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  • Monitor - 5x01: Eine neue Situation

    Season 5 Premiere
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    • TheOssi
    Ein fürchterlicher Anschlag auf den romulanischen Senat erschüttert den Quadranten. Doch um die wahren Motive des Attentats zu verschleiern, gehen die Romulaner einen gänzlich eigenen Weg...

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    Monitor 5x01 "Eine neue Situation"
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    Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen
    - Plato


    Nachdem die Zahlen auf der Anzeige gänzlich zurückgelaufen waren geschah es. Innerhalb von nur weniger Millisekunden aktivierte das kleine Gerät sein volles Leistungspotential. Eine Leitung nach der anderen wurde mit Energie geflutet und die Temperatur im Inneren stieg um ein Vielfaches an. Eine erste kleinere Detonation setzte nur noch mehr Energie frei, die in einer zweiten, gewaltigeren Explosion kanalisierte. Die ersten Opfer, die direkt neben der Bombe standen, starben sofort, verdampften angesichts der ungeheuren Hitze. Viele andere starben einen weitaus qualvolleren Tod, als sie bei lebendigem Leib verbrannten. Wiederum andere wurden durch die gewaltige Druckwelle hinfort geschleudert und starben an inneren Verletzungen, oder wurden durch herabfallende Trümmerteile begraben. Das Gebäude, in dem die Bombe gezündet wurde, begann an der Westseite zusammenzustürzen und tötete so noch einmal Dutzende von Lebewesen. Sie schrieen und rannten panisch umher, doch einige wenige Unglückliche schafften es nicht sich in Sicherheit zu bringen. Und dann, nachdem der Detonationsknall verhallt war, herrschte für einen kurzen Moment eine gespenstische Ruhe. So als müssten alle erst begreifen, was eben geschehen war, schwiegen für einen winzigen Augenblick alle, bis in einem großen Tornado des Lärms alle Geräusche der Umwelt über einem zusammenbrachen. Alarmsirenen der anrückenden Helfer, Schreie der Verletzen, panische Anwohner, herabfallendes Geröll, all das war zu vernehmen, nach dem ein Teil des romulanischen Senats explodiert war und so eine unheilvolle Ereigniskette in Gang setzte.

    Seit Jahrhunderten galt Paris auf der Erde als Stadt der Kultur und des Wissens. Auch im 24. Jahrhundert versuchten die Stadtväter diesem Ruf gerecht zu werden, wenn auch auf andere Art und Weise als früher. Nach den fast 300 Jahren, die die Menschheit mit interstellaren Reisen zubrachte, hatte sich die Stadt dazu entschlossen ein Kulturviertel eigens für außerirdische Völker einzurichten. So viele Mitgliedswelten der Föderation wie möglich waren eingeladen worden die Eigenheiten ihres Volkes in Kulturhäusern vorzustellen und so anderen Spezies näher zu bringen. Diese Orte waren äußerst beliebt bei Touristen, denn wo sonst konnte man so viel außerirdisches Wissen an einem einzigen Ort sehen? Auch die Betazoiden hatten sich ein zweistöckiges Haus angemietet, in der sich interessante Exponate und Repliken ihres Volkes befanden. Angehörigere verschiedenster Arten schlenderten durch die großen Räume oder wurden von Historikern geführt, die ihnen die Bedeutsamkeit einzelner Objekte und Gegenstände erklärten. Die meisten der Besucher ignorierten die kleine Kapelle, die in einem Raum am Flurende aufgebaut war. Die meisten Betazoiden hatten inzwischen die alten Religionen ihres Volkes abgelegt und daher hatte dieser Ort nur noch repräsentative Zwecke. Doch heute, an diesem Morgen, befand sich tatsächlich eine Person in der Kapelle und dieser Mann war zudem auch noch ein Betazoid. Dieser Jemand war niemand geringeres als Commander Matthew Price, der erste Offizier des Raumschiffs Monitor. Etwas unschlüssig, ja geradezu verloren stand er in der Mitte des Raumes ohne sich auf einen der Stühle zu setzen, die ringsum im Raum verteilt waren. Auch für ihn war es das erste Mal, dass er in einer Kapelle war. Wie viele seiner Artgenossen hatte er sich nie für die alte Religion interessiert, ja nicht einmal ernst genommen. Und doch war er nun hier, auf der Suche nach Antworten. Denn was vor einigen Wochen vorgefallen war verwirrte ihn immer noch sehr. Erst dieser Kontakt mit diesem mystischen Wesen Elawuhr, dem Teufel der betazoidischen Gesellschaft, das personifizierte Böse. Im Anschluss daran war er gestorben. Nicht nur beinahe, sondern er war gänzlich tot gewesen, dies hatte er ganz genau gespürt. Das Verwirrendste an der Sache war jedoch, dass er nicht nur gewusst hatte, dass er tot war, sondern auch diese Stimme, die in seinem Kopf erklungen war.
    Steh auf, das hatte sie zu ihm gesagt und mit einer spielerischen, nicht fassbaren Leichtigkeit hatte Price die Augen aufgeschlagen und hatte gelebt. Wie war dies nur möglich? Wer war diese Stimme gewesen? In den letzten beiden Wochen, in denen die Crew der Monitor frei hatte, hatte sich Matt dieser Frage gewidmet. Er hatte sich auf eine spirituelle Reise begeben, ohne auch nur einer Antwort näher zu kommen. Der erste Offizier hatte sie alle konsultiert: Mediziner, Psychologen und, ja auch, Priester. Die Ärzte hatten von einer letzten Reflexreaktion des Gehirns gesprochen, einem letzten Aufflammen seiner Neuronen, die, bevor sie absterben sollten, ihm noch einen Streich gespielt haben. Die Counsellors dagegen sprachen von seiner mentalen Stärke, die ihn zurück ins Leben geholt hätte. Jene Stimme, die er vernommen hatte, war keine andere als seine eigene gewesen, die ihn hat wachrütteln sollen. Und die Priester? Sie hatten so gut wie gar nichts gesagt, sondern ihn nur wissend zugelächelt und ihn in die Kapelle geschickt. Hier stand er nun und betrachtete das Symbol, welches den betazoidischen Gott Entuhr darstellen sollte.
    Entuhr und Elawuhr. Das Gute und das Böse. Das Licht und die Finsternis.
    Niedergeschlagen schüttelte Matt den Kopf. Was sollte er nun tun? Sein ganzes Leben lang hatte er all das Zeug über Religionen, Götter und dergleichen für Unsinn abgetan. Erfindungen der jeweiligen Spezies, die schon vor Jahrhunderten überholt gewesen waren. Und nun hatte der Navigator eine solch... spirituelle Erfahrung gemacht. Was stand dahinter? War er womöglich all die Jahre ein Tor gewesen, der seine ganze Existenz lang geirrt hatte oder bildete er sich dies alles nur ein? Interpretierte er vielleicht nicht zu viel in diese ganze Sache hinein? Keine Antworten waren in Sicht, nur noch weitere Fragen.
    Unerwartetherweise zirpte sein Kommunikator. Es war keine persönliche Nachricht an ihn, sondern eine generelle Botschaft:
    „Achtung, an alle Mitglieder der Sternenflotte: bitte finden sie sich umgehend auf ihren Posten ein und erwarten sie nähre Instruktionen durch ihre Befehlshabenden Offiziere.“
    Sofort schob Price seine privaten Probleme beiseite und horchte auf. Dies hörte sich gar nicht gut an. Ein solcher Befehl war das letzte Mal erteilt worden, nachdem das Dominion Deep Space Nine angegriffen hatte. Es blieb nur zu hoffen, dass es nicht schon wieder einen Angriff auf die Föderation gegeben hatte. Ohne eine weitere Sekunde abzuwarten verließ der Betazoid die Kapelle und machte sich auf den Weg zur Monitor, ohne dass er die erhofften Antworten auf sein Problem gefunden hatte.

    Das Leben, es schien für ihn nur eine Art Kreislauf darzustellen. Egal was er tat, wie er es tat, scheinbar kamen sie alle keinen Schritt vorwärts. Zwei Wochen war es nun her, dass er zusammen mit Kasidy Yates seinen Informanten als den totgeglaubten Edward Jellico enttarnt und ihn auf die Erde gebracht hatte. Genau dasselbe hatte er vor gut einem Jahr getan und damals wie heute hatte ihm der ehemalige Admiral versprochen, dass durch seine Aussagen der ganz große Wurf gegen Sektion 31 gelingen würde. Und hatten sie nun etwas erreicht? John Lewinski konnte dies beim besten Willen nicht sagen. Ja, Nathan Sloan war durch Jellico getötet worden. Oder war er gar nicht tot und auch dieser Zwischenfall war inszeniert worden, wie damals Jellicos scheinbare Ermordung? Ja, es hatte wie schon vor einem Jahr Festnahmen aufgrund der Informationen des ehemaligen Sternenflottenoffiziers gegeben, doch John hatte das Gefühl nicht genug erreicht zu haben. Wo standen sie eigentlich nun in ihrem Kampf gegen Sektion 31? Am Anfang oder am Ende? Kämpften sie am Ende gar einen verloren, da nicht zu gewinnenden Kampf? Nachdem die mysteriöse Organisation ihn vor zwei Jahren ins Exil geschickt hatte, hatte sich Captain Lewinski geschworen Sektion 31 zu zerschlagen. Verschwendete er nicht einen Großteil seines Lebens für eine vergebliche Sache? Was hoffte er überhaupt als einzelner Mann gegen eine Gruppierung zu erreichen, die schon Jahrhunderte existierte?
    Und nun eine weitere Hiobsbotschaft. John hatte die Informationen, die auf seinem Padd gespeichert waren, zweimal lesen müssen, um sie überhaupt glauben zu können. Instinktiv hatte eine innere Stimme ihm gesagt, Sektion 31 wäre dafür verantwortlich. Dann jedoch hatte er diesen Gedanken abgeschüttelt. Diese Verbrecher konnten einfach nicht für alles im Quadranten verantwortlich sein. Irgendetwas musste auch aufgrund des eigenen Willens geschehen. Zumindest klammerte sich Lewinski an diese Hoffnung, denn ihm gefiel nicht der Gedanke nur eine Marionette in einem perfiden Ränkespiel zu sein. Die Freiheit des Willens, darum ging es oder nicht?
    Nach und nach fanden sich die Führungsoffiziere der Monitor in seinem kleinen Bereitschaftsraum zusammen. Zwei Wochen lang hatten sie inoffiziellen Landurlaub gehabt, um sich von den Strapazen des vergangenen Jahres zu erholen. Nun war die Freizeit jäh durch ein schreckliches Ereignis unterbrochen worden. Der Kommandant des kleinen Kampfschiffes fragte sich, wer schon von diesem Ereignis durch die Nachrichten erfahren hatte und wer nicht. Hatten die ersten Journalisten schon diese Story entdeckt und als Eilmeldung veröffentlicht? John wusste es nicht. Die letzte, die eintrat, war Dr. Frasier. Sie entschuldigte sich für das zu Spätkommen, da sie noch einen Patienten behandeln musste und setzte sich, mit einem kurzen, beschämten Blick in Richtung Commander Price´, auf den letzten verbliebenen Stuhl.
    „Vielen Dank, dass sie sich alle so schnell hier eingefunden haben“, begrüßte Captain Lewinski seinen Führungsstab und blickte mit möglichst neutralem Gesichtsausdruck in die Reihen seiner Offiziere, als er erklärte: „Es ist heute zu einer grausigen Tragödie gekommen. Offenbar hat ein Anschlag auf den romulanischen Senat stattgefunden.“
    Überrascht und entsetzt blickten sich die Crewmitglieder gegenseitig an und wandten dann wieder den Fokus ihrer Aufmerksamkeit ihrem Captain zu.
    „Es handelte sich um ein Sprengstoffattentat. Wir wissen nicht, wer dafür verantwortlich ist und wo genau die Bombe detonierte, doch es hat Todesopfer gegeben, darunter romulanische Politiker. Da wir nicht die Urheber dieses Attentats kennen hat die Multiplanetare Allianz die Anweisung gegeben, dass jedes Mitgliedsvolk seine Streitkräfte in Alarmbereitschaft versetzen soll, falls uns ein Angriff bevorsteht. Daher sind sie alle wieder auf die Monitor zurückbeordert worden.“
    „Gibt es eine genaue Zahl der Opfer?“ fragte Dr. Frasier.
    „Nein, wir haben darüber keine genauen Angaben. Derzeit sind einige Föderationsschiffe auf dem Weg nach Romulus, die humanitäre Hilfe anbieten sollen. Auf diesem Wege können wir vielleicht genauere Zahlen eruieren.“
    „Getötete romulanische Senatoren“, murmelte Lieutenant Bird gerade so laut, dass alle es hören konnten, „dies ist wahrlich ein Problem. Wenn die Attentäter von außen kamen könnte uns ein neuer Krieg ins Haus stehen.“
    Ardev beugte sich vor:
    „Danny hat Recht. Sollte dies ein Angriff einer fremden Macht sein, so ist die MPA und damit auch die Föderation zu Beistand verpflichtet, gleich ob humanitärer, logistischer oder militärischer Natur.“
    „Ich hoffe mal es waren nicht irgendwelche Klingonen, denen der neue Frieden nicht so recht ins Bild passte“, mutmaßte Arena Tellom.
    „Für Spekulationen ist es noch zu früh“, beendete John Lewinski diese Unterhaltung. „Die Monitor wird sich umgehend tarnen und auf den Weg in den romulanischen Raum machen. Wir werden inoffiziell ermitteln. Bis auf weiteres gilt für uns gelber Alarm. Noch Fragen? Nein? Dann können sie wegtreten.“

