ardev von Andor, ich frage dich, möchtest du Arena Tellom zu deiner Frau machen, sie lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet?“
„Ja ich will,“ antwortete der Lieutenant und blickte seine Fast-Frau an. Deutlich war ihm nun die Mischung aus Aufgeregtheit und Freude anzusehen.
John Lewinski fuhr nun mit der Zeremonie fort:
„Arena Tellom, ich frage dich, willst du Ardev von Andor zu deinem Mann machen, ihn lieben und ehren, bis dass er Tod euch scheidet?“
„Ja ich will,“ kam auch die Antwort von der jungen Frau. Sie strahlte über das ganze Gesicht.
„Dann,“ schloss Lewinski ab, „erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau! Sie dürfen nun die Braut küssen!“
Und unter jubelnden Klatschen tat Ardev, wie ihm geheißen. Nun war es offiziell, dass erste verheiratete Paar würde auf der Monitor dienen!
Im Anschluss an die Zeremonie wurde das reichhaltige, mit andorianischen und terellianischen Spezialitäten gedeckte, Buffet für eröffnet erklärt. In kleineren Gruppen standen die Leute zusammen und unterhielten sich über die verschiedensten Sachen, die im Zusammenhang mit dieser Hochzeit standen. Etwas abseits, auf einer kleinen Anhöhe, von welcher man die Partygäste gut beobachten konnte, stand John Lewinski, mit einem Glas Sekt in der Hand und dachte nach. Es dauerte nicht lange, bis ihn sein bester Freund Lieutenant-Commander Bruce Land, der erste Offizier der Monitor, bemerkt hatte und sich, ebenfalls mit einem Getränk bewaffnet, ihm näherte.
„Schöne Zeremonie,“ meinte der Navigator und nippte an seinem Orangensaft. Es war eine Wohltat nach all den Monaten mal wieder echten, in der Natur hergestellten Saft zu trinken.
„Finde ich auch,“ entgegnete John und starrte weiter vor sich hin. „War mal interessant, die andorianische Hochzeitszeremonie kennen zulernen. Nur gut für Ardev, dass er mit nicht wirklich geschlagen hat. Ansonsten hätte ich mich gewehrt und du weißt ja, wie so etwas dann ausgeht.“
Daraufhin lachten beide Männer und schwiegen dann. Dies war das Wunderbare an einer Freundschaft. Man konnte auch einmal schweigen und dabei schien man doch alles zu verstehen, was der gegenüber meinet. Nach einigen Sekunden unterbrach Bruce Land die Stille:
„Gut, dass du wieder hier bist, John.“
„Ja, finde ich auch,“ kam die melancholische Antwort seitens des Captains.
Der erste Offizier war tatsächlich mehr als erleichtert, dass sein bester Freund immer noch lebte. Ein Jahr lang hatte Lewinski untertauchen und sich mit Aufträgen durchschlagen müssen, die nicht selten äußerst gefährlich gewesen waren. Bruce wusste nichts Genaues, er kannte nur die Gerüchte, die immer mal wieder die Runde machten.
Dies war das erste Mal, dass sie überhaupt wieder, nach so langer Zeit, ein einfaches Gespräch führen konnten.
Lewinski seufzte.
„Heute morgen hatten ich und Captain Price eine Unterredung bei Admiral Waseri,“ sagte er, „wo es um unsere Zukunft ging.“
„Waseri? Soll ein Mann mit klarerer Linie sein,“ kommentierte Land.
„Und was für eine Linie. Er hat mir und Price klar gemacht, dass nur einer von uns beiden die Monitor kommandieren könne. Der Andere müsse sich dann halt ein anderes Engagement suchen.“
„Oh“ war alles, was Bruce daraufhin als Antwort zu Stande bringen konnte. Dies waren alles andere als gute Nachrichten zu einem Punkt, über den er sich bisher noch nie Gedanken gemacht hatte, obwohl es völlig offensichtlich war. Es konnten einfach nicht zwei Captains auf einem Schiff kommandieren. Und das Schlimmste war, Commander Land wusste nicht, wem seine Loyalität gelten sollte. Sicher, John Lewinski war sein bester Freund und er würde ihn gerne wieder auf dem Chefsessel sehen. Doch Matthew Price hatte in dem einen Jahr seinen Job ausgezeichnet gemacht, auch wenn seine Methoden eher unkonventionell waren.
