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...the imperial Empire
  • Monitor - 5x08: Augenblicke

    Ein harter Schlag für Lewinski
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    • TheOssi
    Ein halbes Jahr lang ist die romulansche Flotte unaufhaltsam gegen den Feind vorgerrückt. Nun bereiten sie sich auf den finalen Schlag vor: die Eroberung der talarianischen Heimatwelt...

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    Im Frieden bereite dich auf den Krieg vor,
    im Krieg bereite dich auf den Frieden vor.
    Die Kunst des Krieges ist für den Staat von entscheidender Bedeutung.
    Sie ist eine Angelegenheit von Leben und Tod,
    eine Straße, die zur Sicherheit oder in den Untergang führt.
    Deshalb darf sie unter keinen Umständen vernachlässigt werden...
    - Sun Tsu


    Zu diesem Zeitpunkt existierte wohl kaum eine Person im Universum, die in der momentanen Situation mit ihm tauschen wollte. Im Kommandozentrum auf Talar, hinter stählernen Türen und tief unter dem Erdboden befand sich das Büro von Admiral Endar, dem Kommandanten der talarianischen Streitkräfte. Offiziere und Ordonanzen wuselten hin und her, überbrachten einzelnen Abteilungen Nachrichten und leiteten andere wiederum weiter. So gut wie keine von ihnen besaß einen ermutigenden Inhalt.
    Niedergeschlagen, die Hände über dem fast kahlen Kopf zusammenschlagend, blickte Endar auf die vor ihm liegenden Papiere. Mehrfach schloss und öffnete er die Augen, hoffte so vielleicht aus einem Albtraum zu erwachen, der doch keiner war. Was sich hier nun abspielte, seit Monaten, war real und unumkehrbar. In Büchern und Filmen, in zeitgenössischer und klassischer Literatur, siegte am Ende immer das Gute über das Böse. Eine der schmerzlichsten Erfahrungen, die man als Erwachsener machte, war jedoch, dass das Leben nicht nach diesem einfachen Schema ablief. Vielmehr konnten die Guten ( als solcher sah sich der Talarianer zumindest an ) auch einmal Schlachten verlieren, wobei das Wort „einmal“ die Wahrheit noch sehr dehnte. Tatsächlich war es leider so, dass die talarianische Marine so gut wie jedes Gefecht in diesem seit acht Monaten andauernden Krieg verloren hatte und dies war paradoxerweise sogar noch ein gutes Ergebnis. Nach romulanischen und talarianischen Schätzungen hätte dieser Krieg 3, höchstens 6 Monate dauern dürfen und doch hatten sie es geschafft länger als ein halbes Jahr lang auszuhalten. 8 Monate, in denen sein Volk getötet, bombardiert und zerstört worden war. In seinen Augen und in denen seiner Landsleute waren die Soldaten, die bei diesen fast aussichtslosen Schlachten gestorben waren, Helden. Trotzdem hatten diese Helden nur das Unvermeidliche hinausgezögert. Vor wenigen Tagen war Falla 5 gefallen, die letzte Kolonie vor dem Hauptsystem der talarianischen Union. Bisher wusste die Zivilbevölkerung noch nichts davon, doch wie lange ließ sich eine solch schreckliche Nachricht geheim halten? Die Aussicht auf das, was bald folgen mochte, trieb Endar die Tränen in die Augen. In den nächsten Stunden, spätestens in den nächsten Tagen würde die unvermeidliche Invasion eintreten. Nur zu gerne würde das talarianischen Oberkommando seine Streitkräfte darauf vorbereiten, irgendeinen Defensivplan entwerfen, doch niemand von ihnen war dazu in der Lage. Die Romulaner nutzen ihren Vorteil der Tarnvorrichtung exzellent aus und ließen immer wieder die Schiffe ihrer Hauptstreitmacht wieder auftauchen und verschwinden, so dass man nicht in der Lage war ihre genaue Zahl festzulegen. In einem lichten Moment hatten die Überwachungsstation 23 Schiffe gezählt, doch die Aussicht auch tatsächlich auf eine solche Zahl von Schiffen zu treffen war völlig utopisch. Wahrscheinlich würden Hunderte kommen, gefolgt von Tausenden Bodentruppen. Nur hier, im Kampf zwischen den eigenen Häuserfronten, würden die talarianischen Soldaten die minimale Chance haben den Vormarsch der Romulaner nur ein wenig zu verzögern. Zusammengesunken legte der alte Admiral seinen Kopf auf der Tischplatte ab und versuchte sich für einen Moment völlig zu entspannen. Dies gelang ihm jedoch nicht. Leise drangen die Geräusche der anderen Soldaten an ihn heran. Was wohl aus diesen jungen Männern werden würde?
    Doch was brachten einem solche Gedanken? Effektiv gar nichts. Endar hatte schon viele Schlachten in seinem Leben geschlagen und mehr als eine hatte dabei aussichtslos geschienen. Doch nun würde es also soweit sein: der Massenexodus würde beginnen.

    An einem ganz anderen Ort in diesem Universum befand sich ebenfalls ein hochrangiger Politiker in seinem Raum, doch er war nicht annähernd so verzweifelt wie Admiral Endar. Bei dieser Person handelte es sich um den Prätor des Romulanischen Reiches, der sich gerade auf einen neuen Arbeitstag vorbereitete. Der in Bezug zu seinem Amt verhältnismäßig junge Mann legte die für seinen Posten übliche zeremonielle Kleidung an und betrachtete noch einmal seinen Terminplan für den heutigen Tag. Abgesehen von den obligatorischen Senatssitzungen würde es heute zudem ein weiteres Briefing mit dem Oberkommando der romulanischen Marine geben, die ihn über die Fortschritte in diesem Krieg informieren würde.
    Der Krieg, er dauerte schon viel zu lange und dabei war der Rachedurst des Volkes so gewaltig. Auch wenn er dies nicht gerne zugeben wollte, so brachte der Prätor den Talarianern Respekt entgegen. Wer so lange einen aussichtslosen Kampf durchhielt, der verdiente es in der Tat erwähnt zu werden. Doch er war kein Pazifist, Mitleid brachte er dem Feind nicht entgegen. Wieso auch? Hatten die Talarianer etwa Mitleid gehabt, als sie vor knapp 8 Monaten den verheerenden Anschlag auf den romulanischen Senat verübt hatten? Waren sie sich etwa nicht den möglichen Konsequenzen bewusst gewesen oder war der Ruf Romulus schon so sehr abgesunken, dass eine Macht wirklich annahm man würde sich nicht mehr zu verteidigen wissen. Natürlich leckten sie alle sich noch die Wunden aus dem Dominion-Krieg und wenn man ehrlich war, so wäre ein solcher Krieg gegen einen technologisch ebenbürtigen Krieg nicht möglich gewesen. Doch gegen ein solch rückständiges Volk wie die Talarianer war der Sieg nur eine Frage der Zeit gewesen und nun rückte er endlich in greifbare Nähe. Aus diesem Grund musste sich der Prätor heute noch mit dem Verteidigungsminister treffen, um die mögliche Handhabung einer globalen Besatzungsarmee zu diskutieren. Dies war ein ehrgeiziges Unterfangen, welches man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte, denn ansonsten würde es einige unvorsehbare Probleme geben.
    Besatzung? Dies klang irgendwie so negativ. Wenn man sich der Kooperation der Bevölkerung sicher sein wollte, so musste man dies anders nennen. Wie wäre es mit Befreiung? Immerhin befreite man das talarianische Volk von einer inkompetenten Führung, die Tausende ihrer eigenen Soldaten in einen sinnlosen Tod geschickt hatte. Ja, dies war in der Tat eine gute Idee, der Prätor trug dies sogleich in sein Notizbuch ein.
    Unerwartetherweise piepste sein Komterminal. Seltsam daran war nicht etwa diese frühe Uhrzeit, als Lenker eines Staates kam dies oft vor, sondern die Person, die ihn kontaktieren wollte. Natürlich wurde sein Name auf dem Bildschirm angezeigt, doch er kannte sie nicht. Interessiert nahm er das Gespräch entgegen.
    „Ja?“
    Auf dem Bildschirm erschien zu seiner Überraschung ein älterer Mensch. Sein graues Haar war zurückgekämmt worden und aus seinen Augen sprach einen jahrelange Berufserfahrung. Auch wenn sich der Prätor dies nicht eingestehen wollte, so wirkte diese Person alles andere als unsympathisch.
    „Prätor, bitte verzeihen sie diese frühe Störung. Mein Name ist Edward Jellico, “ stellte sich der Mensch höflich vor. „Sie kennen mich nicht und haben eigentlich keinen Grund mir zu trauen, aber ich habe einige interessante Informationen für sie.“
    „Informationen welcher Art?“ fragte der Prätor interessiert. Er hatte zwar wenig Zeit, doch nützliche Informationen und Kontakte waren ihm immer willkommen.
    „Diesen Krieg betreffend. Wenn sie mir eine Minute ihres Gehörs schenken würden?“
    „Natürlich, aber bitte beeilen sie sich, ich habe nur wenig Zeit.“
    Und damit erzählte Jellico dem Führer des romulanischen Volkes die schockierende Wahrheit...