    Normalerweise herrschte auf der Brücke eines Föderationsraumschiffes eh professionelle Ruhe. Doch die Atmosphäre in der Kommandozentrale der USS Voyager war zurzeit eher als gespenstisch zu bezeichnen. Commander Bruce Land saß in dem Sessel des ersten Offiziers und blickte sich kurz nach rechts und links um. Mit zusammengepressten Lippen saßen die Offiziere vor ihren Stationen und schauten auf die Konsolen, so als ob sie es nicht wagen würden auf den Sichtschirm zu starren, der das vertraute Schlierenmuster des Warpfluges zeigte. Seit knappen zwei Wochen war Bruce nun schon der erste Offizier des Sternenflottenschiffes, das in der Geschichte der Föderation wohl eine einzigartige Flugroute aufzuweisen hatte. Nach all den Jahren, in denen er Dienst auf einem getarnten Schiff des Geheimdienstes gehalten, war ihm der Posten auf dem Schiff der Intrepid-Klasse ruhig, ja geradezu langweilig vorgekommen. Die meiste Zeit hatten sie es mit Forschungsmissionen wie dem Kartographieren und Untersuchen von Nebeln sowie Raumsektoren zu tun. Doch für Bruce Land hatte dieser neue Posten nichtsdestotrotz einen Schritt nach oben bedeutet, war doch nicht nur befördert worden, sondern jetzt nur noch gänzlich erster Offizier eines Raumschiffes. Auf der Monitor hatte er noch einen Navigator und ersten Offizier in Personalunion dargestellt, hier führte er nur noch eine Aufgabe aus. Captain Chakotay hatte ihm oft Gelegenheit gegeben das Schiff selbst zu kommandieren, während der Indianer sich den Akten des Schiffes und einigen Rundgängen hingegeben hatte. Bruce hielt seinen neuen Kommandanten für einen unkonventionellen, aber äußerst fähigen Mann, der einzigartige Erfahrungen während des Aufenthalts im Delta-Quadranten gesammelt hatte. Manchmal erschien sein Kommandostil etwas locker, doch auf einem Schiff wie der Voyager, auf dem die Crew zu einer Familie zusammengewachsen war, war dies wohl nicht weiter verwunderlich.
    Und nun, nach einer Woche des Erforschens von Monden im romulanischen Raum, hatte das Oberkommando die Voyager nach Romulus befohlen, um dort die Hilfe der Föderation anzubieten. Keiner von ihnen wusste, wer für dieses schreckliche Attentat verantwortlich war und vielleicht hoffte die Sternenflotte so über Umwege einiges in Erfahrung bringen zu können. Nur noch wenige Minuten, dann würde das kleine Schiff in den Orbit der Hauptwelt des Romulanischen Sternenreiches einschwenken und dort sein, wo nur wenige Sternenflottenschiffe vor ihnen gewesen waren.
    „Gehen nun unter Warp“, meldete Fähnrich Tema´na, die romulanische Steuerfrau der Voyager. Auch für sie war es ein seltsamer Augenblick, ihre Heimatwelt wieder zu sehen. Vor einem Jahr war sie nach der Tötung von Admiral Sela, ihrer Mutter, im Exil und damit eine Ausgestoßene. Dies war das erste Mal seit jenem Zwischenfall, dass sie ihre Geburtswelt wieder sah. Welche Gefühle mochten nun in ihr ablaufen? Commander Land wusste es nicht. Zischend öffnete sich die Tür zu Bereitschaftsraum und Captain Chakotay betrat die Brücke, setzte sich in seinen Kommandosessel.
    „Bericht!“ befahl er mit fester Stimme.
    „Sind in den Orbit von Romulus eingeschwenkt, “ meldete Land ihm, „noch keine...“
    „Romulanischer Warbird enttarnt sich direkt vor uns!“ meldete Lieutenant Stalker, der neue OPS-Offizier der Voyager.
    „Voller Stopp! Zeigen sie mir das Schiff auf dem Schirm.“
    Die Darstellung wich einem wabernden grünen Schiff, welches man unschwer als romulanisches Kriegsschiff der D´Deridex-Klasse erkannte. Es hatte sich direkt vor der Voyager positioniert, eine seltsam aggressive Geste.
    „Sie rufen uns.“
    „Stellen sie das Signal durch“, befahl Chakotay und erhob sich aus seinem Sitz, glättete noch einmal seine Uniform und richtete dann seine Aufmerksamkeit auf den romulanischen Kommandanten, der auf dem Sichtschirm erschien.
    „Hier spricht Admiral Tombalak von der Imperialen Romulanischen Marine. Was ist der Grund für ihre Anwesenheit?“ stellte sich der Kommandant brüsk vor.
    „Captain Chakotay vom Föderationsraumschiff Voyager. Wir haben von dem schrecklichen Vorfall auf ihrer Heimatwelt erfahren und wollen unsere Hilfe anbieten, “ erklärte der Nachfahre amerikanischer Ureinwohner ehrlich. Für einen kurzen Moment starrte ihn Tombalak an, so als könne er nicht glauben, was er eben gehört hatte, und erwiderte anschließend:
    „Ihre Hilfe wird dankbar zur Kenntnis genommen. Wir behalten uns jedoch das Recht vor diese abzulehnen.“
    „Dies ist tatsächlich ihr gutes Recht“, stimmte Chakotay zu und streckte friedlich die Hände, „jedoch möchte ich noch einmal auf unsere guten Absichten...“
    „Captain Chakotay, dies ist eine interne Angelegenheit des romulanischen Volkes. Wir fordern sie umgehend auf, sich zu entfernen oder sie werden die Konsequenzen zu spüren bekommen!“
    Anscheinend überrascht von dieser Abfuhr blinzelte Chakotay kurz und ließ dann die Schultern hängen. Was ging er nur vor, wieso sperrten sich die Romulaner so gegen dringend benötigte Hilfe? Da unten musste doch die Hölle los sein!
    „Fähnrich Tema´na, bringen sie uns zurück in Föderationsraum, Warp 6!“ befahl der Captain missmutig. Ihm lag nichts an einer Konfrontation mit einem romulanischen Kriegsschiff, welches die Voyager innerhalb von nur wenigen Minuten vernichten konnte. Admiral Tombalak nickte zufrieden und verschwand dann, mit einem geringschätzigen Seitenblick auf die romulanische Steuerfrau, vom Bildschirm. Die Reise der Voyager war umsonst gewesen, sie hatten keine neuen Erkenntnisse gesammelt. Nein, korrigierte sich Commander Land selbst, dies war nicht richtig. Sie hatten herausgefunden, dass die Romulaner Hilfe von Außenstehenden in dieser Sache ablehnten. Was mochte dies nur bedeuten?

    Die Chefärztin des Raumschiffs Monitor war gerade dabei die Bestände der Krankenstation zu kontrollieren. Immerhin waren sie auf dem Weg zu einem neuen Einsatz und niemand von ihnen konnte einschätzen, was sie dort erwartete. Dr. Frasiers Arbeit wurde jäh unterbrochen, als eine ihr wohlbekannte
    Person die Krankenstation betrat. Schon an den Geräuschen seiner Schritte hatte sie den Besucher als Commander Matthew Price erkannt. Sie blickte ihn an und sah eine Emotion, die sie in den letzten beiden Wochen häufiger bei ihm beobachtet hatte: Ratlosigkeit.
    „Hallo“, begrüßte sie der sonst so cool wirkende Draufgänger.
    „Hi“, erwiderte Elizabeth und löste gerade noch rechtzeitig ihren Blick von seinen wundervollen schwarzen Augen. Eigentlich war dies eh egal, denn als Empath wusste Matt um ihre Gefühle. Sie war sich sicher gewesen, dass auch er ihre Gefühle erwiderte, als er nach seinem Beinahe-Tod vor zwei Wochen sie geküsst hatte. Doch seitdem war er ihr aus dem Weg gegangen, nicht einmal richtig gesprochen hatte er mit ihr. Dem Doktor war diese Reaktion rätselhaft, ja geradezu suspekt vorgekommen. Wieso tat er dies nur? Schon eine ganze Weile über hatte sie vorgehabt das Gespräch mit ihm zu suchen und nun war der Betazoid ihr zuvorgekommen.
    „Wir müssen reden“, meinte Matt leise.
    „Das denke ich auch“, entgegnete die schöne Ärztin und sah ihn erwartungsvoll an. Der erste Offizier ahnte, dass er am Zug war und sagte langsam:
    „Elizabeth, ich denke, ich liebe dich.“
    Fast hätte die Ärztin aufgelacht.
    „Du denkst?“
    „Ich weiß, dies hört sich seltsam an...“
    „Sogar äußerst seltsam!“ stimmte ihm die Ärztin zu.
    „Es ist... ich kann es nicht erklären!“ gab der Empath hilflos zu.
    „Versuch es doch einfach.“
    „Du weißt doch vom Imzadi?“ fragte Commander Price sie.
    „Ja und ich weiß, dass bei dir ein solches Band schon existiert.“
    „Dies ist richtig“, stimmte Matt zu, „meine Imzadi ist Commander Selina Kyle.“
    Frasier nickte. Sie hatte den Namen schon gehört.
    „Liebst du sie noch?“ fragte sie vorsichtig und fürchtete die Arbeit.
    „Das Imzadi ist ein Zustand immerwährender Liebe. Selina und ich mögen uns nicht mehr sehen, ja nicht einmal mehr zusammen sein, doch für den Rest unseres Lebens sind wir miteinander verbunden.“
    „Und du meinst es ist kein Platz mehr für mich in deinem Leben“, resümierte Frasier traurig.
    Der Commander klang ebenso traurig als er antwortete:
    „Ich weiß es nicht. Das ist das ganze Problem an der Sache.“
    Welch eine Ironie der Geschichte! Seit Jahrhunderten verstanden Männer ihre Frauen nicht, hielten sie für kompliziert und undurchschaubar und nun war Dr. Frasier angesichts des Betazoiden ratlos, denn sie verstand IHN nicht.
    „Ich liebe dich Matt“, flüsterte sie traurig.
    „Ich weiß“, entgegnete Price ebenso leise. Auch in ihm tobte das Wechselbad der Gefühle. Wie sollte er mit dieser neuen Situation umgehen? War er überhaupt bereit für eine neue Partnerschaft?
    „Und du? Wie stehst du zu mir?“ fragte Elizabeth.
    „Ich...“
    Weiter kam Matt Price nicht, so als würde irgendetwas sein Sprachzentrum blockieren. Wie er empfand, dies konnte er beim besten Willen nichts ausdrücken.
    „Wir müssen uns Zeit lassen“, antwortete er schließlich.
    „Wie viel Zeit denn noch? Wie lange soll ich noch auf dich warten, Matt? Ich möchte mit dir zusammen sein, möchte mit dir alle Höhen und Tiefen des Lebens meistern, “ erklärte Dr. Frasier voll romantischer Inbrunst, so dass sich der Betazoid schämte sie nicht glücklich machen zu können. „Ich brauche nur zu Arena und Ardev blicken und der Neid packt mich. Ihre Ehe ist so wundervoll, so voller Liebe und Zuneigung. Lange schon habe ich nicht mehr so empfunden, bis ich dich gesehen habe. Ich verliebte mich in dich in dem Moment, als du vor zwei Jahren an Bord kamst. Ich will dich, Matt!“
    „Alles was ich weiß ist, dass ich nicht eine solche Frau wie dich verdiene“, war das einzige, was der erste Offizier antworten konnte. Anschließend verließ er mit hängenden Schultern die Krankenstation. Es war schwer auszumachen, wer von beiden unglücklicher über die momentane Situation war: der Commander oder die Chefärztin.

    Emden war eine jahrhundertealte Seehafenstadt im Norden Deutschlands, einem Gebiet welches sich in Europa befand. Die Stadt war auch im 24. Jahrhundert eher klein geblieben, seit Dekaden hielt sich die Einwohnerzahl konstant bei 60.000 Bewohnern, größtenteils terranischer Natur. Hier gab es außer der recht interessanten Geschichte der Stadt nicht viel zu sehen, es fehlte der Glamour, den man sonst so mit den Großstädten der Erde verband. Doch gerade dies machte Emden zu einem idealen Versteck. Ein Versteck, welches Stella Tanner jedoch bald aufgeben wollte. Nachdem Edward Jellico zurückgekehrt war lief es innerhalb von Sektion 31 drunter und drüber. Tanner hatte nämlich ein gewaltiges Problem: die junge Frau war eine treue Anhängerin von Nathan Sloan gewesen, dem von Jellico ermordeten ehemaligen Anführer der Sektion 31. Zwar spielte sich Jellico derzeit so auf, als wolle er der Föderation helfen die jahrhundertealte Organisation zu zerschlagen, doch inoffiziell hatte der ehemalige Admiral der Sternenflotte längst die Sektion übernommen. Diese Föderationsbeamten waren verdammte Narren. Glaubten sie tatsächlich an das selbstlose Ehrgefühl von Jellico? Dass er wirklich Sektion 31 zerschlagen wollte? Anscheinend wollte niemand sehen dass der alte Mann selbst Schritt für Schritt die Zügel in die Hand nahm. Dies tat er indem er systematisch die Gefolgsleute Sloans, die ihm selbst gefährlich werden konnten, an die Föderationsjustiz auslieferte. Damit schlug der ehemalige Offizier zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen wies er den Polizeikräften den Weg zu schnellen Verhaftungen, die sich gut in Jellicos Akten machten. Zum anderen eliminierte er so Konkurrenten. Eigentlich war dieser Plan verdammt clever, aber Stella hatte kein Interesse daran Edward Jellico ihren Respekt zu zollen. Sie räumte noch ihre letzten Sachen aus den Schubladen zusammen und packte sie in ihren kleinen Reisekoffer. Die Erde wurde langsam zu heiß für sie. Höchstwahrscheinlich hatte man schon ihre Fährte aufgenommen und Stella Tanner hatte keine Lust für den Rest ihres Lebens in einem Gefängnis der Föderation zu verbringen. In wenigen Stunden flog ihr Transport nach Alcyon ab. Dieses Volk hatte keinerlei Auslieferungsverträge mit der Föderation und würde so für einige Zeit einen sicheren Hafen bieten. Noch ein paar Hosen, die Jacke für die kalten Abende...
    Mit einem lauten Knall fiel die Tür in sich zusammen, vermummte Polizisten stürmten mit Kompressionsgewehren im Anschlag die Wohnung. Auch die Fenster zersplitterten, als Ordnungshüter durch sie hindurch in die Wohnung sprangen.
    „Polizei!“ „Auf den Boden legen, sofort!“ „Hände über den Kopf!“
    Die Befehle wurden unmissverständlich und laut ausgesprochen. Innerhalb von nur 5 Sekunden war Tanner von mehr als zehn Beamten der örtlichen Polizei umringt. Sie hatte nicht einmal die Zeit gehabt nach ihrem Phaser zu greifen. Was hätte dieser ihr schon gebracht angesichts einer solchen Überzahl? Für einen kurzen Moment dachte die junge Frau an Selbstmord, wusste jedoch, dass dies keine Alternative war. Was würde man nur mit ihr anstellen? Die Polizisten legten ihr Stasishandschellen an und führten sie nach draußen. Dort umringten neugierige Anwohner das Einsatzshuttle der Polizei, zu dem Stella gebracht wurde. Anscheinend wunderten sich die meisten, was für eine gefährliche Person monatelang Tür an Tür mit ihnen zusammengelebt hatte. Und inmitten der Schaulustigen erkannte Stella Tanner eine ihr verhasste Person. Niemand geringeres als Edward Jellico stand neben dem Polizeishuttle und fixierte sie mit seinem Blick. Kein süffisantes Lächeln, kein Hohn lag in seinen Gesichtsausdruck, einfach nur Stille. Instinktiv wusste sie jedoch, dass er sich innerlich freute. Wieder jemand erledigt und für die nächsten Jahrzehnte eingesperrt. Zwar konnte sie immer noch erwägen die Wahrheit über Jellico Preis zu geben, doch wer würde ihr schon glauben? Würde es die Leute überhaupt interessieren? Edward Jellico brachte dem Justizministerium Erfolge und ließ die Regierung gut aussehen. Hatte man da überhaupt Interesse an der Wahrheit, wo doch die nächsten Wahlen so nah waren?
    Als ob er ihre Gedanken gelesen hätte nickte der ehemalige Admiral ihr stumm zu. Tanner wusste, was dies zu bedeuten hatte. Er machte ihr so klar, dass sie, falls sie reden sollte, nicht mehr lange zu leben hatte. Dies war schon mehrfach mit Leuten geschehen, die die Wahrheit über den alten Mann hatten offenbaren wollen: sie waren tot in ihren Zellen aufgefunden worden und obwohl es natürlich keinerlei Spuren zu Edward Jellico gegeben hatte, so hatte jeder innerhalb von Sektion 31 gewusst, dass diese Morde auf seine Kappe gingen.
    Endlich waren sie beim Shuttle angekommen und man schob sie in den rückwärtigen Arrestbereich. Fast schon war Stella froh hier drin zu sein und nicht mehr die widerwärtigen Blicke der anderen Menschen ertragen zu müssen. Nur Geduld, sagte sie zu sich selbst, deine Zeit wird noch kommen. Es mag dauern, aber irgendwann würde sie den richtigen Moment schon erkennen.