Welch verfahrene Situation! Auf der einen Seite ein seltsamer Betazoid, der mehr als einmal der Besatzung das Leben gerettet hatte, auf der anderen Seite ein vertrauter Mann, der es verdient hätte, seinen alten Posten wiederzubekommen.
„Bis wann sollt ihr euch entschieden haben?“
„Bis übermorgen. Ansonsten trifft der Admiral für uns die Entscheidung.“
Land schluckte. Dies war nicht viel Bedenkzeit. Sachte versuchte er, dass Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
„Was hältst du von Matt?“
„Matt?“ fragte Lewinski irritiert.
„Ich meine Captain Price. Du wirst schon merken, wieso ich ihn so nenne...“
„Unsere erste Begegnung war ja nicht gerade so rosig“ sagte Lewinski leicht irritiert, „Und auch heute weiß ich nicht so richtig, was er für ein Typ ist. Seine Akte ist auf jeden Fall miserabel.“
„Darauf solltest du nicht allzu viel geben. Der Mann hat was drauf, das kann ich dir sagen.“
„Das macht ihn nur umso mehr zu einem härteren Konkurrenten,“ murmelte John und kippte den Rest seines Sektes herunter. Turbulente Tage standen ihnen noch bevor, so viel stand fest.
Zwar war die Multiplanetare Allianz, die Organisation, die endlich dem Quadranten den endgültigen Frieden bringen wollte, erst vor einigen Tagen gegründet worden, doch die Planungen für sie waren bedeutend älter. Weit mehr als ein Jahr lang hatten verschiedenste Politiker der unterschiedlichsten Spezies darüber debattiert, wie die Organisation aufgebaut werden sollte, wie ihre Struktur auszusehen habe, wo sie tagen sollte usw. Für die meisten Fragen hatte man glücklicherweise schon Antworten gefunden.
Der Planet Parliament war jahrzehntelang ein neutraler Planet gewesen, eingerichtet von der Föderation, auf dem sich verschiedenste Völker zu Verhandlungen treffen konnten. Dies sollte der neue Hauptplanet der MPA werden. Sogleich hatten Architekten begonnen, den größten Parlamentssaal des Quadranten zu bauen, der die verschiedenen Bauelemente der Mitgliedsvölker in sich vereinte. Die Abgeordneten, die hier einziehen sollten, waren nicht in ihre Rassen aufgeteilt, sondern in ihre politischen Richtungen, d.h., dass zum Beispiel die Verfechter der Ökologie der verschiedenen Mitglieder in einem bestimmten Block zusammen saßen. So sollte ein Annähern der gemeinsamen Politik erreicht werden. Bemerkenswert an der Struktur der neuen Allianz war, dass es abgesehen vom Parlament, kein Oberhaupt gab, weder Präsident noch Kanzler. Entscheidungen, die alle betrafen, sollten auch von allen getroffen werden, so war die Ansicht.
Verschiedene Grundverträge wurden abgeschlossen: die Mitgliedsvölker verpflichteten sich, für alle Zeit auf kriegerische Auseinandersetzungen untereinander zu verzichten. Zudem sollte ein groß angelegtes Flottenaustauschprogramm untereinander vereinbart, dass das noch immer existierende Misstrauen zwischen einigen Spezies wie z.B. den Klingonen und Romulanern ausräumen sollte. Beschützt wurde Parliament von einer gemischten Flotte, die immer auf Abruf bereit stand, um auch als Friedenstruppen zu agieren.
Große Ziele also, die die neue Organisation hatte. Und heute war es endlich soweit. Tausende von Gästen, Politikern und Journalisten tummelten sich auf Parliament vor einem Podium, auf dem der Präsident der Föderation seine Rede hielt. Gebannt lauschten alle Anwesenden den gewaltigen Worten:
„Heute, meine lieben Freunde, ist ein weiterer wichtiger Moment in der Geschichte des Quadranten geschehen. Denn heute werden zum ersten Mal die Abgeordneten der MPA ihre Plenararbeit in dem Parlament aufnehmen. An diesem Ort sollen in Zukunft all unsere Meinungsverschiedenheiten friedlich geregelt werden. Dieses Parlament ist ein weiterer, immenser Schritt nach vorn in Richtung dauerhafter Frieden in dieser Galaxis. Lassen sie uns alle hoffen, dass dieser Traum, der Traum von Frieden, Einheit und Brüderlichkeit, niemals vergehen werde.“
Die Zuhörer klatschten lauthals Beifall und mit einem Nicken zu einem seiner Assistenten wurde der große Vorhang, der den Eingang des Parlaments verhüllt hatte, herabgesenkt. Langsam spazierten die Besucher in das gewaltige Gebäude, um sich von der atemberaubenden Architektur gefangen nehmen zu lassen.
