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STEPHAN HUBALEK
1929-2004
Am meisten ist man von Wahrheiten betroffen, die man sich selbst verheimlichen wollte
- Friedl Beutelrock
Lewinski konnte die Luftschleuse kaum rechtzeitig erreichen. Dabei war er kurz nachdem die Monitor an Raumstation DS7 angedockt hatte losgegangen. Trotzdem wartete der Admiral schon ungeduldig auf der Gegenseite. Der Admiral an sich war ihm, bis er einen Auszug seiner Akte eingesehen hatte, unbekannt. Was darauf hindeutete, dass der Admiral auch im Geheimdienst beschäftigt war und immer noch ist.
Der Kommandant der Monitor atmete tief durch. Er war die letzten Meter zur Luftschleuse gerannt und musste sich jetzt wieder etwas beruhigen um nicht zu erschöpft zu wirken.
Der Dekompressionsvorgang war kaum abgeschlossen als der Admiral auch schon die erste Luftschleuse öffnete und in den Verbindungsgang trat. Lewinski wirkte etwas verwundert. Dem Admiral schien es nicht schnell genug zu gehen. Doch er hatte kategorisch das viel schnellere Beamen abgelehnt und darauf bestanden, dass das Schiff des Geheimdienstes andockte.
Jetzt dauerte es nicht mehr lange. Lewinski sah noch mal im Korridor auf und ab. Wo blieb nur Ardev? Der Andorianer nahm zurzeit stellvertretend den Posten des ersten Offiziers wahr. Commander Price war vor vier Tagen von Bord gegangen und flog mit einem Transportschiff zum Betazed. Dort nahm er an einem Aufbauseminar teil um seine mentalen Fähigkeiten zu stärken. Aus irgendeinem Grund hatte er sie verkümmern lassen. Lewinski hatte dies schon des Öfteren bedauert. Besonders in heiklen Situationen waren solche Fähigkeiten vorteilhaft. Doch Price hatte kaum das Wissen und die Kraft diese Fähigkeit zu nutzen. Hoffentlich nutzte ihm – und damit auch der Monitor – dieses Seminar.
Lewinski warf noch einen letzten kurzen Blick in den Korridor. Von Ardev fehlte immer noch jede Spur. Dann warf er sich den Namen des Admirals nochmals in Erinnerung. Iluzio. Der Benzit war einer der ersten, die die Akademie absolviert hatten. Und in den vergangen 15 Jahren folgte ein rascher Aufstieg im Geheimdienst. John selber kannte auch einige wenige Benziten. Er kam mit der Art des Volkes sehr gut zurecht. Sie hatten eine sehr effiziente Arbeitsweise, die er sich auch schon für andere in der Flotte gewünscht hätte. Aber es würde mit Sicherheit nicht lange dauern, bis sich die Professionalität der Benziten in der Flotte ausgebreitet haben wird.
Iluzio trat durch die letzte Luftschleuse und blieb nur wenige Zentimeter vor Lewinski stehen.
„Willko...“ Begann der Captain seine Begrüßung, die er nicht zu Ende führen durfte.
„Lewinski.“ Unterbrach ihn der Admiral.
„Ja Sir.“ Antwortete er, etwas baff von der barschen Unterbrechung.
„Wie schnell können wir aufbrechen?“
Lewinski überlegte. „Wir müssen noch einige Ersatzteile an Bord holen und der Crew steht noch...“
„Lewinski ich will kein Geplapper sondern eine Zahl.“ Unterbrach der Admiral erneut.
„6 Stunden. Frühestens.“
Iluzio nahm dies regungslos zur Kenntnis. „Sie haben eine Stunde.“
„Sir, bei allem Respekt, wir kommen von einer anstrengenden und langen Mission. Die Crew hat eine Pause verdient.“
„Die Bedürfnisse ihrer Crew sind mir gleichgültig. Ich bin Admiral und sie Captain. Ich gebe Befehle und Sie haben sie zu befolgen. Ist das klar?“
Lewinski richtete seinen Blick stur gerade aus. So wie er es auf der Akademie gelernt hatte. „Ja Sir.“
„Sie werden in einer Stunde abdocken und mit maximalem Warp Losfliegen. Getarnt.“
„Ja Sir.“ Antwortete Lewinski folgsam. Dann richtete er seinen Blick auf den Admiral. Erfolglos. In dessen Augen blitzte nicht der geringste Zweifel. Alles was er sah war ein starker Wille und eine Selbstsicherheit, wie er sie noch nie gesehen hatte. „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun Sir?“
„Bringen Sie mich zu meinem Quartier. Und veranlassen Sie, dass ich unter keinen Umständen gestört werde. Es sei denn, ich wünsche es.“
Lewinski nickte leicht als Bestätigung, dass er die Befehle verstanden hatte. „Folgen Sie mir bitte Sir.“ Und während des kurzen Weges spürte er die ganze Zeit Iluzios durchdringenden Blick in seinem Nacken. Aber er sah ihn auch als Beispiel für das, was Machthunger und Ehrgeiz aus einem machten. Eine arrogante und verabscheuungswürdige Persönlichkeit wuchs in einem ohne, dass man sie aufhalten konnte.
Noch etwas beschäftigte Lewinski. Obwohl er Iluzio noch nie in seinem Leben gesehen hatte kam er ihm seltsam vertraut vor. Und weil er darauf keine Antwort fand wuchs in ihm die Frustration. Er hatte die erste Machtprobe zwischen ihnen beiden verloren.
Und plötzlich zogen sich die Korridore der Monitor in die Länge, wie noch nie zuvor.
Gemäß einer alten Tradition der Erde hämmerte Ardev sachte mit einem Löffel an das Glas Champagner, das vor ihm stand. Und er war sogleich erstaunt, wie gut doch dieses leise Geräusch seine Wirkung entfaltete. Stille kehrte in der Messe der Monitor ein.
Lächelnd sah er in die Runde. Seine ganzen Freunde waren versammelt. Doktor Frasier, Chief Woil, Danny Bird und noch drei andere Kollegen aus der wissenschaftlichen Abteilung, mit denen er täglich zu tun hatte. Und natürlich saß zu seiner Linken seine Frau Arena. Sie lächelte ihn an. Wie am ersten Tag.
Dann wandte er sich an die erlesene Gruppe. „Ich möchte euch danken, dass ihr hergekommen seid, zu uns, um mit uns unseren ersten Hochzeitstag zu feiern.“ Ardev sah in eine Reihe lachender Gesichter. Sie freuten sich alle wirklich für die beiden. Auch wenn sie zurzeit mit anderen Problemen beschäftigt waren. „Ich weiß, dass dieser Ort nicht gerade ein sehr hübscher ist um so etwas zu feiern, aber leider sind wir schon sehr früh wieder von DS7 aufgebrochen. Daher wurde unsere Planung etwas über den Haufen geworfen. Aber wir wollen uns dadurch nicht die Stimmung nehmen lassen. Wir feiern hier eben umso heftiger.“ Die Anwesenden lachten kurz und wandten sich dann wieder dem Andorianer zu. Der hob sein Glas zu einem Trinkspruch. „Auf die besten Kollegen die man haben kann, die beste Familie und“, die nächsten Worte raunte er in Arenas Richtung, „die beste Frau.“
Die Anwesenden machten die Geste nach und murmelten alle etwas in der Art „Auf Arena und Ardev“ und nahmen dann auch einen Schluck des edlen Tropfens. Ardev hatte diese Flasche Champagner extra von Andoria einfliegen lassen.
„Sagen Sie mal Ardev, es ist doch wohl mehr als ein Jahr her, seit sie geheiratet haben.“ Stellte Bird in den Raum, als sich Ardev wieder gesetzt hatte und sich die anderen wieder ihren vorherigen Gesprächen widmeten.
„Aber ist heute genau ein terellianisches Jahr vergangen.“ Antwortete Tellom.
„Ich wusste gar nicht, dass die Jahre auf ihrem Heimatplaneten so lang sind.“ Entgegnete Bird.
„Ist mit Sicherheit auch ganz langwierig bei Geburtstagen.“ Warf Frasier in den Raum.
Tellom überlegte. „Nun, mit den Geburtstagen ist es bei uns auch so eine Sache. Er versteht sich bei uns nicht so wie auf der Erde. Um ehrlich zu sein habe ich lange nicht den Ritus verstanden, warum man anderen so oft – in einem terellianischen Jahr – Geschenke macht.“
„Und was meinen Sie wie groß meine Verwunderung war, als ich ihr an ihrem Geburtstag etwas schenkte.“ Ardev sah mit großen Augen in die Runde, als er sich und den anderen dieses Ereignis in Erinnerung rief. „Ich musste ihr erst mal eine Stunde lang erklären, was dies zu bedeuten hat.“
„Wenn ich es mir Recht überlege wäre dies auf der Erde auch nicht schlecht.“ Gab Danny zu bedenken und lachte dabei, als er an die vielen Geburtstage dachte, die er in seinem Leben vergessen hatte.
Ardev stimmte in das Lachen mit ein und beide wechselten verstehende Blicke aus.
„Aber wie sehen jetzt die Feiern genau aus?“ Fragte Doktor Frasier ihre Kollegin Tellom. „Es wird doch sehr schwierig bei ihnen gewesen sein etwas Passendes zu finden.“
„Das stimmt. Daher habe ich sehr viel nachgeforscht und einiges zusammengetragen.“ Antwortete Arena und deutete in den Raum. „Wir haben ein irdisches Büffet.“ Sie deutete auf das Büffet in einer Ecke des Raumes. „Dann haben wir, Sie riechen es vielleicht, ein ätherisches Öl von Qo’nos und an der Wand hängt das vulkanisches Ehesymbol.“ Sie deutete auf einen Wandteppich.
„Sie schaffen sich ihre eigene Hochzeitskultur.“
„Ja.“ Verliebt sah Arena zu Ardev, der mit Bird und Woil sprach. „Das müssen wir. Aber mit ihm habe ich das Gefühl, alles schaffen zu können.“
„Sie wirken auch so.“ Gestand Frasier ein. Sie beobachtete die beiden Liebenden schon seit einiger Zeit. Und dieses Gefühl, dass die beiden verbreiteten war immer noch das gleich wie damals, als sie sich in einer Sitzung gegenseitig Liebeslieder sangen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt musste es jedem auf dem Schiff klar gewesen sein, dass es wahre Liebe war. Nicht nur eine Liebe oder gar sexuelle Beziehung, die aufgrund der Enge an Bord entstand.
„Was ist mit dir?“ Arena fiel in die Du Form. Sie spürte, dass Frasier etwas nachdenklich wirkte. Vermutlich hatte sie ihre Gedanken nur einen Moment zu lange abschweifen lassen können.
„Es ist...“ Sie holte einmal tief Luft. „Es ist nichts.“ Sie sah Tellom mit großen Augen an. Und Tellom schien es so, als müsste die Ärztin mit Tränen kämpfen. „Ich habe mir nur so etwas auch immer gewünscht. Schon als kleines Mädchen.“ Sie griff nach den Händen ihrer Kollegin. „Ich freue mich so für sie. Ich hoffe, dass das mit euch für ewig ist. Ihr ergänzt euch so perfekt.“ Und ich hoffe, dass auch mir so etwas einmal zu teil wird. Fügte sie in Gedanken hinzu.
„Wenn du jemandem zum Reden brauchst, weißt du, wo du mich findest.“
„Danke.“ Antwortete Frasier leise und fasste sich wieder.
Tellom ließ ihr noch eine Sekunde Zeit, legte ihre Hände dann auf ihre Beine und sagte laut, damit es alle mitbekamen: „So, ich denke, wir können uns jetzt an das Büffet machen.“
Das ließen sich die Anwesenden Gäste nicht zwei Mal sagen. Sogleich standen sie auf und gingen zu dem Tisch, auf dem Platten mit Bratenstücken und Salatschüsseln standen.
Elizabeth Frasier trat als eine der letzten an die Theke. Sie hatte ihre Fassung wieder. Zur Sicherheit sah sie noch mal an sich herab. Im Moment trug sie, wie alle, zivile Kleidung, was sehr unüblich war an Bord der Monitor. Doch zu bestimmten Anläsen kam dies schon auch vor. Als sie dann schließlich an der Anreiche stand hatte sie sich schnell entschieden. Ein irdischer gemischter Salat sollte reichen. Nicht aus Angst davor, sich den Magen zu verderben (mit der modernen Medizin wäre der schnell wieder in Ordnung), sondern weil ihr die Lust und der Appetit zu etwas anderem fehlten.
Sie nahm sich eines der schwarzen Teller und griff zu dem entsprechenden Salatlöffel. Nur um etwas an ihrer Hand zu spüren. Es war warm und fühlte sich zugleich sehr fein an.
Sie sah zu ihrer Hand hinunter. Danny Bird stand neben ihr und hielt den Salatlöffel und damit auch ihre Hand fest umschlossen. Sie hatte ihn gar nicht bemerkt, doch jetzt, da er neben ihr stand fühlte sie seine Präsenz, die den ganzen Raum auszufüllen schien. Langsam sah sie an ihm hinauf. Bird hielt in der anderen Hand seinen Teller, auf dem er schon Brötchen liegen hatte. Sie sah seine kräftigen Oberarme, seine starke, männlich Brust, die aufgrund des dunkelblauen Hemdes, das er trug, sehr gut zur Geltung kam. Sie roch sein After Shave und blickte schließlich in seine tiefen und so jung wirkenden Augen.
Auch er hatte seine Blick auf sie gerichtet. „Entschuldigung.“ Murmelte er zu ihr hinunter.
„Wollen Sie meine Hand nicht los lassen?“ Fragte Frasier leise, ohne aufdringlich zu sein.
„Stört es sie?“
Frasier dachte nach. Das Gegenteil war der Fall. Es störte sie überhaupt nicht. Doch irgendwas musste sie tun. Sie konnte nicht noch länger regungslos herumstehen.
Doch während sie noch überlegte, was den die richtige Vorgehensweise wäre, handelte Bird. Langsam beugte er sich zu ihr hinunter.
Beide schlossen ihre Augen und wähnten sich in einem Traum. Die Umgebung verschwand in Bedeutungslosigkeit.
Ihre Lippen näherten sich...
Bis Frasier plötzlich zurückschreckte. Verwirrt sah sie umher, rang nach Atem. Und auch Danny Bird sah verwundert umher.
In der Messe herrschte Stille. Alle anwesenden sahen zu den beiden. Erst jetzt bemerkte sie was geschehen war. Sie hatte ihren Teller fallen lassen.
Dannys Blick blieb starr auf Frasier gerichtet. Sie wusste jedoch nicht wohin sie sehen sollte. Überall erschien es ihr unpassend.
Sie löste sich aus ihrer Starre und ging zur Tür. Alles, was sie aus sich heraus bringen konnte war ein: „Entschuldigen Sie mich.“ Und sie hatte auch schon fast die messe verlassen, als sie dies sagte.
Zurück blieben nur die verwirrtesten Blicke. Und am verwirrtesten war Danny Bird.
Was sollte er davon halten?
Matthew Price sah sich genüsslich um. Es war schon einige Zeit her, seit er das letzte Mal auf dem Betazed war. Und um ehrlich zu sein, konnte er sich nicht einmal mehr daran erinnern, wieso er damals auf dem Betazed war. Auf jedem Fall bewunderte er die Schönheit des Planeten. Beinahe jede Föderationswelt hatte es zwar geschafft, in Einklang mit der Natur zu leben, doch die Städte auf dem Betazed lebten in perfekter Harmonie mit der Natur. Kein Haus verbrauchte mehr Platz als nötig. Sogar in den Großstädten war dem so.
So wie hier in der Hauptstadt des Betazed. Die Straßen bestanden nur aus Pflastersteinen, zwischen denen Gras spross. Damit erinnerte die Stadt eher an ein mittelalterliches Dorf, als eine warpfähige Zivilisation. Doch da es auf dem Planeten kaum mehr Verkehr gab waren bessere Straßen auch nicht nötig.
Zudem kam, dass auf den Straßen des Betazeds eine allgemeine Ruhe herrschte.
Nur wenige der Leute, die in Scharen um ihn standen, sprachen. Die meisten kommunizierten telepathisch.
Price nahm einen tiefen Atemzug und sah sich noch mal um. Die Luft war warm und roch sehr gut nach den verschiedenen Bäumen und Blumen, die gerade blühten.
Doch er war auf der Suche nach etwas anderem. Der Seminarraum musste hier irgendwo sein. So versteckt konnten nicht einmal die Betazoiden bauen, als dass er den Raum nicht finden sollte.
„Guten Morgen. Mein Name ist Marissa. Ich möchte Sie alle recht herzlich zum Seminar „Telepathische Festigung und Ausbau“ begrüßen.“ Marissa stand vor einer kleinen Gruppe Betazoiden in einem kleinen Raum einer der Schulen der Hauptstadt Betazeds. Neugierig und motiviert sah sie auf den erlesenen Kreis, zumeist junger Halbbetazoiden. Sie saßen auf den Bänken im ganzen Klassenzimmer verstreut.
Doch sie waren alle samt motiviert hier etwas zu ihren Fähigkeiten dazu zu lernen.
Sie antworteten ihrer Lehrerin mit einem gut gelaunten „Guten Morgen“.
„In Ordnung, dann wäre das geklärt. Also, beginnen wir gleich...“
Marissa wollte gerade mit ihrer ersten Lektion beginnen, als sich die Tür öffnete.
Alle sahen zur Tür. Mathew Price stand in ihr und blickte entschuldigend zu Marissa.
„Entschuldigen Sie. Ich habe den Raum nicht gefunden.“
Süffisant lächelnd zog sie eine Augebraue hoch. „Sie finden einen Raum nicht? In der Computerisiertesten Stadt des Planeten. Was immer Sie arbeiten Mr...“
„Price, Matthew Price.“ Antwortete er schnell.
„...Mr. Price, es kann nichts mit Computern zu tun haben.“
Die Klasse lächelte. Und auch Price konnte es nicht verhehlen, dass er sich äußert dumm angestellt hatte und Marissa damit einen sehr hohen Ball zugespielt hatte. Am liebsten hätte er ihr gesagt, wo er arbeitete, doch er wollte nicht weiter darauf eingehen. Natürlich wusste Marissa, dass er bei der Sternenflotte arbeitete, doch dass er zudem für den Geheimdienst tätig war, hatte niemanden zu interessieren.
„Es gibt wohl kaum einen Beruf in der Föderation, der nichts mit Computern zu tun hat.“ Antwortete Price keck.
Marissa lächelte. „Touchè Mr. Price. Setzen Sie sich. Am besten hier her.“ Sie deutete auf einen Stuhl in der ersten Reihe, direkt vor ihr. Und als sie Price Reaktion darauf spürte, die aus einem kleinen Schock bestand, fügte sie hinzu: „Damit Sie in meiner Schlaglinie sind.“
Wieder kicherte die Klasse und Price setzte sich ohne ein weiteres Wort zu sagen.
„In Ordnung, dann beginnen wir noch einmal für Mr. Price.“, sie warf ihm einen vielsagend nichts sagenden Blick zu. „Mein Name ist Marissa. Und wir werden in diesem Seminar ihren mentalen Fähigkeiten aufpolieren. Dazu müssen wir erst einmal ein paar Gedanken verbal austauschen. Ich weiß, dass viele von ihnen dies nicht gewohnt ist, da man die verbale Sprache auf dem Betazed kaum benötigt, aber es dürfte kein Problem für sie darstellen.“ Sie lehnte sich an das Lehrerpult und sprach weiter. „Zuerst einmal ergründen wir die verschiedenen Formen der Betazoiden Telepathie und deren Auswirkungen bei einer hybriden Mischung.“ Sie sah im Raum umher. Natürlich blieb ihr Blick bei Matt Price hängen. „Nehmen wir zum Beispiel Mr. Price.“ Price seufzte, als sie seinen Namen verwendete. „Er ist ein menschlich – betazoider Hybrid. Und so weit ich es bestimmen ist seine Mutter eine Terranerin.“
„Woher wissen Sie das?“ fragte Price schnell.