    Auf dem Planeten Parliament, dem Hauptsitz der neu gegründeten Multiplanetaren Allianz hatte man sich fast sofort nach Erhalt der Nachricht des schrecklichen Unglücks zu einer Notsitzung zusammengefunden. Die Abgeordneten aller Mitgliedsvölker saßen in dem großen Parlament und hatten den knappen Ausführungen des romulanischen Botschafters gelauscht, der mit Grabesstimme erklärt hatte, man wisse immer noch nichts Genaueres über Motiv und Ursprung dieses Anschlags. Ebenso wenig könne man etwas über die Zahl der Opfer sagen, da die Bergungsarbeiten immer noch andauerten. Nur selten hatte man bisher einen gebrochen Romulaner gesehen. Heute war es soweit gewesen. Im Anschluss an den Repräsentanten dieses stolzen Volkes begab sich der offizielle Botschafter der Föderation auf das Podium. Kurz räusperte sich der Denobulaner und begann dann mit ruhiger Stimme seine sorgsam einstudierte Rede vorzutragen. Dabei achtete er darauf einen möglichst festen, aber nicht aggressiven Gesichtsausdruck an den Tag zu legen:
    „Sehr geehrte Botschafter, verehrte Abgeordnete, wir haben uns heute aufgrund eines tragischen und grausamen Ereignisses in diesem ehrenwerten Haus zusammengefunden. Nur wenige Stunden ist es her, seit dem wir alle durch eine furchtbare Nachricht aus dem Schlaf geweckt und an diesen Ort zitiert worden sind. Durch einen feigen Akt hat es einen Angriff auf das Herz des Romulanischen Sternenreiches, dem Senat, gegeben. Wie mein verehrter Kollege mitgeteilt hat, haben wir immer noch keine genauen Zahlen über die Opfer, gleichwohl können wir vermuten, dass diese in die Hunderte gehen. Darunter leider auch einige namhafte romulanische Senatoren.
    Wir wissen nicht, wer für diese Tat verantwortlich ist. Genauso wenig kennen wir den Grund dafür. Doch der Präsident der Vereinigten Föderation der Planeten hat mich angewiesen dem romulanischen Volk seine uneingeschränkte Solidarität in dieser Sache zuzusprechen. Die Täter, gleichwohl welcher politischen Fraktion oder Spezies, müssen gefasst und der Justiz überführt werden. An dieser Stelle bieten wir der romulanischen Regierung, schwer angeschlagen in diesem Moment, noch einmal unsere Hilfe an, um die Opfer zu bergen und medizinischen Schutz zu gewährleisten. Ein Wort von ihnen genügt, Herr Botschafter, und unsere Schiffe werden auf dem Weg zu ihnen sein. Ich nehme an, dass ich auch für die restlichen Mitgliedsvölker der Multiplanetaren Allianz spreche, wenn ich sage: das romulanische Volk kann auf uns zählen. Die Multiplanetare Allianz steht hinter ihnen.“
    Unter tosendem Beifall verließ der Föderationsbotschafter das Podium und setzte sich an seinen Platz neben dem romulanischen Abgesandten, dem er noch einmal die Hand schüttelte. Welch ein historischer Augenblick inmitten dieser Tragödie! Nach jahrhunderte langer Feindschaft arbeiteten nun Föderation und Romulaner zusammen. Schade nur, dass es zu diesem Zeitpunkt so kommen musste.

    Rur Shakul hatte schon viel gesehen. Als Sanitätsleiter hatte er schon den Schrecken des Dominionkrieges in seiner ganzen Brutalität erlebt. Er dachte nicht, dass er noch einmal etwas so annähernd Schreckliches in seinem Leben wieder sehen würde. Jedoch musste er sich schmerzhaft eingestehen, dass er sich getäuscht hatte. Mit einer fassungslosen Melancholie ließ Shakul kurz seinen Blick über den Ort der Katastrophe, zudem man ihn fast unverzüglich gebracht hatte, streifen. Aufgewirbelter Rauch und Dreck lag immer noch in der Luft, schränkte die Sicht stark ein und verursachte ein unangenehmes Kratzen in der Luftröhre. Der romulanische Sanitäter hustete mehrfach und kniff im Anschluss seine Augen fester zusammen, in der Hoffnung so besser durch die graue Soße blicken zu können. Überall roch es nach Verbranntem: verbranntes Gummi, verbranntes Papier, verbranntes Fleisch. Romulaner um ihn herum schrieen in einer ohrenbetäubenden Lautstärke, hier und da waren sogar kleine Kinder zu hören, was besonders schmerzhaft für ihn war. Einen kurzen Augenblick lang dachte Rur an seine beiden kleinen Töchter, die glücklicherweise zu Hause in Sicherheit waren.
    „Okay, legen wir los! Sichtet das Gebiet und helft wo ihr könnt. Schwerverletzte zu erst!“ rief der Romulaner seinen Kollegen vom zentralen Sanitätsdienst zu und wie eifrige kleine Bienen schwirrten die vielen Helfer in alle Himmelsrichtungen aus. Rur Shakul selbst ging einfach geradeaus auf das zerstörte Senatsgebäude zu. Durch den Rauch konnte er nur die Umrisse des einst prächtigen Baus sehen, ohne irgendwelche Konturen ausmachen zu können. Immer wieder musste er seine Wanderung unterbrechen, um Leuten, die verletzt auf der Straße lagen, zu helfen. Den meisten konnte er nur Schmerzmittel und einen Verband geben, bevor er weiter musste. Einer bedrückend hohen Zahl an Romulanern konnte er nicht mehr helfen, sondern musste sie zum Sterben zurücklassen. Diese Erlebnisse zehrten an Rurs Verstand. Womit hatte sein Volk das verdient? Hatten sie nicht immer nur das Beste für den Quadranten gewollt? Hatten selbst erklärte Feinde wie die Klingonen nicht die Konzessionen anerkennen müssen, die das Romulanische Sternenreich im Laufe des letzten Jahres, als Mitglied der MPA gemacht hat, anerkennen müssen? Hass stieg in ihm auf. Kein Zweifel, es mussten Klingonen für all dies hier verantwortlich sein. Diese barbarischen Hunde hatten schon immer kaum Mitleid für Zivilpersonen gehabt und wenn es um Romulaner ging, so waren diese grausamen Schlächter noch erbarmungsloser. Sicher wurden in diesem Moment die Streitkräfte in Stellung gebracht. Ob noch heute der Vergeltungsschlag ausgeführt werden würde? Rur würde nur zu gerne dabei sein, wenn Khitomer, der grenznächste Planet, als erstes fallen würde...
    Energisch schüttelte er diese Gedanken ab. Er konnte sich nun nicht mit diesem Dilemma befassen. Der Sanitäter befand sich im Hier und Jetzt, hatte eine Aufgabe zu erfüllen. Langsam kam er dem Senat immer näher. Die Umrisse des Gebäudes wurden deutlich und erschreckten ihn. Praktisch der gesamte Westflügel war zusammengestürzt und musste Dutzende, wenn nicht gar Hunderte Personen unter sich begraben haben. Überall, wo er nur hinblickte, schauten Extremitäten unter Steinen hervor oder, was noch viel schlimmer war, waren abgetrennt worden. Hier, im Kernbereich der Explosion, hörte er praktisch niemanden um Hilfe rufen. Die Letalitätsrate schien hier weit über 90 Prozent zu betragen. Tränen schossen in seine Augen. Man hatte ein stolzes Volk an seinem empfindlichsten Punkt getroffen. Wer immer dafür verantwortlich war, musste dafür zahlen!

    Das Piepen des Bordkomsystems riss Lewinski aus dem Schlaf. Bemerkenswert an der Sache war, dass der Captain nicht erwartet hatte, während des langen Fluges in das Herz des romulanischen Imperiums überhaupt einzuschlafen. Anscheinend hatte ihn die Erschöpfung irgendwann übermannt. Recht so! Ein unausgeschlafener und unkonzentrierter Kommandant konnte den sicheren Tod eines Raumschiffs bedeuten. John räusperte sich, bevor er den Anruf entgegennahm.
    „Hier Lewinski. Sprechen sie!“
    „Sir“, hörte er die Stimme von Lieutenant Ardev, „wir fangen gerade eine Nachricht des romulanischen Notfalldienstes ab. Es scheint sich um einen Bericht direkt vom Senat zu handeln.“
    „Stellen sie es mir bitte durch“, befahl Lewinski und war sofort hellwach. Endlich konnte, sofern die Romulaner nicht übertrieben, etwas mehr Licht ins Dunkel kommen.
    „Verstanden, Captain, da wäre aber noch etwas!“
    „Ja?“
    „Die Meldung ist nicht sehr stark codiert, Sir. Es war uns ein Leichtes, sie zu entschlüsseln und auch andere Regierungen werden damit nicht allzu großes Probleme haben.“
    Kurz dachte John über diesen Sachverhalt nach.
    „Scheint so als wollten die Romulaner, dass wir von ihrem Leid erfahren“, antwortete er schließlich.
    „Dieser Gedanke ist mir auch gekommen, Captain.“
    „Schön, dass wir uns auf derselben Wellenlänge befinden, Ardev. Lewinski Ende.“
    Der Kommandant der Monitor wollte sich einen Morgenmantel überwerfen, stellte dann jedoch verblüfft fest, dass er scheinbar in Uniform eingeschlafen war. Schulterzuckend holte er sich einen Kaffee aus dem Replikator und setzte sich dann vor das Terminal, um die abgefangene Transmission zu lesen:

    Sicherheitsstufe 1 – Sicherheitsstufe 1 - Sicherheitsstufe 1 – Sicherheitsstufe 1 – Sicherheitsstufe 1

    Von:
    Einsatzleiter Rur Shakul
    Zentraler Romulanischer Notfall- und Sanitätsdienst

    Betreff:
    Situationsbericht vom romulanischen Senat

    Mitteilung:
    Die Schäden sowohl an Material wie auch an Leben sind überwältigend und in ihrer Brutalität einzigartig. Die Notfallteams befinden sich seit Stunden im Dauereinsatz, ohne dabei auch nur nennenswerte Fortschritte zu erzielen. Die Zahl der Verwundeten und Toten reißt nicht ab. Biser haben wir folgende Todesopfer zählen können:

    1 Minister ( Minister für Landwirtschaft )
    22 Senatoren
    64 zivile Senatsmitarbeiter
    31 Wachsoldaten
    74 Anwohner in der Nähe des Senats

    Dazu kommen noch über 300 Leicht- bis Schwerverletzte. Wir können noch von einer weitaus höheren Zahl an Opfern ausgehen, die uns noch unbekannt sind. Vor allem sind damit zivile Mitarbeiter und uns unbekannte Tal Shiar Agenten gemeint.
    Die Unglücksstelle ist jedoch soweit abgesichert, dass nun die Ermittlungsteams eintreffen und sich der Situation annehmen können. Des Weiteren fordere ich dringendst weitere medizinische Hilfe an, da unsere Kapazitäten erschöpft sind. Dabei sollte nur auf romulanische Hilfe zurückgegriffen werden.

    Der letzte Satz der Mitteilung machte Lewinski große Sorgen. Da war also wieder das alte Misstrauen, welches sie gehofft hatten durch die Multiplanetare Allianz abzubauen. Sofort kamen dem Kanadier die Klingonen in den Sinn, doch wieso sollten sie so etwas tun? Es existierte zwar eine jahrhunderte lange Feindschaft zwischen diesen beiden Völkern, aber ansonsten gab es keine Beweise oder Indizien, die auf diese Kriegerrasse hindeuten mochten. Zudem legten die Klingonen größten Wert auf Ehre, ein Angriff aus dem Hinterhalt wie der eben stattgefundene passte nicht in ihr Ethos. Fragen über Fragen, jedoch keinerlei neue Antworten.

    Tage später leckte das Romulanische Imperium immer noch seine Wunden. Die Unglücksstelle wurde immer noch gesichert und neue Tote, deren Zahl sich auf über 400 addiert hatte, wurden täglich aus dem Trümmern gezogen. Aus dem gesamten Quadranten kamen Beileidsbekundungen, sogar Kanzler Martok vom Klingonischen Reich kondolierte dem romulanischen Prätor. Zur Überraschung aller akzeptierte der romulanische Staatschef gar das Beileid des Klingonen und man erhoffte sich dadurch eine Entkräftigung des gemunkelten Vorwurfs in Richtung der Klingonen. Doch wer für dieses Attentat verantwortlich war, dies war immer noch nicht bekannt.
    Ganz Romulus war in Aufruhr. Alle Krankenhäuser, alle öffentlichen Ämter, alle Ministerien und Staatsdienste waren im Einsatz, um des Chaos Herr zu werden. Ganz vorneweg dabei natürlich der Tal Shiar, der romulanische Geheimdienst. Er residierte in einem gewaltigen, undurchdringlichen Bau am Rande der Stadt, wo man ungestört für sich arbeiten konnte. Selbst die Regierung konnte, mit entsprechenden Mitteln, ausgesperrt werden. Innerhalb des Organisationssystems des Tal Shiars gab es zudem verschiedene Abteilungen. Die verschlossenste und unbekannteste war Abteilung Blau. Abteilung Blau befand sich tief unter der Erde, im Kern der Anlage und der Zugang zu jenem Ort war streng reglementiert. Nur Senioragenten konnten, eine tagelange Wartezeit vorausgesetzt, hier eintreten. Von den Sicherheitsvorkehrungen war Abteilung Blau in etwa mit dem „Erdgeschoss“ des Sternenflottengeheimdienstes vergleichbar. Der Name dieser Sektion kam von der Blaufärbung des Lichts, welche möglicherweise eingeschmuggelte optische Scanner stören sollte. Jedoch war es äußerst unwahrscheinlich, dass je ein Spion diesen Ort betreten konnte und so munkelte man eher, das blaue Licht solle nur das geglättete Ego dieser Abteilung stärken.
    Gleich nachdem das Senatsgelände freigegeben worden war hatte sich der Tal Shiar natürlich an die Arbeit gemacht. In mühevoller Kleinarbeit hatte man die wenigen Überreste der Bombe Stück für Stück zusammengesucht und zu den Experten für diese Angelegenheit gebracht. Die Experten, das waren in diesem Fall Abteilung Blau. Mithilfe von Doppelschichten und dem Hinzuziehen weiterer Abteilungen hatten die Mitarbeiter innerhalb von Rekordzeit ( die Regierung wollte so schnell wie möglich Ergebnisse sehen ) die Bombe rekonstruiert. Kurz nachdem sie es geschafft hatten bereuten sie es auch schon.
    Verärgert und ratlos blickte der Leiter der Abteilung Blau die Computerdarstellung der Bombe an. Seine stellvertretenden Leiter, der Geheimhaltung wegen nur Nr. 1 und Nr. 2 genannt, blickten ebenso ratlos auf die identifizierte Bombe.
    „Die Untersuchung der verwendeten Materialien und die Genanalysen lassen keinen Zweifel mehr zu“, wiederholte der Leiter abermals, „die Bombe stammt von Remus und...“
    „... die Genanalysen deuten auf Remaner als die Urheber dieses Attentats hin“, vervollständigte Nr. 2 den Satz. „Was Schlimmeres hätte nicht eintreten können.“
    „Vor allem nicht in Anbetracht des letzten Zwischenfalls mit den Remanern und Shinzon“, brummte Nr. 1.
    „Verdammt, “ fluchte der Leiter und blickte kurz seine ihm treu ergebenen Stellvertreter an, „schon nach dem Enterprise-Zwischenfall ist der Föderation bewusst geworden, dass die Remaner aufständig geworden sind. Mehr denn je wollen sie ihre Freiheit haben. Wenn nun herauskommt, dass sie für diesen schrecklichsten Anschlag in der romulanischen Geschichte verantwortlich sind, wie stehen wir dann da?“
    „Wir erscheinen wie ein Imperium, das sein Volk nicht kontrollieren kann“, dachte Nr. 1 laut.
    „Man wird uns für zerrissen und in Folge dessen für schwach halten“, meinte Nr. 2, was ein Nicken der beiden anderen Romulaner hervorrief. „Im schlimmsten Fall hält man uns für so verwundbar, dass dies äußere Feinde auf den Plan rufen könnte. Ich muss ja niemanden hier im Raum an die Klingonen erinnern.“
    „Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die Klingonen als Mitgliedsvolk der Multiplanetaren Allianz uns etwas antun könnten?“ Nr. 1 hielt diese Möglichkeit für undenkbar. „Die MPA würde sofort einschreiten.“
    „Möglich ist alles.“
    „Ich wünschte nur, wir hätten dies nie entdeckt“, murmelte der Leiter und niemand konnte ihm diesen Gedankengang verübeln. „Wir dürfen dies jedoch nicht zulassen. Das Romulanische Sternenreich muss stark erscheinen und stark sein. Wir brauchen etwas, was die Moral unseres Volkes wieder aufrichtet.“
    „Haben sie etwas Spezielles im Sinn, Sir?“
    Kurz dachte der Leiter nach.
    „Wissen andere Tal Shiar Abteilungen etwas über unsere Erkenntnis?“
    „Nein, niemand.“
    „Die Regierung?“
    „Wartet immer noch auf unsere Ergebnisse.“
    Nun lächelte der Leiter. Die Lösung war einfach, aber genial.
    „Wie schweißt man ein Volk zusammen?“ fragte der Leiter rhetorisch.
    „Man gibt ihm ein gemeinsames Ziel“, antworteten Nr. 1 und Nr. 2 zeitgleich.
    „Am besten geht dies mit einem äußeren Feind, nicht wahr?“
    „Korrekt, die Geschichte lehrt einem, das ein Volk zusammenhält, wenn es von außen bedroht wird“, erklärte Nr. 2.
    „Sie denken doch nicht an die Klingonen?“ fragte Nr.1 sorgenvoll. „Unsere Ressourcen sind nach dem Dominionkrieg immer noch zu erschöpft, um uns einem solch totalen und langwierigen Krieg zu stellen.“
    „Nein, “ der Leiter schüttelte den Kopf, „die Moral unseres Volkes wird am besten dadurch hergestellt, dass wir unsere Stärke und unsere Überlegenheit demonstrieren können.“
    Der alte Leiter ließ eine Sternenkarte auf dem Projektor erscheinen, sah sie sich kurz an und deutete dann mit einem Finger auf eine Stelle nahe der Grenze. Seine beiden Stellvertreter lasen beide, was dort stand:
    „Die Talarianische Union.“
    „Die Talarianer sind uns mindestens 50, wenn nicht gar 100 Jahre in der Entwicklung zurück, “ erklärte der Leiter den aus seiner Sicht genialen Plan. „Ein Sieg über sie wäre nur eine Frage von Monaten, wenn nicht sogar von Wochen. Wie gesagt: ein schneller Sieg, der unsere Entschlossenheit und Überlegenheit demonstriert. Dadurch wird uns niemand für schwach halten.“
    „Wie schaffen wir es die Talarianer zu attackieren ohne...“
    „Wir manipulieren die Beweise“, schlussfolgerte Nr. 1. „Wir lassen die Talarianer, die ohnehin eine kriegerische Spezies sind, als die Attentäter erscheinen. Infolgedessen würde der Krieg als ein legitimer Akt der Selbstverteidigung aussehen.“
    „Genial“, konstatierte Nr. 2
    Auch der Leiter war zufrieden. Wenn alles gut ging, würde das Romulanische Reich gestärkt aus dieser Sache hervorgehen. Sie musste nur vorsichtig sein.
    „An die Arbeit, meine Herren! Wir haben nicht viel Zeit, um unser Volk neu erblühen zu lassen!“