Wahrlich, ein großer Tag.
Persönliches Logbuch
Captain Matthew Price
So, die erste Hochzeit, der ich jemals beigewohnt habe ist vorbei und es war sogar recht lustig. Die beiden, also Lieutenant Ardev und Fähnrich Tellom geben ein sehr schönes Paar ab und ich kann nur hoffen, dass der Bund, den sie heute geschlossen haben, auch wirklich bis zu ihrem Lebensende und sogar darüber hinaus noch anhalten wird. Interessant, die andorianische Variante. Sollte ich vielleicht im Auge behalten, für meine eigene Hochzeit. Ich höre jetzt schon wieder die Stimme meiner Mutter im Kopf, die meint, ich solle endlich sesshaft werden und die Karriere in der Sternenflotte, die sowieso nie sehr glücklich sei, aufgeben. Doch ich weiß, dies kann ich nicht. Nach all den schweren Jahren, die ich hier gehabt habe, bin ich tatsächlich sesshaft geworden und zwar hier, auf der Monitor. Dies hier ist mein Traum, den ich leibhaftig ausleben darf. Aber ich sehe dunkle Wolken am Horizont, die sogar einen Namen tragen: John Lewinski. Nicht, dass ich was gegen ihn hätte, auch wenn unserer erstes Treffen nicht gerade unter optimalen Bedingungen abgelaufen ist, aber der Gedanke, dass ich mein Kommando abgeben soll, behagt mir nicht ganz. Mein Kommando. Wie vertraut doch diese Worte geworden sind. Doch ist es wirklich auch mein Kommando? Ich habe, als ich an Bord gekommen bin, die eindeutigen Gefühle der Mannschaft gespürt. Ist es wirklich mein Schiff oder habe ich nur den Platz für John Lewinski warm gehalten? Mal ehrlich, wer hätte ahnen können, dass der wackere Kerl tatsächlich wiederkommt, bei dem Gegner, den er, den wir gehabt haben? Ich will einfach nicht das Schiff verlassen. Und doch frage ich mich, ob ich es nicht Lewinski schuldig bin. Immerhin hat der Mann so viel durchgemacht, um wieder zu diesem Punkt zurückzukehren, ist da mein Anspruch nicht ein wenig egoistisch? Schwierige Fragen, auf die ich momentan immer noch keine Antwort weiß. Was soll ich nur machen? Ein steht auf jeden Fall fest: es kann auf diesem Schiff nicht zwei Kommandanten geben...
Ziemlich in der Nähe des Sternenflottenhauptquartiers war in San Francisco die medizinische Fakultät der Sternenflotte angesiedelt. Der moderne und gut ausgestattete Bau war riesig und stellte ein unübersehbares Zeichen des Optimismus für jeden Patienten da. Hier wurden die bahnbrechendsten Forschungen auf dem Gebiet der Medizin gemacht, die nicht selten das Leben von Hunderten veränderten. In einem der Räume, wo sie etwas ungestört sein konnten, saßen Dr. Elizabeth Frasier, die erste Bordärztin der USS Monitor, und Chief Jozarnay Woil, der antosianische Chefingenieur eben jenes Schiffes. Der Raum war nur mit zwei Metallstühlen und einem Teppichfußboden versehen, doch nichtsdestotrotz wirkte er freundlich und einladend. Durch ein großes Fenster drang die Nachmittagssonne in das Zimmer hinein und schuf eine friedliche Atmosphäre.