Marissa lächelte. „Mr. Price, Sie werden bei den Lektionen der mentalen Abschirmung betreffend sehr aufmerksam sein müssen.“
Ohne auch nur auf eine Antwort Price’ zu warten wandte sie sich wieder der Klasse zu. „Bei jedem Hybriden entwickeln sich die mentalen Fähigkeiten anders. Auch wenn sie sich nie auf das Niveau eines reinen Betazoiden entwickeln werden können sie denen doch sehr nahe kommen. Was allerdings die Ausnahme bildet. Unter ihnen...“ Sie konzentrierte sich einen Moment. „Ist kein solcher Fall. Bei Ihnen...“ sie stand neben einer jungen Frau, halb Betazoid, halb Bajoranerin. „...erkenne ich das größte Potenzial. Ich schätze etwa 59%.“ Die Klasse sah respektvoll zu der jungen Frau, die selber offenbar sehr überrascht schien von der vorläufigen Diagnose. „Aber wir werden am Ende des Seminars, wenn jeder von Ihnen seine Fähigkeiten voll ausschöpfen kann, einen genauen Test durchführen.“ Sie sah in der Klasse um und ging wieder zu ihrem Pult. Sie nahm sich ein PADD zur Hand und alle anderen taten es ihr gleich. „Nicht wahr Mr. Price?“
Price antwortete mit einem angestrengten Lächeln. Noch nie in seinem Leben fühlte er sich so hilflos. Noch nie – nicht einmal in den Straßenkämpfen auf dem Riegel – fühlte er sich jemand anderem so ausgeliefert. Es würden einige harte Sitzungen werden.
Langsam und äußerst nervös lief Lewinski den Gang hinunter. Ihr Abflug von DS7 lag nun schon fünf Stunden zurück. Und der Admiral hatte noch immer nichts über die Mission verlauten lassen.
Lewinski fand dies doch recht ungewöhnlich. Für die Crew war dies nicht atypisches. Sie blieb oft lange im Unklaren über die Mission. Doch dass der Captain nicht Bescheid wusste, durfte nicht sein.
Und umso länger er nichts wusste, konnte er auch nichts seinen Führungsoffizieren sagen. Und sobald die unruhig wurden, verbreitete sich diese Unruhe auf das gesamte Schiff.
Lewinski blieb kurz stehen und lehnte sich an einen Pfeiler einer Korridorkreuzung. In letzter Zeit war er doch selbst immer wieder überrascht, wie ermüdend und erschöpfend sein Job war.
Er sah an sich herab und stellte fest, dass er unter keinen Umständen so erschöpft auf dem Korridor stehen bleiben durfte. Was würde wohl die Crew denken, wenn sie ihn so sehe? Also riss er sich zusammen und machte sich festen Schrittes wieder auf dem Weg zu Iluzios Quartier. Doch allzu weit kam er nicht. Recht schnell verlangsamte er sich wieder. Und unter dem Vorwand, ein wenig Staub von einer Leiste zu wischen blieb er wieder stehen.
Und als er mit dem Ärmel über die Leiste fuhr um sie wieder auf Hochglanz zu polieren, sah er sein Spiegelbild im Computerinterface. In diesem Moment war er sehr glücklich, dass keiner seiner Männer im Korridor weilte. Denn das Bild wirkte nur zu lächerlich.
Lewinski hatte so schnell wie noch nie in seinem Leben den Korridor durchquert und schon den Türsummer betätigt, noch ehe er sich es ein weiteres Mal überlegen konnte.
Die Wartezeit vor der Tür dehnte sich dann auch entsprechend ins Unendliche. Beinahe hätte er es sich noch einmal überlegt, doch dann drang eine etwas wütende Stimme aus dem Quartier.
„Wer ist da?“
„John...“ krächzte Lewinski, wie damals, als er noch ein Schuljunge war und man ihn bei einem Streich erwischt hatte. Doch er fing seine Stimme rechtzeitig wieder. „John Lewinski.“
„Habe ich nicht gesagt, dass ich meine Ruhe haben will?“ Die Stimme des Admiral klang mehr als geladen. Er schien kurz vor der Explosion zu stehen. Lewinski fragte sich, ob er den Admiral vielleicht beim Schlafen gestört hatte. Oder etwa bei einem benzitischen Ritual? Spontan konnte er sich nicht daran erinnern, dass die Benziten außergewöhnlich religiös wären, wie etwa die Bajoraner. Im Gegenteil. Sie waren ein sehr rationelles Volk.
„Ich weiß Sir. Ich möchte nur etwas über unsere Mission erfahren...“ Lewinski sah sich wieder im Korridor um. Die letzten Worte hatte er nicht gerade passend gewählt. Denn die hinter ihm laufenden Offiziere hatten natürlich den Wortwechsel mitbekommen. „Darf ich eintreten Sir?“
Eine Pause folgte. Der Admiral antwortete nicht. Lewinski legte seine Stirn in Falten. Der Admiral gab ihm immer neue Rätsel auf.
„Sir?“ Er richtete die Frage nach oben, direkt in die Kom Anlage der Tür.
„Wenn Sie nun schon mal da sind...“ Drang die genervte Antwort aus der Kom Anlage und die Tür öffnete sich. Ohne zu zögern trat Lewinski in die Höhle des Löwen.
Das kleine Quartier war kaum beleuchtet. Selbst das Admiralsquartier hatte „nur“ die Größe von zwei sonst üblichen Quartieren an Bord der Monitor. Es war natürlich neutral gehalten und wirkte auch immer noch so. Der Admiral hatte nur wenig Gepäck mitgebracht. Das einzige Anzeichen dafür, dass das Quartier bewohnt war fand sich am Arbeitstisch. Der Admiral saß an ihm und richtete seinen Blick auf die Konsole. Auf dem Tisch selbst lagen unzählige PADDs. Doch sie lagen alle so, dass Lewinski nichts von ihnen ablesen konnte.
Die Tür schloss sich wieder hinter dem Captain. Erst jetzt sah Iluzio zu seinem Gast auf. „Setzten Sie sich doch Captain.“ Ohne große Gesten bedeutete er dem Captain, sich auf den Stuhl vor ihm zu setzen.
„Also“, begann Iluzio etwas ruhiger, „was wollen Sie wissen?“
„Eine Auskunft über das Ziel unserer Reise würde genügen.“ Antwortete Lewinski schnell. Da das einzige Licht des Raumes vom Schreibtisch her kam, wirkte der Admiral noch größer und imposanter. Aber auch einschüchternder.
„Ihr Pilot Mr...“, er sah auf ein PADD, „Locarno, könnte Ihnen diese Frage ebenso beantworten.“
„Aber was befindet sich in diesem Sektor? Weshalb fliegen wir getarnt in ein vollkommen leeres Raumgebiet?“
„Oh“, Iluzio atmete einmal durch und lehnte sich zurück. „Das ist wohl untertrieben. In diesen Sektoren befinden sich 2 Planetensysteme, 1 Röntgenpulsar, Eine Gaswolke des Typs 2 und im Moment 4 interstellar Kometen der Klassen 2, 3, 4G und 4H.“
„Das habe ich schon von meinem Wissenschaftsoffizier erfahren.“
„Dann ist er wirklich ein herausragender Offizier.“
Lewinski überging den Sarkasmus in der Stimme des Admirals. „Admiral Iluzio...“
„Captain Lewinski, ich kenne Sie sehr gut. Ich habe ihre Akte studiert und Sie nicht einfach so für diese Mission ausgewählt. In der Tat, bin ich der Meinung, dass nur Sie, ihre Crew und ihr Schiff geeignet sind für diese Mission.“ Er legte eine kurze Pause ein. „Zudem weiß ich natürlich von ihren Problemen mit verschiedenen anderen Admiralen und vorgesetzten Offizieren. Auch dieses eine Jahr, indem nicht Sie das Kommando über dieses Schiffe innehatten, ist mir sehr wohl bewusst.“
„Wenn dann nur ich und mein Schiff für diese Mission in Frage kommen, wieso sagen Sie dann nicht...“
„Ich werde meine Befehle erläutern, wenn ich es für richtig erachte. Keine Minute früher. Und solange dies nicht der Fall ist, ist es besser für sie so wenig wie möglich zu wissen. Schließlich ist diese Mission als geheim eingestuft.“
„Auch wenn Sie noch so geheim ist, habe wenigstens ich ein Recht zu erfahren, was Sie planen. Ansonsten...“ Wieder wurde Lewinski unterbrochen, der gerade eine Lücke in Iluzios Argumentation zu entdecken geglaubt hatte.
„Ansonsten was, Captain?“ Iluzio lehnte sich vor, stützte sich mit den Armen auf dem Schreibtisch ab und sah Lewinski in die Augen. Sein Blick blieb dabei nur auf ihn gerichtet. Er schien nicht einmal zu blinzeln. Und in dem fahlen Licht wirkte der Admiral jetzt noch wütender. „Wollen Sie mich inhaftieren lassen? Wissen Sie welche Folgen dies haben könnte? Und was wäre ihre Begründung? Etwa ihre unbefriedigte Neugier oder ihre Ungeduld? Sie wissen wohl nicht, was Sie sich erlauben können. Sie sind nicht mehr als ein kleines Zahnrad im Getriebe der Föderation. Nehmen Sie sich bloß nicht zu wichtig Lewinski. Sie tragen nicht die Verantwortung für jedes einzelne Lebewesen in der Milchstraße und müssen auch nicht den Lebensretter für sie alle spielen. Ihre einzige Aufgabe besteht darin Befehle zu empfangen und sie dann auszuführen. Und im Moment lautet ihr Befehl das Schiff getarnt fliegen zu lassen. Wenn Sie darin eine Verletzung des Sternenflottenprotokolls sehen, ist ihr Protest hiermit notiert. Und jetzt verlassen Sie mein Quartier.“ Mit durchdringendem Blick sah er Lewinski weiter an. „Oder haben Sie auch ein Problem mit diesem Befehl?“
„Nein Sir.“ Antwortete Lewinski leise und stand auf. Der Admiral hatte sich schon längst wieder der Konsole gewidmet und schenkte dem Captain keinen Blick mehr. Auch Lewinski trat schnellen Schrittes aus dem Quartier ohne auch noch ansatzweise den Blick des Admirals noch mal zu suchen.
Ihm wurde klar, dass er sich an diesem Admiral die Zähne ausbeißen würde. Er erinnerte sich an Jellico. Dieser Admiral war für ihn ein ständiges Wechselbad der Emotionen. Zuerst wirkte er durchschaubar, dann unberechenbar. Doch dieser Admiral. Lewinski wusste überhaupt nicht, in welche Schublade er ihn stecken sollte. Natürlich, er hatte bei jedem Punkt recht gehabt. Die Mission stand an oberster Stelle. Und sein Kommandostil war mit Sicherheit nicht ungewöhnlich. Auch vulkanische Captains schätzen ihre Privatsphäre sehr und möchten in den wenigsten Fällen in ihrer Freizeit gestört werden.
Lewinski beschloss die Paranoia beiseite zu schieben. Vermutlich hatte er schon so viel Zeit mit dem aufstöbern von Sektion 31 verbracht, dass er unter jedem Stein und hinter jedem unbekannten Gesicht Sektion 31 witterte.
Doch er würde aufmerksam bleiben. Das verlangte schließlich auch seine Pflicht als Captain.
Und immer mehr drängte sich in ihm das Gefühl auf, den Admiral zu kennen.
Wie immer, wenn er die Krankenstation betrat, fiel ihm die penible Ordnung dieses Bereiches auf und dafür bewunderte Lieutenant Bird die Chefärztin. Es handelte sich um einen weiteren Charakterzug, den er so sehr an ihr schätze und der sich mit vielen anderen Kleinigkeiten zu einem wundervollen ganzen addierte. Der Sicherheitschef der Monitor stand im Eingang der Krankenstation, beobachtete einen kurzen Moment lang wie Dr. Frasier einige Blutproben einsortierte. Sie schien ihn erst einige Sekunden später zu bemerken und blickte ihn nur kurz flüchtig an. Fast sofort im Anschluss senkte sie schamhaft ihren Blick und wandte sich wieder anderen Dingen zu. Danny lächelte. Was für eine wundervolle Frau sie doch war.
„Kann ich irgendetwas für sie tun, Lieutenant?“ fragte die Ärztin und drehte ihm den Rücken zu.
Bird trat mehrere Schritte in die Krankenstation ein und entgegnete mit selbstsicherer Stimme.
„Wir müssen miteinander reden.“
„Worüber denn, Lieutenant?“
„Verdammt, Elizabeth, “ fluchte Danny und riss sich im nächsten Sekundenbruchteil wieder zusammen, „lass uns doch aufhören diese Spielchen zu spielen.“
„Ich wusste ja gar nicht, dass wir schon bei unseren Vornamen angekommen sind“, erwiderte die Ärztin und stellte einen kleinen Karton auf einem Wandregal ab.
„Hör auf mir auszuweichen.“
Wie von einer Tarantel gestochen wirbelte Frasier nun herum und blickte dem Sicherheitschef fest in die Augen. Eine merkwürdige Mischung aus Zorn und Trauer spiegelte sich in ihrem Gesicht wieder.
„Also schön, “ gab sie sich schließlich geschlagen, „reden wir. Worüber denn?“
„Natürlich über den Vorfall von vorhin.“
„Es war eine höchst peinliche Situation für uns beide. Ich schlage vor, dass wir die gesamte Situation vergessen...“
„Nein“, unterbrach der Lieutenant sie.
„Wie nein?“ entgegnete Frasier irritiert.
„Ich sagte nein“, wiederholte Danny Bird noch einmal seine Aussage. „Ich bin nicht bereit diesen Vorfall zu vergessen. Vorfall, was ist das denn für ein Wort? Es hat so einen negativen Unterton, dabei ist fast etwas wundervolles Geschehen!“
„Wie meinst du das?“ hakte die Ärztin nach und schluckte schwer.
„Merkst du das denn nicht? Ich dachte, alle Frauen könnten dies fühlen, “ erklärte Danny und brachte sogar ein verlegenes Lächeln zustande. „Erinnerst du dich noch an ihre Musiksitzung vor einem guten halben Jahr.“
„Ja, das tue ich.“
„Weißt du, welches Lied ich damals gesungen habe? Ich erklärte, dass es meiner Traumfrau gewidmet sei. Oh, ich habe sie noch nicht gefunden. Ich weiß, dass sie irgendwo da draußen ist und ich hoffe, sie eines Tages zu finden, das waren damals meine erklärenden Worte. Und ich bin fündig geworden.“
„Ach ja?“ fragte Elizabeth und schluckte mulmig.
Der junge Sicherheitschef des Raumschiffs Monitor nahm all seinen Mut zusammen und erklärte:
„Ich liebe dich, Elizabeth. Und ich möchte mit dir zusammen sein.“
Statt einer Antwort blickte die Chefärztin nur betreten zu Boden. Sie hatte befürchtet, dass sich die ganze Sache so entwickeln würde. Eigentlich war es sogar ihre Schuld. Wieso hatte sie nicht früher die Notbremse gezogen? Sie hätte Bird wohl energischer abweisen müssen. Und trotz dieser Gedanken war da etwas in ihr, ein Teil ihrer Persönlichkeit, der sehr glücklich über das ganze war. Der sich nach Liebe und körperlicher Zuwendung sehnte. Was nun?
„Das geht nicht, Danny, auch wenn ich mich... sehr geschmeichelt über deine Empfindungen fühle.“
Fast schon zornig presste der Lieutenant seinen Mund zusammen und kniff für einen kurzen Moment seine Augen zusammen. Ärger stieg in ihm auf, der gegen eine Person gerichtet war, die er bisher als Freund angesehen hatte.
„Es ist wegen ihm, nicht wahr?“
„Ich weiß nicht, wen du meinst“, log die Ärztin schlecht.
„Wir wollten doch die Spielereien lassen“, meinte Bird mit leiser Stimme. „Du wartest immer noch auf Matt Price; dabei weißt du ganz genau, dass er niemals kommen wird.“
Statt einer Antwort drehte sich Frasier nur wieder in Richtung des Lieutenants und blickte ihn traurig an. Diesmal hatte sie keine Kraft zum Weinen oder der Selbstbeklagung. Sie starrte ihn nur an, ein Wechselbad der Gefühle tobte in ihr.
„Du bist eine so wundervolle Person, “ erklärte Danny, „mit so viel Herz und Güte. Du hilfst anderen Personen wo du nur kannst. Es ist an der Zeit dir selbst zu helfen! Wieso auf einen Mann warten, der dich eh nur enttäuscht? Wenn er auch nur einen Bruchteil dessen, was ich für dich empfinden sollte, fühlen würde, wo ist er dann? Wieso ist er nicht bei dir und verehrt dich so wie ich es tue?“
„Ich weiß es nicht“, gab Elizabeth geschlagen zu.
„Ja, du magst älter sein als ich. Vielleicht magst du dich scheuen unter das Kapitel Matt Price einen Schlussstrich zu ziehen, doch glaube mir, es ist besser so. Hier steht ein Mann vor dir, der bereit ist dich bedingungslos zu lieben, dich zu ehren und dir beizustehen. Alles was du tun musst, ist dir deine eigenen Gefühle einzugestehen. Die letzten Wochen und Monate, die wir zusammengearbeitet haben... die Undercovermission damals, als wir uns als Familie Ewing ausgegeben haben... ich habe das Gefühl bekommen, dass du auch meine Nähe schätzen würdest.“
„Das tue ich auch, “ entgegnete Elizabeth Frasier, „ich schätze dich wirklich sehr, Danny... aber nur als Freund, mehr nicht.“
Geschlagen, ja geradezu ernüchtert, seufzte Bird.
„Diese Aussage kann ich dir leider nicht glauben. Ich liebe dich und ich bin mir ganz sicher, dass du ebenso für mich empfindest. Du musst nur diesen anderen Mann, der dein Leben so durcheinander gewirbelt hat, loslassen.“
„Aber ich liebe Matthew“, erklärte die Ärztin und meinte so die Diskussion beenden zu können. Eine Fehleinschätzung, wie sich angesichts des Kopfschüttelns von Bird zeigte.
„Nein, du meinst ihn nur zu lieben. Stell dich der Realität, Elizabeth: ich bin hier, er nicht. Ich versuche mich seit Monaten dir zu nähern, er scheint sich dafür nur immer mehr von dir zu entfernen.“
Egal was sie auch sagen wollte, der junge Sicherheitschef ließ sich scheinbar nicht mehr von seinen Gefühlen abbringen zu lassen. Und was sollte sie nur tun? Im Grunde genommen hatte er recht: Elizabeth war sich zu schade, um die ganze Zeit auf Price zu warten. Liebte sie ihn denn überhaupt noch? War es nicht vielleicht besser eine Beziehung mit Danny einzugehen, bei dem sie sich seiner Liebe sicher sein konnte? Wie empfand Price überhaupt?
„Danny, ich glaube es ist wohl besser, wenn du nun gehst“, meinte sie schließlich.
„Elizabeth...“
„Wegtreten!“ befahl die Ärztin und bereute gleich wieder ihre harten Worte, als sie Dannys entgeistertes Gesicht sah. Dann besann sich der junge Mann wieder und verlies die Krankenstation. In ihm brodelte neuerlicher Zorn, der gegen eine ganz bestimmte Person gerichtet war...