    Der Warpkern summte leise und beruhigend vor sich hin. Nirgendwo gab es das kleinste Anzeichen einer möglichen Funktionsstörung. Chief Woil nickte zufrieden. So wollte er es in seinem Bereich haben: perfekt.
    „Na, alles klar bei ihnen, Chief?“ hörte der Antosianer hinter sich eine Stimme, die er als die von Commander Price identifizierte.
    „Alle Systeme laufen einwandfrei, Matt! Eigentlich gibt und gab es keinen Grund für sie hier herunterzukommen, obwohl ich mich natürlich über jeden Besuch freue.“
    Der Halbbetazoid trat neben den Chefingenieur der Monitor und blickte ihn leicht verlegen an.
    „Können wir uns unterhalten?“ fragte er verlegen. „Ich meine... über etwas Privates.“
    Kurz sah Jozarnay seinen ersten Offizier überrascht an, dann nickte er und führte ihn in sein kleines Büro auf der zweiten Ebene des Maschinenraums, welches man mittels einer Leiter erreichte. Dort angekommen setzte sich Woil in seinen Sessel und legte einige Datenpadds mit Schiffspezifikationen, die sich auf seinem viel zu kleinen Tisch sammelten, zur Seite. Der Commander selbst zog es vor aus dem Fenster auf den Warpkern zu starren.
    „Was kann ich für sie tun, Matt?“ fragte Jozarnay ehrlich.
    Price schien einige Sekunden zu brauchen, um einen geeigneten Einstieg in das Gespräch zu formulieren. Mehrmals öffnete und schloss er seinen Mund, bis er schließlich fragte:
    „Sind sie immer noch religiös?“
    „Voll und ganz!“ antwortete der Chief und war überrascht über die aus seiner Sicht recht sinnlose Frage. „Wieso fragen sie?“
    „Nur Gedanken, die seit den letzten Vorfällen in meinem Kopf herumschwirren“, murmelte Price und kratzte sich am Hinterkopf. „Was macht sie so sicher?“
    „Wie bitte?“
    „Was macht sie so sicher, dass es Gott gibt?“
    „Ich glaube es einfach.“
    „Sie könnten also auch Unrecht haben?“
    „Das liegt in der Natur der Sache“, gab Woil unbekümmert zu. „Dies ist die Natur des Glaubens: man tut es oder man tut es nicht.“
    „Was sind ihre Beweggründe, daran zu glauben?“ fragte Price neugierig.
    „Da gibt es vielerlei Sachen“, entgegnete Woil und kramte mental in seinem Kopf herum. „Eigentlich sind es eine ganze Masse von Faktoren, die zu einem bestimmten Endresultat führen. Da wäre zum Beispiel der Punkt Gerechtigkeit.“
    „Gerechtigkeit?“
    „Ja, genau die. Lassen sie es mich erklären...“
    „Ich bitte darum“, unterbrach ihn Matt interessiert.
    „Sicher kennen sie eine ganz üble Person, die niemals für ihre Taten bestraft wurde.“
    Ganz kurz überlegte Price, dann fiel ihm jemand ein:
    „Tobey Jenkins! Keine Ahnung, wie oft mich der Kerl damals verprügelt hat. Immer ist er ungestraft davon gekommen!“
    Woil schnipste mit dem Finger und deutete dann auf den ersten Offizier:
    „Das ist der Punkt, auf den ich hinaus will. Wenn es Gott gibt, dann wird ihr guter Freund Tobey Jenkins nicht ungestraft davon gekommen. Irgendwann wird er, wie wir alle, Rechenschaft ablegen müssen und nötigenfalls für seine Taten büßen müssen. Das meine ich mit Gerechtigkeit.“
    „Und wenn es keinen Gott gibt, der Gerechtigkeit walten lassen kann?“
    „Ich glaube nicht, dass das Universum so schlecht aufgebaut ist. Ich glaube ganz fest daran, dass die ganzen Mörder, Verbrecher und Diktatoren, die wir im Laufe der Jahre gesehen haben, irgendwann einmal zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn nicht in diesem Leben, dann wenigstens im Nächsten.“
    Der Halbbetazoid nickte, so als habe er die Ausführungen verstanden und drehte sich nun das erste Mal von der Scheibe weg, wandte seine Aufmerksamkeit dem Chief zu.
    „Das ist ein edler Gedanke, Chief. Aber ich habe meine Zweifel.“
    „Ich glaube nicht, dass dies ihr Problem ist“, entgegnete Jozarnay Woil und erhob sich aus seinem Stuhl. „Vielmehr zweifeln sie an ihren Zweifeln!“
    „Wie meinen sie das?“
    Bis auf wenige Meter hatte sich der Chief nun Commander Price genähert und schaute ihn fest aus seinen neongelben Augen an. Darin schien sich ein Verständnis wiederzuspiegeln, welches Price noch nie bei dem Chefingenieur erblickt hatte.
    „Ihr ganzes Leben lang haben sie nicht an eine übernatürliche Existenz, ein zweites Leben, geglaubt, “ philosophierte Woil, „und nun die Ereignisse von vor wenigen Wochen. Das, was vor fast drei Wochen geschehen ist, haben wir immer noch nicht erklären können. Unser Bericht an das Oberkommando ist äußerst lückenhaft. Fest steht nur, dass wir Inkarnationen des absoluten Bösen wie z.B. dem Teufel oder Elawuhr gesehen haben. Das ist der springende Punkt an der Sache, verstehen sie? Matt, sie glaubten bisher nur an das, was sie gesehen und erlebt hatten. Nun scheint es, als hätten sie tatsächlich ein übernatürliches Wesen gesehen und nun wissen sie nicht, wie sie reagieren sollen. Sind wir einem perfiden Betrüger auf dem Leim gegangen, der die Jahrtausendealten Urängste der Völker ausgenutzt hat? Oder haben wir tatsächlich Es gesehen, das Unvorstellbare? Sie fragen sich, wie ihr neues Weltbild aussehen soll.“
    Verblüfft schaute Price den Chefingenieur an. Dieser hatte fast exakt die Gefühle ausgedrückt, die Price derzeit plagten. Woher wusste Woil dies alles nur?
    „Ich... danke ihnen für das Gespräch, Chief. Leider muss ich nun weiter.“
    „Falls sie einen Ansprechpartner suchen, Matt, ich werde da sein, “ rief Jozarnay dem beinahe schon zur Tür stolpernden Matthew Price zu.

    In den letzten Tagen ihrer Überwachungsmission war nicht viel geschehen. Die Monitor bewegte sich getarnt durch den romulanischen Raum, hörte verschiedenste Sendefrequenzen ab und scannte hier und da unauffällig Frachter. Doch wirklich Bahnbrechende Erkenntnisse zum Thema des Anschlages blieben aus. Daher konnten Arena Tellom und ihr Mann Ardev ruhigen Gewissens sich zum Essen ins Casino geben. Dort angekommen stieß Lieutenant Bird zu ihnen.
    „Die Romulaner geben sich bedeckter als ich dachte“, murmelte der Sicherheitschef und aß etwas von seinen Spaghetti in Tomatensoße.
    „Das liegt in ihrer Natur“, entgegnete Ardev ironisch, „es sind Romulaner.
    „Danny hat recht“, fand die erst kürzlich zum Lieutenant J.G. beförderte Tellom. „Die Romulaner reagieren besonnener, als ich es vielleicht in ihrer Situation getan hätte. Als ich die Nachricht vom Anschlag hörte, ich schwöre euch, ich dachte am nächsten Tag befänden wir uns schon im Krieg. Aber was ist jetzt? Die Romulaner haben ihre Kampfbereitschaft zwar um eine Stufe erhöht, aber sie konzentrieren ihre Kräfte nicht an einer bestimmten Grenze.
    „Vielleicht wissen sie ja so viel wie wir: nämlich gar nichts!“ warf Lieutenant Bird ein.
    „Oder sie bluffen“, kam es Ardev in denn Sinn.
    „Bluffen?“
    „Ja,“ erklärte Ardev. „Vielleicht wissen sie ja, wer es getan hat und wollen diesen nur in trügerischer Sicherheit wiegen. Der Angreifer soll denken, dass er nichts zu befürchten hat und vernachlässigt so seine Deckung. Und dann, “ um es zu illustrieren schlug der Andorianer die eine Faust in die andere Hand, „schlagen die Spitzohren zu.“
    „Sehr bildlich, Ardev, “ neckte ihn seine Frau und verdrückte ihren Salat. Danny Bird ließ kurz seine Aufmerksamkeit durch den Raum gleiten und blieb dann mit seinem Blick an einer anderen Person im Raum hängen: Dr. Frasier saß alleine an einem Tisch und aß still ihr Abendessen. Der Sicherheitschef konnte nicht anders als dieses Bild äußerst bedrückend zu finden. Er deutete zu der Ärztin rüber und meinte zu seinen Tischnachbarn:
    „Zwischen ihr und Matt scheint´s nicht gut zu laufen, oder?“
    „Lief da überhaupt irgendetwas?“ erwiderte Ardev lakonisch.
    „Ich weiß nicht, ob uns das Privatleben vorgesetzter Offizier etwas angeht, “ gab Arena zu bedenken und musterte die beiden Männer an ihrem Tisch kritisch.
    „Es sollte uns etwas angehen, wenn dies möglicherweise die effiziente Arbeitsweise des Schiffs beeinträchtigt“, meinte Bird und blickte noch einmal zu der attraktiven Ärztin hinüber. Matt Price war ein Idiot. Wieso ließ er eine solch bezaubernde Frau nur laufen? Fast schon schien es, als sträube er sich gegen sie. Doch warum?
    „Wir sollten besser an die Arbeit gehen. Es scheint als verschwendet ihr beiden schon eure Gedanken an irrelevante Sachen, “ meinte Tellom und zog ihren Mann vom Tisch hoch. Beide verabschiedeten sich von Bird und begaben sich zur Brücke. Doch der Sicherheitschef selbst wollte nicht gehen. Eine ganze zeitlang saß er einfach nur da und schielte verstohlen, wie ein kleiner Schuljunge, zu Elizabeth Frasier hinüber. Ob er sich zu ihr setzen, ihr ein Ansprechpartner sein sollte? Nach langem Überlegen verneinte Danny diese Frage. Frasier musste mit dieser Situation alleine fertig werden. Wieso mussten Männer auch nur so kompliziert sein? Wäre er nicht selbst einer, Danny hätte Männer auch nicht gemocht.