    Der momentane Zustand war für die Crew der Monitor völlig ungewohnt. Zum ersten Mal seit Wochen, nein seit Monaten, hatte das Schiff keinen offiziellen Auftrag zu erfüllen und daher trieb es getarnt auf einer Patrouillen-Route. Ob es sich dabei um Zufall oder um den Plan des Oberkommandos handelte der Crew etwas Erholung zu gönnen ließ sich nicht so leicht sagen. Wie auch immer, ein Großteil der Mannschaft begrüßte diese Ruhe. In diesem Geschäft war der Urlaub, auch wenn er nur einen Tag dauern mochte, ein seltenes Gut und daher war man für jedes Quäntchen Ruhe überaus dankbar.
    Lieutenant Ardev, der Einsatzoffizier des Schiffes, verließ die Brücke und begab sich in sein Quartier, um sich von einer ereignislosen Schicht zu erholen. Wie erwartet traf er dort seine Frau an und dieses Widersehen erfüllte ihn mit großer Freude. Welch ein Glück sie doch beide hatten. Auch nach zwei Jahren ihrer Ehe glühte in ihnen immer noch das Feuer der Leidenschaft, welches hoffentlich niemals versiegen würde. Auch nach so vielen Tagen zu Zweit war Arena für ihn immer noch die schönste Frau der Welt, die er um nichts auf der Welt eintauschen wollte. Ihr strahlendes Lächeln hatte schon mehr als einmal einen schlechten Tag für ihn gerettet und ihre Fürsorge war geradezu unbeschreiblich. Oft fragte sich Ardev, wenn er nachts so da lag und das Gesicht seiner Frau betrachtete, womit er eigentlich dieses Glück verdient hatte.
    Doch heute stimmte irgendetwas nicht, dies bemerkte er sogleich nach Betreten des gemeinsamen Quartiers. Arena Tellom saß mit ausdrucksloser Miene auf dem Ehebett und betrachtete ihren Mann mit traurigen Augen, als dieser sich aus dem Replikator eine wohlverdiente Erfrischung holte.
    „Ist etwas, Arena?“ fragte Ardev besorgt und nahm einen großen Schluck von der köstlich-kühlen Cola.
    „Wir müssen... miteinander reden, “ meinte Lieutenant Tellom leise und unbestimmt.
    „Tun wir das nicht gerade?“ fragte Ardev scherzhaft und versuchte die Atmosphäre mit seinen Worten aufzulockern, was ihm jedoch nur leidlich gelang. Es schien tatsächlich etwas vorgefallen zu sein.
    „Ich meine das Ernst, Ardev. Es handelt sich um eine ernste Angelegenheit, “ betonte die Terellianerin nachdrücklich.
    Es bedurfte keiner weiteren Worte, damit der Andorianer verstand. Der Lieutenant stellte sein geleertes Glas in den Replikator zurück, wo es mit einem Summen wieder in seine atomaren Bestandteile zerlegt wurde und setzte sich neben seine Frau auf das Bett. Automatisch versuchte er den Arm um seine Frau zu legen, doch seltsamerweise unterband sie diese Geste der Zärtlichkeit. Es schien tatsächlich etwas Ernstes zu sein.
    „Also gut, reden wir“, stimmte Ardev mit sanfter Stimme zu und wartete darauf, dass seine Frau ihm ihr Herz ausschüttete.
    Seltsamerweise dauerte es nun seine Zeit, bis Arena mit der Sprache herausrückte; etwas, was sie selbst nicht so recht verstand. Eben noch war sie erpicht darauf gewesen die Wahrheit ans Tageslicht zu holen und nun versagte es ihr die Stimme. Für einen kurzen Moment fragte sie sich, ob sie nicht einen schrecklichen Fehler beging, doch war die Wahrheit jemals ein Fehler? Wahrheiten mochten oft schmerzvoll sein, nichtsdestotrotz mussten sie jedoch erzählt werden. Auch oder gerade Ardev hatte ein Anrecht darauf: er war ihr Ehemann.
    „Ich schätze mal du hast Bolar nicht vergessen, oder?“ fragte sie als Einstieg.
    Bei der Erwähnung dieses gehassten Namens funkelten auch Ardevs Augen traurig und er nickte. Wie konnte er auch den Mörder ihres Bruders vergessen, der obendrein noch sein Landsmann war?
    „Weißt du noch von der Nachricht, die wir erhielten?“ fragte Arena weiter?
    „Auch das weiß ich noch, Liebling. Eine anonyme Botschaft, die uns davon erzählte, dass Bolar nicht tot sei, sondern sich in einem Internierungslager befinde. Wieso fragst du? Hast du den Absender dieser Botschaft ermitteln können?“
    Instinktiv schüttelte die junge Terellianerin den Kopf und ihr wurde bewusst, wie wenig Zeit sie eigentlich für die Beantwortung dieser Frage verwendet hatte. In der Tat wäre es höchst interessant gewesen zu ermitteln, wer ihnen eigentlich diesen versteckten Hinweis übermittelt hatte. Zwar hatte sie einige wenige Vermutungen, doch keine konkreten Anhaltspunkte.
    „Nein, es geht mir um etwas anderes“, erklärte Arena mit ruhiger Stimme. „Ich muss dir gestehen, ich habe Bolar nach Erhalt der Nachricht in diesem Gefängnis aufgesucht.“
    Verstehend nickte Ardev.
    „Nun, ich habe mir ehrlich gesagt schon gedacht, dass du dies einmal getan hast. Angesichts der Umstände, weswegen dieser Mann inhaftiert war, kann ich dir wohl kaum einen Vorwurf deswegen machen, dass du einmal den Mörder deines Bruders zur Rede stellen wolltest.“
    Schon im nächsten Moment bedauerte Ardev diese Wortwahl. Bei der Erwähnung ihres Bruders zuckte Arena zusammen, so als habe man auf ein Messer auf ihr eingehoben. Doch sie reagierte gefasster als ihr Mann wohl angenommen hatte.
    „Und was denkst du was nun mit Bolar ist?“ fragte Arena ihn.
    Eine seltsame Frage. Es dauerte einige Zeit, bevor er eine mögliche Hypothese aufgestellt hatte.
    „Ich weiß es nicht. Vielleicht wird man ihm ja mal den Prozess machen, “ spekulierte Ardev.
    „Meiner Meinung nach wird dies wohl nicht geschehen“, entgegnete seine Frau.
    „Wieso?“
    „Weil Bolar tot ist.“
    Natürlich empfand Ardev angesichts dieser Nachricht keinerlei Mitgefühl oder dergleichen für diesen Mörder, trotzdem überraschte ihn diese Nachricht. Und noch mehr überraschte es ihn, dass seine Frau darüber bescheid wusste.
    „Woher weißt du das?“ war also die natürliche Frage Lieutenant Ardevs.
    Nun war also der Moment gekommen, vor dem sich Arena so sehr gefürchtet hatte. Den sie so oft versucht hatte hinauszuzögern und der doch eines Tages unwiderruflich auf sie zukommen würde. Jetzt war es soweit. Die Wahrheit musste nun ausgesprochen werden.
    „Weil ich ihn getötet habe“, erklärte Arena traurig.
    Für einen kurzen Moment blinzelte Ardev, so als müsse sein Gehirn erst diese Nachricht verarbeiten, dann kombiniert er:
    „Sicher aus Notwehr, oder?“
    Zu seinem Entsetzen sah er jedoch seine Frau ihren Kopfschütteln und er verstand nicht, was sie damit sagen wollte. Wenn sie ihn nicht aus Notwehr getötet hatte, wie denn dann? Eine andere Möglichkeit kam ihm absolut nicht in den Sinn. Überhaupt anzunehmen der Tod Bolars sei gewollt gewesen passte nicht in das Weltbild seiner Ehe.
    „Nein“, korrigierte Arena Tellom ihn, „ich tötete ihn wissentlich und ohne dass er mich bedroht hätte. Ich ermordete ihn.“
    Wie fühlte es sich an, wenn man erfuhr, dass eine geliebte Person eine solche Tat getan hatte, die man niemals erwartet hätte? Es war ein nicht zu beschreibendes Gefühl, es brannte heiß in ihm und doch bemerkte Ardev eine Kühle, die ihn ängstigte. Es schien, als klingelte es in seinen Ohren und für einige kurze Momente sah er Arenas Lippen sich bewegen, ohne dass er ihre Worte verstehen konnte.
    Ermordet.
    Ausgelöscht.

    Nicht mehr umkehrbar.


    Und dann verstand Ardev, wieso seine Frau ihm davon erzählen wollte. Wieso ihm dies nicht früher aufgefallen war? Bolar und er selbst, sie waren Andorianer. Die letzten Tage hatte es auf Terellia eine Atmosphäre des Hasses gegeben, in der es einmal auch einen Anschlag auf sein eigenes Leben gegeben hatte. Der Hass auf Andorianer nach diesem schrecklichen Anschlag, er war deutlich zu spüren gewesen.
    So fürchtete er sich davor den nächsten logischen Schritt zu tun und die obligatorische Frage zu stellen, die letztendlich gestellt werden musste:
    „Hast du ihn getötet, weil er Andorianer war?“
    Scheinbar war sie diese Antwort vorher im Geiste immer und immer durchgegangen, denn Arena antwortete recht schnell.
    „Zum damaligen Zeitpunkt: ja, “ gestand sie offen.
    „Und was soll das heißen?“ brüllte Ardev, der zum ersten Mal die Kontrolle über sich und seine Empfindungen verlor. Konnte man ihm dies angesichts solcher Nachrichten denn verübeln?
    „Als ich den Phaser den Raum betrat, mit der festen Absicht ihn zu töten,“ erklärte Arena mit trauriger, fast schon weinerlicher Stimme, „als ich die Waffe hob und auf seinen Körper richtete, da sah ich nicht Bolar vor mir, sondern...“
    An dieser Stelle brach sie mit ihrer Erklärung ab und schaute verschämt zur Seite. Ardev brauchte eine Weile, bevor er verstand, worauf sie mit diesem angefangenen Satz hinauswollte. Und abermals fürchtete er die Fortführung dieses Satzes.
    „Sahest du mich?“ fragte ihr Mann mit zittriger Stimme.
    Ruckartig wirbelte Arena Tellom herum, so als habe man sie eben aufs Schlimmste beleidigt. Sie sprang vom Bett auf und nahm die Hände ihres Ehemannes in ihre eigenen. Sie betrachtete seine blauen Hände, die, obwohl die Hände eines Mannes, doch so zart waren.
    „Nein, ich sah nicht dich, Ardev, und dafür bin ich dem Schicksal äußerst dankbar. Jedoch sah ich nur einen Andorianer vor mir. Verstehst du? Ich tötete in diesem Moment nicht Bolar, sondern einen Andorianer und ich war zufrieden damit.“
    Also hat sie sich mitreißen lassen, dachte der Einsatzoffizier traurig. Seine ihn liebende Frau, mit der er mehr als einmal dem Tode getrotzt hatte, war von den Emotionen, die auf Terellia aufgekommen waren, erfasst und mitgerissen worden.
    „Ich weiß nicht was ich sagen soll“, gestand der Ehemann traurig und verletzt. „Das Töten eines Strafgefangenen an sich ist schon ein Verbrechen, auch wenn es der Mörder deines Bruders gewesen wäre und ich dir dies dann nachgesehen hätte. Doch nun sagst du mir, dass es dir eine Befriedigung verschafft hat einen Andorianer zu töten. Wie, denkst du, wirkt dies nun auf mich?“
    „Liebling...“
    „KOMM MIR JETZT NICHT SO!“ fauchte Lieutenant Ardev seine Frau an und bereute schon im nächsten Moment diesen Ausraster. Es brachte sie keinen Schritt weiter, wenn er sich gehen ließ.
    „Glaubst du etwa, ich verstünde dich nicht?“ wimmerte Arena schließlich und erste Tränen begannen über ihr hübsches Gesicht zu laufen. „Glaubst du etwa ich schäme mich nicht? Natürlich habe ich einen Fehler gemacht, ich habe mich von meinen Hassgefühlen mitreißen lassen und ich hasse mich so sehr dafür. Was würde ich dafür geben, wenn ich diesen Fehler wieder rückgängig machen könnte? Doch es geht einfach nicht und nun bin ich gezwungen damit zu leben. Alles worum ich dich bitte... ist um Vergebung.“
    Die Tränen einer Frau konnten bisher noch jeden Mann erweichen und auch bei Ardev war dies nicht anders. Zärtlich nahm er seine Frau in den Arm und erst nun spürte er, wie ihr Körper unter den Tränen bebte. Hautnah fühlte er, wie sie unter dieser schweren Last erdrückt zu werden drohte. Und so sagte er:
    „Mir steht es nicht zu dir im Namen Bolars oder anderer Andorianer zu verzeihen, auf die deine Tat gerichtet war. Doch als dein Mann kann ich dir vergeben.“
    Stumm dankte Arena ihm für diese Absolution und hielt sich nur noch fester an der Brust ihres Mannes fest, so als wäre er ein Fels in der Brandung aus Emotionen.