Endlich, so sah es zumindest Matt Price so, war der grauenvolle erste Unterrichtstag beendet. Keine Ahnung, was ich dazu geritten hatte, hier mitzumachen. Dann, nach kurzem Nachsinnen, erinnerte er sich daran, dass ihn die Sternenflotte hierher geschickt hatte. Ein toller Berufsförderungsdienst! Die ganze Zeit über hatte die Leiterin Marissa mit den Anwesenden mentale Übungen durchgeführt, was nicht weiter schlimm gewesen wäre, wenn nicht die Übungen dermaßen läppisch gewesen wären, dass Price in einem schwachen Moment auf seinem Stuhl eingeschlafen war. Angeblich sollte dieser Seminar dazu dienen die telepathischen Fähigkeiten weiter zu steigern, am Ende dieses Tages hatte Matthew jedoch das Gefühl, dass seine Fähigkeiten eher abgenommen hatten. Er wollte gerade im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Raum flüchten, als er die Stimme der Leiterin hinter sich hörte:
„Mr. Price, würden sie bitte noch einen Moment warten?“ bat ihn Marissa.
Der erste Offizier des Raumschiffs Monitor seufzte einmal schwer und schaute auf die Uhr. Hoffentlich dauerte diese Unterredung nun nicht zu lange, sonst würde er noch seine Lieblingssendung verpassen, die um 18:30 Uhr begann. Diese kleine Sketchparade würde die einzige Freude seines Aufenthalts auf Betazed darstellen, wie er fürchtete. Mit vor der Brust verschränkten Armen, eine deutlich abwehrende Geste, musterte Matt die kleine und bemerkenswert junge Frau vor ihm.
„Was gibt es?“
„Wenn ich ehrlich bin, Mr. Price“, meinte Marissa und setzte dabei ein Pädagogenlächeln auf, das, wie sie hoffte, entwaffnend wirken sollte, „wirkten sie nicht gerade so als hätte ihnen der heutige Tag Vergnügen bereitet.“
Price pfiff übertrieben vor sich hin.
„Ich bin beeindruckt, Mr. Marissa. Wie sie zu dieser Erkenntnis gelangt sind... phänomenal!“
„Sarkasmus scheint ein Teil ihrer Persönlichkeit zu sein.“
„Absolut!“ bestätigte Matt und blickte der Leiterin, die scheinbar nicht größer als 165 cm war, tief in die schwarzen Augen. „Auf eine andere Art und Weise kann ich dieser Situation auch nicht begegnen.“
„Haben sie etwa kein Interesse an einer Fortbildung ihrer mentalen Fähigkeiten?“
„Doch, das habe ich... nur nicht in diesem Rahmen.“
Marissa blickte zu Boden und nickte. Eine Spur Verständnis schien sich nun in ihrem Gesicht abzuzeichnen.
„Ah, ich verstehe genau, was sie meinen“, erklärte sie mit sanfter Stimme. „Ich kenne dieses Phänomen.“
„Ach ja?“
„Natürlich, Mr. Price, ich erlebe das jeden Tag. Sie sind ein starker Mann, der wahrscheinlich in einem Beruf arbeitet, in dem man selbstsicher und scheinbar allwissend auftreten muss. Und nun sitzen sie hier vor einer Gruppe von Leuten und könnten möglicherweise...“
„Was?“ fragte Commander Price misstrauisch nach.
„Sie könnten Versagensängste haben. So was kommt manchmal vor.“
Der Halbbetazoid hatte größte Mühe nicht gleich loszuprusten, nachdem er eben dies gehört hatte.
„Versagensängste? Wollen sie mich etwa auf den Arm nehmen?“
„Nein, ganz und gar nicht! Sie sind eine starke Persönlichkeit und nun haben sie Angst, dass eine Gruppe von Leuten sehen könnte, wie sie es nicht schaffen ihr volles mentales Potential zu entfalten. Sie sollten jedoch beruhigt sein, Mr. Price. Unsere Gruppe bleibt streng anonym und wir sitzen alle im selben Boot.“
Fast schon reumütig warf Matt seine Hände in die Luft und flehte einen Gott an, von dem er immer noch nicht wusste, ob er existierte:
„Ich glaub ich spinne! Genau aus diesem Grund habe ich absolut keine Lust hier zu sein! Kapieren sie es denn nicht? Es interessiert mich nicht ob irgendeine Psychotante wie sie...“
„Keine Angst, ich nehme das nicht persönlich“, zwinkerte ihm Marissa zu.
„Wie was... sie haben meine Gedanken gelesen! Tun sie das nie wieder ohne meine Erlaubnis!“
„Wenn sie meinen“, versicherte ihm die Leiterin und lächelte verschmitzt.
„Wo war ich stehen geblieben?“ fuhr Matt fort. „Ach ja: ich habe keine Lust hier zu sein. Für mich ist das alles Zeitverschwendung. Um ehrlich zu sein erfülle ich hier nur eine Pflicht, denn mein Arbeitgeber hat mich hierhin geschickt. Ich weiß um meine mentalen Fähigkeiten und ich kenne auch Methoden, wie ich sie steigern kann. Dazu brauche ich keine Gruppe von Halbwüchsigen, keinen Seminar auf einem Planeten, den ich bisher nur zweimal in meinem Leben betreten habe und am allerwenigsten brauche ich eine Person wie SIE, die mir psychoanalytisch kommt.“
„Dachte ich es mir doch“, meinte Marissa und nickte abermals. Anscheinend versuchte sie noch einmal die sanfte Methode anzuwenden. Mit etwas Glück konnte sie den stoischen Mann ja doch vom Sinn dieses Seminars überzeugen. „Werden sie nun ihre Zelte abbrechen und nach Hause zurückkehren?“
Price´ Gesicht lief feuerrot an. Wollte sie ihn etwa reizen? Natürlich wollte sie das und das Schlimmste an der Sache war, dass sie auch noch ihr Ziel erreichte!“
„Ein Matt Price rennt nie vor einer Aufgabe davon, gleichgültig wie langweilig und unsinnig sie auch sein mag“, presste er genervt hervor. „Ich werde dieses verdammte Seminar absolvieren und dann im Anschluss durch diese Tür gehen, auf dass sie mich nie wieder sehen werden.“
„Gut zu wissen, “ lächelte ihm Marissa zu, „also dann, bis morgen!“
Fassungslos musterte Matt die Leiterin, die während der ganzen Diskussion die Ruhe selbst gewesen war. Wurde er gerade manipuliert? Natürlich wurde er das, ohne Frage! Völlig genervt wankte Price zur Tür hinaus, mit dem festen Ziel sich erst einmal einen sehr starken Drink zu genehmigen.
Iluzio hätte auch mit geschlossenen Augen durch die Korridore der Monitor laufen können. Während der letzten Stunden hatte er nochmals die Baupläne des Schiffes studiert. Dutzende Schemata lagen auf seinem Schreibtisch. Doch die reichten bei weitem nicht aus. Alle offenbarten ihm nur das, was schon allgemein über Schiffe der Defiant-Klasse bekannt war. Jetzt hieß es nach den Details Ausschau zu halten. Sein Quartier lag auf Deck 2, in der Nähe des Maschinenraums.
Links, nachdem man aus dem Quartier heraus kam, dann den Computerkern links liegen gelassen, schritt er geradlinig auf die Tür zum Maschinenraum zu. Auf dem Schiff gab es nur wenige Türen. Die einzigen, die er noch bis zum nahen Ende des Korridors sah war eine Turbolift Tür linker Hand und eine weitere nach dem Maschinenraum, in der sich Systemeinrichtungen befanden.
Jetzt trat er in ihn ein und füllte sich sofort wie in einer anderen Welt. Die stille des Korridors verschwand urplötzlich und wurde durch rege Betriebsamkeit ersetzt. Doch sie wirkte keineswegs chaotisch. Jeder ging nur angestrengt seiner Arbeit nach. Vor ihm lag der goldene Warpkern, der von der blauen Säule mit Deuterium versorgt wurde.
Der Admiral trat auf die höhere Ebene um dem Energiekern besser sehen zu können. Unter ihm strömte in einer rötlichen Leitung eine so unvorstellbar große Menge Energie, dass sie...
Ihm raubte es regelmäßig den Atem, wenn er versuchte ein Beispiel zu finden.
Mit einem großen Schritt trat er – auch wenn das nicht nötig gewesen wäre – über die Leitung und umrundetet den Warpkern. Auf der anderen Seite des kleinen Maschinenraums trat er erneut über die Leitung mit der leistungsvollsten Energie, die der Föderation im Moment zur Verfügung stand.
Chief Woil sah ihn in diesem Moment am Warpkern. Er selbst war gerade an einer Konsole gestanden und hatte einige Daten kontrolliert.
„Admiral“, sprach er Iluzio direkt an und kam auf ihn zu.
„Chief Woil“, der Admiral richtete seine großen Augen auf den Chefingenieur. „Ich bin überwältigt.“
„Ihr erstes Mal auf einem Schiff der Defiant-Klasse?“ riet er.
„Da haben Sie Recht. Und ich muss bewundernd feststellen, dass hier die ganze technische Leistungsfähigkeit der Föderation zusammenfließt. Damit soviel Technologie auf so wenig Raum harmonisch funktioniert... Eine Meisterleistung.“
Woil freute sich über das unerwartete Lob. „Danke Sir.“ Er musste kurz lachen, als er an all die Zwischenfälle und Abenteuer dachte, die die Monitor schon überstanden hatte. Und wie oft er dabei schon hatte improvisieren müssen, um das Schiff zusammen zu halten. „So einfach ist es aber nicht wie es aussieht.“
Iluzio nickte verstehend und trat wieder zur Hauptebene hinunter um kurz auf eine Anzeige nahe dem Kern zu schauen.
„Kann ich etwas für Sie tun Admiral?“ Woil hielt die meisten Offiziere für arrogant und abgehoben. Zwar widerlegte sich dieses Vorurteil, wenn er die Offiziere näher kenne lernte, doch der erste Blick prägte oft die gesamte Beziehung. Doch was sollte er bisher von dem Admiral halten. Er würde bald mehr wissen.
„Ja, das können Sie. Ich bin an einigen Spezifikationen interessiert. Besonders zum Thema Tarnvorrichtung.“
„Fragen Sie ruhig.“
„Um wie viel Prozent schränkt sich die sensorische Leistungsfähigkeit ein, wenn die Tarnung aktiviert ist?“
Woil musste nicht lange überlegen. „Gar nicht. Es steht da volle Potenzial zur Verfügung.“
„Ist das immer der Fall?“ Iluzio blieb skeptisch.
„Haben Sie einen bestimmten Umstand im Auge?“
„Könnte ein fremdes Schiff von unserer Anwesenheit erfahren, wenn wir eine volle aktive Sensorsuche durchführen?“
Woil überraschte die Frage keineswegs. Sie hatten solche Tätigkeiten schon des Öfteren durchgeführt. „Nicht wenn wir es geschickt anstellen.“
„Das heißt?“
„Wir nutzen die Schwachstellen des Gegners aus und überdecken unsere Sensoraktivität als Hintergrundstrahlung tarnen. Natürlich muss dabei die Aktivität der Sensoren auch genauestens dosiert werden.“
„Kurzum“, resümierte der Admiral „Wenn der Gegner keine Schwachstellen hat, es wenig Hintergrundstrahlung gibt und wir das volle Potenzial nutzen wollen... werden wir entdeckt.“
Verlegen sah Woil kurz zu Boden. „Ja, unter diesen Umständen ist eine Entdeckung sehr wahrscheinlich.“
„Ah ja, sehr wahrscheinlich“, wiederholte der Admiral, dabei sah er an die Decke des Maschinenraums. „Schiffe des Defiant-Klasse sind robuster als jedes andere Schiff der Flotte, ist das richtig?“
Woil nickte. „So ist es. Ein Schiff der Defiant-Klasse wie die Monitor ist in der Lage überdurchschnittlich viel Torpedos weg zustecken, bevor es zu ernsthaften Beschädigungen kommt. Das heißt aber nicht, dass das Schiff unzerstörbar ist.“
Iluzio wandte sich dem Warpkern und den Konsolen zu. „Mir sind die Vorfälle durchaus bekannt. Die Valiant und die Defiant waren so schnell zerstört wie jedes andere Schiff auch.“
Der Chefingenieur erwiderte nichts. Er hatte das Gefühl, dass der Admiral gleich fort fahren würde.
„Kann der Transporter bei aktivierter Tarnung benutzt werden?“ Fragte der Admiral dann auch.
„Nicht immer Sir.“
„Wie ist es bei unserem vorhin erwähnten Beispiel?“
Woil überlegte nicht lange. „Es wäre unmöglich. Wir würden entdeckt werden, noch bevor die Rematerialisierung abgeschlossen wäre.“
„Könnte die Monitor unentdeckt bleiben, wenn Sie sich – getarnt natürlich – einem gegnerischen Schiff nähert, in dessen Sensorschatten fliegt und eine oder zwei Person beamt?“
„Eine schwere Frage...“
„Ja oder nein, Chief?“ Der Blick des Admiral bohrte sich nun tief in Woil hinein. Er war so klar, hart und autoritär, dass es Woil nicht einmal wagte, eine auch nur ansatzweise falsche Antwort zu geben.
„Es ist mit einem sehr hohen Risiko verbunden, die Gefahr entdeckt zu werden ist sehr hoch und...“
„Ja oder nein, Chief?“ wiederholte der Admiral die Frage.
„Ja Sir.“ Antwortete er kurz und knapp.
Iluzio atmete durch. Er schien sich für eine Sekunde in sich selbst fallen zu lassen. Doch dann fing er sich und stellte die alt gewohnte Schroffheit wieder her.
„Ich danke Ihnen Chief“. Wieder sah der Admiral nicht zu Woil. „Bereiten Sie nun alles für einen solchen Fall vor. In aller Ruhe und Verschwiegenheit.“
Woil nickte. „Ja Sir.“
Noch einmal nahm Iluzio einen tiefen Atemzug. Er hatte einen wichtigen Schritt genommen. Vielleicht war es sogar einer der wichtigsten. Er richtete seinen Blick einen Moment lang auf den Warpkern, dann verließ er den Maschinenraum wieder. Er hatte noch viele andere Dinge zu erledigen.
Und er würde sein Leben geben um diese „Dinge“ zu erledigen.
Niemand durfte ihm im Weg stehen.
Nicht einmal Lewinski.
„Doktor Frasier, Sie haben ihre Krankenstation in einem bemerkenswerten Zustand gehalten. Was sicher schwierig ist, wenn man berücksichtigt, mit wie wenig Platz Sie alle auskommen müssen.“
Der Admiral sah sich in dem kleinen Raum um. In der Tat hatte Elizabeth Frasier während ihrer Zeit an Bord der Monitor – und auch auf anderen Schiffen – darauf geachtet, dass die Krankenstation hell war und freundlich wirkte. Schließlich sollten die Patienten ja schnellstmöglich gesund werden und hier nicht Wurzeln schlagen.
„Ich danke Ihnen Admiral. Ich tue immer das Beste für meine Patienten – das versuche ich zumindest.“ Doktor Frasier wirkte wirklich überrascht. Denn das, was sie bisher von dem Admiral gehört hatte, hatte alles andere als aufbauend geklungen.
Im Moment lagen keine Patienten auf der Krankenstation. Sie konnte sich also beruhigt dem Admiral widmen. Der stand gerade neben dem allein stehenden Biobett und sah auf die Diagnosetafel, die, wie überall an Bord, alles kompakt aber effizient darstellte.
„Ich muss ein kritisches Thema ansprechen.“ Er wartete nicht auf eine Bestätigung Frasiers. Er sprach einfach weiter. „Wie viele kritische Patienten können Sie aufnehmen, während einer Kampfhandlung.“
„Puh, schwer zu sagen. Das kommt natürlich auf die Kampfhandlung an...“
„Gehen Sie vom Schlimmsten aus“, warf der Admiral unvermittelt und ohne Gefühlsregung ein.
Frasier blieb einen Moment stumm und wiederholte die Worte im Geiste. Gehen Sie vom schlimmsten aus, klang natürlich alles andere als positiv.
„Für das Schlimmste ist diese Krankenstation nicht vorbereitet. Zudem fehlt es an medizinischem Personal. Sicherlich gäbe es zahlreiche Verluste.“
Das schien den Admiral nicht unberührt zu lassen. Verwirrt und zweifelnd sah er auf den Boden.
„Ich möchte, dass Sie alles tun um dieser Mission zu einem guten Gelingen zu verhelfen. Bereiten Sie sich auf einige schwer verletzte Patienten vor. Haben Sie alle Instrumente, die Sie für Operationen brauchen, in diesem Raum?“
Frasier verarbeitete die Sätze nur langsam. Als Sie die Frage bemerkt hatte, schüttelte sie den Kopf. „Nein, einiges ist noch im medizinischen Labor, auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors, manches befindet sich noch in den Frachträumen.“
„Sorgen Sie dafür, dass Sie alles griffbereit haben.“
Der Admiral stürmte schon aus de Krankenstation, als ihn Frasier noch einmal zurückhielt. „Sir, wenn wir auf etwas Spezielles treffen, wäre es besser, sie sagen mir was es ist. Dann kann ich noch schneller helfen.“
Iluzio drehte sich in der Tür stehend noch einmal um. „Sie müssen ein Leben retten. Vielleicht sogar meines.“ Mit diesen Worten verließ er die Krankenstation.
Elizabeth Frasier stand verwirrt in der Krankenstation, die ihr plötzlich fremd wirkte. Hatte der Admiral vor, das Schiff auf eine Selbstmordmission zu schicken?
Die Situation musste ausführlich mit dem Captain diskutiert werden. Und bis dahin bereitete sie sich vor.
Auf das Schlimmste.
Auch die Brücke überzeugte nicht durch ihre Größe, allerdings tat sie dies durch Effizienz. Lieutenant Ardev saß im Stuhl des Captains. Offenbar hatte Lewinski im Moment keinen Dienst. Wenngleich es an Bord dieses kleinen Schiffes schwer war, eine ablenkungsreiche Freizeitbeschäftigung zu finden.
Noch bevor Iluzio zwei Schritte in die Brücke getan hatte rief ein etwas eifriger und protokollgetreuer Fähnrich: „Admiral auf der Brücke!“
Schlagartig wurde es ruhig im Kontrollzentrum der Monitor. Ardev drehte sich zum Admiral um und stand aus dem Stuhl auf.
„Admiral, kann ich etwas für Sie tun?“ Fragte er höflich.
„Das können Sie.“ Antwortete er schlicht und ging zur wissenschaftlichen Station. Ardev folgte ihm und setzte sich auf den Stuhl, den Iluzio ihm anbot. Er selbst stand hinter dem Andorianer.
„Zeigen Sie mir alle Sektoren innerhalb von drei Lichtjahren, die an den Sektor grenzen, in den wir fliegen.“ Befahl er schnell und präzise.
Ardev gab sofort die Daten ein. Auch wenn er sich fragte, wieso der Admiral dies von ihm verlangte. Der Computer in dessen Quartier war ebenso in der Lage diese Information anzuzeigen. Und alle Erläuterungen konnte er sich vorlesen lassen.
Auf dem Bildschirm erschien nach einer kurzen Berechnungszeit eine genau Auswertung und das grafische Bild der angeforderten Sektoren. Eine rote Linie markierte die Fluglinie der Monitor.
Iluzio kniete sich hinunter und sah sich die Karte genau an.