    Warme, beruhigende Sonnenstrahlen drangen durch das Fenster in den Raum ein, der ganz im Stile vergangener Zeitalter, mit Holz vertäfelt war. Zwei Tische befanden sich in dem Raum: ein kleinerer, an dem die befragte Person saß und etwas weiter davor, leicht erhöht auf einer Treppenstufe, ein weiterer, längerer, an dem mehrere Personen Platz nehmen konnten. An diesem großen Tisch hatten sich mehrere große Persönlichkeiten der Föderationspolitik eingefunden. Der Innenminister, der Justizminister, der oberste Polizeichef der Föderation und der Leiter der Sternenflottensicherheit. Sie alle blickten zu Edward Jellico, der vor ihnen an dem kleineren Tisch saß und darauf wartete, dass die Anhörung offiziell begann. Aufnahmegeräte in dem Raum würden das gesamte Gespräch für die Akten aufzeichnen und so notfalls als Beweismittel dienen. Doch niemand in dem Raum hielt diese Wahrscheinlichkeit für realistisch, am wenigsten Edward Jellico. Sein Plan verlief ausgezeichnet. Innerhalb weniger Wochen hatte er ein Großteil seiner Ziele erreicht und immer noch nicht waren seine wahren Absichten enttarnt worden. Konnte es besser laufen? Jellico fand nein.
    „Mr. Jellico,“ begann der Innenminister offiziell die Anhörung, „wir haben uns hier zusammengefunden, um uns zum einen über die Fortschritte in der Aufdeckung der kriminellen Machenschaften von Sektion 31 zu informieren und uns zum anderen über ihre Zukunft zu unterhalten.“
    „Ich habe mir dies schon gedacht, Herr Minister“, antwortete der ehemalige Admiral der Sternenflotte höflich und faltete seine Hände vor sich auf dem Tisch.
    „Sie sind sich darüber im Klaren, dass sie hier zur Wahrheit verpflichtet sind und dass Falschaussagen schwere Konsequenzen für sie haben könnten?“
    Ich werde euch genau die Wahrheit sagen, die ihr hören wollt, ihr eingebildeten Politiker, dachte Jellico, hütete sich jedoch natürlich davor jene Gedanken laut auszusprechen. Daher erwiderte er:
    „Selbstverständlich, Herr Minister. Ich werde all ihre Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantworten.“
    „Das freut uns zu hören. Ich übergebe das Wort erst einmal an meinen geschätzten Kollegen, dem Justizminister.“
    Der ältere Zakdorn setze sich in seinem Stuhl aufrechter hin, so als dachte er, er würde so eine imposantere Figur machen und begann dann:
    „In den letzten drei Wochen haben wir unglaubliche Fortschritte im Aufspüren und Enttarnen von Mitgliedern der verbotenen Sektion 31 gemacht, was nicht zuletzt an der herausragenden Mitarbeit von Edward Jellico liegt. Mr. Jellico, würden sie dieser Versammlung noch einmal die Gründe für ihre Zusammenarbeit darlegen?“
    Weil ich sie alle nur benutze um die ganze Organisation selbst an mich zu reißen, ihr Einfaltspinsel!
    „Im letzten Jahr habe ich nur allzu sehr am eigenen Leib die Boshaftigkeit von Sektion 31 erleben müssen,“ antwortete Jellico und verdrehte dabei wieder jede einzelne seiner Absichten, „man wollte mich ermorden und ich war zwangsweise untergetaucht, immer in Angst vor meinen Häschern. In dieser Zeit wurde mir klar, dass egal wie lukrativ die Angebote von Sektion 31 auch sein mögen, der Preis den man am Ende dafür möglicherweise zahlen muss, ist zu hoch.“
    „Eine interessante Formulierung. Gleich in ihrer ersten Aktion nach der Rückkehr aus dem Untergrund, ich glaube ein gewisser Captain John Lewinski hat sie gerettet, führten sie einen tödlichen Schlag gegen Nathan Sloan durch...
    Die beste und spontanste Entscheidung meines Lebens! Wenn ihr nur wüsstet, welche Büchse der Pandora ihr geöffnet habt...
    „Auch dies ist korrekt, Herr Minister. Ich gebe voll und ganz zu, dass ich, möglicherweise in einer Überreaktion, Torpedos abgefeuert habe, die Nathan Sloan, den nominellen Führer von Sektion 31, getötet haben. Ich bin mir voll und ganz bewusst, dass meine Aktion gesetzeswidrig war und ich bin bereit die Konsequenzen dafür zu tragen.“
    Die am länglichen Tisch versammelten blickten sich für einen Moment kurz an und der Justizminister nickte dann.
    „In dieser Hinsicht können wir sie beruhigen, Mr. Jellico“, antwortete der Zakdorn. „Nach langen intensiven Debatten haben wir uns dafür entschlossen, sie aufgrund ihrer bisherigen guten Zusammenarbeit nicht zu bestrafen. Dies sollte jedoch als ein inoffizielles Gentlemans Agreement angesehen werden.“
    Ihr naiven Idioten!
    „Vielen Dank, verehrte Herren. Ich weiß dies zu schätzen.“
    „Wie weit sind wir ihrer Meinung nach beim Kampf gegen Sektion 31? Vor wenigen Tagen haben sie ja den Aufenthaltsort von Stella Tanner, einer Vertrauten von Nathan Sloan, verraten.“
    Wir sind genauso weit wie am Anfang. Ihr scheint wirklich blind zu sein. Versteht denn niemand von euch, dass man Sektion 31 niemals beseitigen kann? Die Wurzeln sind schon zu tief gewachsen, als dass man sie herausreißen könnte.
    „Herr Minister, ich habe den höchsten Respekt an sie, jedoch muss ich sie mahnen, dass wir noch nicht einmal ansatzweise mit unserem Kampf fertig sind. Ja, Stella Tanner war eines der letzten ranghohen Mitglieder von Nathan Sloans Führungsstab gewesen und ihre Festnahme war ein großer Schritt in die richtige Richtung. Jedoch reichen die Arme von Sektion 31 weit. Ich rechne noch mit jahrelangen polizeilichen Ermittlungen und Aktionen gegen diese Gruppe.“
    „Werden sie uns auch weiterhin unterstützen, Mr. Jellico? An ihrer Hilfe wäre uns sehr gelegen.“
    „Es freut mich, dies zu hören“, entgegnete Edward und lächelte dabei verschwörerisch.

    „Ich verstehe die Romulaner einfach nicht!“
    Ardev legte frustriert und ermüdet den Kopf auf der Konsole ab und schloss für einen kurzen Moment seine Augen, versuchte sich so für einen kleinen Augenblick zu entspannen. Es half nichts. Dauernd schwirrte in seinem Kopf nur eine Frage herum: warum? Seine Frau Arena, die mit ihm an diesem Problem arbeitete, konnte sein Dilemma nur allzu gut verstehen.
    „Falls es dich tröstet: ich verstehe sie auch nicht, “ versuchte die weibliche Lieutenant ihn aufzumuntern.
    Doch der junge Andorianer schien ihre Worte gar nicht zu vernehmen.
    „Erst veröffentlichen sie absichtlich ihre Verlustberichte“, sprach Ardev mehr zu sich selbst denn zu seiner Frau, „und dann hören wir gar nichts mehr von ihnen. Angeblich ermitteln sie gerade, doch selbst aus unseren geheimen Quellen aus dem Sternenreich kommt nichts mehr. Es scheint fast so als hätten sich die Romulaner komplett abgeschottet. Und weißt du, was mich noch irritiert?“
    „Was denn?“ fragte Tellom interessiert und streckte sich einmal, um so die gesamte Müdigkeit aus ihrem Körper zu vertreiben.
    „Es gibt immer noch keine Bekenner.“
    „Bekenner?“
    „Ganz genau“, erklärte Lieutenant Ardev und stand von seiner Konsole auf, ging zum Replikator im rückwärtigen Bereich der Brücke und holte sich einen Kaffee, dessen aromatischer Duft er erfreut genoss. „Terrorismus verfolgt immer ein politisches Ziel und wird nie zum Spaß durchgeführt. Der Attentäter hat den Wunsch auf sich und seine Ziele aufmerksam zu machen, er möchte ins Gedächtnis rufen und für seine Ideale werben. Doch wie kann er das, wenn er sich nicht erklärt?“
    „Sprich nur weiter“, motivierte ihn Arena, die nun verstand.
    „Ich meine, schau dir doch mal die ganze Sache an: da findet der furchtbarste Anschlag in der Geschichte des Romulanischen Sternenreiches statt. Viele Personen sterben, darunter hochrangige Politiker und seltsamerweise gibt es niemanden, der aufspringt und sagt Hey, wir sind es gewesen, denn wir hassen die Zentralregierung. Niemand hat sich bisher zu dem ganzen bekannt und z.B. die Freiheit für Remus gefordert. Wir haben doch alle sofort nach der Meldung vom Attentat gedacht, dass entweder Klingonen oder Remaner dahinter stecken. Klingonen fallen auf jeden Fall aus dieser Sache heraus, denn es ist gegen ihren Ehrenkodex eine Aktion durchzuführen und nicht dazu zu stehen. Und die Remaner... ich weiß nicht, von ihnen haben wir bisher auch noch nichts gehört.“
    „Du meinst, es stimmt etwas nicht?“
    „Ich meine“, sagte Ardev und trank in einem Zug seine Tasse Kaffee leer, „dass hinter dieser Sache noch weit mehr steckt als wir annehmen. Und durch das Herumsitzen hier und Abhören von Sendefrequenzen kommen wir nicht weiter. Der Captain sollte uns nach Romulus fliegen lassen.“
    „Das ist riskant.“
    „Das ist unser Job.“
    „Jetzt zitierst du das Sternenflottenhandbuch“, neckte ihn seine Frau und lächelte ihn kurz müde an. Doch seine Ausführungen klangen logisch. Würden diese Captain Lewinski überzeugen?

    Der Halbbetazoid Matt Price saß im Schneidersitz auf dem Teppichboden seines Quartiers und starrte die gegenüberliegende Wand an. Dort hängte ein Ausdruck, den er vor wenigen Tagen gefunden hatte. Auf dem weißen Zettel stand in schwarzer Schrift:
    Denn ich bin die Auferstehung und das Leben, und wer an mich glaubt, der wird leben.
    Inzwischen hatte Price schon längst vergessen, wo genau er diesen Satz gefunden hatte. Dunkel entsinnte er sich an ein Archiv der Menschen. Irgendwie passte dieser Ausspruch jedoch in sein momentanes Problem. Immer noch befand sich Matthew in einer philosophischen Sinnkrise. Viel schlimmer, derzeit lief wohl alles schief bei ihm. Nicht nur hatte er spirituellen Notstand, nein auch mit Elizabeth Frasier schien er nicht ins Reine zu kommen. Was sollte er nur tun? Fast schien ihm als würde sein gesamtes Leben derzeit aus den Fugen geraten. Andererseits, lag es nur an ihm? Immerhin war er tot gewesen und dann mysteriöserweise wieder auferstanden. Konnte man da nicht etwas Rücksicht von der Chefärztin erwarten? Der Erste Offizier der Monitor schüttelte den Kopf. Mit was für Ausreden versuchte er sich eigentlich hier freizumachen? Natürlich lag es an ihm, an seiner Unentschlossenheit den letzten Schritt zu machen. Als der das letzte Mal mit Elizabeth gesprochen hatte, hatte er Selina Kyle, seine Imzadi vorgeschoben. Doch mal ehrlich, wann hatte er das letzte Mal mit ihr gesprochen, geschweige denn sie gesehen? Natürlich war da diese Sache vor einem knappen halben Jahr gewesen, ein kurzes Intermezzo zwischen den beiden, als sie sich kurz wieder gesehen hatten, mehr aber auch nicht. Ab und zu spürte er sie mental, aber der letzte Brief lag schon lange zurück. War ihm diese lange zurückliegende Beziehung denn so wichtig, dass er dafür die Chefärztin ignorierte? Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm klar, dass er einen Fehler begangen hatte. Zum Teufel mit dieser Imzadi-Sache! Wieso nahm er sie überhaupt so ernst? Immerhin war er noch nicht einmal vollwertiger Betazoid und hatte sich nie richtig für die alten Traditionen interessiert. Wieso war ihm ausgerechnet diese eine alte Sache so wichtig? Nein, von so etwas durfte er nicht sein Leben bestehen lassen. Es war an der Zeit einen Schlussstrich zu ziehen und die Vergangenheit zu begraben. Price war ein Mann der Tat und daher nicht bereit noch länger zu warten. Er erhob sich, ignorierte fürs Erste den Ausdruck an der Wand und stellte sich vor das Terminal.
    „Computer, stelle verschlüsselte Verbindung zur USS Community her, Commander Selina Kyle“, befahl Matt mit fester Stimme.
    „Verbindung wird hergestellt, bitte warten!“ antwortete die mechanische Stimme des Bordcomputers.
    Es dauerte nur wenige Sekunden, dann erschien das Gesicht seiner Imzadi auf dem Sichtschirm. Überrascht musste Matt feststellen, dass seine ehemalige Geliebte nur noch schöner geworden war. Das dunkle Haar hatte sie sorgsam zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und in ihrem Gesicht zeigten sich noch immer die Lachfalten, die er so sehr geliebt hatte.
    „Hi“, begrüßte Matt sie knapp, nicht so recht wissend wie er anfangen sollte.
    „Matt!“ erkannte Selina ihn und schien völlig aus dem Häuschen über diesen Anruf zu sein, „das ist ja eine Überraschung, ich habe gerade an dich gedacht!“
    „Sag bloß!“ entgegnete Matt überrascht und hatte schon jetzt ein schlechtes Gewissen. Selina war überglücklich über seinen Anruf, dabei wollte er ihr doch nur sagen, dass es vorbei war zwischen ihnen. Es galt den geeigneten Zeitpunkt abzuwarten.
    „Wie geht es dir, Matt? Was macht der Dienst?“
    „Dasselbe wie immer, Selina: ich kann nicht darüber reden. Und bei dir?“
    „Der selbe Geheimniskrämer wie immer“, lachte seine Imzadi. „Meine Arbeit macht mir großen Spaß! Meine Crew ist äußerst unkonventionell und einzigartig.“
    „Ach ja? Wie ungewöhnlich denn?“
    „Wie würdest du es finden einen waschechten Borg an Bord zu haben?“
    „Befremdlich“, gab Matt zu.
    „Man gewöhnt sich dran“, meinte Selina Kyle und lachte wieder so wundervoll, dass es Matt beinahe das Herz zerriss. Da war wieder dieses Imzadi-Gefühl, welches man niemals abschütteln konnte. Jahrelang war es nur eine kleine Glut in der Asche gewesen und nun entflammte das alte Feuer wieder.
    „Was gibt es denn sonst neues bei dir?“ fragte Price und versuchte so noch etwas Zeit für sich herauszuschinden.“
    Mit einem schelmischen Lächeln blickte Kyle kurz zu Boden.
    „Erinnerst du dich noch an das letzte Mal?“ fragte sie schüchtern.
    „Welches letzte Mal? Ach so, Das letzte Mal... wie könnte ich es vergessen?“ gab Price schelmisch zu.
    „Hat es dir damals etwas bedeutet?“
    Was war dies nur für eine seltsame Frage? Immer wenn Matt mit einer Frau geschlafen hatte, hatte sie ihm etwas bedeutet... na ja meistens jedenfalls.
    „Es hat mir etwas bedeutet, Selina, aber wieso fragst du mich das?“
    „Ich weiß nicht, wie man so etwas richtig sagt,“ erklärte die junge Frau und wirkte dabei wirklich äußerst hilflos, „also sage ich es lieber frei geradeaus: ich bin schwanger.“
    Man hätte mit einem Messer auf ihn einstechen können, Matt hätte es nicht gespürt. Was ging denn hier ab? Erst wollte er nur kurz mit ihr sprechen und eine jahrelange, fast schon tote Beziehung beenden und nun überraschte sie ihn mit dieser unerwarteten Wendung. Price merkte, wie er den Bildschirm mit einem offenen Mund anstarrte, was bei Selina ein erneutes Lachen verursachte.
    „Und? Wie empfindest du dabei?“ fragte sie ihn?
    Das Merkwürdigste war jedoch, dass er in seinem tiefsten Innern spürte, dass er glücklich war. Ja, ganz genau! Matt Price, der niemals vorgehabt hatte eine Familie zu gründen oder ein Vater zu werden, würde genau das sein! Ein Vater!
    „Ja, ich bin... überwältigt“, gab Matt ehrlich zu. „Aber wie... was... wie wollen wir das mit der Erziehung machen? Wo kommt das Kind hin?“
    „Nur die Ruhe, Matt! Wir haben genug Zeit um uns darum zu kümmern. Okay, vier Monate sind auch nicht mehr die Welt, aber uns wird da schon was einfallen. Ich bin auf jeden Fall sehr, sehr glücklich, dass du so reagierst. Wer weiß, vielleicht gibt diese Sache unserer Beziehung neue Impulse.“
    „Ja... neue Impulse...,“ war das einzige, was der erste Offizier noch stammeln konnte. Nach diesem Tag brauchte er erst einmal einen sehr starken Drink, soviel stand fest.