    Seltsamerweise schien es Captain Lewinski, als würde er in den letzten Monaten mehr Zeit in seinem Bereitschaftsraum als auf der Brücke verbringen. Inzwischen kam er sich mehr wie ein Verwalter statt eines Kommandanten vor. Der Grund dafür war ihm jedoch klar: der in der Galaxis tobende Krieg brachte immer neue Nachrichten und Entwicklungen mit sich, über die er als Captain informiert werden musste und da viele der Mitteilungen der Geheimhaltung unterlagen musste er sie in seinen persönlichen Räumen entgegen nehmen. Doch heute war es irgendwie anders. Am heutigen Tage saß er in seinem Sessel und starrte das Terminal an, welches jedoch kein Lebenszeichen von sich gab. Was taten sie hier eigentlich? Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte das Schiff scheinbar nichts zu tun, kein Auftrag oder dergleichen. Die innere Unruhe in John wuchs an. Vielleicht war dies nun endlich der Zeitpunkt, wo er sich um seine privaten Probleme kümmern konnte. Dazu bedurfte es nur einer schnellen Anfrage, die er sogleich tätigen wollte. Mit einigen wenigen geübten Tastenkombinationen stellte er eine Verbindung zu Admiral LaToya her, der Sektorchefin des Geheimdienstes.
    „Captain, schön sie zu sehen“, begrüßte die alte Frau ihn freundlich. „Was kann ich für sie tun?“
    Kurz vor dem Gespräch hatte sich der Kanadier noch gefragt, wie er seine Bitte wohl formulieren sollte. Ob er sie verschachteln oder frei heraus sagen sollte. Schlussendlich hatte er sich für letzteres entschieden.
    „Admiral, wie ich das sehe, hat die Monitor derzeit keinen aktuellen Auftrag und daher wollte ich sie um einen Urlaub bitten.“
    LaToya blinzelte überrascht, so als hätte John etwas völlig abwegiges gesagt.
    „Wie meinen sie das? Natürlich haben sie einen Auftrag, “ entgegnete sie irritiert.
    Nun war es an John Lewinski zu blinzeln. Spielte sie etwa irgendein Spielchen mit ihm?
    „Bei allem nötigen Respekt, Ma´am, aber ich vermag nicht ganz die gegenwärtige Natur unserer Mission zu erkennen.“
    „Sie patrouillieren an der Grenze zum Gorn-Territorium und zeigen dort Flagge“, erklärte Admiral Silvia LaToya ihm, so als spräche sie mit einem kleinen Kind.
    „Was in Zeiten der Multiplanetaren Allianz und der Kooperation zwischen unseren Völkern ja auch unglaublich wichtig ist“, kommentierte John verächtlich diese Aussage.
    „Ihre Aussage überrascht mich, Captain, immerhin hat die gegenwärtige politische Krise gezeigt, dass selbst die Existenz der großen Allianz nicht Spannungen vorbeugen kann.“
    „Es existiert also keinerlei Chancen für mich mal etwas Urlaub zu nehmen?“ fragte Captain Lewinski niedergeschlagen.
    „Diese Anfrage häuft sich in letzter Zeit. Wieso möchten sie Urlaub nehmen?“
    Und für einen kurzen Moment überlegte John, ob er seiner Vorgesetzten den Grund nennen sollte. Dass sein Vater im Sterben lag und es nur noch eine Frage der Zeit war, bis dieser den Weg allen Irdischen ging. Aber wie würde sie dann reagieren? Verständnisvoll oder würde sie sich fragen, ob er angesichts dieses privaten Drucks noch zur Führung eines Raumschiffes fähig war? Also behielt John die Wahrheit für sich.
    „Es hat private Gründe.“
    LaToya nickte daraufhin. Ob sie die Wahrheit vielleicht doch kannte? Möglicherweise war der SFI genauso informiert wie sie selbst. Wenn dem so war, so ließ sich die Admirälin nichts anmerken.
    „Es tut mir leid, Captain, “ meinte sie schließlich, „aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt halte ich sie für unverzichtbar.“
    „Ich verstehe“, entgegnete John und beendete die Verbindung. In Wahrheit verstand er gar nichts.

    Der Warpkern glühte beruhigend im Maschinenraum vor sich hin und als Chief Woil seine Anzeigen auf einem Monitor kontrollierte waren alle Werte im grünen Bereich. Nun ja, wieso sollte es ja auch anders sein, denn derzeit hatte das Schiff auch nichts Besonderes zu tun.
    Oh nein, korrigierte sich der Antosianer selbst, wie man dem Captain mitgeteilt hatte befand man sich auf einer höchst wichtigen Patrouille, um den Frieden an den Föderationsgrenzen zu gewährleisten. Wer es glaubte...
    In Wahrheit war die Monitor in eine Warteschleife bugsiert worden, weil die Föderation selbst nicht so recht wusste, was sie derzeit tun sollte. Eine Invasion von Talar, dies war vielen klar, stand unmittelbar bevor. Ein letztes Mal hatte die Föderation unter dem berühmten Botschafter Dr. Dr. Arsani Parul versucht beide Parteien an den Verhandlungstisch zu holen, doch die Romulaner hatten jedwedes Gespräch abgeblockt. Sie fuhren auf ihrem Kurs der Rache fort und niemand konnte ernsthaft annehmen, dass sie nun, so kurz vor dem Ziel, einfach aufhören würden. Natürlich machte sich Jozarnay Sorgen um die Zivilbevölkerung auf Talar. Bei einem Bombardement würden viele von ihnen ihr Leben verlieren. Waren sich die romulanischen Soldaten, die sich an Bord der getarnten Warbirds befanden, dessen bewusst? Oder war es ihnen vollkommen egal, was mit einem Feind geschah, den sie für schuldig hielten?
    Irgendwann bemerkte der Chief, dass er Gedankenversunken vor sich hingestarrt hatte und dass jemand hinter ihm stand. Es handelte sich um Fähnrich Miguel Sanchez, den jungen Techniker, der auf seine längst überfällige Beförderung wartete.
    „Kann ich sie etwas fragen, Chief?“ fragte der junge Spanier nervös.
    „Klar“, entgegnete der Antosianer und wandte seine gesamte Aufmerksamkeit dem jungen Mann zu.
    „Nun, uns sind Gerüchte zu Ohren gekommen, dass sie uns möglicherweise bald verlassen werden und wir von der Maschinenraumcrew wüssten gerne, ob daran etwas dran ist?“
    Verlegen lächelte Woil. Gab es anscheinend tatsächlich noch Leute, die sich für sein Schicksal interessierten?
    „Ja“, antwortete er schließlich, „ich werde am Ende des Jahres meinen Dienst niederlegen.“
    „Und wieso... wenn ich fragen darf?“ fuhr Sanchez fort, der diese Nachricht äußerst traurig aufnahm. Daraufhin schluckte Woil. Wie sollte er seine Beweggründe erklären, wenn er sie selber nicht so recht in Worte fassen konnte?
    „Es hat nichts mit ihnen zu tun oder dem Captain... es ist einfach so, dass ich gehen muss.“
    „Wieso? Wir können es uns nicht leisten einen solch erfahrenen Mann wie sie zu verlieren. Und schon gar nicht jemanden, der uns so viel Urlaub gibt wie sie.“
    Angesichts dieses Lobes lächelte der Antosianer gerührt. Dass die Nachricht über sein baldiges Gehen so schnell die Runde machen würde überraschte ihn.
    „Sagen wir es mal so: ich muss gehen, um etwas Schlimmeres zu verhindern.“
    „Was kann schlimmer sein als dass sie uns verlassen?“
    „Tut mir leid, Miguel, mehr kann ich dazu nicht sagen.“
    Betroffen nickte der Fähnrich und presste seine Lippen aufeinander. Bis zum heutigen Tage hatte der Chief nie begriffen wie viel er eigentlich seinen Untergeben lag. Sie sahen zu ihm auf und waren mit ihm als Vorgesetzten äußerst zufrieden. Nur die wenigsten von ihnen konnten sich vorstellen in Zukunft mit ihm zu arbeiten.
    „Na ja, “ meinte der Antosianer schließlich, „bis ich gehe ist ja noch etwas Zeit und bis dahin können sie sich ja noch ein schönes Abschiedsgeschenk überlegen.“
    „Klar, Chief“, entgegnete Sanchez und brachte anschließend sogar ein kleines Lächeln zustande.
    „Lassen sie uns jetzt mal die Reaktantinjektoren überprüfen. Die haben mir beim letzten Test nicht so gut gefallen.“
    Mit neuem Eifer machten sich die beiden an die Arbeit. Wenn Jozarnay Woil schon bald das Schiff verlassen musste, so wollte er es zumindest in einem Tipp-Topp Zustand hinterlassen.