„Der Nebel dort.“ Er wies mit einem Finger auf den Schirm. „Was wissen Sie über ihn?“
Ardev gab die entsprechenden Befehle in den Computer ein. „Ein Nebel der Mutara Klasse. Ausdehnung 5 Millionen Kilometer auf 7 Millionen auf 8 Millionen. 5,7 Mikrozentraden auf den Kubikmeter.“
„Hört sich nach sehr viel an.“
„Eine tödliche Dosis Sir.“ Antwortete Ardev.
„Untypisch für Mutara Klasse Nebel.“ Kommentierte der Admiral. Er wartete nicht darauf, dass Ardev antwortete, sondern fragte gleich weiter. Die Besorgnis in seiner Stimme wich sofort wieder seiner typischen Kühle. „Wie lange kann es die Monitor in dem Nebel aushalten.“
„Das Schiff? Einige Millionen Jahre. Die Crew überlebt aber keine 30 Minuten.“
„Und wenn die Schilde aktiviert sind?“ Fragte der Admiral nach. „Und die Strahlungsprotokolle.“
Ardev sah ihm direkt in die Augen. Er selbst schien die Resignation pur zu sein. „Sir. Die 30 Minuten waren mit all dem.“ Ardev sah die in schockierten Augen des Admirals. „Ohne schaffen wir es keine 10 Minuten.“
Iluzio richtete sich auf und ging einige Schritte auf den Hauptbildschirm zu. Der andorianische Wissenschaftsoffizier sah ihm besorgt nach. Er sagte aber nichts. Auch die Augen aller anderen Anwesender auf der Brücke ruhten auf dem Admiral.
Er hielt die Hände vor sein Gesicht und atmete tief durch. Tausende, Millionen Gedanken rasten in seinem Kopf. Zum ersten Mal kam ihm der Gedanke zu versagen. Was war, wenn er scheiterte? Wie viel durfte er für die Mission riskieren? Wie tief durfte er die Monitor mit ihm hineinziehen?
Die Zeit verrann unendlich schnell. Also beschloss er, sich umzudrehen und weiter zu machen. Jetzt durfte er keinen Rückzieher machen. Er konnte keinen machen. Es war schon viel zu spät dafür.
„Mr. Ardev.“ Er atmete tief durch und konzentrierte sich auf seinen Gesprächspartner. „Bereiten Sie alles für einen Flug der Monitor in den Nebel vor. Wir werden es nur tun, sollte es unausweichlich werden. Und dann sollte es nun nicht eiskalt erwischen. Und suchen Sie noch andere Verstecke in den Sektoren. Die wären mir dann nämlich viel lieber wie dieser Nebel.“
Ardev schluckte schwer. „Aye Sir.“ Er machte sich gleich an die Arbeit.
„Mr. Ardev.“
„Ja Sir.“ Er drehte sich nochmals zum Admiral um.
„Wir werden in wenigen Tagen in einem Stück nach Risa fliegen.“
Ardev nickte. Auch wenn er wusste, dass diese Aussage vielleicht zu optimistisch klang.
„Das ist schön zu hören.“
Alle Personen auf der Brücke drehten sich um. Soeben war der Captain auf die Brücke getreten und hatte die letzten Worte der Unterhaltung mitgelauscht. Er hatte alles überrascht. Sogar Iluzio, dem sonst kein Detail entging.
„Captain Lewinski, schön Sie zu sehen. Ich wollte gerade zu Ihnen.“ In Iluzios Stimme klang plötzlich wieder eine Überheblichkeit, die nur der Captain hervorzurufen schien. Und mit diesem Stimmfall riss der Admiral sofort wieder den Vorteil an sich. „Ich habe hier einige Dateien, die Sie mir heraussuchen könnten.“ Er überreichte dem Captain ein PADD, das er bisher in einer Hosentasche gehabt hatte.
Lewinski nahm das PADD an, ohne auf es zu sehen. Sein Blick blieb stur auf den Admiral gerichtet.
Am liebsten hätte er so etwas wie: „Warum tun Sie es nicht selbst?“ gesagt, aber er beließ es beim Schweigen und einem starren Blick.
Und dieses Mal errang er den Sieg. Iluzio wandte sich von ihm ab und während er zur Tür ging sagte er: „Ich erwarte ihre Berichte in 2 Stunden.“
Dann war er so schnell weg, wie er gekommen war. Der erste, der sich bewegte war Lewinski, nachdem er einen Blick auf das PADD geworfen hatte. Seine Laune schien sich dadurch nicht zu verbessern.
„Mr. Ardev, Treffen der Führungsoffiziere in einer Stunde.“ Befahl er ungewohnt scharf und verließ die Brücke im gleichen Stechschritt, den Iluzio wenige Moment zuvor vorgelegt hatte.
Die folgende Stille war beinahe noch schlimmer als die Laune des Captains.
Mit einer an Lustlosigkeit grenzenden Lässigkeit trottete Commander Price durch die Gänge des Schulgebäudes und pfiff leise vor sich hin. Wen er ehrlich zu sich selbst war, dann bewegte sich der erste Offizier tatsächlich lustlos voran. Die Seminartage schienen sich in die Länge zu ziehen wie ein Kaugummi. Lieber heute als morgen würde Matt von seinem Heimatplaneten, den er so gut wie nie in seinem Leben richtig gekannt hatte, wieder verschwinden.
„Sie wollten mich sprechen?“ fragte Price, nachdem er in das Büro der Seminarleiterin Marissa eingetreten war. Die Frau, die ungefähr Mitte 30 war, wenn man menschliche Maßstäbe ansetzte, lächelte ihm freundlich zu und bedeutete ihm, sich zu setzen. Der Commander jedoch lehnte dies ab und zog es vor zu stehen.
„Mr. Price, ich habe sie aus einem ganz bestimmten Grund zu mir rufen lassen“, begann die Leiterin das Gespräch.
„Sagen sie bloß!“
„Eigentlich nehmen sie mir mit ihrem Ausspruch die Erklärung hierfür fast aus dem Mund“, argumentierte die junge Betazoidin. „Mr. Price, ich bin mit ihren Ergebnissen des Seminars äußerst unzufrieden.“
„In wie fern?“
„So gut wie jeder hat nennenswerte Fortschritte beim Aufbau seiner empathischen Fähigkeiten erzielt“, erklärte Marissa, „nur ihre Psi-Werte bleiben so gut wie unverändert. Basierend auf ihrem Verhalten während unserer Gespräche und den Sitzungen muss ich wohl annehmen, dass sie keine Lust haben dieses Kurs zu bestehen.“
„Ich bitte sie“, antwortete Price keck und verschränkte seine Arme vor der Brust, „nur weil ich vorgestern kurz eingenickt bin muss man mir doch keine Lustlosigkeit vorwerfen.“
Marissa stand von ihrem Schreibtisch auf und stellte sich dem Commander gegenüber. Sie war zwar mehr als einen Kopf kleiner als er, doch nichtsdestotrotz starrte sie ihn mit ihren Augen an, die ebenso schwarz waren wie die seinigen.
„Von einem kurzen Einnicken kann wohl nicht die Rede sein“, meinte Marissa, „immerhin haben sie geschnarcht.“
„Und wenn schon!“
„Mr. Price, ich sage ihnen dies wirklich nicht gerne und dies ist auch noch nie vorgekommen, doch ich muss sie verwarnen: wenn sie sich nicht den nächsten Tagen nicht öffnen, wenn sie nicht etwas mehr Engagement in der Gruppe zeigen, so bin ich gezwungen sie von diesem Fortbildungsseminar auszuschließen. Ich kann nicht zulassen, dass sich ihre Lustlosigkeit auf die anderen Seminarteilnehmer überträgt.“
Doch statt einer Reue, die sie vielleicht beim ersten Offizier erwartet hatte, frohlockte Price nur:
„Das ist ja wunderbar! Sie sagen also, ich muss nur so weitermachen wie bisher und sie schmeißen mich raus? Wenn ich gewusst hätte, dass es so einfach ist diese ganze Sache hier loszuwerden, dann hätte ich ja gleich zu Beginn schon den Lässigen raushängen lassen.“
Betont neutral musterte Marissa ihn.
„Sie verstecken da etwas!“
„Wie bitte?“ fragte Matt und runzelte die Stirn.
„Sie hätten gestern besser aufpassen sollen, sonst hätten sie gemerkt, dass sie ihre Emotionen nicht gut genug vor Leuten mit hohen Psi-Werten wie mich abschirmen. Ich spüre da gewisse Emotionen in ihnen, die nicht recht zu ihrem derzeitigen Verhaltensmuster passen.“
„Die da wären?“
„Sie spielen mir etwas vor“, stellte Marissa fest.
„Das wüsste ich aber“, entgegnete Price und drehte sich mit einem ironischen Lachen weg. Er war gerade im Begriff das Büro zu verlassen, so zu signalisieren, dass er den ganzen Kram hinwarf, als er die Hand Marissas an der seinigen spürte. Irritiert und überrascht drehte er sich wieder zu ihr hin und ihre Blicke trafen sich abermals. Diesmal jedoch lag etwas ganz anderes in den Augen und durch den körperlichen Kontakt, der durch den Händedruck aufgebaut worden war, konnte Price ganz genau spüren, was in Marissa vorging: sie fühlte sich von ihm angezogen.
„Das ist jetzt gar nicht gut...,“ murmelte Price, doch sie legte ihren Finger auf seine Lippen, bedeutete ihm so ruhig zu sein. Und tatsächlich hielt der sonst so souverän wirkende Matt Price, der derzeit so mit privaten Problemen zu kämpfen hatte, die Klappe und starrte die Seminarleiterin an. Als sich seine Augen in den ihrigen verloren, bemerkte er zum ersten Mal wie attraktiv sie war: ihre Haut hatte einen leichten Braunton, ihre Haare waren schwarz wie ihre Augen und umgaben sie mit einer exotischen Aura. Sie ließ ihre Blockade fallen und so konnte Matt ganz genau fühlen, dass die Seminarleiterin ihn begehrte. Sowohl körperlich als auch auf intellektueller Ebene. Und der Commander konnte sich nicht helfen, er fühlte auf einmal auch ein tiefes Verlangen nach Nähe und Geborgenheit, Emotionen, die er so lange Zeit unterdrückt hatte. Als sie ihn sinnlich küsste, wehrte er sich nicht dagegen und ließ es einfach geschehen. Mehr noch, er begann ihre Bluse Knopf für Knopf auszuziehen und ihren Hals mit Küssen zu übersehen. Marissa setzte sich auf ihren Schreibtisch, zog Matt lächelnd zu sich heran und küsste ihn weiter. Nicht nur auf körperlicher Ebene waren die beiden bereit sich zu vereinigen, auch auf emotionaler Ebene begann sich ihre Empfindungen zu vereinen. Für einen Bruchteil öffneten sie sich dem jeweils anderen vollkommen und das Feuer schien immer heißer zu brennen... dann riss sich Matt los und verschwand, ja flüchtete geradezu aus dem Büro von Marissa. Sie wollte ihm noch irritiert etwas nachrufen, doch dann erinnerte sie sich daran, was sie in dem kurzen Moment des vollkommenen Kontaktes gefühlt hatte und sie verstand. Sie verstand zwar nicht alle Details, doch nun konnte sie sich besser zusammenreimen, was mit Matthew Price los war.
Die Stunde war irrsinnig schnell verflogen. Alle spürten, dass etwas Wichtiges bevorstand und hatten sich deshalb überpünktlich in der Messe versammelt. Sie führten nur kleine, unwichtige Gespräche, ab und zu Spekulationen über ihre Mission, doch die verstummten schlagartig, als sich die Tür öffnete, der Captain eintrat und sich setzte. Bevor er begann ließ er seinen Blick durch die Runde schweifen. Neben ihm saßen Ardev und Woil, sowie Bird und Frasier. Die Runde glich mehr einem Geheimbund als einem Führungsstab.
Gleichzeitig verteufelte Lewinski sich selbst. Er hatte wirklich den unpassendsten Moment gewählt um Price zum Betazed zu schicken.
„Meine Damen und Herrn, sie werden wissen, was unser Thema ist.“ Er ließ ihnen eine kleine Pause. „Admiral Iluzio.“
Die Mannschaft reagierte nicht sonderlich überrascht. Alle blieben ruhig – abgesehen von Lewinski, der mit seiner aufgestauten Aggression gegenüber Iluzio zu kämpfen hatte.
Ardev spürte die Blicke der übrigen Offiziere auf sich ruhen. Erst einige Sekunden später erinnerte er sich daran, dass er es jetzt war, mit dem der Captain einen Dialog herstellen musste. Schließlich war er vorübergehend der Erste Offizier.
„Wieso haben Sie dieses Meeting so spät angesetzt Sir?“ Richtete er die Frage an den Captain, die in allen brannte. Alle waren neugierig und wollten wissen, worin ihre Aufgabe bestand. „Ist unsere Mission so geheim?“ Scherzte er noch. Doch sein Versuch, die Atmosphäre etwas aufzulockern verlief sich sofort wieder. Er erntete nur den angespannten Blick seines Kommandanten.
„So scheint es. Denn nicht einmal ich kenne den Zweck unserer Mission.“
Die Crew blickte mit versteinerten Blicken zu ihm.
„Mr. Ardev, der Admiral hat mit ihnen gesprochen. Was wollte er?“
„Er hat sich über unser Ziel erkundigt. Und über die nahe gelegenen Systeme. Ihm war meine Meinung sehr wichtig und meine fachliche Kompetenz. Außerdem plant er, die Monitor im Notfall in dem Mutara Klasse Nebel zu verstecken.“
Lewinski überlegte. „Die Strahlung in diesem Nebel ist tödlich und er will trotzdem hinein fliegen? Hat er ihnen gegenüber eine Andeutung gemacht, wieso er das vorhat?“
Ardev schüttelte den Kopf. „Nein. Außer, dass er es nur im äußersten Notfall tun würde. Er hat mich zudem angewiesen alternative Verstecke ausfindig zu machen.“
„Mir gegenüber hat er Andeutungen gemacht.“ Warf Woil in die Runde. Alle sahen darauf zu ihm. „Er sprach vor einigen Stunden mit mir persönlich im Maschinenraum und hat sich nach technischen Details erkundigt. Außerdem hat er einen möglichen Gegner erwähnt, der keine Schwächen hat.“ Er ließ die Runde dieses Detail erst mal verdauen, bevor er, nach dieser kurzen Pause fort fuhr. „Außerdem hat er sich mit großem Lob über die Effizienz des technischen Stabs geäußert. Er wirkte fasziniert von der Technik dieses Schiffes. Er hat aus diesem Grund auch einige Fragen über die Auswirkungen der Tarnvorrichtung auf andere Systeme gestellt. Nichts Weltbewegendes.“
„Es dürfte aber weltbewegend sein, dass er mich angewiesen hat, die Krankenstation auf das Schlimmste vorzubereiten. Er rechnet anscheinend mit einigen, wenn auch wenigen, Schwerverletzten. Ohne Andeutungen zu machen, um welche Art es sich handeln könnte.“
„Mir gegenüber hat er nur angedeutet, dass ich bald die Effizienz der Waffen unter Beweis würde stellen können. Ich denke, dass er Simulationen durchführen will. Besonders im Nahkampf. Er hat auch mit Fähnrich Locarno gesprochen.“
Lewinski rieb sich die Stirn. Gerade eben war eine wahre Flut an Informationen hereingebrochen, die er verarbeiten musste. „Das alles verdichtet sich zu einem großen Rätsel. Was hat der Admiral vor? Mich hat er angewiesen einige Daten frei zuschalten. Logbücher, Missionsberichte der Monitor für den Zeitraum 53117 bis 53987.“
„Hat er eine Selbstmordmission vor?“ Fragte Frasier.
„Wieso sollte er? Er tritt mit allen Offizieren in den Dialog und erkundigt sich nach den Leistungen des Schiffes. Ich sehe bis her noch kein Anzeichen dafür.“
„Er tritt mit jedem von ihnen in Dialog. Nur nicht mit mir.“ Antwortete Lewinski auf Danny Birds Einwurf. Er hatte natürlich Recht. „Auch mir gegenüber hat er erwähnt, dass wohl nur dieses Schiff in der Lage sei diese Mission zu erfüllen. Er hält viel von Ihnen allen...“
„Nur nicht von Ihnen.“ Beendete Ardev den Satz.
Lewinski lächelte. Eine überaus seltsame Reaktion. „Ja, da liegen Sie richtig.“
Ardev verließ einige Sekunden verstreichen um den Captain genug Raum zum atmen zu geben.
„Was sollen wir tun Sir?“
Der Captain lehnte sich vor und stützte sich mit den Ellenbogen auf dem Tisch ab.
„Sie werden mit Iluzio weiter zusammenarbeiten. Wie bisher. Sein Führungsstil mag eigenwillig sein, aber damit müssen wir zurecht kommen. Schließlich sind wir alle Vollprofis. Ich werde ihn beobachten und weitere Nachforschungen darüber anstellen, was er planen könnte. Und sobald ich eine Gefahr für das Schiff erkenne werde ich die Mission eigenhändig abbrechen.“
„Sir, sind Sie sich über die Folgen im Klaren?“ Fragte Doktor Frasier erschrocken.
„Wenn das Kriegsgericht der einzige Weg ist, ihr Leben zu schützen, nehme ich das gern in Kauf.“
Die Offiziersbesprechung war erst vor wenigen Minuten zu Ende gegangen. Nach und nach verließen die Kameraden den Bereitschaftsraum des Captains und machten sich wieder auf dem Weg an ihre Einsatzstationen. Dr. Frasier folgte Lieutenant Tellom zu ihrer Konsole und beugte sich verschwörerisch zu ihr hinunter:
„Arena, darf ich kurz mit dir sprechen?“
„Selbstverständlich“, erwiderte die junge Frau und blickte ihre Freundin aufmerksam an.
„Ich meine“, gab die Chefärztin leicht beschämt zu, „unter vier Augen.“
Ein Lächeln erschien trotz der derzeit angespannten Situation auf dem Gesicht der Terellianerin und sie erhob sich von ihrer Station, ging mit Dr. Frasier in den rückwärtigen Bereich der Schiffsbrücke.
„Es tut mir leid, dass ich in dieser heiklen Situation dich stören muss“, entschuldigte sich Elizabeth, doch Lieutenant Tellom winkte ab.
„Nein, ist schon in Ordnung. Vielleicht wird etwas Abwechselung uns doch ganz gut tun. Kann ja nicht schaden, wenn man mal an etwas anderes denkt.“
Auch Frasier schaffte es angesichts dieser netten Worte kurz zu lächeln, obwohl ihr überhaupt nicht danach zumute war. Diese ganze Situation war so verdammt verfahren und kompliziert, so dass sie selbst keine Ahnung hatte, wie man das ganze Chaos entwirren sollte.
„Du bist doch glücklich mit Ardev, nicht wahr?“ fragte Frasier den jungen Wissenschaftsoffizier frei heraus.
„Ja, natürlich bin ich das! Wieso fragst du mich das denn?“
„Es ist nur...,“ die Chefärztin begann nach geeigneten Worten zu suchen, „selbst nach dieser schlimmen Krise vor einigen Monaten ist immer noch diese Harmonie zwischen euch beiden. Es scheint fast so als hätte es diesen entsetzlichen Streit, der nach dem Tod deines Bruders entstanden ist, nie gegeben.“
Arena Tellom verstand und nickte langsam.