    Im großen Parlamentssaal der Multiplanetaren Allianz auf Parliament herrschte Totenstille. Hunderte von Abgeordneten verschiedenster Welten warteten still auf die Sensation. Denn völlig überraschenderweise hatte die romulanische Regierung für den heutigen Tag Beweise angekündigt. Nach mehreren Wochen des Schweigens, des stillen Ermittelns und des Wartens hatte man angeblich endlich die Urheber des grausamen Attentats identifiziert. Neben den Abgeordneten des Parlaments hatten sich alle Botschafter der Mitgliedsvölker der MPA in einer für sie speziell hergerichteten Ecke eingefunden. Endlich zeigte das Chronometer an der Wand 17:00 Uhr an; für jene Stunde war die Beweisvorlage angekündigt worden und wie zugesagt erhob sich die romulanische Botschafterin. Langsam, ja geradezu majestätisch bewegte sich die ältere Frau zum Rednerpult, bereit das zu verkünden, was sie für die Wahrheit hielt. Ihr ganzes Leben hatte sie der Ehre und der Politik gewidmet und nun dachte sie das gerechte Werk für ihr Volk zu tun. Wie hätte sie ahnen können, dass sie in den nächsten Minuten eine Lüge aussprechen würde, die von einer kleinen Gruppe ihres eigenen Staatssicherheitsdienstes ersonnen worden war. Kurz blickte die ergraute Botschafterin zu ihren beiden Attaches, die ihr zunickten und so ihr symbolisierten, dass alles für die Videowand vorbereitet worden war. Dies würde der vielleicht größte Moment in ihrer langen Karriere sein. Die in das Gebäude eingelassenen Kameras würden die Parlamentssitzung an alle möglichen Orte des Quadranten tragen. Sei es im Hauptquartier des Föderationspräsidenten, im klingonischen Hohen Rat oder auf der Monitor, überall konnte man live dieses Ereignis mitverfolgen.
    „Verehrte Abgeordnete und Botschafter, “ begann die Romulanerin ihre Rede mit schwerer, melancholischer Stimme, „einige Wochen ist es her seit das Romulanische Imperium durch ein schreckliches Ereignis aufgerüttelt worden war. Viele kostbare Leben sind verloren gegangen, darunter Spitzen der romulanischen Politik. Das romulanische Volk möchte sich an dieser Stelle noch einmal für die viele großzügigen Hilfsangebote der anderen Regierungen bedanken. Auch wenn wir diese Angebote ausgeschlagen haben, so wird diese Geste niemals von uns vergessen werden. Dies ist genau die Art von Zusammenarbeit und Miteinander, die wir mit der Gründung der Multiplanetaren Allianz angestrebt haben. Der Grund für meine heutige Anwesenheit dürfte inzwischen jeder von ihnen mitbekommen haben. Wie angekündigt werde ich ihnen endlich die Drahtzieher dieses schrecklichen Terrorangriffs nennen und hoffentlich gemeinsam mit ihrer Hilfe werden wir Gerechtigkeit walten lassen.
    Bitte richten sie ihre Aufmerksamkeit auf den Videoschirm über mir. In mühevoller Kleinarbeit haben unzählige Mitarbeiter des Tal Shiar die einzelnen Fragmente der benutzten Bombe gesammelt und analysiert. Wie sie deutlich anhand der Markierungen sehen können bestand die Außenhülle der Bombe aus einer speziellen Legierung, die man auf dem Planeten Remus findet. Unsere Analytiker gaben sich jedoch nicht mit dieser offensichtlichen Antwort zufrieden. Zu simpel erschien ihnen die Lösung, dass Remaner für diesen Angriff verantwortlich gewesen sind. Diese Voraussicht sollte sich als weise herausstellen. Die Experten des Geheimdienstes haben tiefgehende Untersuchungen der Bombenstruktur durchgeführt und dabei ein besonderes Augenmerk auf mögliche DNA-Reste gelegt, die möglicherweise zu den wahren Tätern führen könnten. Tatsächlich war diese Suche nach Erfolg gekrönt: nach mehrfachen Widerholungen der Untersuchungen kann für uns feststehen, dass Talarianer die Bombe konstruiert haben. Bitte, bitte lassen sie wieder Ruhe einkehren, damit ich ihnen mehr erklären kann... danke. Ich kann mir gut vorstellen, wie es sich für sie anhört, doch die DNA lügt nicht. In winzigen Ritzen und Rillen der Bombe, an Stellen, die man mit der Hand bearbeitet hat, haben wir talarianische Genrückstände gefunden. Ebenso haben wir winzige Spuren von Erdungen auf der Bombe entdeckt, die von Talar, der Hauptwelt der Talarianischen Union, stammen. Die Attentäter hatten wohl gehofft, dass die gewaltige Explosion diese Rückstände verdampfen lassen würde. Leider, oder glücklicherweise, wie ich aus romulanischer Sicht sagen muss, haben sich die Erbauer geirrt.
    Genauso so wie sie jetzt, verehrte Abgeordnete, waren wir verwirrt. Was für einen Grund hätten die Talarianer gehabt uns anzugreifen? Trotz unserer kleinen gemeinsamen Grenze hat es so gut wie nie in unserer Geschichte Streitigkeiten gegeben, ganz im Gegenteil, die Zahl der Kontakte war eher rar. Und je länger wir über diese Frage nachdachten, desto mehr rückte die Lösung in weite Ferne. Wir müssen uns einfach der Natur der Talarianer stellen. Es ist ein höchst kriegerisches, aggressives Volk. Ich muss den Föderationsbotschafter nicht an das Leid seiner eigenen Regierung erinnern, als die Talarianer vor knapp 20 Jahren das Galen-System angriffen und die dortigen Siedler erbarmungslos abschlachteten. Damals sagten die Talarianer die Siedler hätten einen ihrer Planeten unrechtmäßig besiedelt. Doch wie realistisch war diese Aussage? Wollten die Talarianer vielleicht einfach nur ihren aggressiven Trieb befriedigen? Liegt es möglicherweise in ihrer Natur andere zu schädigen? Damals hat dies niemand von uns geglaubt, doch wie sieht es heute für uns aus, nachdem wir wissen, wer dieses schreckliche Attentat auf das Herz des romulanischen Volkes durchgeführt hat? Wir Romulaner haben die Talarianische Union immer in Frieden gelassen, uns nie in die internen Angelegenheiten dieses Volkes eingemischt und wie wird es uns gedankt? Mit Mord und Zerstörung. Werfen sie nur einen Blick auf die Sternenkarte, die hinter mir auf den Schirm projiziert wird. Unser Aufklärer hat eine massive Präsenz talarianischer Kriegsschiffe an der Grenze ausgemacht. Erwarten sie etwa, dass wir die Wahrheit herausgefunden haben?
    Doch gleichzeitig haben wir auch die Chance ein Zeichen zu setzen, meine Damen und Herren. Hier bietet sich die Gelegenheit, dass der interstellare Völkerbund sich gemeinsam erhebt und eine Linie zieht, die nicht mehr überquert werden kann. Lassen sie uns alle zusammen den Talarianern die Botschaft zukommen, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Wir sind nicht mehr bereit, uns von ihnen töten und terrorisieren zu lassen. Das romulanische Volk, und ich glaube ich spreche hier für jeden von ihnen, möchte doch nur in Frieden leben. Lassen sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass eine solche Tat nie wieder geschehen kann.“
    Die Botschafterin stieg wieder vom Pult herunter und stellte gemischte Reaktionen beim Publikum fest. Damit hatte sie gerechnet. Die Wahrheit tat immer weh. Während die Abgeordneten der Föderation und Klingonen zwiespältig reagierten, stimmten Gorn und Cardassianer ihren Ausführungen zu. Die Tamarianer blieben dafür wie so oft stumm. Sei´s drum. Das romulanische Volk würde Vergeltung üben und dafür sorgen, dass der Quadrant von dieser Geißel befreit wurde.

    Auf der Brücke der Monitor herrschte überraschtes Schweigen nachdem jeder diese Worte vernommen hatte. Niemand konnte glauben, was eben offenbart worden war.
    „Auf die Talarianer wäre ich nie gekommen“, gab Danny Bird zu und schüttelte den Kopf.
    „Es trifft einem aus heiterem Himmel“, meinte Price, worauf Tellom erwiderte:
    „Natürlich tut es das. In den letzten Tagen unserer Arbeit haben wir nie einen Hinweis darauf erhalten, dass die Talarianer irgendetwas mit der Sache zu tun haben könnten.“
    „Ein Blitz aus heiterem Himmel“, formulierte Lewinski und der Rest seiner Crew nickte. Was nun?

    Admiral Endar sackte fassungslos in seinem Sessel zusammen. Auch er hatte in seinem Büro im Oberkommando der talarianischen Flotte die Sitzung verfolgt und niemals mit diesem Ausgang gerechnet. Kurz schloss er die Augen und hoffte aus einem Albtraum zu erwachen. Doch diese Welt verschwand nicht. Was hier geschah war real und unumkehrbar. Der alte Mann seufzte. So viele Jahre hatte er auch aus persönlichen Gründen mit der Föderation gerungen. Der Streit um das Galen-System war immer noch eine frische Erinnerung in jedem Talarianer. Wieso auf einmal die Romulaner? Wie kamen sie auf die aberwitzige Idee, dass sie irgendetwas mit dieser Sache tun hatten? Und dieses Beispiel mit der Grenzaufrüstung war doch absurd! Seit 20 Jahren belief sich die Flottenstärke an der Grenze auf derselben, unabänderlichen Zahl. Wie konnte man Tatsachen nur so verdrehen?
    „Lieutenant“, wies Endar seinen Adjutant an, „gehen sie sofort zur Regierungsebene und fragen sie, ob an dieser Sache was dran ist.“
    „Sir, sie können doch nicht annehmen...“ begann der junge Mann ihm zu widersprechen, doch Endar blockte seinen Widerspruch ab.
    „Ich nehme es auch nicht an, Lieutenant, aber ich will es schwarz auf weiß haben, damit ich den Wisch diesen Romulanern um ihre spitzen Ohren schlagen kann.“
    „Jawohl, Admiral. Sollen wir außerdem weitere Schiffe zur Grenze schicken?“
    „Nein, auf keinen Fall! Dies würde den Romulanern doch nur ein gefundenes Fressen liefern. Nein, die Stärke bleibt die gleiche. Egal ob mehr Schiffe oder nicht, wir sind den Romulanern ohnehin um mindestens eine Generation unterlegen. Oh, ich fürchte um unsere Zukunft!“

    Der Leiter der Abteilung Blau nickte zufrieden. Genauso hatte er sich das alles vorgestellt. Seine Mitarbeiter hatten wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Nicht einmal der Prätor war sich bewusst, dass es sich bei der ganzen Sache um eine Täuschung handelte. Wunderbar.
    „Setzen sie Phase Beta in gang“, befahl der Leiter seiner Nr. 1. Diese nickte und verschwand in den Katakomben des Tal Shiar Hauptsitzes.

    Der Monitor auf dem Schreibtisch im Bereitschaftsraum des Captains wurde dunkel und Land sah seinen Kommandanten ernst an, versuchte die Emotionen, die sich in Chakotays Gesicht widerspiegelten, zu erahnen. Der Indianer wirkte seltsam ausdruckslos in Anbetracht der Sachen, die sie eben gehört hatten.
    „Es ist eine Lüge“, konstatierte Captain Chakotay.
    Bruce Land musste aufgrund dieser Aussage grinsen.
    „Wie kommen sie darauf, Sir?“ fragte er.
    „Gehen sie doch die Sache logisch an, Bruce, “ erklärte der Kommandant der Voyager verächtlich, „man sucht einen Sündenbock, gegen den man zu Felde ziehen kann. Passenderweise wird dieser Sündenbock sich nicht einmal recht wehren können, wenn die Romulaner einmarschieren werden.“
    „Sie rechnen also mit einem Krieg, Captain?“
    „Voll und ganz, Nummer Eins. Der Quadrant steht am Scheideweg. Die Romulaner setzen gerade alles aufs Spiel, was wir in den letzten Jahren erreicht haben und das macht mich wütend.“
    Der erste Offizier nickte und stimmte so seinem Kommandanten stumm zu. Hier begann sich etwas Gefährliches zu entwickeln. Doch wie konnte man diese bereits in Gang gesetzte Ereigniskette aufhalten? Niemand von ihnen wusste die Antwort.
    „Was nun?“ fragte Commander Land.
    „Ich werde mal wieder meine alten Quellen bemühen und Admiral Janeway kontaktieren. Mit etwas Glück wissen die hohen Ränge auf der Erde mehr als wir hier draußen.“
    „Und wenn dem nicht so ist?“
    „Dann sind selbst unsere Politiker völlig ahnungslos“, meinte Chakotay betroffen. In diesem Fall wäre wirklich alle Hoffnung verloren.
    Ohne jede Vorwarnung wurde roter Alarm ausgelöst. Nur kurz sahen sich Chakotay und Land an, gingen dann schnell auf die Brücke, wo sich die beiden auf ihre Plätze setzten.
    „Bericht!“ forderte der Captain und blickte auf das kleine Anzeigenpult, welches rechts neben seinen Sitz eingelassen war.
    „Wir reagieren auf den Notruf eines romulanischen Transportschiffes“, erklärte eine besorgt klingende Fähnrich Tema´na. „Es wird angegriffen und erbittet Unterstützung. Ich habe den Kurs dorthin gesetzt... falls dies recht war.“
    Der Captain wollte sie nun nicht für ihre vielleicht etwas voreilige Tat rügen und ignorierte daher diesen kleinen Formfehler. Er hätte nicht einmal die Zeit gehabt dazu etwas zu sagen, denn schon im selben Moment beendete die Voyager ihren kurzen Warptransit und kam in Reichweite des angegriffenen Transportschiffes. Diese hatte, sofern man dies im Weltraum sagen konnte, schwere Schlagseite und verlor Plasma aus mehreren Einschusslöchern. Umkreist wurde das Schiff von einem feuernden talarianischen Kriegsschiff. Die Silhouette mit den vier x-förmigen Flügeln war deutlich zu erkennen. Abermals blickte Land zu seinem Kommandanten und fragte sich, ob dieser gerade seine Theorie überdachte. Hatten die Romulaner vielleicht doch Recht?
    „Status des romulanischen Transporters?“
    „Das Schiff hat schwere Schäden erlitten und beklagt viele Tote. Sie halten nicht mehr lange durch und erbitten dringend Hilfe, “ erklärte Lieutenant Ayala, der als Nachfolger von Tuvok an der taktischen Konsole stand.
    „Öffnen sie einen Kanal!“ befahl Chakotay mit fester Stimme. „Hier spricht Captain Chakotay vom Föderationsraumschiff Voyager. Sie schießen auf ein unbewaffnetes Zivilraumschiff. Stellen sie umgehend ihren Angriff ein oder wir sind rechtlich dazu verpflichtet das Feuer auf sie zu eröffnen.“
    Niemand antwortete auf diese Anweisung, stattdessen flog das talarianische Kriegsschiff eine erneute Wende und feuerte zwei weitere Merculit-Raketen ab, die im Transporter explodierten. Dies war der Todesstoß für das kleine Schiff gewesen, welches in einer grellen Explosion detonierte.
    „Das Transportschiff wurde zerstört“, meldete Commander Land unnötigerweise, „Zahl der Opfer unbekannt.“
    Die Probleme waren damit jedoch noch nicht aus der Welt geräumt. Nachdem es sein Primärziel erreicht hatte drehte das talarianische Schiff bei und hielt geradewegs auf die Voyager zu, hatte dabei immer noch seine Waffen aktiviert.
    „Talarianisches Schiff, “ öffnete der Captain noch einmal eine Frequenz, „dies ist die letzte Warnung: sie begehen einen kriegerischen Akt nicht nur gegen das Romulanische Imperium, sondern auch gegen die gesamte Multiplanetare Allianz! Drehen sie bei oder tragen sie die Konsequenzen!“
    Als Antwort erbebte die Voyager unter den Einschlägen mehrere Raketen und schwacher Phaser. Beide Waffensysteme der Talarianer waren jedoch zu unterentwickelt, um wirklich nennenswerten Schaden anrichten zu können.
    „Schilde bei 97%“, informierte Ayala.
    „Richten sie unsere Phaser auf die feindlichen Waffen- und Antriebssysteme. Feuer frei!“
    Der taktische Offizier nickte und betätigte einige Schalter, woraufhin Phaserfeuer von der Voyager losging und scheinbar mühelos die Schilde des Kriegsschiffes durchdrang. Innerhalb weniger Minuten waren sie lahm gelegt worden und Chakotay nickte zufrieden.
    „Machen sie sich bereit an Bord zu gehen...,“ meinte der Kommandant in Richtung Commander Lands, doch der Plan wurde jäh durch die Explosion des talarianischen Schiffes unterbrochen.
    „Eine Selbstzerstörungssequenz wurde aktiviert“, erklärte Lieutenant Ayala überflüssigerweise.
    Damit blieb ihnen die Hoffnung auf Antworten verwehrt. Stattdessen blieb die Angst vor einem möglicherweise gerade ausgebrochenen Krieg.