    Der Tal Shiar, der romulanische Geheimdienst, residierte in einem gewaltigen, undurchdringlichen Bau am Rande der Stadt, wo man ungestört für sich arbeiten konnte. Selbst die Regierung konnte, mit entsprechenden Mitteln, ausgesperrt werden. Innerhalb des Organisationssystems des Tal Shiar gab es zudem verschiedene Abteilungen. Die verschlossenste und unbekannteste war Abteilung Blau. Abteilung Blau befand sich tief unter der Erde, im Kern der Anlage und der Zugang zu jenem Ort war streng reglementiert. Nur Senioragenten konnten, eine tagelange Wartezeit vorausgesetzt, hier eintreten. Von den Sicherheitsvorkehrungen war Abteilung Blau in etwa mit dem „Erdgeschoss“ des Sternenflottengeheimdienstes vergleichbar. Der Name dieser Sektion kam von der Blaufärbung des Lichts, welche möglicherweise eingeschmuggelte optische Scanner stören sollte. Jedoch war es äußerst unwahrscheinlich, dass je ein Spion diesen Ort betreten konnte und so munkelte man eher, das blaue Licht solle nur das geglättete Ego dieser Abteilung stärken.
    Der Leiter der Abteilung Blau, dessen Name nicht bekannt war, blickte mit hinter dem Rücken verschränkten Händen eine Wanddarstellung des Krieges. Es war ein buntes Sammelsurium aus Frontberichten und Gefechtsverläufen, Aufstellungen und Zahlen von Truppenverbänden. Zufrieden nickte der Leiter über die vom Tal Shiar zusammengetragenen Informationen. Der Krieg würde schon bald vorbei sein, wenn es in diesem Tempo ging. Mit etwas Glück würde noch innerhalb dieser Woche die Invasion von Talar stattfinden und der Feind endgültig in die Knie gezwungen werden. Wenn doch das Universum wüsste, welch kleine Rolle der Leiter selbst in diesem Konflikt gespielt hatte.
    Plötzlich vernahm der nach menschlichen Maßstäben 50 Jahre alte Romulaner hinter sich ein Geräusch, welches er derzeit überhaupt nicht erwartet hatte: jemand war in sein Büro eingetreten. Langsam und bedächtig, so wie es für einen Mann seines Amtes angemessen war, drehte er sich in Richtung des Besuchers, sorgsam darauf bedacht nicht seine Überraschung zu zeigen, was ihm auch vorzüglich gelang. Diese Reaktion konnte man in der Tat als Meisterleistung ansehen, denn mit dem Besuch des Prätors selbst hatte der Leiter nicht im Geringsten gerechnet. Wie auch? Den meisten Mitgliedern der gegenwärtigen Legislatur war die Existenz der Abteilung Blau ein Geheimnis und auch der Prätor hatte nichts über seine Sektion gewusst. Scheinbar hatte sich dies nun geändert.
    Beeindruckt und zugleich wütend schaute sich der Machthaber in dem fensterlosen Raum um und blinzelte mehrfach, bis sich seine Augen an das blaue Licht gewöhnt hatten. Was hatte er hier nur vor sich? Wie konnte er von alledem nichts gewusst haben?
    „Und wer sind sie?“ fragte der Prätor seinen Gegenüber, der sich höflich verneigte.
    „Ich bin der Leiter dieser Abteilung“, stellte sich der Chef ruhig vor.
    „Wie lautet ihr Name?“
    „Der geht sie nichts an.“
    Das Gesicht des Prätors verfärbte sich angesichts dieser Worte, es wurde rot und nahm einen wütenden Ausdruck an.
    „Es geht mich nichts an?“ wiederholte der Anführer des Romulanischen Reiches, so als sei er sich nicht sicher, ob er das eben Gesagte richtig verstanden habe. „Es geht mich nichts an, meinen sie? Sind sie sich überhaupt im Klaren, wen sie hier vor sich haben?“
    „Selbstverständlich“, entgegnete der Leiter mit gefasster Stimme, „sie sind der Prätor des romulanischen Senats.“
    „Und damit de facto ihr Vorgesetzter!“
    „Laut der Verfassung schon“, stimmte ihm der Leiter zu.
    „Laut der Verfassung? Die Verfassung ist das einzig maßgebliche in diesem Staat!“
    Amüsiert schmunzelte der Leiter der Abteilung Blau. Es war schon lange her, seitdem er so viel Idealismus gehört hatte; Empfindungen, die er schon vor langer Zeit abgelegt hatte.
    „Hier unten, “ erklärte er und deutete auf den sie umgebenden Raum, „spielt die Verfassung keine Rolle. Und mit ihr keine Gesetze, keine Beziehungen, keine Freundschaft. Hier unten arbeiten wir nur mit kühler Logik. Aus diesem Grund wurde dieser Bereich des Tal Shiar geschaffen.“
    „Wann?“ wollte der Prätor wissen.
    „Lange vor ihrer Zeit, sogar lange bevor ich überhaupt Leiter dieses Bereiches wurde. Auch wenn ich ihnen gerne eine definitive Antwort auf ihre Frage liefern würde, so muss ich sie leider enttäuschen. Ich selbst weiß nicht, wie viele Vorgänger ich habe. Diese Informationen unterliegen der Geheimhaltung.“
    Langsam kam der Prätor auf ihn zu, starrte ihm in die Augen und versuchte irgendwelche Informationen darin zu finden. Doch er fand nichts davon und so wendete er sich den Darstellungen auf den Monitoren zu, die den Kriegsverlauf zeigen.
    „Sie scheinen gut informiert zu sein.“
    „Wir sind die Tal Shiar“, entgegnete der Leiter, so als würde diese Antwort alle Fragen überflüssig machen.
    „Ich habe gehört, dass sie eine recht interessante Rolle in diesem Krieg gespielt haben“, meinte der Prätor schließlich und brachte so den Leiter erstmals außer Fassung. Wie kam er nun darauf?
    „Wer sagt ihnen das?“ fragte der Leiter, wobei nun seine Stimme weniger gefasst klang als noch zu Beginn.
    „Eine verlässliche Quelle“, war das einzige, was der Prätor als Antwort von sich gab. Scheinbar genoss es der Politiker nun einmal auf der Siegerstrasse dieser Konversation zu sein. „Ich bin aus dem einfachen Grund hier, um sie zu fragen, ob dies alles stimmt. Obwohl ich mich scheinbar der Tatsache stellen muss, dass meine Informationen richtig sind. Wenn ich diesen Raum hier so betrachte gibt es einiges, was meinem Amt bisher vorenthalten worden ist.“
    „Was soll denn stimmen?“ blockte der Leiter scheinbar begriffsstutzig die Frage ab.
    Abermals wandte der Prätor nun seine gesamte Aufmerksamkeit auf den Leiter der Abteilung Blau und ein weiteres Mal fixierte er ihn mit seinem Blick. Ein äußerst seltsames Bild, da der Prätor fast zwei Köpfe kleiner als sein Gegenüber war.
    „Haben sie diesen Krieg ausgelöst?“ stellte der Führer Romulus die entscheidende Frage.
    „Ja, dies habe ich“, antwortete der Leiter ehrlich. Aus irgendeinem Grund versuchte er keine Sekunde lang die Wahrheit zu verheimlichen, doch kurioserweise machte dies den Prätor nicht stutzig. Dieser war viel zu sehr damit beschäftigt diese schockierende Wahrheit zu verarbeiten. Auch wenn dieser Jellico ihm gesagt hatte, dass genau dies geschehen war, so hatte er nicht mit dieser Wahrheit gerechnet. Dies durfte doch nicht alles wahr sein!
    „Sie geben also zu, dass wir seit über einem halben Jahr einen Krieg führen, in dem Tausende Talarianer gestorben sind, in dem unzählige Kolonien vernichtet wurden und das alles aufgrund einer Lüge ihrerseits?“
    „Ja.“
    Diese einfache und neutral vorgetragene Antwort erschallte in dem bläulichen Raum wie ein Donnerschlag.
    „Mein Gott, wir sind dabei einen ganzen Planeten zu bombardieren...“ murmelte der Prätor erschrocken und taumelte langsam zurück. Das Blut schoss ihm ins Gesicht, als er sich den fatalen Konsequenzen dessen bewusst wurde, was ihm eben bestätigt wurde.
    „Wenn sie möchten, “ fuhr der Leiter erklärend fort, „kann ich ihnen sogar ein Transcript der Planung dieser Tat zeigen. Ich habe alles archiviert.“
    Irritiert über diese Freundlichkeit nickte der Prätor und wurde an eine Konsole geführt, wo der Leiter unter unzähligen Dateien eine auswählte und sie dann abspielen ließ:
    Verärgert und ratlos blickte der Leiter der Abteilung Blau die Computerdarstellung der Bombe an. Seine stellvertretenden Leiter, der Geheimhaltung wegen nur Nr. 1 und Nr. 2 genannt, blickten ebenso ratlos auf die identifizierte Bombe.
    „Die Untersuchung der verwendeten Materialien und die Genanalysen lassen keinen Zweifel mehr zu“, wiederholte der Leiter abermals, „die Bombe stammt von Remus und...“
    „... die Genanalysen deuten auf Remaner als die Urheber dieses Attentats hin“, vervollständigte Nr. 2 den Satz. „Was Schlimmeres hätte nicht eintreten können.“
    „Vor allem nicht in Anbetracht des letzten Zwischenfalls mit den Remanern und Shinzon“, brummte Nr. 1.
    „Verdammt, “ fluchte der Leiter und blickte kurz seine ihm treu ergebenen Stellvertreter an, „schon nach dem Enterprise-Zwischenfall ist der Föderation bewusst geworden, dass die Remaner aufständig geworden sind. Mehr denn je wollen sie ihre Freiheit haben. Wenn nun herauskommt, dass sie für diesen schrecklichsten Anschlag in der romulanischen Geschichte verantwortlich sind, wie stehen wir dann da?“
    „Wir erscheinen wie ein Imperium, das sein Volk nicht kontrollieren kann“, dachte Nr. 1 laut.
    „Man wird uns für zerrissen und in Folge dessen für schwach halten“, meinte Nr. 2, was ein Nicken der beiden anderen Romulaner hervorrief. „Im schlimmsten Fall hält man uns für so verwundbar, dass dies äußere Feinde auf den Plan rufen könnte. Ich muss ja niemanden hier im Raum an die Klingonen erinnern.“
    „Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die Klingonen als Mitgliedsvolk der Multiplanetaren Allianz uns etwas antun könnten?“ Nr. 1 hielt diese Möglichkeit für undenkbar. „Die MPA würde sofort einschreiten.“
    „Möglich ist alles.“
    „Ich wünschte nur, wir hätten dies nie entdeckt“, murmelte der Leiter und niemand konnte ihm diesen Gedankengang verübeln. „Wir dürfen dies jedoch nicht zulassen. Das Romulanische Sternenreich muss stark erscheinen und stark sein. Wir brauchen etwas, was die Moral unseres Volkes wieder aufrichtet.“
    „Haben sie etwas Spezielles im Sinn, Sir?“
    Kurz dachte der Leiter nach.
    „Wissen andere Tal Shiar Abteilungen etwas über unsere Erkenntnis?“
    „Nein, niemand.“
    „Die Regierung?“
    „Wartet immer noch auf unsere Ergebnisse.“
    Nun lächelte der Leiter. Die Lösung war einfach, aber genial.
    „Wie schweißt man ein Volk zusammen?“ fragte der Leiter rhetorisch.
    „Man gibt ihm ein gemeinsames Ziel“, antworteten Nr. 1 und Nr. 2 zeitgleich.
    „Am besten geht dies mit einem äußeren Feind, nicht wahr?“
    „Korrekt, die Geschichte lehrt einem, das ein Volk zusammenhält, wenn es von außen bedroht wird“, erklärte Nr. 2.
    „Sie denken doch nicht an die Klingonen?“ fragte Nr.1 sorgenvoll. „Unsere Ressourcen sind nach dem Dominion-Krieg immer noch zu erschöpft, um uns einem solch totalen und langwierigen Krieg zu stellen.“
    „Nein, “ der Leiter schüttelte den Kopf, „die Moral unseres Volkes wird am besten dadurch hergestellt, dass wir unsere Stärke und unsere Überlegenheit demonstrieren können.“
    Der alte Leiter ließ eine Sternenkarte auf dem Projektor erscheinen, sah sie sich kurz an und deutete dann mit einem Finger auf eine Stelle nahe der Grenze. Seine beiden Stellvertreter lasen beide, was dort stand:
    „Die Talarianische Union.“
    „Die Talarianer sind uns mindestens 50, wenn nicht gar 100 Jahre in der Entwicklung zurück, “ erklärte der Leiter den aus seiner Sicht genialen Plan. „Ein Sieg über sie wäre nur eine Frage von Monaten, wenn nicht sogar von Wochen. Wie gesagt: ein schneller Sieg, der unsere Entschlossenheit und Überlegenheit demonstriert. Dadurch wird uns niemand für schwach halten.“
    „Wie schaffen wir es die Talarianer zu attackieren ohne...“
    „Wir manipulieren die Beweise“, schlussfolgerte Nr. 1. „Wir lassen die Talarianer, die ohnehin eine kriegerische Spezies sind, als die Attentäter erscheinen. Infolgedessen würde der Krieg als ein legitimer Akt der Selbstverteidigung aussehen.“
    „Genial“, konstatierte Nr. 2
    Auch der Leiter war zufrieden. Wenn alles gut ging, würde das Romulanische Reich gestärkt aus dieser Sache hervorgehen. Sie musste nur vorsichtig sein.
    „An die Arbeit, meine Herren! Wir haben nicht viel Zeit, um unser Volk neu erblühen zu lassen!“