„Doch, den hat es schon gegeben. Ich zweifle ernsthaft daran, ob Ardev oder ich jemals diesen Vorfall wieder vergessen können und ganz offen gesagt weiß ich nicht einmal ob es besonders klug wäre diese Ereignisse wieder zu vergessen. Denn bei allem Schmerz, den ich, den wir beide durchlebt haben, hat uns diese ganze Geschichte am Ende nur noch stärker gemacht. Wir wissen mehr als jemals zuvor, dass wir uns gegenseitig brauchen und dass wir vermutlich füreinander bestimmt sind.“
„Füreinander bestimmt“, murmelte die Chefärztin und ein neuerlicher Anflug von Traurigkeit huschte über ihr Gesicht. Lieutenant Tellom erkannte sofort den Stimmungswechsel bei ihrer Freundin und fragte besorgt:
„Was ist denn los?“
Fast schon hilflos warf Frasier ihre Arme gen Decke und stemmte diese dann trotzig in die Hüften, so als müsse sie gegenüber jemandem Stärke demonstrieren, was angesichts des momentanen Gesprächsthemas völlig unsinnig war.
„Wie erkenne ich den Richtigen, Arena?“ fragte sie hilflos.
„Ich verstehe nun“, erkannte Arena und verstand dabei jedoch überhaupt nichts. Natürlich wusste sie davon, dass Dr. Frasier höchstwahrscheinlich Gefühle für Matt Price empfand. Schon als sie ihn vor fast drei Jahren das erste Mal gesehen hatte, war es um Elizabeth geschehen gewesen. Und dann hatte es fast so ausgesehen, als würde der Halbbetazoid diese Gefühle erwidern. Doch sie alle schienen sich geirrt zu haben. Dann dieser Vorfall mit Danny Bird... natürlich, wieso war ihr das nicht schon früher aufgefallen? Immerhin war Danny der beste Freund von Ardev und daher hingen sie viel zusammen herum. Anscheinend war ihnen nie aufgefallen, dass der junge Sicherheitschef des Schiffes etwas für Elizabeth Frasier empfand. „Du weißt nicht, für wen du dich entscheiden sollst.“
„Ich weiß nicht mal, ob ich mich überhaupt entscheiden sollte“, entgegnete Dr. Frasier traurig. „Auf der einen Seite ist da dieser exotische Traummann, auf den ich schon ein Auge geworfen habe, seit er zu uns an Bord gekommen ist. Immer wieder habe ich ihm versteckte Avancen gemacht und ab und zu hatte ich das Gefühl, auch er würde mit mir flirten. Dann, für einen kurzen Moment, kamen wir uns wirklich näher, nur um dann immer weiter auseinander zu driften. Nun kommt es mir so vor als wären wir uns so fern wie noch nie zuvor und ich kenne nicht den Grund dafür. Zu allem Überfluss muss ich nun auch feststellen, dass mich ein Mann begehrt, der mehrere Jahre jünger ist als ich und dessen Zuneigung ich mir niemals bewusst gewesen bin. Ich weiß nicht, was ich machen soll.“
„Gibt es schlechtere Partien als Danny Bird?“ stellte Tellom mitfühlend die Frage in den Raum.
„Nein, er ist ein wundervoller Mensch, sehr einfühlsam und seine Ansichten sind sehr... romantisch.“
„Aber?“
Frasier blinzelte mehrfach, so als müsse sie einige überflüssige Tränen zurückhalten, bevor sie weitersprach:
„Ich denke nicht, dass ich gut genug für ihn bin.“
„Wie kannst du so etwas nur sagen?“ fragte Lieutenant Tellom entsetzt. „Du bist eine sehr attraktive Frau, hochintelligent und bekleidest einen wichtigen Posten an Bord dieses Schiffes. Die meisten Männer würden sich danach sehnen nur ein Abendessen mit dir verbringen zu können.“
„Das meine ich doch gar nicht“, unterbrach die Chefärztin ihre Freundin und achtete dabei darauf, dass ihre Gesprächslautstärke gering blieb. Bisher hatte niemand auf der Brücke von ihrem kleinen Problem mitbekommen und wenn es nach ihr ging, so sollte es auch bei diesem Zustand bleiben.
„Was ist es denn dann?“
„Ich weiß nicht, ob ich Danny liebe.“
„Wie das?“ stutzte Arena Tellom. „Entweder man liebt jemanden oder man tut es nicht.“
„Es ist mir klar, dass sich das unsinnig anhört“, gab die Chefärztin zu, „aber derzeit herrscht ein solches Gefühlswirrwarr in mir, dass ich keine definitive Aussage dazu machen kann. Auf der einen Seite sehne ich mich wirklich nach einem Mann, an den ich mich anlehnen kann. Mit dem ich über meinen Tag reden oder einfach nur seine Nähe spüren kann. Bisher dachte ich immer, dass Matt Price dieser Jemand sein könnte. Nun scheint dieser unerreicht, dafür tritt Danny auf und bietet mir all dies an. Ein Teil meiner Persönlichkeit möchte mich dazu motivieren einfach Ja zu sagen und das Angebot anzunehmen. Der andere Teil warnt mich vor einem Schnellschuss. Ich möchte dem armen Danny nicht einfach zumuten, zweite Wahl zu sein. Er verdient eine Frau, die ihn ebenfalls so sehr liebt wie er mich liebt und ich weiß nicht, ob ich diese Frau sein kann.“
Arena nickte und verstand. Zum ersten Mal verstand sie die ganze Sache, nur leider konnte sie ihrer Freundin keinen Rat zu diesem Problem erteilen.
„Das Problem bei der Liebe ist, dass jeder sie selbst für sich entdecken muss. Ich traue mich auch nicht wirklich dir einen Rat in dieser Sache zu geben, der möglicherweise nach hinten losgehen könnte. Jedoch bin ich der Meinung, dass du glücklich werden solltest und das kannst du am besten mit dem Mann, der bereit ist dich bis zum Letzten zu lieben.“
Statt einer Antwort drückte Frasier ihre Freundin kurz an sich, signalisierte ihr so stumm ihren Dank und begab sich dann wieder auf die Krankenstation. Persönliches Glück, darum ging es doch letztendlich. Hatte sie nicht auch, nach all den Jahren der Aufopferung, ein Anrecht darauf?
Es war nicht schwer gewesen ihn hier zu finden. Betazed City bot einige hervorragende Gärten und Seen, an denen sich gerne Menschen zurückzogen, um ganz ungestört zu sein. Anhand ihres kurzen emotionalen Kontaktes hatte Marissa recht schnell erahnen können, dass Matt Price kein Mann war, der der Herde hinterherlief und höchstwahrscheinlich einen der abgelegenen, kleineren Parks aufsuchen würde. Tatsächlich fand sie ihn an einem kleinen See vor, sich selbst gegen einen massiven Baum gelehnt und die Segelschiffe, die auf dem Wasser daherglitten, beobachtend. Er schien ihre Ankunft gar nicht zu bemerken und so blieb ihr die Möglichkeit Matt einige kurze Momente zu beobachten. Was für ein wundervoller Mann er doch war. Sie wusste nicht so recht, wieso sie so empfand, doch gleich am ersten Tag hatte sie sich von ihm angezogen gefühlt. Vielleicht war es seine leicht rebellische Ader gewesen, die eine solche Magie auf sie ausgestrahlt hatte. Möglicherweise lag es auch an seinem Wortwitz, seiner scheinbaren Lässigkeit, die am Ende doch so aufgesetzt war, um einen weichen Kern zu schützen Doch Marissa wusste, dass sie niemals eine Chance bei Matt Price hatte. Dieser Mann hatte genug Probleme, noch eine Frau in seinem Leben konnte er sich nicht leisten. Ohne sich so recht anzumelden setzte sie sich neben ihn auf das weiche Gras und beobachtete die Schiffe, die in den Sonnenuntergang segelten.
„Hi“, begrüßte sie ihn schließlich und blickte ihn aus ihren schwarzen Augen an.
Matt selbst starrte jedoch weiterhin das Wasser an.
„Schön, dass sie gefragt haben, ob sie mir Gesellschaft leisten dürfen“, grummelte er.
„Okay“, lächelte Marissa fürsorglich, „darf ich mich setzen?“
„Nein.“
„Nun, ich habe im Moment jedoch keine Lust wieder aufzustehen und da das hier ein öffentlicher Park ist kann ich mich hinsetzen, wohin ich will. Ist ja nicht mein Problem, dass sie hier in der Nähe sind.“
„Du verdrehst auch alles so lange, bis es dir passt, was?“ fragte Price genervt und rupfte gelangweilt etwas Gras aus dem Boden.
„Möchten sie darüber reden?“ startete die Seminarleiterin einen neuerlichen Anlauf.
„Ich wüsste nicht, was es dazu bereden gäbe“, meinte Price. „Sie haben mich ganz unverfroren angemacht. Wenn ihr euch das unter femininer Emanzipation verstellt, dann Prost Mahlzeit.“
„Das meine ich doch gar nicht“, entgegnete Marissa und verzieh ihm diese verbale Entgleisung, da sie wusste, sie diente nur der Ablenkung. „Ich rede von ihren anderen Problemen.“
„Ich habe jede Menge... keine Ahnung, welche sie meinen.“
„Wir können auch alle Stück für Stück durchgehen“, bot Marissa großzügig an und erntete dafür einen entsetzten Blick vom ersten Offizier der Monitor. „In dem kurzen Moment unserer vollkommen Öffnung habe ich deine Sorgen und Ängste gespürt. Meine Aufgabe hier ist es den Menschen zu helfen. Lass mich dir helfen!“
Price antwortete darauf nicht, sondern grummelte einfach nur vor sich hin.
„An ihrem sehnsüchtigen Blick auf das Wasser erkenne ich zum Beispiel, dass sie eine besondere Beziehung zu Betazed haben. Ist dem nicht so?“
„Kann wohl sein.“
„Erzählen sie mir darüber.“
„Es...,“ Price räusperte sich und dachte dann kurz nach. Wieso sollte er dieser wildfremden Frau, die er erst ein paar Tage kannte und die ihn fast ins Bett gezogen hatte, von seinen Problemen erzählen? Andererseits, sie wusste schon einiges von ihm durch den Kontakt... konnte es schaden sich jemandem anzuvertrauen?
„Ich bin Halbbetazoid, aber dies ist erst das zweite Mal, dass ich überhaupt hier bin“, erklärte der Commander.
„Ach ja?“
„Ja. Das erste Mal war ich während des Krieges hier stationiert gewesen und habe mit ansehen müssen, wie das Dominion diese Stadt in Schutt und Asche gebombt hat... und die Menschen die hier lebten gleich mit dazu.“
Marissa nickte verständnisvoll. Auch sie hatte während der Invasion hier in der Hauptstadt gelebt und den Schrecken hautnah mitbekommen. Es war beileibe kein schöner Anblick gewesen.
„Wieso erst das zweite Mal? Hatten sie keine Gelegenheit bekommen öfters hierher zurückzukehren?“
„Doch, aber ich wollte nicht“, gab Price offen zu, „aber mir lag nichts daran mein genetisches Erbe zu erkunden.“
„Wieso?“
„Weil mein betazoidischer Vater ein Schwein war“, fluchte Matt und fing sich im nächsten Moment wieder. „Er hatte sich eine kurze schöne Zeit mit meiner menschlichen Mutter gemacht und sie dann sitzen lassen. Ich habe noch heute keine Ahnung, wer er ist. Von Alimente oder sonstiger Hilfe haben wir nie etwas gesehen, als sie sich auf Rigel fast zu Tode geschuftet hat und ich in einem miserablen Stadtviertel voller Bandenkämpfe und Drogen aufgewachsen bin. Ich hatte fast schon einen Selbsthass auf meine betazoidische Seite entwickelt und dementsprechend auch nie ein Interesse daran gehabt hierher zu kommen. Dass ich hierhin versetzt worden war, war auch nur ein Zufall gewesen, nichts Weiteres.“
„Sie sind auf Rigel groß geworden? Muss eine harte Zeit gewesen sein!“ meinte Marissa mitfühlend.
„Alle Gerüchte über den Planeten stimmen... zumindest als er noch in seiner hochindustriellen Phase war. Heute hat sich die Situation glücklicherweise merklich verbessert. Nur leider zu spät für mich.“
„Haben sie deswegen Probleme mit Gefühlen?“
Price sah sie irritiert an.
„Wie meinen sie das?“
„Ich habe während unseres Kontaktes mehrere emotionale Bindungen gefühlt... auf der einen Seite eine Art Liebe und auf der anderen Seite...
„... meine Imzadi, “ vervollständigte der Halbbetazoid den Satz.
„Sind sie mit einer dieser Frauen zusammen? Verheiratet?“
„Mit keiner der beiden.“
„Wieso?“
„Tja, wieso nur?“ murmelte Price und seufzte schwermütig. „Wenn ich eine Antwort darauf wüsste... die Frau, die ich eigentlich im Moment liebe, mit der kann ich nicht zusammen sein und zwar wegen meiner Imzadi. Vor einigen Monaten hatten wir ein stürmisches Widersehen und daraus resultierte nun eine Schwangerschaft.“
„Hört sich vertrackt an... lieben sie die Schwangere denn?“
„Sie ist meine Imzadi, das sollte ja wohl alles klären.“
„Stimmt wohl“, gab Marissa zu und verstand langsam die vertrackte Situation. „Und nun fürchten sie ihre Imzadi, die für den Rest ihres Lebens wahrscheinlich auf ihre Unterstützung angewiesen ist, zu verraten, wenn sie sich ihrer derzeitigen Liebe hingeben; umgekehrt sieht es wohl genauso aus.“
„Stimmt wohl.“
„Wissen die beiden voneinander?“
„Nein.“
„Vielleicht wäre es besser ihnen voneinander zu erzählen, “ schlug die Seminarleiterin vor.“
„Möglicherweise... das könnte aber auch eine ganz falsche Entscheidung sein.“
„Leider weiß man dies vorher nie. Ist das Kind schon auf der Welt?“
„Es müsste bald soweit sein.“
„Und werden sie beider Geburt dabei sein?“
„Ich weiß nicht, ob ich das zeitlich schaffen werde“, gab Matt zu und klang dabei äußerst enttäuscht über sich selbst. Es war komisch, je länger sie hier saßen, desto leichter fiel es ihm über diese privaten Probleme zu sprechen. Fast schon schien es, als hätte er nur auf einen solchen Moment gewartet.
„Gut, dass ich nicht auch noch die dritte Frau im Bunde wurde“, lachte Marissa und sogar Price lächelte angesichts ihrer Worte.
„Ja, einmal im Leben habe ich echt Glück gehabt.“
„Werden sie für das Kind sorgen?“
Fast schon entsetzt blickte Matt die Seminarleiterin an:
„Hören sie mal, ich bin doch nicht so ein mieses Schwein wie mein Vater! Wir mögen zwar die selben Gene besitzen, aber ich werde nicht die selben Fehler begehen. Meine Imzadi und ich scheinen vielleicht nicht mehr zusammenzukommen, geschweige denn zu heiraten, aber ich werde immer für das Kind da sein.“
„Es freut mich, dies zu hören. Nichtsdestotrotz scheint ihr Leben sehr durcheinander gewirbelt worden zu sein. War dies schon immer so gewesen?“
„Eigentlich nicht.“
„Kennen sie die Gründe?“ hakte die junge Frau nach.
„Ich denke schon. Zum einen wäre da der aktuelle Krieg...“
„Der scheint jeden zu bedrücken“, machte ihm Marissa Mut, „sie sind nicht der einzige, der sich darum Sorgen macht.“
„Stimmt zwar, aber nicht jeder ist so nah dran wie ich“, gab Matt zu.
„Nah dran? Ach ja, sie waren mal hier stationiert... sind sie noch bei der Sternenflotte?“
„Ja, in etwa... Politik gehört zu meinem Geschäft.“
„Sie stehen in ihrem Beruf sicherlich unter einer enormen psychischen Belastung.“
„Korrekt.“
„Sonst noch etwas, was sie in letzter Zeit emotional belastet hat?“
Matt überlegte. Er hatte ihr schon so viel gesagt, wieso nicht auch noch über dieses Thema reden? Vielleicht hatte sie endlich die Lösung für ihn, auch wenn er vermutlich selbst nicht an diese Möglichkeit dachte. Andererseits, sie waren schon so weit in ihrem Gespräch gekommen, wieso nicht auch noch den letzten Schritt gehen? Matt nahm allen Mut zusammen und erklärte:
„Ich befinde mich in einer spirituellen Krise.“
„Ach, wieso das denn?“ fragte Marissa warmherzig.
Fast schon unsicher blickte der erste Offizier zum Wasser hinaus, bevor er sagte:
„Vor einigen Monaten habe ich etwas gesehen, was nur wenigen Personen vorher vergönnt gewesen ist.“
„Das da wäre?“ hakte Marissa nach. Auch sie war nun äußerst neugierig geworden, spürte sie doch aufgrund ihrer empathischen Fähigkeiten Matts inneren Konflikt.
„Ich habe ein übernatürliches Wesen gesehen.“
„Sie meinen Q?“
„Nein, ein anderes.“
„Welches?“
„Elawuhr“, gab Price zu.
„Sie nehmen mich auf den Arm.“
„Wenn sie mich scannen, werden sie merken, dass ich nicht lüge.“
Tatsächlich kniff Marissa kurz ihre Augen zusammen und riss sie dann überrascht auf, als seine Aussage bestätigt wurde.
„Genau so habe ich auch gedacht“, meinte Price zu ihr. „Stellen sie sich vor, sie leben ein ganz Leben lang ihr leben und sie denken, es läuft in geregelten Bahnen. Und auf einmal sehen sie etwas, womit sie niemals gerechnet haben und nun ist nichts mehr so wie es früher einmal gewesen ist. Plötzlich muss ich mich der Frage widmen: habe ich bisher ein falsches Leben gelebt? Ein gottloses, wie manche es nennen?“
„Sie fragen sich, ob es ein höheres Wesen gibt?“ stellte Marissa fest.
„Man kann da ruhig spezifischer werden: ich frage mich, ob Gott existiert.“
Marissa nickte und stieß sogar ein leises Pfeifen aus.
„Also auf den letzten Punkt kann ich ihnen keine Antwort geben, denn das ist wirklich zu vertrackt. Lassen sie mich ihnen aber sagen, dass sie sich ihren Gefühlen stellen müssen! Noch vielmehr, sie können sie ausleben! Sie müssen nicht so wie ihr Vater enden. Sorgen sie für ihr Kind, aber gönnen sie sich auch das Glück einer neuen Liebe. Diese beiden Dingen müssen sich nicht gegenseitig aufheben.“
Statt einer Antwort dachte Price nur nach. War dies tatsächlich möglich? Er wollte daran glauben...
Zum ersten Mal seit Stunden ließ die Monitor wieder ihre Tarnung fallen und fiel auf Impuls zurück. Doch sie tat dies nicht um ihre Maschinen zu entlasten – was bei Schiffen der Defiant Klasse sowieso fast nie nötig war – sondern um sogleich in ein halsbrecherisches Manöver überzugehen.
Mit voller Impulsgeschwindigkeit raste das Schiff durch einen dichten Asteroidengürtel. Zwischendurch feuerte es kurzen Salven aus den Phaserkanonen ab. Einige kleinere Felsbrocken wurden zerstört und die Monitor tarnte sich wieder. Nur um sich einige Momente später, an einer völlig unerwarteten Stelle, wieder zu enttarnen und neue Manöver durchzuführen.
Die Monitor wiederholte solche und ähnliche Manöver immer und immer wieder.
„Mr. Locarno, wie geht es Ihnen?“ Fragte Admiral Iluzio. Er stand zwischen dem Stuhl des Kommandanten und der Steuerkonsole. Inzwischen führten sie schon seit einer knappen Stunden Manöver durch.
Und die Anspannung war Locarno deutlich anzusehen. Obwohl er der Beste Pilot seines Jahrganges war forderte eine solche Reihe hoch anspruchsvoller Manöver, die zum Teil gar nicht zu dem normalen, vorprogrammierten Standard Manövern eines Raumschiffs gehörten, eine hohe Konzentration.