    In dem Parlamentssaal auf Parliament war inzwischen die Hölle ausgebrochen. Die Ordnung in dem Sitzungssaal war vollkommen hinüber, überall redeten Abgeordnete durcheinander, schrieen sich an und dergleichen. Die meisten von ihnen hatten es inzwischen aufgegeben sich wie sonst üblich an das Pult nach vorne zu begeben, um ihre Meinung kundzutun, stattdessen sprangen sie bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit von ihren Sitzen auf und brüllten herum. Immer wieder schlug der Parlamentspräsident, ein alter Klingone mit ergrautem Haar, den Hammer auf seinen Tisch und versuchte so die Ruhe wiederherzustellen, was aber nur zeitweilig gelang. Für einen kurzen Moment richtete sich alle Aufmerksamkeit auf den Vorsitzenden, dann nutzte ein romulanischer Gesandter die Gunst der Stunde und rief:
    „Dies ist eine Ungeheuerlichkeit! Das romulanische Volk ist zum zweiten Mal innerhalb dieses Monats ohne Vorwarnung von den Talarianern angegriffen worden. Wir fordern Gerechtigkeit! Wir fordern Vergeltung!“
    „Ein Angriff wäre zu diesem Zeitpunkt verfrüht“, rief ihm ein Vulkanier von seinem Platz aus entgegen, „wir müssen uns die Zeit nehmen und die Beweggründe der Talarianer weiter analysieren. Noch ist es nicht zu spät für eine friedliche Lösung.“
    „Friedliche Lösung?“ rief ein weiterer Romulaner entsetzt aus. „Das romulanische Volk wird in diesem Moment, wo wir noch reden, angegriffen und die Föderation verweigert wie so oft den Beistand! Muss ich sie etwa daran erinnern, dass auch eines ihrer Schiffe, welches zur Hilfe eilen wollte, angegriffen worden ist?“
    „Die Föderation verweigert nie Beistand“, schrie ein entzürnter Andorianer und neues Chaos breitete sich im Hörsaal aus, durchmischt von den rhythmischen Schlägen des Hammers. Es half einfach nichts. Innerhalb der Multiplanetaren Allianz herrschte die schwerste Krise seit ihrem Bestehen.
    „Ich fordere alle Völker, alle Mitglieder dieses Gremiums auf, endlich Farbe zu bekennen“, schrie der romulanische Botschafter aus, „wer ist mit uns in diesem gerechten Kampf?“
    Ungefähr die Hälfte der Abgeordneten, die meisten von ihnen Gorn, Romulaner und Cardassianer, erhoben sich laut rufend von ihren Sitzen und reckten dem romulanischen Botschafter die Faust entgegen, sympathisierten so offen mit ihm. Der Rest der Abgeordneten blieb kopfschüttelnd sitzen und betete um die Zukunft der erst kürzlich gebildeten Allianz.

    An: USS Monitor
    Von: Starfleet Intelligence Operations

    Betreff: Sofortige Verlegung

    Setzen sie umgehend Kurs auf die romulanisch-talarianische Grenze – mehrere Staffeln romulanischer Kriegsschiffe beim Auslaufen aus Heimathäfen beobachtet - talarianisches Oberkommando ruft Notstand aus – Ausbruch von Feindseligkeiten wahrscheinlich – andere Völker der MPA zerstritten – Ihr Auftrag: Beobachtungsposten einnehmen und auf weitere Befehle warten


    Captain Lewinski legte das Datenpadd mit der Anweisung zur Seite und gab schweratmend den Befehl Kurs auf die Grenze zu setzen. Der Wahnsinn nahm kein Ende. Bis zuletzt hatte er nicht daran geglaubt, dass es so weit kommen könnte. Die Talarianer waren doch ein unterentwickeltes Volk! Welchen Nutzen würden die Romulaner davon haben sie vernichtend zu schlagen? Oder umgekehrt gefragt: welchen Nutzen hätten die Talarianer mit einem Angriff auf die Romulaner gehabt? Die ganze Sache geriet außer Kontrolle.
    Der Kommandant der Monitor wurde aus seinen trübsinnigen Gedanken gerissen, als Lieutenant Ardev ihm meldete, dass die USS Voyager zu ihnen Kontakt aufnehmen wollte. Lewinski ließ sich das Gespräch auf dem Hauptschirm anzeigen.
    „Bruce Land“, erkannte Lewinski erfreut seinen alten Freund auf dem Sichtschirm wieder.
    „Gut sie wieder zu sehen, Captain“, begrüßte der ehemalige erste Offizier seinen alten Vorgesetzen und schaffte es sogar ein schwaches Lächeln zustande zu bringen.
    „Was kann ich für dich tun, Bruce? Wir haben ehrlich gesagt nicht viel Zeit.“
    „Dachte ich es mir schon, dass ihr auf dem Weg zum Zentrum des Chaos seit. Ja, manchmal beneide ich euch um eure abenteuerlichen Missionen. Obwohl es in letzter Zeit auch hier heiß her ging...“
    „Der Angriff“, meinte Lewinski und nickte. „Ich habe davon gehört. Gut, dass ihr heil aus der Sache herausgekommen seid.“
    Als Antwort schnaubte Commander Land verächtlich:
    „Daran bestand doch nie ein Zweifel, John. Die Talarianer sind uns doch mindestens um eine Waffengeneration hinterher. Die Idee ein Raumschiff der Föderation anzugreifen war doch wahnsinnig. Die Monitor allein könnte eine ganze talarianische Armada im Alleingang auseinander nehmen.“
    „Und doch haben sie es geschafft ein romulanisches Transportschiff zu zerstören, welches unbewaffnet war.“
    „Das stimmt“, gab Land zu und nickte dabei. „Das kam mir und Captain Chakotay schon nach kurzer Zeit seltsam vor. Wir haben etwas nachgedacht und nachgeforscht; dabei ist uns ein interessanter Aspekt aufgefallen.“
    „Der da wäre?“ fragte Matt Price neugierig und warf dann einen entschuldigenden Blick zu Lewinski.
    „Der Faktor Zeit stimmt nicht.“
    „Wie meinst du das?“ fragte der Captain und verstand nicht recht.
    Der erste Offizier des Raumschiffs Voyager gab sich die beste Mühe um seinen komplizierten Gedankengang einigermaßen einleuchtend zu erklären:
    „Die talarianischen Waffen sind veraltet. Sie kämpfen mit Phasern erster Generation und Merculit-Raketen, die unseren Schilden kaum was anhaben können. Captain Chakotay und ich wussten, dass es mit diesen Waffen sehr, sehr lange dauert um die Schildsysteme der Romulaner zu durchbrechen. Gemessen jedoch an dem Zeitpunkt, an dem wir den Notruf des Zivilschiffes empfangen haben und der Explosion desselbigen... der ganze Kampf war zu schnell vorbei.“
    „Es handelte sich dabei eben nur um ein Transportschiff und kein Warbird, Bruce!“ mahnte Lewinski seinen Freund.
    „Ich weiß, aber beide Schiffe benutzen dieselbe Generation von Schilden.“
    „Du meinst also die ganze Sache war fingiert?
    „Captain Chakotay und ich sind dieser Ansicht, definitiv.“
    „Und wieso? Wieso diese ganze Scharade?“
    „Darüber haben wir auch länger nachgedacht, John“, gab Bruce zu und zum ersten Mal erkannte man in seinen blauen Augen die Müdigkeit. Der erste Offizier musste anscheinend schon mehrere Doppelschichten geschoben haben. „Inzwischen bin ich zu der Ansicht gelangt, dass die Talarianer nicht den Anschlag auf den romulanischen Senat begangen haben. Um sie jedoch in diese Ecke zu drängen hat man diesen zweiten Angriff inszeniert, um den Romulanern die Begründung für eine Invasion geben zu können.“
    „Das ist harter Tobak. Hast du dafür irgendwelche Beweise?“
    „Nein, es ist nur ein Gefühl.“
    „Das Gefühl haben wir zwar alle“, gab John Lewinski zu und erntete dafür zustimmende Blicke seiner Crew, „aber um so eine perfide Täuschung aufzudecken bräuchten wir mehr als nur unsere Vorahnungen.“
    „Mehr haben wir jedoch nicht.“
    „Leider. Aber ich danke dir für deinen Anruf. Deine Theorie ist interessant und ich werde sie sofort an das Oberkommando senden. Vielleicht schaffen wir es noch das Schlimmste zu verhindern.“
    „Glaubst du daran?“
    „Nein“, gab John düster zu und die Verbindung wurde unterbrochen. Welche Chancen hatten sie denn überhaupt noch?

    Die Monitor war jedoch viel zu weit von der Grenze entfernt und konnte den nun folgenden Ereignissen nicht mehr beiwohnen. Mehrere Dutzend talarianischer Kriegsschiffe hatten sich auf ihrer Seite der Linie eingefunden und warteten auf einen Angriff, an dem niemand von ihnen zweifelte. Die ungefähr 80 Mann starken Besatzungen verabschiedeten sich ein letztes Mal von ihren Familien, bevor sie so tapfer wie nur möglich dem Tod in die Augen blicken wollten. Die meisten von ihnen, bis auf die ganz jungen Soldaten unter ihnen, wussten, dass sie das bevorstehende Gefecht nicht überleben würden. Zu groß waren einfach die technologischen Unterschiede zwischen den beiden Völkern, als dass die Talarianer überhaupt eine nennenswerte Chance haben würden. Im Moment starrten die Radaroffiziere der einzelnen Schiffe ins Nichts des Weltalls. Wie erwartet hatten sich die romulanischen Schiffe getarnt und sich so dem Zugriff der primitiven Sensoren entzogen. Niemand wusste, ob die Warbirds da waren und in welcher Stärke, was kein allzu beruhigendes Gefühl war. Dann, um 03:45 Uhr Föderationszeit war es soweit. Ober, unter, neben, vor und hinter den talarianischen Kriegsschiffen enttarnte sich die gemischte romulanische Flotte und eröffnete das Feuer mit ihren Leistungsfähigen Phasern und Disruptoren. Die ersten talarianischen Schiffe zerbarsten innerhalb weniger Sekunden, überrascht von der Wucht dieses Angriffs. Die anderen hielten einige wenige Minuten länger durch und schafften es sogar ihre primitiven Raketen abzufeuern, die wirkungslos an den Schilden der Romulaner explodierten. Nur wenige Minuten später wurden auch diese kleinen talarianischen Schiffe zerstört. Innerhalb von nicht einmal fünfzehn Minuten war die Schlacht vorbei. Das erste Gefecht dieses neu ausgebrochenen Krieges wurde zu einem Gemetzel an den Talarianern, die 36 Schiffe verloren, die gesamte Flotte. Ungefähr 2880 talarianische Soldaten kamen dabei ums Leben. Überlebende gab es keine, denn die von Zorn und Rache erfüllten Romulaner feuerten sogar auf die Rettungskapseln der vermeintlichen Übeltäter. Dann tarnte sich die romulanische Flotte wieder und machte sich auf dem Weg zur ersten Randkolonie der Talarianischen Union...

    Die Rede wurde nur kurz nach Bekanntwerden des Angriffs in den gesamten Quadranten herausgestrahlt. Überall wurde sie empfangen und zur Kenntnis genommen. Mit hängenden Schultern saß Admiral Endar, das talarianische Oberhaupt, an seinem Schreibtisch und blickte müde in die Kameras. Er versuchte Zuversicht, er versuchte Stärke auszustrahlen, doch all dies gelang ihm nicht:
    „Liebe Mitbürger,
    vor wenigen Minuten erreichte mich die Nachricht, der wir alle so mit Bangen entgegengeblickt haben. In einem Überraschungsangriff hat das Romulanische Sternenreich die dritte Flotte vernichtend geschlagen. Fast 3000 unserer Landsleute sind in dieser kurzen Schlacht ums Leben gekommen. Inzwischen hat der Feind Kurs auf unsere Kolonie Derra 4 genommen und diese orbital unter Beschuss genommen. Die Opfer unter der Zivilbevölkerung sind uns nicht bekannt und wir rechnen mit einer Invasion mittels Bodentruppen innerhalb der nächsten drei Tage. Wir blicken allen harten Zeiten entgegen. Wir kämpfen gegen einen Feind, der uns technologisch weit überlegen ist und der scheinbar mühelos unsere ersten Stellungen überrannt hat. Doch, liebe Bürger, lasst euch versichern, dass dem nicht so sein wird. Während ich mit ihnen rede, werden neue Verteidigungslinien aufgebaut, neue Schiffe entsandt und weitere Soldaten eingezogen, mit dem Ziel, die Dunkelheit so lange wie möglich aufzuhalten. Wir mögen vielleicht diesen Krieg nicht gewinnen können, doch wir werden um unser Leben kämpfen, so wie es für Talarianer würdig ist... es wird die Mutter der Schlachten geben.
    Danke und viel Glück ihnen allen!“

    An: USS Monitor
    Von: Starfleet Intelligence Operations

    Betreff: Fortgang weiterer Ereignisse und neue Befehle

    Romulanische Kriegserklärung an die Talarianische Union erfolgte heute um 03:45 FST – massive Verluste unter den tal. Streitkräften – Romulaner rücken vor – Neue Befehle: sofortiger Rückzug in Föderationsraum – Meiden von romulanischen Kontakten – strikte Neutralität der Föderation