    „Aber wieso?“ fragte er zornig, nachdem die Abspielung beendet worden war.
    „Um die Einheit unseres Volkes zu gewährleisten und es wieder zu den Sternen zu bringen“, war die lapidare Antwort des Leiters.
    „Und ihre Manipulationen... die bereiten ihnen keine Sorgen?“
    „Dies alles habe ich hinter mir gelassen, als ich dieses Amt antrat.“
    Langsam wich der Prätor von dem Leiter zurück, angewidert schüttelte er sich. Er machte sich auf den Weg zum Ausgang und rief:
    „Wir müssen diese Invasion stoppen! Dieser ganze Krieg ist falsch! Seien sie sich sicher, ich werde sie vor Gericht bringen!“
    Und mit dieser Drohung verschwand der Führer des romulanischen Volkes aus der Abteilung Blau. Doch die von ihm hervorgestoßenen Worte verursachten keine Panik bei dem Leiter. Stattdessen ging der große Mann an seinen Schreibtisch und rief sich die Datei einer Person auf, die ihm bei der Lösung des Problems äußerst hilfreich sein dürfte...

    Es war schon einige Zeit her, seitdem Matt Price in der Krankenstation gewesen war. Der Grund dafür stand deutlich vor ihm, eine Frau von unvergleichlicher Schönheit, die er doch nicht haben durfte. Scheinbar verloren stand der Halbbetazoid im Eingang der Station und betrachtete Dr. Frasier, wie sie einige Liegen auf ihre Funktionen kontrollierte. Dann endlich bemerkte sie ihn und nach einem kurzen Blickkontakt wandte sie sich wieder ihren Analysen zu. Nun endlich begann der erste Offizier des Schiffes langsam auf sie zuzutreten.
    „Sie wünsche, Commander?“ war die lapidare Begrüßung der Chefärztin, die für ihn wie ein Faustschlag klang.
    „Elizabeth, ich würde gerne mit dir reden.“
    „Ich wüsste nicht worüber, Commander“, entgegnete die schöne Ärztin und versuchte wieder zu einem anderen Ort zu gehen, doch diesmal stellte sich Price ihr in den Weg, ließ sie so nicht gehen. Irritiert über diese Reaktion blickte sie zu ihm hinauf und musterte seine pechschwarzen, schönen Augen.
    „Hör auf mit mir diese Spielchen zu spielen“, presste Matthew gestresst hervor, „wir sind beide zwei erwachsene Personen und brauchen nicht diesen Mist zu veranstalteten.“
    „Kurios dies aus den Mund eines Mannes zu hören, der auf der einen Seite meint mich zu lieben und mich doch nicht haben möchte“, antwortet Dr. Frasier bitter. Auch für sie war dieses Jahr nicht gerade leicht gewesen. Dieses ganze Herumgedruckse hatte ihr schwer aufs Gemüt geschlagen und für einen kurzen Moment hatte sie gar überlegt sich auf ein anderes Schiff versetzen zu lassen, bis sie schließlich einsah, dass so etwas nichts brachte.
    „Also, was möchtest du von mir?“ fragte Elizabeth schließlich und benutzte endlich die persönliche Anrede.
    „Ich würde dich gerne um einen Gefallen bitte“, erklärte der Halbbetazoid und zitterte innerlich. Wie würde diese Frau gleich auf die von ihm vorgetragene Bitte reagieren.
    „Und um was?“
    „Dass du ein Auge auf die Geburt meines Babys wirfst.“
    Genauso gut hätte er ihr sagen können, dass er an einer unheilbaren Krankheit litt. Ein Baby? Sein Baby? Die Welt schien sich um die Chefärztin zu drehen und ihr wurde schwindelig. Dieses Verhältnis wurde immer skurriler.
    „Dein... Baby?“ stammelte Frasier fassungslos.
    Matt tat es mehr als leid sie so leiden zu sehen. Den Schock, den sie gerade durchlegte, konnte man sich gar nicht vorstellen und dummerweise konnte er dank seiner empathischen Fähigkeiten genau nachempfinden, was sie durchmachte. Die Fortbildung auf Betazed im letzten Monat schien tatsächlich etwas gebracht zu haben.
    „Vielleicht ist es gut, wenn du es endlich erfährst, Elizabeth. Der Grund, wieso wir nicht zusammen sein können. Ich habe eine Imzadi.“
    „Du bist mit einer anderen Frau zusammen?“ fragte sie fassungslos.
    „Nicht zusammen, nein. Wir waren früher einmal verlobt und dabei ist das Imzadi-Band entstanden. Du kennst dich doch mit Betazoiden aus, dann müsstest du wissen, dass diese Verbindung niemals gekappt wird... auch wenn wir nun auseinander sind.“
    „Und doch kriegt sie ein Kind von dir? Wie ist das möglich, wenn ihr nicht mehr zusammen seid?“
    Dies war wohl der peinlichste Aspekt an der ganzen Sache.
    „Eine kurze Turtelei vor neun Monaten, als wir uns einmal kurz wieder gesehen hatten“, erklärte Matt und war peinlich berührt.
    Fassungslos, schockiert und verletzt kniff Frasier die Augen zusammen und wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Einige wenige peinliche Momente herrschte Stille, bevor sie schließlich meinte:
    „Ich bin also nur zweite Wahl für dich.“
    „Oh nein, nein, nein, “ versuchte Matthew diese verhängnisvolle Ereigniskette aufzuhalten, „du bist meine erste Wahl... Mist, ich hätte dir dies von Anfang sagen sollen! Ich war bereit mich auf dich einzulassen, ich wollte mit dir zusammen sein. Ach was, ich will mit dir zusammen sein, aber ich liebe dich! Aber du musst mich verstehen, dann bekomme ich eine Nachricht von einer längst verflossenen Liebe, dass sie schwanger ist und dass ich Vater werde. Was hätte ich denn in diesem Moment tun sollen? Sie abweisen und sie allein mit dem Kind zurücklassen sollen, dass sie als zweite Chance für unsere Liebe ansieht.“
    „Ist es das denn? Eine zweite Chance?“ fragte die Ärztin ängstlich.
    „Nein... na ja, nicht ganz. Sie ist meine Imzadi, ich werde sie immer lieben, bis ans Ende meines Lebens.“
    „Und was ist mit mir?“
    „Ich liebe dich“, war die simple, aber ernst gemeinte Antwort Matts. Leider schien dies die Ärztin nicht zu verstehen.
    „Du liebst sie und mich“, wiederholte sie entsetzt. „Ich verstehe dich nicht, Matt.“
    „Damit bist du nicht allein. Ich verstehe mich selbst nicht.“
    „Ich werde meine Zeit brauchen, um das zu verarbeiten, was du mir eben gesagt hast“, meinte die Ärztin schließlich. „Jedoch bin ich Ärztin und ob du es glaubst oder nicht, mir bedeuten Menschen noch etwas. Wenn du mir also die Daten gibst, dann werde ich mal einen Blick auf das Kind werfen. Wann wird es denn kommen?“
    „Wenn ich richtig gerechnet habe bald... vielleicht heute“, gab Matt ehrlich zu und dies versetzte der Ärztin den letzten Schlag. Sie bat ihn die Krankenstation zu verlassen und schloss sich dann dort ein, um bittere Tränen zu vergießen und das Universum wüst zu beschimpfen.