„Es geht schon Admiral.“, antwortete der junge Pilot.
Iluzio sah es aber in seinen Augen. „Wir machen eine kurze Pause. Mr. Locarno, stärken sie sich etwas, wir werden in 15 Minuten fortfahren.“
Locarno stand sofort auf und ging in den hinteren Teil der Brücke um sich etwas aus dem Replikator zu holen. Ein junge Frau nahm für ihn die Position des Piloten ein und hielt die Monitor ruhig im Raum.
„Mr. Ardev, wie ist der Status des Schiffs?“ fragte der Benzite.
„Das letzte Manöver hat Strukturintegrität etwas überfordert. Anspannung lag bei 109%. Schilde, Deflektoren und Sensoren normal, ebenso die anderen Subsysteme. Die Tarnung hat aber etwas gelitten. Die Reaktionszeit hat sich um 26% verlangsamt. Auch ist sie im Bereich 15 Alpha durchlässig geworden.“ Berichtete Ardev neutral. Auch ihn hatten die Manöver gefordert. Er hatte schließlich alle Schäden registrieren müssen, um Änderungen in den Manövern abzuspeichern, damit sie bei neuem Gebrauch einwandfrei funktionierten.
„Lassen Sie die Schäden beseitigen. Mr. Bird, Ihr Bericht.“ Wies Iluzio an.
„Alle Waffensysteme reagierten perfekt, Jedes Ziel wurde an der gewünschten Stelle getroffen und zerstört.“ Erklärte Bird mit ein wenig stolz, der in seinen Augen aufblitzte.
Iluzio sah auf sein PADD und dann zu jedem auf der Brücke. „Ich spreche Ihnen allen hiermit ein Lob aus. Sie haben perfekte Arbeit geleistet und viel für diese Mission und die Föderation getan. Ich habe jetzt überhaupt keinen Zweifel mehr, dass diese Mission fehlschlagen könnte.“
Alle Offiziere nickten dankend und freuten sich über das Lob. Nick Locarno, dem dieses Lob an erster Stelle galt, fragte sich, wann ihn Lewinski das letzte Mal gelobt hatte, ob er ihn überhaupt jemals gelobt hatte.
„Wir werden in Kürze eine letzte Testreihe durchführen. Sie wird nicht lange dauern.“ Er wandte sich an die Pilotin und gab ihr die Ziel Koordinaten. Sie gab sie sofort ein und flog los.
John Lewinski, der die ganze Zeit ruhig in seinem Stuhl gesessen hatte, konnte nicht mehr anders. Jetzt musste er sich einmischen.
„Wozu fliegen wir dorthin Admiral? Das Ziel ist ein Stern, ein roter Riese um genau zu sein.“
„Sie haben das richtig beobachtet Captain. Wir werden nichts Weltbewegendes an ihr testen. Nur einige kleine Untersuchungen um herauszufinden, wie viel die Hülle tatsächlich aushält.“
Er konnte es nicht glauben. Iluzio hatte vor, Belastungstests an der Hülle des Schiffes durchzuführen. Bei einem roten Riesen waren diese Test so riskant, dass die Föderation sie schon für einige Schiffsklassen verboten hat und auch für die Monitor waren solche Tests nicht ungefährlich. Eine falsche Fluglage, ein winziges Zögern in der Reaktion und es bestand die Gefahr zu verglühen.
Lewinski stand auf und sprach mit dem drohendsten Tonfall, den er in seiner Kehlkopf hatte. „Admiral, zu welchem Zweck führen wir diese Tests durch? Welchen Teil tragen sie zu dieser Mission bei?“
Iluzio antwortete mit einem scharfen Blick.
„Damit ich weiß, wie viel ich der Monitor zumuten kann.“
„Ich weiß, was die Monitor leisten kann. Wenn Sie mehr auf mich zukommen würden, hätten wir schon längst die Mission abschließen können.“
„Ach wirklich Captain Lewinski? Ich trage die Verantwortung für diese Mission und das Gelingen derselben. Also muss ich mich auch von der funktionstüchtig des Schiffes selbst überzeugen.“ Im Gegensatz zu Lewinski, der schon beinahe schrie hielt der Admiral seinen ruhigen Tonfall bei. Auch wenn jetzt jeder auf der Brücke hörte, dass der Admiral Lewinski wirklich von Grund auf hasste.
„Mein Schiff ist...“
„Ihr Schiff? Dies hier ist ein Schiff der Vereinten Föderation der Planeten. Erbaut von, durch und für die Bürger der Vereinten Föderation der Planeten. Und solange dies so ist, solange die Sternenflotte ein hierarchisches System hat, habe ich die Befehlsgewalt auf diesem Schiff.“
„Das will ich bezweifeln.“
„Mir ist egal, was sie wollen, Sie sollen nur ihre Befehle befolgen.“ Jetzt schrie sogar der Admiral. Beide waren so laut, dass der Streit sogar draußen auf den Korridoren zu hören war.
„Ich werde aber nicht tatenlos zusehen, wie sie das Schiff und die Crew der Monitor blind in den Tod schicken. Diese Tests sind durch nichts gerechtfertigt.“
„Es ist alles gerechtfertigt. Captain Lewinski, Sie und ihre Crew haben alle einen Eid auf die Föderation geschworen und damit auch den Eid darauf in den Tod zu gehen, wenn es dem Wohle der Föderation nutzt.“
„Aber Sie nutzen dem Wohle der Föderation auf keinem Fall. Ich lehne es hiermit offiziell ab, auch nur einen weiteren Befehl ihrer Mission zu befolgen, die anscheinend nur in ihrem Geiste existiert.“ Er wandte sich an die Pilotin. „Crewman Dalakow, vollen Stopp.“
Für einige Sekunden herrschte wieder ein solch gespenstische Stille auf der Brücke der Monitor, das man meinen könnte, sie würde einen gleich erschlagen.
Lewinski sah dem Admiral direkt in die Augen. Er hatte schon das Gefühl in sich, endlich triumphiert zu haben, doch...
Doch die Augen des Admirals hatten nichts von dem unbeugbarem Willen verloren, den Lewinski schon gesehen hatte, als Iluzio durch die Luftschleuse getreten war.
„Sie lassen mir keine Wahl John.“ Er sprach wieder so ruhig, wie man es von ihm gewohnt war. „Ich entbinde Sie hiermit von ihrem Kommando und beschränke Sie auf ihr Quartier. Im Namen der Sternenflotte kann ich es nicht zulassen, dass Sie der Mission länger im Weg stehen.“
Alle schauten gebannt auf Lewinski. Sie hatten zwar alle geglaubt, dass die erste Stille schlimm war, doch diese übertraf all ihre Ängste sogar noch.
„Finden Sie den Weg in ihr Quartier alleine oder muss ich die Sicherheit kommen lassen?“
Lewinski überdachte die Optionen. Wenn er es darauf ankommen ließ und den Admiral einsperren ließ, welcher Schaden mochte dann für die Föderation bestehen? Durfte er dieses Risiko eingehen?
Er sah in die Runde, in die Gesichter seinen Offiziere, erinnerte sich daran, in welchen heiklen Situation sie schon waren. Und er erinnerte sich an die Fähigkeiten seiner Offiziere. Daran, dass er ihnen blind vertrauen konnte. Und jetzt musste er darauf vertrauen, dass sie diejenigen waren, die die Mission abbrachen, wenn er nicht auf der Brücke war.
Langsam, wie in Zeitlupe löste sich Lewinski und verließ die Brücke. Mit jedem Schritt wurde er schneller und rannte am Ende in sein Quartier, indem er seiner Wut freien Lauf ließ und den Tisch, der in der Mitte des Raumes stand, zu Boden warf.
Er schrie laut auf und lehnte sich an die Wand seines Quartiers. Er musste wieder zu Ruhe kommen. Um schnell wieder auf dem Stuhl auf der Brücke zu sitzen.
Auf der Brücke durchbrach Iluzio die Stille. Auch er musste sich sammeln. Dass so etwas passierte hatte er zwar auch bedacht, doch niemals damit gerechnet. Jetzt kam es wirklich darauf an, dass die Crew so gut war, wie er gehört und erlebt hatte.
„Mr. Ardev, Sie übernehmen das Kommando, suchen Sie einen Ersatz für ihren Posten. Gehen Sie in einen hohen Orbit um den Riesen, wir werden die Tests in einer Stunde beginnen. Ich bin solange in meinem Quartier.“ Und mit diesen Worten verschwand auch Iluzio.
Alle Blicke richteten sich auf Ardev. Auf dem plötzlich so viel Druck lastete, wie noch nie in seinem Leben.
„Und? Was hat dieser Admiral in der Zwischenzeit angestellt?“ Die Wut war noch immer deutlich in Lewinskis Stimme zu hören. Inzwischen waren 6 Stunden vergangen, seitdem er von seinem Kommando entbunden worden war. Und der Admiral hatte sich nicht einmal blicken lassen um mit ihm zu sprechen. Er hatte ebenso alle Anfragen Lewinskis auf ein Gespräch abgewiesen.
Der Besuch seiner beiden – im Moment – wichtigsten Offiziere Ardev und Frasier war da eine gewünschte Abwechslung. Denn normalerweise hielt man es in den Quartieren der Monitor nur dann sechs Stunden aus, wenn man tief und fest schlummerte.
John saß auf seinem Bett und sah in die leeren Gesichter der beiden Offiziere, die ihm gegenüber auf zwei Stühlen Platz genommen hatten.
„Wir haben die Tests durchgeführt.“ Antwortete Ardev.
„Das habe ich gespürt.“ Entgegnete Lewinski, zynischer, als er es gewollt hatte. „Ich konnte aus Angst vor dem Schiff kein Auge zumachen. Die Überbeanspruchung des SIF war überdeutlich wahrzunehmen. Wieso haben Sie die Tests nicht abgebrochen?“
Ardev wollte gerade antworten, als Doktor Frasier ihm ins Wort fiel: „Sir, geht es Ihnen gut? Lassen Sie mich untersuchen, dann kann ich Ihnen auch ein Mittel geben, damit Sie sich entspannen können.“
Völlig entgeistert sah er zur Schiffsärztin und antwort ein krampfhaft ruhiges: „Ich bin entspannt.“ Nachdem Lewinski dann Fraisers enttäuschten Gesichtsausdruck sah, wechselte er das Thema. „An ihrer Stelle würde ich einmal Iluzio untersuchen. Ich bin nicht davon überzeugt, dass er alle Tassen im Schrank hat.“
„Sir, Admiral Iluzio hat mir aus ärztlicher Sicht bisher keinen Grund gegeben, einen solchen Anlass zu vermuten. Im Gegenteil, er handelt sogar sehr rationell und immer Schritt für Schritt.“
„Und wenn er die Monitor sehr rationell und Schritt für Schritt in den Tod stürzt?“ kommentierte Lewinski trocken.
„Sir, wir haben keinen Grund zu der Annahme, dass Iluzio eine Gefahr ist. Ich muss dem Admiral sogar Recht geben. Es war, wenn ich es sagen darf, ihr Verhalten, dass diese Mission gestört hat.“
Nachdem Ardev diese Worte gesprochen hatte bereute er sie schon. Lewinskis Blick hätte ihn fast getötet.
Und der junge Andorianer sah sich schon am Rande eines Vulkans, doch der Captain explodierte nicht. Sein Verhalten überraschte sogar beide. Er wurde ruhiger. Auch wenn Ardev vermutlich die neu gewonnenen Autorität und Position zu Kopf gestiegen war.
Lewinski stand auf und ging zu seinem Replikator. Er bestellte ein Glas Wasser und hob es dann in seinen Händen. Durst hatte er im Grunde keinen, er wollte sich nur etwas abkühlen.
„Diese Mission entwickelt sich zu einem Fiasko.“ Erklärte Lewinski, der zu seiner gewohnten Ruhe zurückgefunden hat. „Ich weiß auch nicht, was mit mir los war. Können Sie mir vielleicht sagen, wieso ich blind geurteilt habe und so mit Vorurteilen behaftet war?“ Er wartete erst nicht eine Reaktion seiner beiden Offiziere ab und fuhr fort. „Welches Problem habe ich mit dieser Mission. Klammerte ich aus der Angst mein Kommando zu verlieren so sehr an ihm, dass ich jeden Admiral als Feind sehe?“
Frasier, die ja auch einige Seminare in Psychologie belegt und erfolgreich abgeschlossen hatte, nickte nur. „Ja diese Möglichkeit besteht natürlich. Sie haben in den letzten Jahren sehr viel durchgemacht.“
Lewinski trank einen Schluck Wasser. „Sie, das Schiff, sind alles...“ Er zögerte und vergegenwärtigte sich die Worte, die er sagen wollte. Und als er sie dann sprach, klang er plötzlich verwundbarer wie noch nie zu seiner Zeit als Kommandant. „... alles, was ich im Leben habe.“
In diese Stille hinein, ohne Ardev und Frasier die Möglichkeit zu geben, das Gehörte zu verarbeiten, ertönten die Sirenen des roten Alarms. Das Quartier des Captains wurde plötzlich in die typische rote Farbe gehüllt und sorgte für den nötigen Adrenalinschub bei jedem Offizier.
Und als sich dann noch der Admiral über Interkom meldete, war der Rest getan.
„Alle Mann auf Kampfstationen, Führungsoffiziere auf die Brücke. Unsre Mission beginnt.“
Angesichts des Ereignisses hatte Marissa ihr strahlendstes Lächeln aufgelegt. Mit diesem warmherzigen Gesichtsausdruck blickte sie in die Runde der ebenfalls fröhlichen Seminarteilnehmer. Unter ihnen befand sich ebenfalls Matthew Price, der entgegen seinen früheren Ankündigungen, bis zum Schluss geblieben war, worüber sich die junge Frau am meisten freute.
„Liebe Teilnehmer, nun haben sie es endlich alle geschafft,“ erklärte Marissa fröhlich, „sie alle haben den Kurs bestanden und können so einen neuen Abschnitt in ihrem Leben antreten. Vom heutigen Tage an wissen sie besser mit ihren empathischen Fähigkeiten umzugehen. Sie können diese auf ganz neue Arten und Weisen nutzen. Doch bedenken sie immer, was für eine große Verantwortung ihnen auch obliegt. Stets müssen sie gewissenhaft mit ihren Kräften umgehen und dürfen diese niemals manipulierend einsetzen. Ihnen allen wünsche ich auf ihrem weiteren Weg alles Gute!“
Die Anwesenden klatschten höflich und holten sich dann ihr Zertifikat ab, das ihnen das bestandene Seminar bescheinigte. Als letzter stand Matt Price in der Schlange und machte so deutlich, dass er noch einige Worte mit der Leiterin wechseln wollte.
„Mr. Price, ich kann ihnen gar nicht sagen, wie glücklich ich darüber bin, dass sie bis zum Schluss geblieben sind“, meinte Marissa freundlich.
„Was denken sie wie glücklich ich bin diese Langeweile ausgehalten zu haben?“ erwiderte Price keck und räusperte sich kurz.
„Sie möchten was sagen?“
„Ja“, gab Matt zu. „Ich habe über ihre Worte nachgedacht.“
„Und?“ fragte Marissa voller Vorfreude.
„Ich fürchte ich bin nicht bereit für eine neue Beziehung.“
„Wieso das?“ fragte die Betazoidin enttäuscht. Mit diesem Ausgang war sie alles andere als zufrieden.
„Es ist etwas was ich nicht erklären kann“, rang der erste Offizier um Worte, „meine ganze bisherige Lebenserfahrung sagt mir jedoch, dass es besser ist, wenn ich meine Freiräume habe. Die Gefahr, dass mich eine Beziehung einengen und so meine Arbeitsleistung schädigen könnte, ist einfach zu groß.“
„Das ist aber ein sehr kalter Ansatz, um das Problem anzugehen.“
„Ich weiß, “ gab Matt traurig zu und schaffte es diesmal nicht so selbstsicher wie sonst zu wirken, „aber so bin ich nun mal. Dies ist Teil meines Wesens. Ich kann dies nicht ändern.“
„Ich glaube sie irren sich“, versuchte Marissa ihm ein letztes Mal Mut zu machen, „sie versagen sich möglicherweise sehr viel Glück.“
„Möglicherweise. Doch wir werden dies wohl nie herausfinden. Vielen Dank für ihre Hilfe, Marissa.“
Damit verließ Matt Price den Raum und damit auch Betazed. Noch immer war er keinen Schritt näher an der Lösung seiner Probleme. Ganz im Gegenteil, es schien fast so als würde alles nur noch schlimmer werden.
Als Ardev, Frasier und Lewinski die Brücke betraten, war die Luft bereits so dick, dass man sie schneiden konnte. Iluzio stand neben der Wissenschaftsstation und sah mit einem ernsten Blick zu den drei Offizieren. Frasier nahm einer Konsole Platz, um nicht im Weg zu stehen und Ardev setzte sich in den Stuhl des Captains.
Lewinski und Iluzio sahen sich nur an.
„Es wird Zeit, dass Sie sehen, was ich vorhabe.“ raunte der Admiral John Lewinski zu. Beide wandten daraufhin ihre Aufmerksamkeit dem Hauptbildschirm, der bisher noch Warpsterne zeigte. „Zeigen Sie es uns Ms. Tellom.“
Arena, die die Position des Wissenschaftsoffiziers übernommen hatte, solange ihr Mann Kommandant war, zeigte das Objekt der Begierde. Und alle – wirklich alle – kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie sahen...
Einen Borg Kubus.
Lewinski trat sofort näher an den Bildschirm heran. „Taktische Analyse.“ Befahl er sogleich.
„Es ist ein taktischer Kubus der Klasse 4. Ich erkenne aber einige Schäden, die zur Zeit repariert werden. Transwarpantrieb, Waffen, Sensoren. Ich kann außerdem ein leichtes Schwanken im Energieverteilungssystem erkennen.“ Berichtete Tellom schnell. Natürlich wusste die Sternenflotte seit der Rückkehr der Voyager viel mehr über die Borg, als sie je unter normalen Umständen erfahren hätte.
„Was machte der Kubus hier? Ich dachte, die Voyager hätte...“ Danny Bird wirkte sichtlich verwirrt.
„Ja, sie hat einen wichtigen Knotenpunkt der Borg zerstört. Wodurch sehr viele Kuben in weit entfernten Gebieten gestrandet waren. So wie dieser hier, der jetzt nur auf dem Weg nach Hause ist.“ Erklärte der Admiral.
„Mr. Woil, Status der Tarnung?“ erkundigte sich Lewinski über die Interkom.
„Funktioniert tadellos Sir.“ Antwortete der Antosianer sofort.
„Sorgen Sie dafür, dass das so bleibt.“ Wies der Captain an.
„Zu Befehl Sir.“ Damit schloss er die Interkom wieder.
Lewinski näherte sich dem Admiral, dessen Siegesgewissheit nun praktisch übermenschlich zu sein schien. Und zugleich schien er so aufgeregt wie nie zuvor zu sein.
„Admiral was haben Sie nun vor?“ Lewinski fragte ganz ruhig. Zu verlieren hatte er ja nun nichts mehr. „Sie wissen, dass ein solcher Kubus, sogar in dessen Zustand, eine große Gefahr für dieses Schiff ist.“
„Captain Lewinski, mir ist diese Gefahr sehr wohl bewusst. Und ich werde alle dafür tun, um die Monitor und ihre Crew vor einer Zerstörung oder Assimilation zu schützen. Aus diesem Grunde... werde ich mich allein an Bord des Kubus begeben.“ Mit diesen Worten machte der Admiral auf dem Absatz kehrt und begab sich schon zum Ausgang, als ihn Lewinski noch einmal aufhielt.