    Da das Chaos im Haus der Abgeordneten so gut wie gar nicht mehr kontrollierbar gewesen war, hatten sich nun einzig und allein die Botschafter der einzelnen Mitgliedsvölker der Multiplanetaren Allianz in einem kleinen Raum zusammengefunden, um dort miteinander zu diskutieren. Wohlgemerkt, auch dort ging es mehr als hitzig zu.
    „Das Romulanische Reich hat mit ihrer Kriegserklärung einen direkten Bruch der Satzung unserer Allianz begangen“, wetterte der Föderationsbotschafter empört. „Wir haben uns ganz klar darauf verständigt, dass keine offensiven kriegerischen Maßnahmen mehr im Quadranten erlaubt sein würden.“
    „Dies ist keine offensive Maßnahme, sondern eine rein defensive“, erklärte die Gesandte des romulanischen Volkes ruhig, „wir reagieren damit auf einen zweifachen Angriff auf unser Volk. Ich kann ihnen allen hiermit versichern, dass die Gefahr, welche von den Talarianern ausgeht, innerhalb kürzester Zeit beseitigt und dabei ein Minimum an zivilen Opfern geschehen wird.“
    „Romulanische Zynik“, spottete der Klingone in der Runde, was ihm einen giftigen Blick der Botschafterin einbrachte.
    „Ich hätte es zwar nicht ganz so hart ausgedrückt, “ nahm der Föderationsgesandte den Gesprächsfaden wieder auf, „aber er hat recht: sie verdrehen hier eindeutiges Recht, Frau Botschafterin. Ein Krieg ist eine völlig unangemessene Reaktion auf einen noch nicht einmal zu Hundert Prozent bewiesenen Sachverhalt.“
    „Nicht bewiesen? Sie selbst wurden das Opfer talarianischer Aggression oder haben sie schon die Besatzung der Voyager vergessen?“
    „Nein, das habe ich natürlich nicht! Aber die Beweislage ist einfach zu dünn, als dass man einen Krieg rechtfertigen könne.“
    „Sie und all die anderen Botschafter haben uns ihre Solidarität zugesagt“, erinnerte ihn die Botschafterin an seine eigenen Worte, die er inzwischen bereute.
    „Ja, das habe ich, “ gab der Föderationsbotschafter zähneknirschend zu, „aber von Krieg war nie die Rede.“
    „Die Föderation windet sich“, meinte der Gorn mit seinem typisch zischenden Lauten.
    „Worum es mir geht“, erklärte die Romulanerin, „ist die Unterstützung der Multiplanetaren Allianz. Wenn wir diesen Konflikt gemeinsam angehen, so könnten wir ihn innerhalb dieses Monats noch gewinnen und so im Endeffekt viele Leben retten. Ist es nicht das, was sich die Föderation wünscht?“
    „Krieg rettet keine Leben, er zerstört sie nur. Haben wir nicht alle diese schmerzhafte Erfahrung im Kampf mit dem Dominion gemacht?“
    „An dem wir Seite an Seite gekämpft haben, wenn ich sie daran erinnern darf. Wollen sie uns nun im Stich lassen?“
    „Das Klingonische Reich wird sich niemals an diesem unehrenhaften Kampf beteiligen“, meinte der Klingone grollend, „es ist nichts ruhmreiches daran einen am Boden liegenden Gegner noch zu treten.“
    „Das mag ihre Meinung sein, aber möglicherweise nicht die der anderen Gesandten. Darf ich um einen Handzeig bitten, wer sich unserer Sache anschließen würde?“
    Erwartungsvoll blickte die romulanische Botschafterin in die am Tisch versammelte Runde und nahm zufrieden zur Kenntnis, wie der Cardassianer und der Gorn die Hand hoben. Die Föderation, die Klingonen und die Tamarianer schienen bei dieser Wahl jedoch außen vor bleiben zu wollen.
    Zum ersten Mal überhaupt meldete sich der Tamarianer zu Wort. Die komplizierte Syntax seiner Sprache konnte endlich mit einem neuen Translator übertragen werden, wobei jedoch viele Emotionen aus seiner Stimme verschwanden. Auf fast schon vulkanische Art und Weise sagte er:
    „Wenn sich die Gorn und Cardassianer an diesem Konflikt beteiligen, könnte dies das Ende der Multiplanetaren Allianz sein. Sie riskieren alles, was wir in letzter Zeit erreicht haben.“
    „Sie riskieren es!“ wetterte der cardassianische Botschafter. „Indem sie dem romulanischen Volk die legitime Unterstützung verweigern. Das Sternenreich verteidigt sich doch nur und strebt nach Frieden, wie wir alle. Es ist an uns, die Galaxis zu einem sicheren Ort zu machen.“
    „Ich kann es nur noch einmal wiederholen: dieser Konflikt wird ohne die Föderation stattfinden. Wir werden weder Schiffe, noch Truppen oder Güter an einer der Kriegsparteien schicken, “ mahnte der Föderationsbotschafter. Ihm war angst und bange. Besiegelte er damit gerade das Ende der Multiplanetaren Allianz? Wie konnte er nur das Ende dieser großartigen Idee verhindern? Die MPA war ein unvergleichliches Ideal, welches es so noch nie im Quadranten gegeben hatte. Zerstörten sie gerade einen Traum? Nein, dies durfte er ganz sicher nicht zulassen. Was würde der Präsident nun tun, um den Völkerbund zu halten? Über wie viele seiner eigenen Schatten durfte er springen? Die Gesandten bereiteten sich schon vor den Raum zu verlassen und so möglicherweise die Allianz aufzugeben. Was sollte er nur tun? Was nur?
    „Ich habe einen Vorschlag an sie alle“, sagte der Föderationsbotschafter leise. Er schämte sich für das, was er nun sagen wollte und wusste nicht, ob er das Richtige tat. Er wollte das Beste für sein Volk, aber war der Weg auch der Richtige? „Wenn die Gorn und die Cardassianer darauf verzichten werden in diesen Krieg einzutreten, so wird die Föderation keinerlei Maßnahmen unternehmen, die zu einem Rauswurf des Romulanischen Reiches führen könnten. Sie wissen ganz genau, dass uns das Verfassungsgericht bei einer eventuellen Klage Recht geben würde. Sie führen einen Angriffskrieg. Ich weiß das, sie wissen das und all die anderen hier Anwesenden wissen das. Aber zu einer Klage wird es nicht kommen, wenn sie mir versprechen den Krieg nicht auch noch auf andere Völker auszuweiten. Sind sie damit einverstanden?“
    Die romulanische Botschafterin nickte und brachte gar ein Lächeln zustande. Die Multiplanetare Allianz würde bei dieser Regelung weiter bestehen und so weiterhin ein nützliches Bündnis bleiben; gleichzeitig würde es keine offizielle Verdammung des Krieges geben. Dies war besser als nichts.
    „Einverstanden“, segnete sie schließlich diese Idee ab.

    Er konnte nicht so recht glauben, was er vor wenigen Minuten in dem Kommuniqué gelesen hatte. Inzwischen kamen die Meldungen vom Oberkommando im Stundentakt und brachten neue, schlechte Nachrichten. Nicht nur hielt die Bombardierung der talarianischen Randkolonien an, auch hatten die Romulaner weitere Raumschlachten mit nur minimalen Verlusten gewonnen. Dieser Krieg würde zum Exodus des talarianischen Volkes werden, so viel stand für John Lewinski fest. Und nun musste er lesen, dass die Föderation keine offiziellen Maßnahmen gegen die Romulaner angehen würde. Keine Sanktionen, kein Gang vor Gericht, nicht einmal eine offizielle Rüge. Natürlich kannte Lewinski die Geheimakte über die Sitzung der Botschafter und wusste, wieso es zu dieser Sache gekommen war, aber wie würde der normale Bürger denken, der nicht den Zugriff auf diese Informationen hatte? Die Föderation war gerade dabei die Prinzipien zu verraten, auf denen sie gegründet wurde. Ein unterlegenes Volk wurde gerade getötet und niemand eilte zur Hilfe. Was dem Captain der Monitor noch mehr Sorgen machte waren die neusten Spionageberichte, wonach die talarianische Union die Scharfmachung von Fusionssprengkörpern, sowie chemischen und biologischen Waffen befohlen hatte. Damit hatte Lewinski gerechnet. Dieser Krieg würde in den nächsten Wochen äußerst verlustreich werden und irgendwann würden die Talarianer nur noch ein Mittel zur Verteidigung sehen: den Einsatz von Massenvernichtungswaffen in einem unvorstellbaren Ausmaß. Dadurch würden noch mehr Zivilisten sterben, zweifelsohne viele Talarianer. Es schien wie ein Teufelskreis zu sein, egal was die Talarianer versuchen würden, sie würden sterben. Innerhalb dieses einen Tages hatten sie 1/8 ihrer gesamten Flotte verloren, da sie aufgrund ihres Kriegerkodexes sich in offenen Kämpfen den Romulanern gestellt und kläglich verloren hatten. Nun endlich, nach Tausenden von Toten, begriffen sie, dass sie auf eine Guerilla-Taktik zurückgreifen mussten. Dadurch gewannen sie jedoch nur Zeit, mehr nicht. Und nun? Die Föderation würde sich aus der Sache heraushalten und demonstrativ Schiffe wie die Monitor so weit wie möglich weg von der Front einsetzen, um so die Neutralität zu gewährleisten. Zur Hölle mit der gesamten Multiplanetaren Allianz! War sie nur ein Schoßhundverein für die Romulaner? Es schien fast so.
    John legte das Padd zur Seite und versuchte etwas in seinem Quartier zu schlafen, doch es gelang ihm nicht. Er war nicht müde, sondern einfach nur besorgt. Das Terminal piepte; jemand wollte eine Verbindung zu ihm aufnehmen. John begrüßte dies, es würde eine gute Ablenkung vom Stress darstellen. Unter dem Föderationslogo wurde angezeigt, dass der Ruf von der Erde, jedoch nicht vom Oberkommando kam. Er war privater Natur, wie der Captain überrascht feststellte. Mit dem Gesicht, welches auf dem Bildschirm erschien, hatte John nicht gerechnet.
    „Dad!“ begrüßte der Kommandant der Monitor seinen Vater erfreut.
    „Hallo John“, begrüßte ihn sein Vater Luke Lewinski und blickte ihn mit seinen braunen Augen freundlich an. Immer noch sah sein Vater jünger aus als sein Alter vermuten ließ. Von Haarverlust war immer noch nichts bei dem schlanken Mann zu sehen und die ergrauten Haare machten ihn nur noch attraktiver und passten hervorragend zum grauen Lippenbart. „Wie geht es dir? Ich habe natürlich wie jeder andere von den Ereignissen gehört und mir Sorgen gemacht. Immerhin weiß ich ja nie, wo du dich mit deinem Schiff rumtreibst. Gut möglich, dass du jetzt gerade dort bist...“
    „Ich darf dir zwar nichts von der Natur meines Auftrages erzählen, “ unterbrach ihn John und lächelte, „aber sei versichert, es ist alles in bester Ordnung. Uns wird nichts passieren.“
    „Das freut mich zu hören, mein Sohn. Wir haben lange nicht mehr miteinander gesprochen, dein Beruf lässt dir leider nicht sehr viel Zeit.“
    John nickte und fühlte sich unnötigerweise schuldig. Es stimmte, dass letzte Gespräch, geschweige denn der letzte Besuch bei seinem Vater war viel zu lange her. Als Raumschiffkommandant kam man einfach viel zu selten nach Hause, um seine Lieben zu sehen.
    „John, du wirst doch auch in Zukunft auf dich aufpassen, oder? Ich meine, jetzt wo dort draußen wieder geschossen wird.“
    „Dad, es wird dort draußen immer geschossen, so ist das leider. Bisher habe ich es jedoch immer geschafft und es wird auch dabei bleiben. Keine Sorge.“
    Sein Vater lächelte ihn an und blickte dann traurig zu Boden. Irgendetwas war mit ihm, das merkte der Captain sofort.
    „Ist etwas, Vater?“
    „Nein, es... es ist nichts.“
    „Bitte sag es mir.“
    „Ich war heute bei Dr. Goddard“, erklärte ihm sein Vater mit einer immer leiser werdenden Stimme, „und habe mich Generaluntersuchen lassen.“
    „Und?“
    Eine kurze Pause entstand zwischen den beiden, dann erklärte Luke Lewinski:
    „Es ist antallianischer Krebs.“
    Entsetzt weiteten sich Johns Augen, als er sich der Tragweite dieser Aussage bewusst wurde. Es war, als fiele er in ein tiefes Loch ohne Boden. Wie war dies nur möglich? Wieso ausgerechnet jetzt, wieso sein Vater?
    „Wann wirst du dich behandeln lassen?“ fragte der Kommandant der Monitor, nachdem er sich gefasst hatte.
    „John, das ist das Problem. Ich hätte mich früher untersuchen lassen sollen. Na ja, so was sagt man sich ja immer, aber es gab nie Anzeichen für eine Krankheiten. Es... der Krebs ist zu weit fortgeschritten.“
    „Zu... weit?“ keuchte John und zum ersten Mal seit Jahren schossen ihm Tränen in die Augen, ein Gefühl, welches er nicht mehr kannte. Wieso war das Leben nur so ungerecht zu ihm? „Wie lange noch?“
    „Die Ärzte sagen ein paar Monate, vielleicht ein Jahr.“
    „Ich bin mir sicher, dass es eine Möglichkeit der Heilung gibt, Dad. Du musst umgehend mit der Therapie beginnen. Ich werde einige Telefonate führen und dafür sorgen, dass man dich ins Sternenflottenkrankenhaus bringt, wo exzellente Spezialisten arbeiten...“
    „Ich möchte das nicht...“
    „...mit den richtigen Medikamenten...“
    „Verstehst du mich nicht, Junge?“ rief sein Vater und John Lewinski verstummte. „Ich gehe nicht ins Krankenhaus! Ich habe lange genug gelebt und ein erfülltes Leben gehabt. Seit deine Mutter tot ist und du so wenig auf der Erde weilst, fühle ich mich inzwischen jedoch einsam. Ich bin bereit vom Antlitz dieser Erde zu gehen, als glücklicher Mann.“
    „Was... was redest du da? Du bist nicht einmal 70! Du könntest locker noch 50 Jahre leben!!““
    „Ich brauche das nicht, John, ich habe meine Entscheidung getroffen.“
    Erwidern konnte der Kommandant der Monitor darauf nichts mehr, denn er heulte angesichts dieser Tragödie los.

    Der Halbbetazoid räusperte sich noch einmal und betrachtete die Tür, vor der er stand. Er befand sich vor dem Quartier von Dr. Frasier und wusste sehr wohl, dass sich die Chefärztin dort drin befand. Vor wenigen Stunden hatte er sich fest vorgenommen bei ihr zu klingeln und einige Erklärungen abzugeben. Wieso er sie von sich gewiesen hatte. Wie er empfand. Und vor allem wollte er ihr von der Schwangerschaft seiner Imzadi erzählen. Doch nun, wo er hier stand, konnte er nichts mehr sagen. Wieso war er überhaupt auf diese schwachsinnige Idee gekommen?
    Hey, ich liebe dich, aber die andere Frau, die ich auch mal geliebt habe und mit der ich vor einigen Monaten geschlafen habe, ist schwanger. Okay, sie bedeutet mir kaum was, aber sie bringt mein Kind zur Welt. Das braucht aber nicht unsere Beziehung belasten, Elizabeth!
    Oh nein, was für ein Idiot er doch war! Sein Leben war in den letzten drei Wochen völlig aus den Fugen geraten. Frauengeschichten, die unendliche Suche nach Gott und ein neuer Krieg... so viel konnte ein Mann doch nicht auf einen Schlag ertragen. Ein letztes Mal blickte Matt auf die Tür und dann auf die Türklingel. Er hob die Hand zu dem Summer und ließ sie dann wieder sinken. Das brachte alles nichts. Besser, wenn er sich nun schlafen legte und für den morgigen Tag fit war.
    Sekunden nachdem der erste Offizier gegangen war öffnete sich die Tür des Quartiers und Elizabeth Frasier schaute auf den Flur. Ihr war, als hätte sie irgendetwas gehört gehabt. War da jemand gewesen? Instinktiv dachte sie an Matt Price, doch wieso hätte er hier sein sollen, nachdem er sie so versetzt hatte? Die Ärztin schüttelte den Kopf und legte sich dann wieder schlafen.

    - Ende -


    ...und die Reise geht weiter - am Samstag, dem 13.03.2004
    Ältere Episoden findet ihr in unserem Episodearchiv...


    EINE NEUE SITUATION
    based upon "STAR TREK" created by GENE RODDENBERRY
    produced for TREKNews NETWORK
    created by NADIR ATTAR
    executive producer NADIR ATTAR
    producer SEBASTIAN OSTSIEKER lektor OLIVER DÖRING
    staff writers CHRISTIAN GAUS & THOMAS RAKEBRAND
    written by NADIR ATTAR
    TM & Copyright © 2004 by TREKNews Network. All Rights Reserved.
    "STAR TREK" is a registered trademark and related marks are trademarks of PARAMOUNT PICTURES
    This is a FanFiction-Story for fans. We do not get money for our work!
    Episode #503

    Quelle: treknews.de
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    • Hallo Gast - Aufgrund des vielen Spams müssen leider ein paar Fragen beantwortet werden.

      Bitte der Reihe nach durchführen, sonst kann das Captcha nicht erfolgreich abgeschlossen werden...
      Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
      Schritt 2: und wenn es in der Nacht nicht hell ist, sollte hier der Haken raus!
      Schritt 3:

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