    Das, was er nun vorhatte, hatte er schon lange nicht mehr getan. Erfreut über den Dienstschluss legte Jozarnay Woil seine Uniformjacke ab und legte sie sauber über den einzigen Stuhl, der in seinem kleinen Quartier stand. Als nächstes replizierte er sich ein Glas kaltes Mineralwasser und stürzte es in einem Zug hinunter. Eine gewisse Trockenheit herrschte in seiner Kehle, die er auch mit dieser Methode scheinbar nicht zu stoppen vermochte. Dann endlich begab er sich an das Terminal, um die Verbindung nach Antos herzustellen. Er hatte schon lange nicht mehr mit ihnen gesprochen. Nicht, weil er ein schlechtes Verhältnis zu ihnen hatte oder ähnliches, sondern einfach weil er keine Zeit dazu hatte. Zumindest war es das, was er sich manchmal einredete. Vielleicht war der wahre Grund viel eher, dass er Angst hatte ihnen vor einem Bildschirm gegenüberzutreten. Würden seine Eltern seine Sucht erkennen? Vielleicht war es nun an der Zeit genau dis herauszufinden.
    Der Bildschirm blickte ein paar Mal auf, dann wurde das Gespräch von der anderen Leitung aus angenommen. Freudig erkannte er seinen Vater Kolay, der ihn ebenfalls anlächelte.
    „Jozarnay“, begrüßte ihn sein Vater überglücklich, „schön dich zu sehen!“
    „Es freut mich auch wieder mit dir zu sprechen, Vater“, erwiderte der Chief die Begrüßung. Es tat in der gut wieder einmal mit seinen Eltern zu sprechen. „Es tut mir leid, dass ich mich so lange nicht mehr gemeldet habe, aber die Arbeit...“
    Abwinkend hob Kolay eine Hand und schüttelte den Kopf.
    „Du brauchst dich dafür nicht zu entschuldigen“, meinte er. „Ich weiß nur zu gut, dass ein Großteil deiner Arbeit der Geheimhaltung unterliegt und du daher nicht offen darüber sprechen kannst. Dies ist absolut kein Problem.“
    Dankbar lächelte Jozarnay. Für die Familienmitglieder von Angehörigen des Geheimdienstes war es in der Tat eine starke Belastung oftmals nicht zu wissen, wo derjenige gerade war, was er gerade tat und ob diese Mission vielleicht gefährlich war. Viele Familien kamen oftmals nicht damit klar, doch Woils Eltern waren in dieser Hinsicht immer recht stabil gewesen. Erstaunlich in Anbetracht der Tatsache wie sie damals zu seiner Entscheidung standen in die Sternenflotte einzutreten.
    „Und, was gibt es so neues bei euch?“ fragte Jozarnay beiläufig. Er interessierte sich für die alltäglichen Dinge, die derzeit zu Hause abliefen.“
    „Oh, deine Mutter ist derzeit in der Stadt, um einige Besorgungen zu machen. Wir werden nämlich am Wochenende eine große Gartenparty veranstalten, zu der wir einige sehr alte Freunde einladen. Manche davon habe ich seit meiner eigenen Schulzeit nicht mehr gesehen. Erinnerst du dich an Palaw?“
    „Natürlich“, erwiderte Jozarnay und ein Lächeln zauberte sich auf sein Gesicht, „Palaw mit den vielen Überraschungen. Er hatte für uns Kinder immer einige tolle Geschichten auf Lager.“
    „Freut mich, dass du dich noch erinnern kannst, obwohl dies so lange her ist. Tja, was soll ich sagen, wir haben es geschafft ihn wieder aufzutreiben. Auf das Wiedersehen mit ihm freue ich mich ganz besonders, “ erklärte Kolay Woil enthusiastisch.
    „Das glaube ich.“
    „Und was hast du so zu erzählen, mein Sohn? Ich meine, so lange es nicht der Geheimhaltung unterliegt.“
    Für einen kurzen Moment machte der Chief eine fast unmerkliche Pause. Es galt nun die Wahrheit zu sagen.
    „Vater, ich werde meinen Dienst in der Sternenflotte nicht mehr verlängern.“
    „Oh“, war die überraschte Antwort seines Vaters.
    „Ja, ich werde Ende des Jahres ausscheiden. Die dazu notwendigen Papiere habe ich schon eingereicht.“
    „Darf man den Grund dafür erfahren?“ fragte Kolay besorgt, was Jozarnay überraschte.
    „Du scheinst recht betroffen zu sein“, fand er irritiert.
    „Sollte ich das etwa nicht? Immerhin gibt mein Sohn seinen Traumberuf auf. Hast du irgendwelche Probleme?“
    Verwirrt blinzelte Jozarnay. Hörte er da richtig?
    „Nun bist du es, der mich überrascht, Vater. Ich dachte dieser Entschluss würde dich und Mama freuen. Immerhin wart ihr beide nicht gerade begeistert von meiner Entscheidung zur Sternenflotte zu gehen.“
    „Ja, schon, weil wir uns Sorgen um deine Zukunft machten, “ erklärte sein Vater traurig, „aber inzwischen haben wir deine Entscheidung respektiert und ich war so stolz auf dich. Magst du mir den Grund für deine Entscheidung verraten?“
    „Das kann ich nicht“, stammelte Jozarnay, immer noch irritiert und verwirrt. Mit einem solchen Gesprächsausgang hatte er nicht gerechnet. „Ich muss los, tut mir leid; ich werde euch noch mal anrufen.“
    „Schade, aber wir freuen uns drauf. Bis bald, “ verabschiedete ihn sein Vater traurig und die Verbindung wurde gekappt. Einige Minuten lang starrte der Chefingenieur den schwarzen Bildschirm an, bis er schließlich etwas Salziges schmeckte. Erst nach mehrmaligem Überlegen bemerkte er, dass er unmerklich mehrere Tränen vergossen hatte.

    Einen Anruf von seinem besten Freund zu erhalten war für Bruce Land eine angenehme Überraschung. Freundlicherweise war Captain Chakotay, sein Kommandant auf der Voyager, so großzügig ihm seinen Bereitschaftsraum zur Entgegennahme dieses Gesprächs zu überlassen. Erfreut setzte sich der erste Offizier auf den Stuhl und drehte das Terminal zu sich herum. Seine Arbeit auf der USS Voyager füllte ihn inzwischen vollends aus und er war äußerst glücklich über seine Versetzung hierher. Mit etwas Glück und Fleiß würde vielleicht schon in wenigen Jahren der Rang eines Captains in greifbarer Nähe sein. Zumindest scheute sich Captain Chakotay nicht die gute Arbeit seines Stellvertreters des Öfteren in seinen Berichten zu erwähnen. In den letzten Tagen hatte das Schiff wieder einige Forschungsmissionen geflogen, in denen sie neue Gebiete kartographiert hatten. Fast schon kam es einem so vor als würde nicht dieser furchtbare Krieg toben. Aber nur fast...
    Das Gesicht John Lewinskis erschien auf dem Bildschirm und Land lächelte ihn an.
    „Gut wieder von dir zu hören, John!“
    „Geht mir ebenso, alter Freund“, entgegnete der Kanadier die Begrüßung. „Wie steht es so auf der Voyager?“
    „Bestens! Wir haben ziemlich viel Arbeit hinter uns und ich kann nur sagen es macht wirklichen Spaß. Am Anfang bin ich ja skeptisch gewesen ob ich nach den Jahren auf einem Kampfschiff wieder Dienst auf einem Forschungsschiff tun könnte, aber es ist wunderbar. Wir haben schon zwei Erstkontakte erlebt; das kannte ich gar nicht mehr.“
    „Freut mich zu hören, Bruce“, meinte Captain Lewinski und wurde anschließend schlagartig ernst. Auch sein ehemaliger erster Offizier registrierte natürlich diesen Stimmungswechsel und fragte:
    „Was ist geschehen, John?“
    Kurz räusperte sich der Kommandant der Monitor, dann erklärte er:
    „Es ist noch nicht publik gemacht worden, aber der romulanische Prätor ist tot.“
    „Was?“ entfuhr es Bruce Land erschüttert. „Aber wie kann das sein? Er war doch noch so jung...“
    „Unsere Informanten auf Romulus haben uns einige Details übermitteln können, bevor die Kanäle dicht gemacht wurden, “ fuhr Lewinski mit seinen Ausführungen fort, „und wir haben keinen Zweifel daran, dass der Prätor ermordet wurde.“
    „Unglaublich!“ war das einzige, was Commander Land dazu noch einfiel. Ausgerechnet nun ein toter Politiker! Schließlich begann er stutzig zu werden.
    „Dies sind natürlich brisante Nachrichten, John, aber wieso erzählst du mir davon? Immerhin bin ich nicht mehr im aktiven Dienst des SFI.“
    Abermals räusperte sich John und blickte für einen Moment verlegen zu Boden. Anscheinend musste er nun etwas sagen, was ihm ganz und gar nicht gefiel:
    „Mithilfe der wenigen Informationen, die wir zusammentragen konnten, war es uns möglich den Attentäter zu ermitteln und es scheint so als stimme uns der Tal Shiar zu. Es war Nocks.“
    Dieser Name klingelte in Lands Ohren, der zurückwich.
    „Du meinst den berühmten Attentäter, für dessen Aufspürung mir vor einem Jahr eine andere Persönlichkeit einprogrammiert worden war und wo ich...“
    „...wo du mich fast getötet hast“, vervollständigte John Lewinski den Satz. „Ja, genau dieser Nocks, der beste Profikiller des Quadranten. Ein Mann, der eigentlich mehr eine Legende denn eine wirkliche Person ist, denn niemand hat ihn jemals gesehen noch ermitteln können zu welcher Spezies er gehört oder welchen Geschlechts er ist. Der Mann bleibt ein Mysterium. Fakt ist nur, dass er den Prätor ermordet hat und den Romulanern fehlt jede Spur nach ihm.“
    „Oh je... aber noch mal, wieso erzählst du mir dies?“
    „Bei der Leiche des Prätors fand man eine Karte, die offenbar von Nocks zurückgelassen wurde. Natürlich gibt es auf ihr weder Fingerabdrücke noch DNA-Reste, dafür jedoch etwas anderes.“
    „Was denn?“ fragte Bruce Land mit einem unguten Gefühl im Magen.
    „Es befinden sich zwei Buchstaben auf der Karte: XU.“
    Land wich erschrocken vom Monitor zurück. Nun verstand er, wieso John ihm von diesem Mord erzählt.
    „XU soll wohl für Xander Ulich stehen“, meinte Land mehr zu sich selbst denn zum Captain.
    „Ja, die Identität, die man dir vor einem Jahr eingepflanzt hat. Wie es ausschaut hat Nocks wohl doch von Xander Ulich Notiz genommen und will ihn wohl nun herausfordern. Anders können wir uns diese Botschaft nicht erklären.“
    „Er hat von ihm Notiz genommen?“ stammelte Bruce entgeistert. „Was heißt das? Kennt er nur den Namen oder auch das Gesicht? Weiß er womöglich, dass Xander Ulich in Wirklichkeit Commander Bruce Land ist und Dienst tut auf der USS Voyager?“
    Captain Lewinski konnte nur zu gut die plötzliche Angst in den Augen seines besten Freundes verstehen. Doch was sollte er ihm sagen außer der Wahrheit?
    „Das wissen wir nicht... was wir jedoch wissen, ist dass du bzw. Xander Ulich dich eines Tages Nocks stellen musst. Dies mag nicht morgen sein oder nächste Woche oder in diesem Jahr, aber irgendwann mit Sicherheit. Ich wollte dich nur informieren, weil ich nicht weiß, ob der Sternenflottengeheimdienst diese Information überhaupt freigibt.“
    Wie betäubt nickte Land. Natürlich schätzte er die Bemühungen seines Freundes, aber was sollte man dazu sagen? Womöglich würde der größte Attentäter des Quadranten nach seinem Leben trachten und er konnte derzeit nichts dagegen machen. Na wunderbar!