„Eine wunderschöne Zeremonie,“ meinte der Chief, was die Ärztin mit einem Seufzen bestätigte. Ja, auch sie würde gerne den Mann fürs Leben finden. Schon seit geraumer Zeit waren ihre Gefühle im Aufwind, meldeten sich stärker zu Wort denn je. Der Grund dafür war Captain Matthew Price. Seine Ankunft hatte so viel Wirbel in Frasiers Inneren ausgelöst. Nach vielen Stunden aufgeregten Nachdenkens war sie schließlich zur Erkenntnis gelangt, dass sie den Halbbetazoiden liebte. Doch wie empfand der Captain? Und wusste er, aufgrund seiner emphatischen Fähigkeiten nicht schon längst Bescheid? Die Ärztin konnte sich nichts Peinlicheres vorstellen.
Doch ihr Gefühlsleben war heute nicht der Grund ihres Hierseins. Viel eher sollte es um Jozarnay Woil gehen.
„Chief,“ begann sie ihre kurze Einführung, „sie wissen sicherlich, wieso wir uns hier zusammengefunden haben. Ich möchte mich über ihre Fortschritte beim Entzug vom Ketracel-White informieren. Vergessen sie nicht, dass dieses Gespräch hier streng vertraulich ist, also scheuen sie sich nicht, mir die Wahrheit zu sagen.“
Der Antosianer nickte. Der Zusammenbruch Woils aufgrund einer Überdosis der Jem´Hadar-Droge war nun gut ein Vierteljahr her; ein Ereignis, welches sein Leben verändert hatte. Für mehrere Jahre hatte der Chief an der Droge gehangen, ohne sich selber richtig bewusst zu werden, wie sehr er von dem synthetischen Stoff abhängig geworden war. Zum Schluss hatte es sehr schlimm um ihn gestanden. Ohne die Hilfe seiner Freunde, besonders von Lieutenant-Commander Land, hätte er es nie geschafft.
„Es läuft hervorragend, Doc,“ antwortete Woil wahrheitsgemäß und strich kurz über seinen Pferdeschwanz. „Inzwischen habe ich auch den Alternativstoff abgesetzt, da ich glaube, dass ich meinem Körper vollständig das White abgewöhnt habe. Ich bin zuversichtlich, dass ich es schaffe.“
Elizabeth Frasier lächelte aufgrund dieser Nachrichten.
„Es freut mich, dies zu hören. Und sie sind sich vollkommen sicher, dass sie niemals wieder das Verlangen nach Drogen jedweder Art empfinden werden?“
Ein schwerer Seufzer erklang von Woils Antwort. Seine Antwort auf diese Frage klang nachdenklicher als erwartet.
„Wann kann man schon jemals sicher sein, Doktor?“ fragte er. „Ich kann nur sagen, dass ich von meinem jetzigen Punkt aus keinerlei Interesse an Drogen oder drogenähnlichen Substanzen habe. Bei Gott, ich schwöre, dass ich dies durchhalten werde.“
Erleichtert lehnte sich die Ärztin in ihrem Stuhl zurück. Bei dem Chief war eine solche Redewendung in der Tat eine beruhigende Antwort.
Die Besuchermassen waren irgendwann höflich, aber bestimmt aus dem MPA-Parlament, welches sich auf Parliament befand, hinaus komplimentiert worden. Endlich war es soweit, wahre Geschichte zu schreiben. Zum ersten Mal in der Zeitrechnung des Quadranten sollte eine Sitzung der Abgeordneten stattfinden. Der Parlamentspräsident, ein alter Klingone, der als besonders ruhig und diplomatisch versiert galt, eine Eigenschaft die sicher nicht auf jeden Angehörigen seiner Spezies zutraf, überprüfte kurz seine Unterlagen und gab dann über das Mikrofon bekannt:
„Der erste Sprecher ist heute ein Abgeordneter des Komitees für Sicherheit und Zusammenarbeit im Quadranten.“
Bei dem Abgeordneten handelte es sich um einen unscheinbaren Menschen, dem diese besondere Ehre zuteil geworden war. Seine Fraktion war eher unpopulär, galt sie doch als naiv, doch ihre Ziele entsprachen jedoch weitestgehend denen, die die MPA langfristig anstrebte. Leicht unsichern Schrittes ging er nach vorne zum Rednerpult und schaute sich kurz in der riesigen Menge um. Dort saßen hunderte Vertreter von Völkern und Fraktionen innerhalb der MPA. Er würde die historische erste Rede halten.