„Sie werden uns entdecken, wenn Sie sich rüber beamen.“
„Nicht unbedingt. Wir werden unser Schiff tarnen, indem wir in ihren Sensorschatten fliegen und indem ich an Bord des Schiffes ein Gerät verwende, das meine Biosignale dämpft. Schon die Hansens haben diese Methode angewandt. Sie wird es noch dieses eine Mal tun.“
„Diese Methode hat schon bei der Voyager versagt.“ Antwortete Lewinski, der sich natürlich jeden einzelnen Bericht der Voyager durchgelesen hatte.
Iluzio drehte sich nochmals zu Lewinski um. „Ich werde 2 Minuten brauchen, um meine Ausrüstung zu holen und im Transportraum zu sein. Wenn Sie bis dahin eine bessere Methode entwickelt haben, werde ich sie sehr gerne verwenden.“
Damit trat der Admiral von der Brücke und die Türen schlossen sich hinter ihm.
„So ein Mistkerl.“ Fluchte Lewinski leise und hatte nun wieder die volle Aufmerksamkeit der Brückenbesatzung.
„Sir, wenn wir einfach die Transporter deaktivieren, oder den Warpantrieb? Dann kann er nicht mehr von Bord.“ Schlug Bird vor.
Mit großen Augen sah Lewinski zu ihm. „Arena, los.“ Wies er die junge Frau an. Doch von ihrer Konsole ertönte kein bestätigendes Signal.
„Sir, es geht nicht. Anscheinend hat er einige Sperren eingebaut.“ Berichtete sie enttäuscht.
„Können Sie sie umgehen?“ Fragte der Captain schnell.
„Ja, aber das wird zumindest zehn Minuten dauern.“ Antwortete Tellom resigniert.
Lewinski überdachte die Situation und traf die Entscheidung, die als Letzte noch vor ihm lag. „Dann bleibt uns keine andere Möglichkeit. Befolgen Sie alle Befehle des Admirals. Fliegen Sie so schnell wie möglich weg, sollten wir uns in 15 Minuten nicht zurückmelden.“ Er sah in die Gesichter seiner Kameraden. Er wusste, dass sie verstanden und rannte dann, so schnell er konnte, zum Transporterraum.
Gleich war es soweit. Er kam seinem größten Traum mit jedem Atemzug näher. Schnell tippte er die richtigen Koordinaten in die Transporterkonsole ein und gab Befehle an die Brücke weiter. Dieses Mal musste es einfach klappen. Er hatte auch schon die richtigen Biosignale auf dem Bildschirm der Wissenschaftsstation gesehen. Sein Moment war endlich gekommen. Endlich würde er wieder vollständig sein. Würde er wieder eins sein. Niemand vermochte es nun, ihn aufzuhalten.
„Stopp!“
Iluzio drehte sich um.
„Lewinski. Lassen Sie das. Es ist wirklich der falsche Zeitpunkt.“
Der Kommandant hörte in dessen Stimme ein Gefühl, dass er noch nie von ihm vernommen hatte. Er flehte.
„Wieso?“
„Ich habe keine Zeit zu antworten. Ihre Leute arbeiten sicher daran, meine Blockaden aufzuheben. Also, wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden.“
Plötzlich hatte Iluzio von der Admiralen Würde, die ihn bisher ausgezeichnet hatte, alles verloren.
Wie in Zeitlupe sah Lewinski ihn auf die Transporterplattform steigen.
„Stopp!“
„Sie wiederholen sich John.“
„Aus gutem Grund.“ Antwortete Lewinski und richtete einen Phaser auf den Benziten, der seinerseits mit einem Phasergewehr, einem Handphaser, einem Trikorder, einem Dämpfungsgerät – das an seinem Oberarm befestigt war – und anderen Kleinigkeiten, die er an seinem Gürtel festgemacht hatte, bepackt war.
„Ach John. Denken Sie etwa, ich hätte vor der Transporterplattform kein Kraftfeld aktiviert? Gehen Sie wieder auf die Brücke und übernehmen Sie das Kommando. Ich werde nicht all zu lang brauchen.“
John überlegte und ließ seine Waffe sinken.
„Na also.“ Iluzio beugte sich zu einem Kontrollfeld und betätigte den Transportauslöser. Ohne jedoch zu bemerken, wie Lewinski in wenigen großen Schritten auf ihn zugesprungen kam und ihn fest umklammert hielt, als sich die Monitor um sie herum entmaterialisierte.
Immer noch war der Borgkubus auf dem Bildschirm zu sehen, wie er dort scheinbar thronte: düster, bedrohlich. Was stand ihnen allen noch bevor? Ängstliche Blicke gingen auf der Brücke der Monitor um sich.
„Wie die Borg jetzt wohl sind?“ fragte Lieutenant Tellom besorgt.
„Meinen sie das in Bezug auf die Berichte über die Zerstörung ihres zentralen Systemkerns im Delta-Quadranten?“ fragte Danny Bird und kannte dabei schon die Antwort.
„Ich denke, darauf möchte sie hinaus“, stimmte Ardev seiner Frau zu, „wir sind seit diesem Vorfall keinem weiteren Borgschiff mehr begegnet. Die Sternenflotte hat keine Ahnung, wie sich die Borg nach dieser Niederlage verhalten. Sind sie abgeschaltet? Oder stellen sie uns gerade eine Falle und rühren sich deswegen nicht?“
„Die typischen Gedanken eines taktischen Offiziers“, meinte Chief Woil und versuchte mit seinen Worten die Atmosphäre etwas aufzulockern, was im jedoch nur leidlich gelang. Der Antosianer schien der einzige zu sein, der nicht ängstlich angesichts der Bedrohung durch die kybernetischen Wesen wirkte. Dies lag jedoch weniger an seinem Mut denn an den Aufputschmitteln, die er sich vor wenigen Stunden injiziert hatte. Das für den Markt des Alpha-Quadranten fabrizierte Ketracel-White wirkte wahre Wunder, ließ Woil sich kräftiger fühlen, als er tatsächlich war. Fast schon wünschte er sich in Kampfsituationen wie diesen würde die Sternenflotte allen Besatzungsmitgliedern dieses Mittel zur Beruhigung und zum Mutmachen verabreichen.
„Ob sie immer noch assimilieren?“ fragte Dr. Frasier.
„Das wäre zumindest die logischste Vorgehensweise“, meinte Fähnrich Locarno vom Steuer aus, „wie sonst könnten sie ihre Crewzahl konstant halten?“
„Jetzt wo das zentrale Kollektiv zerstört wurde,“ warf Ardev ein, „könnten sie genauso gut jede Logik und Vernunft, sollten die Borg so was überhaupt jemals besessen haben, über Bord geworfen haben und zu einer Art von... Zombies geworden sein, die wild um sich schießen.“
„Keine angenehme Vorstellung.“
„Lieber tot als assimiliert“, fand Bird und erntete dafür Zustimmung vom größten Teil der Besatzung.
„Hoffen wir mal, dass sie mit ihrer Assimilation recht haben“, fand Tellom, „denn einer vollen Phaserbreitseite dieses Kubus würde die Monitor nicht lange standhalten.“
Auf einmal wirkte Ardev sehr nachdenklich und fragte:
„Ob man überhaupt merken würde, wie man stirbt, wenn das Schiff explodiert? Vielleicht geht alles so schnell...“
„Das will ich eigentlich gar nicht wissen“, meinte seine Frau und drückte seine Hand.
Angesichts dieser düsteren Worte schluckte Dr. Frasier und dachte nach. Verdammt, was machte sie nur mit ihrem Leben? Da befanden sie sich zum wiederholten Male in einer Gefahrensituation und sie stand hier nur herum. Jeden Moment könnte, wenn alles schlecht lief, dieser Kubus zum Leben erwachen und das Feuer auf sie alle eröffnen. Sekundenbruchteile wären sie alle entweder tot oder selber Drohnen ohne eigenes Bewusstsein. Und solche Situationen gab es auf den Missionen der Monitor zuhauf. Immer wieder setzte sie ihr Leben aufs Spiel, ohne es wirklich in vollen Zügen gelebt zu haben? Was brachte ihr das? Es war dumm von ihr auf das Glück zu warten. Noch besser: es war dumm auf Matt Price zu warten. Zum Teufel mit ihm! Wenn ihm wirklich was an ihr liegen würde, wieso spielte er dann solche Spielchen mit ihr? Anstatt dass sie so unglücklich über die ganze Situation war, sollte Elizabeth lieber glücklich darüber sein, dass es einen Mann gab, der sie so sehr liebte. Sie blickte zu Lieutenant Bird, der immer noch mit den anderen in das grauenerregende Gespräch vertieft war. Während sie sich auf der Brücke befanden verhielt sich der Sicherheitschef völlig professionell und ließ sich nichts in Bezug auf seine Gefühle zur Ärztin anmerken. Was gab es überhaupt an ihm auszusetzen, fragte sich Frasier selbst? Er war attraktiv, intelligent und hatte eine wundervolle romantische Ader.
Wieso also warten?
Nein, ihr Leben war ihr zu schade und möglicherweise zu kurz, um immer noch aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Nein, diesmal musste sie sich selbst auch etwas gönnen.
Die Atmosphäre des Kubus zwängte sich ihnen sichtlich auf, als sich der Kubus um sie herum verdichtete. Die Dunkelheit, die hohe Temperatur, die seltsamen Geräuschen ließen sich unwiderruflich wissen, dass sie sich auf dem Schiff des schlimmsten Feindes der Föderation befanden. Auf einem Borg Kubus der gefährlichsten Sorte.
Und mittendrin: Lewinski und Iluzio, die sich in den Armen lagen wie zwei Liebende.
„Lassen Sie mich jetzt auf keinen Fall los.“
„Bitte?“ Lewinski glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Hatte Iluzio das wirklich zu ihm gesagt?
„Das Dämpfungsfeld schützt uns nur, solange Sie in meiner Nähe sind.“ Er ließ eine kurze Pause, damit der Captain begriff, wie ernst es war. „Greifen Sie an meine rechte Gürteltasche. Dort ist ein zweites Dämpfungsgerät befestigt. Befestigen Sie es an ihrem Körper und aktivieren Sie es.“
Ohne zu überlegen handelte Lewinski. Unverzüglich war er mit dem zweiten Dämpfungsgerät ausgestattet, dass der Admiral mit hatte, sollte das Erste versagen.
Erst jetzt, nachdem sich Lewinski wieder frei bewegen konnte, hatten sie die Möglichkeit, sich umzusehen. Sie standen an einer Kreuzung zweier Korridore.
„Und was machen wir hier nun?“ fragte Lewinski ungeduldig. Er hatte seinen Phaser zurück in die Tasche gesteckt, die dafür vorgesehen war.
Iluzio schien seine Frage bewusst zu überhören und konzentrierte sich stattdessen voll auf seinen Trikorder. „Wir müssen dort entlang.“ Er deutete in eine Richtung und lief auch schon los.
Lewinski musste einen kurzen Spurt einlegen um Schritt halten zu können.
„Sie könnten mir wenigstens jetzt sagen, was wir hier sollen.“ Forderte der Captain. Im gleichen Moment fragte er sich, ob die Borg ihre Stimmen wohl hören würden. Doch nachdem Iluzio ohne zu Zögern antwortete schob er diese Gedanken beiseite.
„Hatten Sie schon einmal das Gefühl, dass ihr Leben perfekt sei? Dass Sie nichts mehr ändern müssten? Dass Sie sich schon im Himmel wähnten?“
Lewinski antwortete auf diese Frage, obwohl er nicht wusste, was diese Frage mit seiner zu tun haben sollte. Auf jeden Fall wollte er keinen neuen Streit provozieren. An Bord eines Kubus könnte dies fatale Folgen haben. Hinzu kam, dass er jetzt die einmalige Chance hatte, etwas von Iluzio zu erfahren. Und die wollte er nicht durch persönliche Gefühle verstreichen lassen.
„Ich weiß nicht.“ Er überlegte kurz und ließ eine Borg Drohne passieren, die die beiden nicht zu beachten schien. Diese begab sich zu einer nahen Wand und reparierte dort eine Stelle, aus der Druckluft entwich und den Korridor in einen seltsamen Nebel hüllte. „An dem Tag, an dem ich mein erstes Kommando...“
„Ach Lewinski. An diesem Tag waren Sie vielleicht sehr glücklich, aber sie spürten auch die große Last der Verantwortung auf ihren Schultern. Glauben Sie mir, dieser Moment war von der Perfektion so weit entfernt wie es nur geht. Ich habe das selber schon durchgemacht.“
„Einen Moment.“ Lewinski blieb mit grübelndem Gesichtsausdruck stehen. „Wir sprechen hier gerade von Perfektion.... Hat das irgendwas mit der Perfektion der Borg zu tun?“
Iluzio, der sein Phasergewehr feuerbereit im Anschlag hatte, drehte sich belustigt zu Lewinski um. „Sie verstehen gar nichts, Lewinski.“ Er lachte erneut. Was ziemlich morbid wirkte, inmitten des Borg Schiffes. „Ich spreche von seelischer Perfektion. Nicht von der körperlichen. Die Borg meinen, dass sie über die körperliche Perfektion schlussendlich auch die seelische erreichen müssen. Doch damit, haben sie sich ihr eigenes Grab geschaufelt.“ Mit diesen Worten widmete er sich wieder seinem Trikorder und lief weiter.
Lewinski versuchte die Worte zu verstehen. „Was haben die Borg dann damit zu tun? Was machen wir hier Iluzio?“
„Vor mehr als drei Jahren habe ich mein Leben verloren. Und seither bin ich auf der Suche nach ihr...“
Seine Schritte verlangsamten sich. Sie waren an einer Wand mit einer Reihe Alkoven. Er sah sich jeden der dort stehen Borg genau an.
„Ich habe schon viel verloren auf diesem Weg. Habe sie gesucht in jedem Winkel des Quadranten. Beinahe hätte ich die Hoffnung schon aufgegeben. Bis du meine Wege gekreuzt hast.“ Er sah direkt zu John Lewinski.
Er erwiderte den Blick des Admirals und sah dessen Augen so klar, wie noch nie zuvor. Und plötzlich schien er ihn zu kennen. Lag es an der Art, wie er ihn angesprochen hatte? Seit wann waren sie perdu?
„Jetzt kann ich mein Glück fast wieder mit den Händen greifen.“ Immer noch sah er sich jede Drohne genau an, an der er vorbei lief.
„Wer bist du?“ Fragte John, kurz davor zu verstehen.
Doch Iluzio antwortete nicht. Er blieb vor einem Alkoven stehen und lachte laut auf. Lewinski schloss zu ihm auf, sah sich den Admiral genau an. Er weinte. Dicke Tränen liefen über seine Wange.
Dann sah er zu der Drohne, die ihnen gegenüber stand. Es war eine menschliche Frau, die ruhend dort stand. Und der Captain erstarrte.
Diese Frau war ihm bekannt. Ja noch mehr, diese Frau hatte er einmal geliebt. Dann flüsterte er plötzlich einen Namen. „Andrea.“
Iluzio griff benommen nach dem noch existierenden Arm der Drohne.
Erst jetzt fiel es Lewinski auf. Der Admiral trug, wie auch die Drohne, einen Ring an der rechten Hand.
„Jeroen McMor.“
Der enttarnte Admiral sah zu Lewinski. „Endlich hast du es kapiert.“
„Das ist mit ihr passiert. Sie ist nicht einfach verschollen. Sie wurde assimiliert.“ Stellte Lewinski erschrocken fest. Plötzlich fiel es ihm wieder ein. Während seines „freien“ Jahres war er McMor zuletzt begegnet. Nur mit einigem Ekel erinnerte er sich an die Erfahrungen, die er in jenem Jahr gesammelt hatte. Auf die meisten konnte er nicht einmal stolz sein. Und inmitten dieser Mischung aus Jagd nach Informationen und Trostlosigkeit war er diesem Mann begegnet. Jeroen McMor, seinem ehemaligen Akademiekameraden. Und seit dieser Zeit standen sie auf Kriegsfuß. Er hatte sich auch nicht verändert, als sie sich auf diesem vollkommen verwahrlosten Planeten wieder getroffen hatten. Immer noch wirkte er arrogant und überheblich. Doch, so hatte Lewinski herausgefunden, war dies alles nur Maskerade um einen schweren Verlust zu überspielen. Zu jener Zeit galt seine Frau als vermisst und sein Sohn war verstorben.
Dass so etwas zur Aufgabe eines Kommandos führen konnte, klang ihm noch plausibel. Dass sich die beiden so unterschiedlichen Kapitäne aber anschließend auf einem der heruntergekommensten Planeten des Alpha Quadranten wieder fanden klang mehr als nur merkwürdig.
Jetzt erfuhr er die ganze Wahrheit. Und sie traf ihn härter, als er es je geahnt hatte. Besonders, da er sich seither nicht mit McMor beschäftigt hatte. Nachdem sich ihre Wege getrennt hatten und auch Jeroen McMor kein großes Interesse an einer weiteren Beziehung gezeigt hatte, war für ihn die Sache gegessen.
Das dem nicht so war wurde ihm jetzt schlagartig klar. Andrea McMor, Jeroens Frau und seine ehemalige Freundin jetzt so vor ihnen zu sehen, kaum mehr als Mensch erkennbar, brachte ihn schon schwer ins Taumeln.
„Sie wurde vor meinen Augen assimiliert. So wie mein Sohn.“ Durchbrach McMor die scheinbare Stille.
„Und jetzt willst du sie retten.“
Du merkst aber auch alles, hätte McMor ihm am liebsten an den Kopf geworfen, doch dazu war er nicht in der Lage. Er hatte nur Augen für seine Frau. „Ja.“ Flüsterte er stattdessen. „Sieh sie dir doch nur mal an. Sie steht da, wie ein schlafender Engel.“
Der Captain antwortete nicht. Er stellte sich einen Engel schon etwas anders vor. Besonders da man einen Borg höchstens mit „Todesengel“ beschreiben konnte.
„Du kannst sie nicht retten. Sie ist schon seit Jahren assimiliert. Du hättest Chancen, wenn es erst gestern geschehen wäre. Außerdem befinden wir uns auf einem Taktischen Würfel der Klasse 4. Meinst du, die lassen so einfach eine Drohne gehen?“
Mit erschöpften, aber auch deprimierten Augen sah McMor zu ihm. „Hast du jemals geliebt John? Ich habe dich das gerade eben schon gefragt. Ich habe den heiligen Gral wieder gefunden. Und da soll ich einfach so gehen und nicht versuchen, ihn aus dem Höllenfeuer zu retten?“
„Es ist eine Selbstmordmission Jeroen. Du hast ein Leben, werf es hier nicht vorschnell weg.“
„Ich habe kein Leben mehr!“ schrie McMor.
Lewinski starrte ihn an und wartete. Er hatte keine Ahnung, was jetzt in diesem Mann vorgehen mochte. Und er wünschte sich, dies auch nie erfahren zu müssen.
„Was machst du, wenn dein Dienst bei der Flotte vorbei ist John?“ Jeroen sah ihn eindringlich an. „Du hast ein Leben voller Abenteuer und Geschichten hinter dir. Es mag dir erfüllt vorkommen, doch wem erzählst du davon, wenn du in deinem Holzhaus in Kanada sitzt? Deinem Hund vielleicht? Oder einem holografischen Zuhörer?“ Jeroen gab ihm gleich selbst die Antwort. „Nein John, du wirst es niemandem erzählen. Denn du wirst allein sein. Niemand wird da sein, der dein Leben mit dir trägt, der sich für dein Leben interessiert. Du kannst nicht mal Memoiren schreiben, weil deine ganzen Einsätze geheim sind. Aus dem Grund willst du nicht aufhören Captain zu sein. Weil du genau weißt, was passiert, wenn du es nicht mehr bist. Dein Leben wird bedeutungslos. Du wirst bedeutungslos...“
Lewinski stand da und kam sich wie ein kleiner Junge vor, der beim Diebstahl erwischt worden war. McMor hatte Recht. In jedem Punkt hatte er Recht. Er hatte so Recht, dass es schon weh tat.