    Die Ermordung des Prätors, initiiert durch die mysteriöse Abteilung Blau des Tal Shiar, war genau zum richtigen Zeitpunkt geschehen. In dem Moment, als Nocks in dessen Gemächer geschlichen und ihn kaltblütig niedergestreckt hatte, war der Prätor dabei gewesen seinen großen Auftritt vor dem Senat zu planen. Einen Auftritt, in dem er die Wahrheit offenbaren wollte, die er noch kurz zuvor vom Leiter der Abteilung Blau erfahren hatte. Wäre dies geschehen, so wäre ruckartig der gesamte Krieg gestoppt und ein hastiger Friedensvertrag geschlossen worden.
    Doch so stand der Invasion nichts im Wege. Hunderte von Warbirds, die tagelang auf der Lauer gelegen und den richtigen Moment abgewartet hatten, enttarnten sich gleichzeitig im Orbit von Talar. Ihre Aufteilung war vorzüglich: eine Gruppe zerstörte die wenigen noch verbliebenen Schiffe, die einen Schutzwall um den Planeten gebildet hatte, eine andere attackierte die Raumstationen und die dritte griff die orbitalen Verteidigungsplattformen an.
    Wie schon während des gesamten Krieges zuvor waren die Talarianer in jeglicher Hinsicht unterlegen. Verzweifelt feuerten sie ihre rückständigen Waffen ab, die zumeist wirkungslos an den Schilden der romulanischen Schiffe explodierten. Ein Kriegsschiff der Talarianer nach dem anderen wurde von der romulanischen Marine auseinander genommen und ihr Hass kannte kein Erbarmen. Die einzelnen Kommandanten der romulanischen Streitkräfte befahlen gar auf die Schutzkapseln zu feuern, die die wenigen überlebenden Talarianer beherbergten. In ihrer Verzweiflung gingen die talarianischen Matrosen sogar so weit mit ihren Schiffen die Warbirds zu rammen, um so zumindest einige Feinde mit in den Tod zu reißen. Niemand von ihnen wollte sterben und keiner hatte Interesse an einem Ruf als Märtyrer, doch sie wussten sich nicht mehr anders zu helfen. Über dreißig romulanische Schiffe wurden in diesem Gefecht, welches über zwölf Stunden dauerte, zerstört, doch dies war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Immer noch blieben Hunderte von weiteren Schiffen, die sich nun in eine bessere Angriffsposition brachten. Jeglicher Widerstand war gebrochen worden und die wenigen Schiffe, die noch übrig waren, versuchten schleunigst das System zu verlassen und so noch einige weitere Personen das Leben zu retten.
    Dann jedoch begann das wahre Grauen. Nachdem die Romulaner sich in Position gebracht hatten begannen sie mit dem schlimmsten Bombardement eines Planeten seit über einhundert Jahren. Mit ihren mächtigen Strahlenkanonen und Quantentorpedos feuerten sie auf die Oberfläche. Jeder einzelne Torpedo hatte die mehrfache Sprengkraft einer Hiroshima-Atombombe und verwüstet ganze Landstriche und Städte im Nu. Unzählige Massen an Staub wurden aufgewirbelt, die in den folgenden Jahren einen nuklearen Winter verursachen und das Überleben auf diesem Planeten in naher Zukunft zu einer Zerreißprobe machen würden. Systematisch wurden erst militärische Anlagen zerstört, eine nach dem anderen, im Anschluss folgten die gewaltigen Städte. Die Talarianer hatten jedoch aus den vorigen Niederlagen hinzugelernt und hatten ihre wichtigsten Würdenträger und Strategen in gewaltige Bunker gebracht, die nicht von den Waffen erreicht werden konnten. Für die Zivilbevölkerung war jedoch nicht genug Platz. Wie auch? Der gesamte Planet konnte nicht in das unterirdische System evakuiert werden und so verbrannten Männer, Frauen und Kinder beim lebendigem Leib. Drei Tage dauerte das ununterbrochene Bombardement, welches von heftigen Protesten anderer Regierungen begleitet wurde, doch die Romulaner störten sich nicht daran. Sie hatten es tatsächlich geschafft die einst so viel gerühmte Multiplanetare Allianz politisch außer Gefecht zu setzen.
    Dann endlich wurde der Völkermord eingestellt und die nächste Phase der Invasion wurde eingeleitet. Gewaltige Landungsschiffe begannen mit dem Anflug auf Talar und zu ihrer Überraschung mussten sie feststellen, dass die Talarianer noch einige Abwehrgeschütze vor dem Bombardement versteckt hatten. Ihnen gelang es einige wenige Schiffe abzuschießen, dann zerstörte die romulanische Marine auch diese Stellungen. Die Invasionstruppen landeten und die Infanteristen verließen zu Tausenden die Landungsboote. Sie bereiteten sich darauf vor eine Welt zu erobern, die schon geschlagen war. Die Städte waren zu Ruinenlandschaften geworden, die einst grünen Felder waren Wüsten gewichen. Und doch war kein einziger Talarianer bereit zu kapitulieren. Man hatte sie gedemütigt, getötet, zerfetzt und besiegt, doch sie hatten kein Interesse daran ihre Ehre zu verlieren. Also lauerten sie den Invasoren in den Ruinen auf und verwickelten sie in tagelange Gefechte. Nur hier unten, im Bodenkampf Mann gegen Mann, konnten die Talarianer ihre technologische Unterlegenheit durch das Wissen um das Gelände ausgleichen. Es war das erste Mal in diesem Krieg, dass die Romulaner schwere Verluste erlitten. Dann endlich brachten sie ihr schweres Kriegsgerät auf den Planeten und ihr Vormarsch wurde fortgesetzt. Eine Stadt nach der anderen wurde eingenommen und irgendwann war es geschehen, dass auf den Ruinen des talarianischen Regierungssitzes die Flagge des Romulanischen Sternenreiches gehisst wurde. Die Flagge wehte im stürmischen Wind, der nur noch mehr Dreck aufwirbelte und in den Himmel blies. Während der gesamten Invasion hatte Düsternis auf dem Planeten geherrscht, eine nie enden wollende Dunkelheit und nun, nachdem sich die Atmosphäre abkühlte, begann es zu schneien und zu frieren. Eine Welt war zugrunde gerichtet worden und ein Krieg beendet.
    Im Ratssaal der MPA auf Parliament wurde seit Tagen debattiert, doch ohne Ergebnis. Schließlich betrat nach einer Woche seit Beginn der Invasion der romulanische Botschafter das Podium und verkündete:
    „Meine verehrten Kollegen und Abgeordneten, soeben habe ich von unserer Admiralität die Nachricht erhalten, dass der Planet Talar vollständig unter unsere Kontrolle gefallen ist. Obwohl die Talarianische Union sich immer noch weigert zu kapitulieren dürfen wir endlich vom Ende dieses furchtbaren Krieges sprechen. Der Feldzug gegen diejenigen, die so viele romulanische Zivilisten hinterrücks ermordet hatten, ist vorbei. Mögen nun friedlichere Zeiten anbrechen.“
    Damit ging ein Konflikt, der acht Monate gedauert hatte und Millionen Leben gefordert hatte, zu Ende. Am Ende blieb ein strahlender Sieger und ein am Boden liegender Verlierer. Ein Verlierer, der niemals eine Chance auf den Sieg gehabt hatte.

    Aus dem Quartier John Lewinski konnte man, sofern man an ihm vorbeiging, die Geräusche von sich öffnenden und schließenden Schranktüren sowie einigen weiteren dumpfen Lauten hören. Eine innere Unruhe hatte den Kommandanten der Monitor erfasst, die eigentlich völlig untypisch für ihn war. Der Grund dafür sollte jedoch jedem vernünftig denken Menschen klar sein. Allen bis auf seine Vorgesetzten. Wütend schleuderte John einige Sachen in seinen Koffer und versuchte ihn anschließend mühsam zu schließen. Befehle hin oder her, ein weiteres Hierbleiben war sinnlos. Was machte es schon, wenn er in einem solchen Moment gehen würde? Die Crew hatte mehr als einmal gezeigt, dass sie auch ohne ihn zurechtkamen und ohnehin ging es um einen privaten Notfall. Wenn sie ihn deswegen vor ein Kriegsgericht bringen wollten, dann sollte es halt so sein. Aber er sah nicht ein, wieso er nicht in dieser schweren Zeit bei seinem Vater sein sollte. Kurz warf der Captain noch ein Blick auf das am Tisch liegende Padd. Auf ihm war der Befehl aufgezeichnet, der die gesamte Kommandogewalt auf Commander Price übertrug. Er musste ihn nur noch per Daumenabdruck bestätigen, dann war er bereit für seinen Rückflug zur Erde. Dieser würde zwar knapp eine Woche dauern, doch die Sache war es ihm wert. Mit einem kleine Shuttle vom Schiff könnte er vielleicht noch etwas schneller vorankommen. Oder war es doch besser Passagierschiffe zu nehmen? Darüber hatte John noch nicht nachgedacht.
    Plötzlich piepte das Wandterminal und signalisierte ihm so ein eingehendes Gespräch. Für einen kurzen Moment erstarrte John Lewinski. Konnte Admiral LaToya Gedanken lesen und hatte so von Lewinskis Vorhaben erfahren? Nein, dies war doch blanker Unfug. Gehetzt überlegte John, ob er noch diesen Anruf entgegennehmen sollte und entschied sich schließlich dafür. Na gut, den noch.
    Auf dem Bildschirm erschien ein dunkelhaariger Mensch in den Dreißigern, den er nicht kannte. Offenbar befand sich die Person auf einem Planeten, denn ihm Hintergrund konnte man die Sonne scheinen sehen.
    „Captain John Lewinski?“ fragte der Anrufer zögerlich nach.
    „Der bin ich“, antwortete der Kommandant unruhig.
    „Mr. Lewinski, es ist in der Tat schwierig sie zu erreichen. Ich musste einige Formulare ausfüllen, um überhaupt die Erlaubnis zu bekommen sie anzurufen.“
    „Ja, ist leider so“, antwortete Captain Lewinski genervt. „Was kann ich nun für sie tun?“
    „Sir, mein Name ist Dr. Stoltz, ich arbeite im Mercury-Krankenhaus in Toronto...“
    Plötzlich schrillten bei John alle Alarmglocken. Toronto? Irritiert ließ er seine Tasche zu Boden sinken.
    „Und was ist?“
    Betreten blickte der Arzt zu Boden, auf die Art und Weise, wie es John noch kurz zuvor bei Bruce Land getan hatte, als er die schlechte Nachricht überbracht hatte.
    „Mr. Lewinski, es fällt mir schwer ihnen dies zu sagen, “ erklärte der Arzt mit leiser Stimme, „aber ihr Vater wurde heute morgen in unser Krankenhaus eingeliefert. Es war ein akuter Notfall. Wussten sie, dass er an antallianischem Krebs erkrankt war?“
    „Ja, ja, ja, das wusste ich!“ stammelte der Captain hektisch. „Wie geht es meinem Vater? Kann ich mit ihm sprechen?“
    „Es ist leider so...“
    „Wie lautet seine Zimmernummer? Ich werde ihn selbst anrufen, “ unterbrach ihn John, so als hätte er kein Interesse mehr an einem weiteren Gespräch.
    „Bitte hören sie mir doch zu, Mr. Lewinski. Ihr Vater ist heute Nachmittag verstorben.“
    Unmittelbar im Anschluss setzte für einen kurzen Moment Johns Herz aus. Der Arzt sprach noch weiter, aber in seinen Ohren hörte Lewinski nur ein Rauschen und so gingen die Worte darüber, dass sein Vater ohne Schmerzen starb, unter. Der Bildschirm schaltete sich ab und damit auch Johns Stehvermögen. Wie in Zeitlupe fiel er zu Boden und eine unglaubliche Stille herrschte ins einem Quartier. Normalerweise war es hier immer still, doch in diesem Moment handelte sich um eine einsame Art von Stille. Sie hatte nichts Beruhigendes an sich, sondern viel eher etwas Beängstigendes.
    Plötzlich tropfte etwas auf seine Hand. Es waren Tränen, die nun unkontrolliert hervorschossen. Irgendetwas in ihm meinte, dass ein erwachsener Mann nicht weinen durfte, doch er konnte den Wasserfluss nicht mehr kontrollieren. Die Tränen vermischten sich mit Rotz und Speichel und John schrie, so laut er konnte. Vielleicht hoffte er so seinen Vater im Jenseits zu erreichen.
    Sein Vater war tot. Natürlich war klar gewesen, dass er sterben würde, aber darauf vorbereitet war man nie. Und viel schlimmer noch, John war nicht bei ihm gewesen. Sein Vater war allein gestorben, ohne Familie. Allein war er ins Tal der Dunkelheit gewandert.