Er räusperte sich ein letztes Mal, bevor er begann:
„Liebe Parlamentskollegen, geehrter Vorsitzender, verehrte Zuhörer. Ich habe die seltene Ehre, die erste Rede in diesem neugegründeten Forum halten zu können, ein Ort, an dem wir in Zukunft friedlich unsere Probleme lösen sollen. Lassen sie uns alle hoffen, dass wir diese Ziele erreichen können.
Ziele, für die das Komitee für Sicherheit und Zusammenarbeit im Quadranten schon immer eingetreten ist. Wir hoffen, dass wir nun endlich den dauerhaften Frieden etablieren können. Um dies zu erreichen, haben wir einen Themenkatalog erstellt, in dem wir unsere wichtigsten Forderungen, die den Frieden bringen sollen, zusammengefasst haben.
1. Aufhebung der Grenzen zwischen den Mitgliedsvölkern der MPA und freie Passage für Schiffe eben jener Völker.
2. Stationierung multiplanetarer Friedenstruppen an der romulanisch-klingonischen Grenze zur Sicherstellung des Waffenstillstandes.
3. Schrittweiser Abbau der Streitkräfte.“
Aufgeregt tuschelten die anderen Vertreter miteinander. Vereinzelt war Klatschen oder auch Buhrufe zu hören. Sogar ein gelegentliches Schwachsinn! war zu vernehmen. Wie es aussah, schien es noch ein weiter Weg für die neue Allianz zu werden!
Der nächste Tag brachte das nächste Großereignis mit sich. Am obersten Gerichtshof der Föderation in Den Haag fand ein aufsehenerregender Prozess statt. In dem riesigen Gerichtssaal, der nur wenigen zugänglich gemacht worden war, sollte der große Prozess gegen einen der höchsten Agenten der Sektion 31 innerhalb der Sternenflotte stattfinden, Admiral Edward Jellico. In der ersten Reihe saß John Lewinski und wartete ungeduldig auf den Prozessbeginn. Endlich, nach einem langen Jahr voller Ärger und Qualen konnte er hier leibhaftig Zeuge von Gerechtigkeit werden. Jellico saß neben seinem Verteidiger und stellte eine sehr selbstsichere Miene zur Schau. Anscheinend ging er immer noch davon aus, dass ihn seine Kumpanen früher oder später aus diesem Schlamassel rausholen würden. Der Staatsanwalt der Föderation, ein alter Trill, dessen weißes Haar sorgsam nach hinten gekämmt worden war, erhob sich und bewegte sich in Richtung der Geschworenen, um sein Eröffnungsplädoyer zu halten, auf dem seine Anklage aufbauen sollte.
„Guten Morgen ihnen allen,“ begrüßte er die Geschworenen lächelnd und begann, langsam vor ihnen auf und ab zu laufen, wie ein Dozent an einer Universität, der seinen Studenten einen Sachverhalt begreiflich machen wollte. „Ich darf sie hier heute zu diesem großen Ereignis begrüßen, ein Tag, der in die Geschichte eingehen wird. Denn heute werden wir damit beginnen, eine der größten, wenn nicht sogar die größte Verschwörung der Föderation aufzudecken. Ich werde sie mitnehmen auf eine Reise, die so unglaublich ist, dass die Wahrheit für manche von ihnen nur schwer nachvollziehbar sein wird. Die Wahrheit, dass sich schon lange Verschwörer frei unter uns bewegen und sich das Recht heraus nehmen, unser aller Schicksal zu lenken und zu bestimmen. Und einer ihren wichtigsten Verbündeten, der sogar aktiv daran beteiligt war, die ganze Sternenflotte zu täuschen, sitzt heute hier auf der Anklagebank: Edward Jellico. Ein Offizier der Sternenflotte, der der Föderation jahrelang treue Dienste geleistet hat. Der sie verteidigt und aufgebaut hat. Um so erstaunlicher also, dass er zu den Personen gehörte, der hinter dem Vorhang die Föderation, wie wir sie heute kennen, stürzen wollte. Im Zuge meiner Anklage werde ich ihnen diesen Sachverhalt darlegen und danach wird es an ihnen liegen, Gerechtigkeit walten zu lassen.“