„Ich weiß wie du dich fühlst John. Ich fühle genau so.“ McMor trat etwas auf ihn zu um noch leiser und eindringlich sprechen zu können. „Im Grunde sind wir uns ähnlicher, als wir je gedacht haben.“ Er ließ Lewinski Zeit, kurz mit den Augen zu rollen. „Wir halten an unserem Kommando fest, in dem verrückten glauben, so das Leben fest halten zu können. Doch damit belügen wir nur uns selbst. Du solltest das gleiche tun wie ich. Begib dich auf die Suche nach deiner ewigen Liebe. Du wirst sie finden.“
Noch immer traute sich John Lewinski nicht, zu antworten. Er hätte auch nicht gewusst, was er hätte sagen sollen. Also schwieg er.
„Und glaub ja nicht, dass ich es einfach hatte, nur weil ich die Person schon kannte, auf deren Suche ich war. Denn wenn du ehrlich bist, hast du auch schon eine ganz bestimmte Person vor Augen.“ Wieder ließ McMor etwas Zeit verstreichen. Doch dieses Mal änderte er seien Tonfall und sprach wieder in einem lustigeren und flapsigeren Tonfall.
„Du solltest mit dankbar sein. Ich habe Jahre gebraucht um zu dieser Erkenntnis zu kommen.“
Lewinski lachte in der Tat kurz auf. Doch ob er ihm für diese Erkenntnis wirklich dankbar sein konnte, wusste er noch nicht.
Die Sekunden verflogen nur so. Immer wieder traten Borg an Ihnen vorbei. Lebende Tote. Die Situation wurde unerträglich. Einer musste den ersten Schritt machen.
McMor tat ihn. Schließlich hatte er die letzten Minuten auch dominiert.
„So, Captain Lewinski. Was machen wir nun?“ Fragte er übertrieben förmlich um sein Gegenüber aus der Lethargie zu reißen, in der er es selbst manövriert hatte.
Und die Worte zeigten tatsächlich Wirkung. Lewinski riss sich nach wenigen Sekunden aus seiner Starre und sah dann mit seiner gewohnten Professionalität zu McMor. Er konnte immer noch nicht glauben, dass er ihn nicht gleich erkannt hatte. Seine Gesichtszüge waren unter den Benzit – Maske so deutlich zu erkennen, als trüge er überhaupt keine Maske. „Nun, wenn wir uns nicht schnellst möglich melden wird die Monitor ohne uns weg fliegen.“
McMor nickte. „Dann überlasse ich es Ihnen, unseren Status durchzugeben.“
„Sie können sich ja solange verabschieden.“
McMor trat mit diesen Worten wie auf den Alkoven seiner Frau zu. Mit großen Augen, aber einem festen Blick sah er in ihr fahl schimmerndes Gesicht. „Es tut mit Leid Andrea. Alles. Halte noch durch, ich komme wieder.“
Er hob seine Hand und berührte vorsichtig ihr Gesicht, versuchte dabei, den vielen Implantaten nicht zu nahe zu kommen. Wenn er jetzt seine Augen schloss fühlte es sich fast so an, als ob die Zeit zurück gedreht wäre. Als kämen sie dem Himmel noch einmal nahe, als ob...
„McMor!“
Lewinskis Schrei riss Jeroen urplötzlich aus seiner Fantasie. Er öffnete seine Augen und sah, dass seine Frau ebenfalls ihre Augen geöffnet hatte. Sie sah ihn an.
Ja, sie sah ihn wirklich an.
Jeroen lachte. Erkannte sie ihn?
„Andrea, Liebling. Ich bin es.“ Raunte er ihr zu.
Doch ihre einzige Antwort bestand darin, ihren Assimilationsarm in Richtung seines Halses zu heben.
Erschrocken sah er in ihr Gesicht. Er konnte es einfach nicht glauben.
Noch bevor er irgendetwas anderes realisieren konnte, hörte er auch schon Lewinski etwas sagen und dann verschwand die Welt um ihn herum.
Ersetzt durch das blau-weiße Glühen der Transporterenergie und die erscheinenden Schotts des Transporterraums der Monitor.
Die erste Person, die er sah war Danny Bird, der an der Transporterkonsole stand und sie beide verwirrt anstarrte. Dann hörte er auch schon Lewinski hinter sich. „Lewinski an Brücke. Fluchtkurs Maximum Warp.“
„Bestätigt.“ Ertönte Locarnos Stimme aus der Interkom.
„Geht es dir gut?“ Lewinski drehte McMor so, dass er in seine Augen sehen konnte.
„Es ist vorbei John. Es ist vorbei.“ Antwortete er nur und ließ sich in Lewinskis Arme fallen. Dort weinte er, wie er noch nie in seinem Leben geweint hatte. Er war es sich endlich bewusst, was er verloren hatte.
Sich selbst.
Auch nach so vielen Jahren im Einsatz stellte Starbase 67 einen beruhigenden Raumhafen für die Monitor dar. Diese Raumstation strahlte für sie alle Sicherheit und Geborgenheit aus. Hier hatten Besatzungsmitglieder die Möglichkeit endlich einmal das kleine Schiff zu verlassen und sich völlig anderen Dingen als der Arbeit zu widmen. Gleichzeitig wurden hier automatisch alle Schäden repariert und neue Vorräte eingelagert. Commander Matt Price, der erste Offizier der USS Monitor, schulterte seine Tasche und begab sich durch den Verbindungsgang in Richtung seines Schiffes. Er war gerade auf der Mitte des Weges angekommen, da erblickte er eine Person, die sich ihm vom Schiff aus näherte. Sofort erkannte er, dass es sich um Dr. Frasier handelte und unterdrückte Gefühle von Liebe stiegen in ihm hoch. Wie gerne würde er nun auf sie zurennen, ihr sagen, dass ihm alles leid tue und dass er sie liebe. Doch stattdessen blieb er einfach nur stehen und blickte sie an. Auch sie blickte in seine Augen, dabei wirkte sie traurig und geschafft.
„Ich muss mit dir reden“, meinte sie leise.
„Nur zu“, meinte Price und zuckte die Schultern.
„Ich bin es leid“, begann Elizabeth und steigerte sich in einen wahren Redeschwall, „ich bin es leid zu warten. All die Jahre nun liebe ich dich und immer habe ich gewusst, dass du dir dieser Gefühle im Klaren bist. Mehr noch, ich war mir sicher, dass du sie erwidern würdest! Als du mich damals nach deinem Fasttod geküsst hattest... ich dachte ich wäre endlich am Ziel meiner Träume angelangt, nur um dann um so bitterer enttäuscht zu werden. Ich bin jetzt hier, um dir zu sagen, dass ich dafür keine Kraft mehr habe. Ich bin nicht mehr bereit einem Mann nachzutrauern, der offensichtlich nur seine Spielchen mit mir spielt. Keine Ahnung, ob du dir wie ein großer Lebemann vorkommst, wenn du eine Frau am Haken zappeln lässt, dies ist zumindest eine Erfahrung, auf die ich gerne verzichte. Wie alle an Bord habe ich auch ein Leben, dass ich gerne wieder aufnehmen werde und sicher gibt es dort draußen Männer, die bereit sind mich wie eine Frau zu behandeln.“
Dann verstummte sie und blickte den ersten Offizier erwartungsvoll an. Dieser wusste abermals, dass er diese Frau liebte und kämpfte gegen seine Gefühle weiterhin an. Immer noch war da etwas in ihm, was ihn daran hinderte, einfach Ja zu sagen. Stattdessen ging er wortlos an ihr vorbei und ließ sie im Verbindungsgang stehen. Und obwohl er sie nicht mehr sehen konnte, wusste er ganz deutlich, dass sie weinte.
Es gab wohl kaum einen Raum an Bord des Schiffes, der kleiner war als die notdürftig eingerichtete Arrestzelle. Sie bestand nur aus einem kleinen Zimmer, in dem eng aufeinander ein Bett, ein kleiner Tisch, ein Stuhl und eine Toilette Platz fanden. Zudem war immer etwas von diesen Dingen in der Wand versenkt, sodass der Gefangene noch mehr Platz hatte.
Vor der Zelle befand sich der Eingangsbereich, der nur etwa halb so groß war, wie die Zelle an sich. Eine Konsole hatte man in die Wand eingebaut. Für einen Wärter war auch kein Platz mehr. Der Zelleninsasse wurde automatisch vom Computer überwacht.
Aus diesem Grund konnte Lewinski vom Beginn des Treffens allein mit McMor sein.
Der registrierte auch sofort, dass Lewinski eintrat. Schließlich hatte man in dieser Zelle auch nicht viel anderes zu tun, als auf die Tür zu starren.
Sofort stand McMor auf und trat soweit vor, wie es ihm möglich war.
„Da kommt er!“ Er applaudierte übertrieben. „John Lewinski hat triumphiert.“ Dann verstummte er und fügte leise hinzu: „Wieder einmal.“
Der Captain ließ sich nicht von McMors Worten stören sondern las etwas von dem PADD ab, das er bei sich trug.
„Captain Jeroen McMor. Sie werden der Amtsanmaßung und der widerrechtlichen Benutzung von Föderationseigentum, darunter die USS Monitor, angeklagt. Sie haben das Recht die Aussage zu verweigern, Sie haben... Ich nehme an, den Rest kennst du.“
McMor nickte.
„Noch Fragen?“
„Jetzt da du meine Straftaten vorliest hört es sich gar nicht so schlimm an.“ Antwortete McMor.
„Ich hätte mehr auf die Liste setzen können, das stimmt.“
Jeroen McMor, der inzwischen wieder sein menschliches Aussehen und neutrale Kleidung trug, holte den Stuhl, der in seiner Zelle stand, zu sich und setzte sich.
Lewinski tat es ihm gleich und setzte sich ihm gegenüber.
„Noch Fragen?“ Fragte McMor.
„Ja, durchaus. Wieso fühle ich mich nicht so, als hätte ich triumphiert. Ich rede es mir schon die ganze Zeit ein, seit wir zurückgekehrt sind, doch... Ich fühle mich, als hätte ich verloren.“
„Nun... Das ist eine wichtige Frage. Es liegt vor allem daran, dass Liebe nicht fair ist. Entweder fühlen sich beide wie Gewinner oder beide wie Verlierer.“
„Wie bist du an die Mittel gekommen, das durchzuziehen?“ Lewinski blieb völlig ruhig, als er diese Frage stellte. Sie hatten gerade so etwas wie einen Waffenstillstand erreicht, das durfte er jetzt nicht kaputt machen.
„Ich denke, du kennst die Antwort.“ Entgegnete McMor ebenso gelassen. Auch er war sich ihrer Situation mehr als nur deutlich bewusst. Auch er wollte sie nicht unnötig verstreichen lassen. Außerdem war dies wohl die er gefahrlos abgeben konnte. Er musste immerhin damit rechnen, dass dieses Gespräch abgehört wurde. Belustigt erinnerte er sich daran zurück, wie er diese Informationen besorgt hatte. Nachdem er erfahren hatte, dass John Lewinski der Kommandant eines Schiffes mit Tarnvorrichtung war, hatte er sich sofort alle Infos zu diesem Schiff von einer geheimen Sektion 31 Datenbank geholt. Damals hätte er ihn am liebsten umgebracht. Doch er hatte darauf verzichtet, da Lewinski ihm das Leben gerettet hatte. Und jetzt hatte er ihm schon wieder das Leben gerettet.
„Du hast geblufft, als du im Transporterraum standest.“ Stellte Lewinski fest, nachdem er die Antwort auf seine erste Frage in seinem Geiste hinzugefügt hatte: Sektion 31.
McMor lachte kurz, als er sich an diese Szene erinnerst. „Ja. Ich habe zu spät an diese Möglichkeit gedacht. Da habe ich einfach vermutet, dass du dich bluffen lässt. Immerhin hätte dich der Stromschlag sehr hart erwischt, wenn dort tatsächlich ein Kraftfeld gewesen wäre.“
John stellte sich nur einen kurzen Moment lang die Schmerzen vor, die er riskiert hatte und wechselte dann zu einem anderen, tief sitzenden Schmerz. „Hast du das ernst gemeint? Sollte ich mich wirklich auf die Suche nach der Liebe meines Lebens begeben?“
„Ich kann nur für mich sprechen, aber... ja.“
„Sollte ich dazu die Last meines Kommandos ablegen?“ Lewinski glaubte nicht, diese Frage zu stellen. Sie erschien ihm so surreal, dass er fast Angst vor dieser Frage hatte. Oder hatte er Angst vor der Antwort? Oder gar vor der Tatsache, dass diese Frage schon seit Jahren in ihm schlummerte?
„Wenn du die Suche einfacher und schneller machen willst: ja.“ Antwortete McMor wie aus der Pistole geschossen.
„Hast du es so gemacht?“
„Nein.“ McMor lachte und Lewinski fiel kurz darauf in das Lachen mit ein. Beide hatten nach diesem einem Jahr ohne Kommando wieder auf die „rechte“ Bahn zurückgefunden und sich wieder als Captains auf ihren alten Schiffen betätigt. Zumindest würde McMor nun auf jeden Fall eine Zeit lang keiner mehr sein. „Ich glaube, wir wollen den letzten Sinn, den unser Leben hat nicht loslassen. Wir können es nicht.“
„Wir wollen nicht. Weil wir trotz unserer Ausbildung und Erfahrung Angst haben.“ Widersprach ihm Lewinski.
„Angst? Wir befanden uns an Bord eines Kubus der Borg und du erzählst mir etwas von Angst?“ McMor konnte es nicht fassen.
„Ja, ich spreche von Angst. In den letzten Jahren haben wir dem Tod so oft ins Auge gesehen, dass er fast zur Routine geworden ist. Um die Wahrheit zu sagen, haben wir Angst davor zu Leben, weil wir keine Ahnung haben, was wir dafür tun müssen.“ Er ließ eine kurze Pause um die seltsam klingenden Worte verhallen zu lassen und wechselte den Grundtenor in seiner Stimme. „Ich bin aber fest davon überzeugt, dass wir unser Leben genießen können und dass der Sinn und die Liebe unseres Lebens uns findet.“
McMor antwortete mit einem kurzen höhnischen Gelächter. „Das glaubst du im Ernst, nicht wahr? John, du bist immer noch der unverbesserliche Optimist.“
„Hey, ich muss an diese Option glauben.“ Warf er ein. Dieses Mal kopierte er McMor gekonnt. Sein Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel an dem, was er sagte.
„Und wieso?“
„Ich hab eine Hundehaarallergie.“ Antwortete Lewinski trocken.
Nach wenigen Sekunden bemerkte McMor, wie er ihm auf den Leim gegangen war und lachte laut los.
„Ich danke dir John.“
„Für was? Ich habe dich eingesperrt.“
„Ich habe schon sehr lange nicht mehr gelacht. Ich habe mich schon lange nicht mehr so lebendig gefühlt.“ McMor stand auf, stellte den Stuhl zur Seite und verbeugte sich tief vor Lewinski.
Er hatte zwar schon einige Orden erhalten, doch diese Situation war sogar für ihn zuviel des Guten. Bescheiden, wie er war wechselte er schnell zu einem anderen Thema.
„Ich werde für dich ein gutes Wort einlegen, wenn dein Fall verhandelt wird.“
„Das ist sehr großzügig von dir. Danke.“
„Keine Ursache.“ Nahm Lewinski den Dank abwertend an.
„Ich muss mich auch noch bei dir entschuldigen. Dafür, dass ich dein Schiff und deine Crew in Gefahr gebracht habe. Richte das bitte deiner Crew aus. Du hast wirklich eine feine Crew. Ich habe mich sehr intensiv mit ihr beschäftigt und sie dabei auch sehr gut kennen gelernt.“
„Ich werde es weiterleiten. Danke.“ Verlegen sah Lewinski auf die Uhr. „Es wird Zeit Jeroen. Man wird dich bald abholen.“
„Ja, dann werde ich mich wohl nicht mehr schlafen legen. Wenn man hier vom Schlafzimmer zum Eingangsbereich läuft, ist man schon ne Weile unterwegs.“
Lewinski stand auf und grinste. Sie beiden hatten, auch wenn McMor es so behauptete, nicht viel gemeinsam. Doch gerade durch die Unterschiede spürte er, dass die wenigen Gemeinsamkeiten tiefer gingen, als es bei irgend jemand anderem der Fall war.
Ohne hinzu sehen betätigte Lewinski eine Taste auf der Konsole. Das Kraftfeld vor der Zelle verschwand.
Dann streckte John Jeroen die Hand entgegen. In diesem Moment waren es nicht einfach zwei Captains.
Es waren zwei Freunde.
„Alles Gute Jeroen.“
„Ich wünsche Ihnen auch allzeit gute Fahrt auf ihrer Suche, Skipper.“ Antwortete er und ergriff die angebotene Hand herzlich. In all den Jahren hatte er vergessen, warum dieser Hass zwischen ihnen beiden bestand. War es mehr gewesen als der Streit um die Liebe ihrer beider Leben, Andrea? Doch wenn er sich John jetzt so ansah, sah er keinen Todfeind mehr in ihm. Diese endlose Feindseligkeit hatten sie in diesem Moment endgültig beigelegt.
Beide lachten wieder. Und beide behielten dieses Lachen des jeweils anderen in Erinnerung. An dem Tag, an dem sie sich so lebendig fühlten...
Don’t Think about you like I think about you
He don’t wanna have your children
He don’t wanna build his life around you
Tell me I should not be feeling what I am today
Tell me to silence my heart
Tell me we’ve been here before
And I will walk away from your love
For there is a wall between you and I
And he hasn’t been treating you right
I’ve been watching it all
I seen you cry
And I just gotta tell you tonight
That he don’t love you like I love you
Don’t Think about you like I think about you
He don’t wanna have your children
He don’t wanna build his life around you
Tell me this love’s just a feeling and I will pass away
Tell me your heart is a liar
Tell me you’re not what I know you are
All that man could desire
And he doesn’t know
What he’s got
But I will treasure you
If you give me an chance
I will make you smile
And I will give you a love that’s true
But he don’t love you like I love you
Don’t Think about you like I think about you
He don’t wanna have your children
He don’t wanna build his life around you
So why, can you not see
The place in your heart that was made for me
Why must you hide your self away?
And why must you fight the way that I’m holding your hand tonight?
Take your chance and give your heart to me
But he don’t love you like I love you
Don’t Think about you like I think about you
He don’t wanna have your children
He don’t wanna build his life around you
...und die Reise geht weiter - am Samstag, dem 05.06.2004
Ältere Episoden findet ihr in unserem Episodearchiv...
EINSCHLEUDUNG
based upon "STAR TREK" created by GENE RODDENBERRY
produced for TREKNews NETWORK
created by NADIR ATTAR
executive producer NADIR ATTAR
producer SEBASTIAN OSTSIEKER lektor OLIVER DÖRING
staff writers CHRISTIAN GAUS & THOMAS RAKEBRAND and OLIVER-DANIEL KRONBERGER
written by NADIR ATTAR & CHRISTIAN GAUS
TM & Copyright © 2004 by TREKNews Network. All Rights Reserved.
"STAR TREK" is a registered trademark and related marks are trademarks of PARAMOUNT PICTURES
This is a FanFiction-Story for fans. We do not get money for our work!
Episode #504
Quelle: treknews.de
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