Damit beendete der Staatsanwalt sein Plädoyer und begab sich zurück zu seinem Platz. Lewinski war beeindruckt von den rhetorischen Fähigkeiten des Trills. Der Richter rief nun als nächstes den Verteidiger Jellicos auf. Wenn es nach dem Captain gegangen wäre, hätte Jellico überhaupt keinen Anwalt gehabt, doch das Föderationsrecht sah dies für ihn vor. Der Verteidiger, seine Hände hatte er in die Hosentaschen gesteckt, begab sich ebenfalls vor die Geschworenen. Einige Sekunden lang schwieg er und schien nachzudenken, bis er schließlich begann:
„Ich darf sie alle heute an diesem Morgen begrüßen... Märchen sind integraler Bestandteil unser aller Kulturen. Sie sind unterhaltsam, amüsant und oft beinhalten sie eine lehrreiche Botschaft. Doch diese löblichen Eigenschaften ändern nichts an einem fundamentalen Fakt: Märchen waren und sind immer noch frei erfunden. Mein verehrter Kollege, der Herr Staatsanwalt, wird ihnen im Laufe dieses Prozesses ein großes, ein tolles Märchen erzählen: er wird ihnen vermeintliche Beweise dafür liefern, dass eine kleine, ich bitte dabei das Wort kleine zu beachten, Organisation eine Verschwörung gigantischen Ausmaßes leitet, die insgeheim die Geschicke der Föderation lenkt. Also unser aller Leben beeinflusst. Und nicht nur das. Diese Geschichte wird auch den Zweck haben, meinen Mandanten, einen ehrenwerten Mann und liebevollen Vater, zu diskreditieren und angeblich bloßzustellen. Ein Mann, der in mehr als einem Krieg sein Leben für die Föderation gegeben hätte. Bitte helfen sie mir, die Wahrheit in diesem Fall zu entschleiern. Danke.“
Und damit hatte auch der Verteidiger sein Plädoyer beendet. Obwohl es Lewinski nicht gerne zugab, so musste er gestehen, dass seine Worte ihn fast überzeugt hätten. Fast aber eben nur, weil er selbst die Wahrheit kannte. Und diese offen zu legen sollte eigentlich kein Problem sein. Schließlich erinnerte er sich nur zu genau daran, wie er bei Jellicos Verhaftung ein kleines Datenpadd gefunden hatte, dass gezielte Namen von Verschwörern offen legte. Mit diesen Beweisen und Zeugen sollte eine Verurteilung eigentlich kein Problem sein. Hoffentlich...
Persönliches Logbuch
Captain John Lewinski
Mir fehlen die Worte, um die Ereignisse zu beschreiben, die in den letzten Minuten stattgefunden haben.... Vielleicht sollte ich ganz von vorne beginnen:
Der Prozess gegen Edward Jellico begann verheißungsvoll. Ich wurde als einer der ersten Belastungszeugen aufgerufen und befragt, wobei ich eine gute Figur abgab und meine Antworten der Wahrheit äußerst dienlich waren. Auch der Verteidiger Jellicos, wenngleich er auch geschickte Fragen stellte, konnte mich nicht aus der Fassung bringen. Aber der Prozess war auch gar nicht das Ereignis, welches mich nun so sprachlos macht. Morgen sollte es mit der Anklage weitergehen und so begab ich mich aus dem Saal, woraufhin mein Kommunikator, den ich bis dahin abgestellt hatte, anfing zu piepen und ich eine Meldung von Admiral Ali Waseri bekam, der mich zu sich bat. Nichts ahnend... nein, dies ist eine falsche Formulierung, ich konnte mir schon denken, dass es um das Kommando über die Monitor ging, begab ich mich in sein Büro, in dem nicht nur der Admiral selbst, sondern auch Captain Matthew Price war. Der Betazoid war wohl genauso überrascht mich zu sehen wie ich ihn.
„Admiral, sie wollten mich sprechen?“ fragte ich, wirklich darauf bedacht zu erfahren, was los war.
Der Admiral, der einen bemerkenswert dunkeln Hautton besitzt, meinte zu mir:
„Captain, schön dass sie hier sind. Selbiges gilt natürlich auch für Mr. Price. Sie können sich sicherlich denken, was der Grund ihres Hierseins ist: das Kommando über die USS Monitor.“
„Ja,“ antworten wir beide wie aus der Pistole geschossen. Daraufhin lehnte sich Waseri in seinem bequemen Sessel weit zurück und musterte mich mit festem Blick.
„Ich habe heute Mittag eine Nachricht von Lieutenant-Commander Land bekommen,“ erklärte er mir, „indem er mir mitteilte, dass er wieder am Austauschprogramm für Sternenflottenoffiziere bei den klingonischen Verteidigungsstreitkräften teilnehmen möchte.“
Ich war geschockt von dieser Nachricht und ich glaube, dieser Price war es auch. Wie gelähmt stand ich da, nicht fähig, eine Antwort zu formulieren.
Der Admiral fuhr nun in verschwörerischem Ton fort:
„Mr. Lewinski, ich mag alt sein, aber ich bin nicht naiv. Ich weiß, dass Commander Land seinen Posten nun geräumt hat, um eine Stelle auf dem Schiff frei zu machen.“
„Ich fasse es nicht,“ stammelte ich nur ungläubig, „er verlässt tatsächlich das Schiff?“
„Was immer noch nicht die Frage des Captains löst!“
Daraufhin blicken sich Price und ich an. Ich kann deutlich sehen, wie es in seinem Kopf arbeitet. Ich war kaum in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich war immer noch paralysiert, dass mein bester Freund gehen wollte. Und dann geschah das Unfassbare: Matthew Price griff sich an den Kragen und knöpfte einen seiner Rangpins ab, legte ihn mit einem festen Gesichtsausdruck auf den Tisch des Admirals, der genauso überrascht wie ich schien.
„Admiral Waseri,“ erklärte der Kerl, der auf Rigel groß geworden ist, „Captain Lewinski hat viel durchgemacht, um wieder das Kommando auf der Monitor haben zu dürfen. Und ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich auf diesem Schiff bleiben will. Es ist mir ebenfalls eine zweite Heimat gewesen. Doch ich kann den Anspruch von John hier verstehen. Commander Lands Entscheidung hat hier eine Tür geöffnet und ich nutze nun sein großes Opfer. Ich degradiere mich hiermit selbst zum Commander.“
Ich schaute schon dumm aus der Wäsche, doch Ali Waseri blickte nun so, als ob Price ein zweiter Kopf gewachsen wäre. Ich selbst verstand ja auch gar nichts mehr. Was tat der Mann mit seiner Karriere?
„Price, was machen... sie….?” stammelte Waseri unbeholfen, „sie können doch nicht einfach...“
„Und ob ich das kann,“ meinte Price mit einem triumphierenden Grinsen, „das Grundgesetz der Föderation sichert mir zu, dass ich jeden Posten bekleiden kann, für den ich qualifiziert bin. Und ich möchte nun der erste Offizier von Captain Lewinski und nebenbei noch der Navigator seines Schiffes sein. Da jedoch nicht zwei Captains auf einem Schiff dienen können, gebe ich freiwillig meinen Rang ab.“
Ungläubig verschränkte der alte Mann die Arme.
„Das ist Wahnsinn!“
„Nichtsdestotrotz ist es möglich.“
„Nun gut, ich gebe ihrem Antrag statt, auch wenn er mir schwachsinnig erscheint. Mr. Lewinski, Commander Price ist ab sofort ihr neuer erster Offizier.“
Und dann reichte mir Price seine Hand, die ich ergriff. Immer noch war ich unfähig, etwas zu sagen. Man stelle sich dies einmal vor: ich höre, dass mein bester Freund sein Schiff verlässt, nur um mir zu helfen und dann verzichtet ein anderer auf den Rang eines Captains, was einen Lebenstraum darstellt, ebenfalls um mir zu helfen. Ich weiß nicht, ob ich eine solche Ehre verdient habe...
Das Abendessen für die Inhaftierten war offiziell beendet und schon seit einiger Zeit döste Edward Jellico in seiner Zelle herum. Der Mensch dachte über den nun begonnenen Prozess nach. Lächerlich! Wie konnten die nur annehmen, dass Sektion 31 einfach zuließ, wie noch mehr Geheimnisse enttarnt wurden? Schon jetzt war ein immenser Schaden durch die Enttarnung von Mittelsmännern entstanden. Doch wie hatte man dieses kleine Padd bei der Verhaftung Jellicos bei ihm vergessen können? Wie konnte einem ein solch großer Fehler unterlaufen. Über diese Frage dachte Edward schon lange nach. Und dann kam ihm endlich die Lösung: diese Enttarnten waren Bauernopfer gewesen, Notlösungen, um dem Löwen etwas zur Beschäftigung zu geben. Welch Cleverness! Doch im Umkehrschluss hieß dies auch, dass Jellico ebenfalls ein Bauernopfer war, das zurückgelassen worden war. Nein, unmöglich, er hatte ihnen so lange treue Dienste geleistet, sie konnten ihn nicht zurücklassen. Sicher würden sie bald kommen...
Wo ist der Zellenwärter? Fragte er sich unwillkürlich.
Er hatte gar nicht bemerkt, dass der Sicherheitsoffizier den Raum verlassen hatte, was sehr ungewöhnlich war. Plötzlich erstarb das Summen, was für Jellico ein wohlbekanntes Geräusch war: das Kraftfeld war ausgeschaltet worden. War dies die Möglichkeit zur Flucht? Half man ihm endlich? Der ehemalige Admiral der Sternenflotte wollte sich gerade erheben, um seine Zelle zu verlassen, da tauchte eine Person vor ihm auf, die unangenehmerweise einen Phaser direkt auf ihn gerichtet hatte. Jellicos Miene versteinerte.
„Nein, nicht sie!“
Das Gesicht des Attentäters veränderte sich in ein höhnisches Grinsen. Dann drückte er ab. Wie in einer Zeitlupe konnte Jellico sehen, wie der orange Energiestrahl aus dem Phaser hervor schoss und auf ihn zuraste, ohne dass er die Chance hatte, ihm auszuweichen. Die Energieentladung traf auf seinen Brust und verursachte ein unglaubliches Brennen, während ihn der Impuls zu Boden warf. Und dann übermannte ihn das Ende...
Die Klingel an Bruce Lands Quartier läutete. Der Commander, der gerade dabei war, seine wenigen Sachen zu packen, bat den Besucher herein, wobei er sich ganz genau ausrechnen konnte, um wen es sich handelte.
„Das hättest du nicht tun dürfen,“ sagte John Lewinski vorwurfsvoll statt einer Begrüßung.
Land verstaute einige Pullover in seiner Reisetasche und antwortete:
„Ich weiß. Aber du bist mein bester Freund. Ich tat es für dich.“
„Ich hätte nicht deine Hilfe benötigt.“
„Und was dann?“ fragte der Erste Offizier. „Was hättest du dann getan? Dieses Schiff hier ist dein Leben, John! Du hast dein ganzes Leben lang darauf hingearbeitet, ein Kommando zu kriegen und du hattest es dir verdient. Egal wie toll Price auch sein mag, dies hier ist deine Aufgabe. Die Mannschaft hat ein Jahr lang um dich gebangt und gehofft. Sie vertraut dir; du hast es verdient, der Captain zu sein.“
Lewinski wusste nicht, was er sagen sollte. Er war von diesem Opfer, das sein Freund geleistet hatte, überwältigt. Vier Jahre lang war er sein Erster Offizier gewesen und noch viel, viel länger sein engster Vertrauter. Konnte es überhaupt ohne ihn weitergehen?
„Und was machst du nun?“
„Ich habe wieder einen Posten auf dem klingonischen Kreuzer Vor´nak erhalten, demselben, auf dem ich schon einmal vor drei Jahren gedient habe. Der Kommandant Torlek kennt mich gut und freut sich darauf, mich wieder zu sehen.“
„Werde ich es ohne dich schaffen?“ fragte Lewinski melancholisch, woraufhin Land seine Tasche packte und in Richtung Ausgang ging.
„Das wirst du, auf jeden Fall. Mit der Unterstützung der Crew und vor allem der von Matthew Price sind dir keine Hindernisse gesetzt. Ich kann nur hoffen, dass ihr euch vertragt.“
Der Lieutenant-Commander wollte sich schon aufmachen, sein Quartier zu verlassen, da hielt ihn John noch einmal auf und umarmte ihn. Diese Vertrautheit, diese Loyalität würden ihm fehlen. Erst war T´Per gegangen, nun würde auch Bruce gehen. Für das Schiff und seinen Captain bedeutete dies wohl einen Neuanfang.
...und die Reise geht weiter - am übernächsten Sonntag
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Episode #401
Quelle: treknews.de
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