    Das helle Licht im Maschinenraum blendete Lewinski. Zudem rann etwas Blut von einer Wunde an der Lippe, die ihm von den beiden Offizieren zugefügt worden war, als er sich unnachgiebig gezeigt hatte. So hatte er wenigstens verhindern können, dass die beiden Tellom fanden. Höchstwahrscheinlich hätte T’Ker sie in seinem Blutrausch gleich getötet.
    Mitten im Maschinenraum wurde er dann auf die Knie gedrückt. So hart, dass er sich sehr zusammennehmen musste um nicht zu schreien.
    Mit seinen Händen stützte er sich ab um nicht nach vorne zu fallen. Was mit zusammengebundenen Händen gar nicht so einfach war.
    Schwer atmend sah sich auch Lewinski um. Woil war nicht untätig gewesen. Er hatte viel reparieren können. Allein die Tatsache, dass das Hauptlicht aktiv war, stellte Woils Effektivität und Talent dar.
    Nur wenige Meter entfernt stand er dann auch. Im Gespräch mit zwei anderen Technikern. Doch als er Lewinski sah, brach er dieses Gespräch sofort ab.
    Erstaunt trat er auf seinen Captain zu.
    „John. Welch erfreulicher Besuch.“ Er lächelte diabolisch. „Erspart er mir es doch, Sie zu besuchen.“
    Auch wenn er vor ihm kniete versuchte Lewinski nichts von seiner Autorität abhanden kommen zu lassen. Im Gegenteil, er versuchte dieses Manko damit auszugleichen.
    „Sie werden es mir gestatten Jozarnay, wenn ich sage, dass diese Freude nicht auf Gegenseitigkeit beruht“, konterte Lewinski.
    Woil hatte so etwas erwartet. „Ich habe diese Situation schon so oft in meinem Geist durchgespielt während der letzten Tage. Lewinski, Sie werden mich jetzt nicht mehr abhalten, zu tun, was ich tun muss.“ Er wandte den Blick von ihm ab und sah zu den beiden Männern, die hinter Lewinski standen. „Sind die Gewehre klar?“, fragte er.
    Beide nickten und richteten ihre Gewehre auf Lewinskis Hinterkopf. Der Captain konnte sie schon Summen hören. Er konnte die Wärme fühlen, die von den Emittern ausging. Doch in diesem Moment dachte er nicht im Geringsten an den Tod.
    Woil selbst zog auch noch seinen Phaser und richtete ihn direkt auf Lewinski. „Es ist aus Captain. Ich habe die Offensive eben gestartet. Noch kann ich sie stoppen. Wenn Sie mir das Kommando übergeben.“
    Lewinski reagierte anders als erwartet. Er hob den Kopf und lächelte.
    „Was ist? Wieso lachen Sie?“, fragte Woil gereizt und verunsichert. Was sollte das? Wollte er nur Zeit herausschinden? Für irgendeinen verrückten Plan?
    „Ich bin begeistert. Von Ihnen. Sie hatten die Situation die ganze Zeit unter Kontrolle. Von ihrer Befreiungsaktion...“
    „... die leider ein paar unerwartete Nebeneffekte hervorgerufen hatte...“, fügte Woil ein und spielte damit seine Fähigkeiten herunter.
    „... bis zu dieser Offensive. Sie haben alles richtig gemacht. Und trotzdem werden Sie verlieren.“ Lewinski lachte noch einmal stumm auf. „Ironie des Schicksals. Heute wären wir wieder nebeneinander in einer Loge gesessen.“
    Der Chefingenieur blickte den Captain an und dachte über seine Worte nach. Er hatte Recht. Ihr Theaterbesuch lag nun genau eine Woche zurück. Und heute hatten sie sich für den nächsten verabredet.
    Mit einem kurzen kopfschütteln rief sich Woil zu seiner gewohnten Selbstkontrolle zurück. Dabei kamen ihm einige Worte in den Sinn.
    „Er wird Erquickung sich umsonst erflehn; Und hätt’ er sich auch nicht dem Teufel übergeben, Er müsste doch zugrunde gehn!“, zitierte Woil ernst aus dem Theaterstück von letzter Woche.
    Lewinski ließ sich davon nicht beeindrucken. „Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! Du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, Dann will ich gern zu Grunde gehn!“
    Abermals schüttelte Woil den Kopf. Dieses Mal aber demonstrativ. „Ich verstehe Sie nicht John.“ Dann fiel er wieder in den „Zitierton“: „Verachte nur Vernunft und Wissenschaft, Des Menschen allerhöchste Kraft, Lass nur in Blend- und Zauberwerk Doch von dem Lügengeist bestärken So hab ich dich schon unbedingt.“ Er ließ etwas Zeit, bevor er fortfuhr. „Sie könnten so vielen Menschen das Leben retten John.“
    Der Captain antwortete nicht, sondern sah nur zu Woil. Innerlich bereitete er sich auf alles vor.
    Woil schloss kurz die Augen. Anschließend lächelte er wehmütig. „Dann haben Sie ihre Chance hiermit vertan.“ Er verstellte das Niveau seines Phasers. „Ich wähle ein hohes Niveau, das Sie sofort atomisieren wird. Sie werden den Strahl nicht einmal sehen und auch keine Zeit haben, Schmerz zu spüren. Im Gegensatz zu ihren Kameraden.“ Woil wandte sich dann an T’Ker und den Bolianer. „Treten Sie zurück. Ich werde das selbst übernehmen.“ Die beiden gehorchten sofort, nahmen ihre Gewehre herunter und stellten sich einige Meter von ihnen entfernt an die Wand des Maschinenraums, praktisch genau den zwei anderen Technikern gegenüber, die neben ihnen, Lewinski und Woil noch im Raum waren.
    Dann richtete Woil den Phaser wieder auf Lewinskis Kopf.
    Und in diesem Moment holte der zum Gegenschlag aus.
    „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlicher guter Mann, Allein ich glaub, du hältst nicht viel davon.“
    Woil zuckte zurück. Lewinski hatte seinen wunden Punkt getroffen. Also stichelte er noch weiter zu ihm vor. „Sie sind nicht der Jozarnay Woil, den ich kannte. Der Richtige konnte keiner Fliege etwas zu Leide tun. Geschweige denn war er in der Lage Freunde umzubringen oder Kollegen, egal wie sehr sie ihm verhasst waren. Ich dachte, dass die Religion, dass ihr Glaube in ihrem Leben eine große Rolle einnimmt. Was sagt ihr Glaube, was sagt ihr Gott dazu, dass Sie soviel Unheil bringen?“
    Verstört sah Woil zu Boden. „Ich versuche nur Leben zu schützen. Ihr Verhalten hat dazu geführt, dass die halbe Crew sinnlos starb.“
    „Sie mögen vielleicht behaupten, Leben beschützen zu wollen. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Sie wollen nur die Leben der zu beschützen, die auf ihrer Seite sind. Ein wahrer Captain muss aber die Leben aller Crewmitglieder schützen. Nichts anderes habe ich getan. Sie werden es mir nicht glauben, aber... Ich habe auch Ihr Leben geschützt Jozarnay.“
    „Seien Sie still!“, schrie Woil. „Ich will nichts mehr hören von Ihren Wortverdrehereien! Sie haben schon zuviel gesagt.“
    Wütend trat Woil auf Lewinski zu, bis sein Phaser nur noch wenige Zentimeter von Lewinskis Nasenspitze entfernt war.
    Für den Captain verfiel die ganze Situation in diesem Moment in den Eindruck, alles wie in Zeitlupe zu erleben. Er konnte praktisch sehen, wie sich Woils Muskeln anspannten, konnte hören, wie der Auslöser klickte und die Vorladekammer die Energie für einen Phaserstrahl mit hoher Stärke lud.
    In einem letzten verzweifelten Versuch, sein Leben zu retten – Lewinski war ohnehin klar, dass es nur ein Versuch bleiben konnte und er nebenbei dem Gedanken auch nicht abgeneigt war, jetzt und hier alles zu beenden – stürzte er sich auf Woil. Soweit es ihm natürlich möglich war, von seiner knienden Position aus und mit verbundenen Händen.
    Doch er schaffte es, den Phaser zu treffen und ihn von ihm abzulenken. Gleichzeitig schlug er mit seinem Kopf gegen Woils Knie, wodurch dieser zusammenbrach.
    Lewinski landete am Ende seiner Aktion auf dem Boden neben seinem ebenfalls gestürzten Kollegen. Beide hatten jedoch weder Augen für die vier anderen Crewmitglieder, die staunenden neben ihnen standen, auch nicht für sich selbst, sondern nur für den Phaserstrahl, der sich aus dem Phaser gelöst hatte, als Lewinski denselbigen weggeschlagen hatte.
    Unkontrolliert wie es gewesen war, hatte er ein Loch in eines der Systeme neben dem Warpkern geschossen. Und allen war klar, was getroffen worden war.
    Es war ein Plasmatank, randvoll gefüllt mit Kühlmittel für den Warpkern.
    Bevor auch nur einer von Ihnen an Flucht auch nur denken konnte, strömte das grüne Gas auch schon aus dem Leck heraus und verteilte sich in jede Ecke der unteren Eben des Maschinenraums.
    Woil blickte in den letzten Momenten seines Lebens zu Lewinski. Stumm suchte er in seinen Augen nach etwas. Nach einem kleinen aufblitzen, nach einem Zwinkern.
    Und dann sah er es. Es war nicht viel, nur ein kleiner Lidschlag von Lewinski, der Bände sprach.
    Er vergab Woil.
    Mit Freude und einem Lächeln erwartete er dann das dichte Gas.
    Der Spuk dauerte nur wenige Sekunden, bis das Gas von den automatischen Systemen und den Entlüftern eingefangen und abgesaugt wurde. Doch dieses Zeit hatte ausgereicht um 6 Menschen das Leben zu nehmen und nicht eine Spur von Ihnen übrig zu lassen.
    Sie hatten nicht einmal schreien können, so schnell war es gegangen.

    Schweißgebadet erwachte Jozarnay Woil und stellte erfreut und gleichzeitig verschreckt fest, dass es wieder nur ein Traum gewesen war. Müde fuhr er sich durch sein Gesicht, nur um festzustellen, dass auch jenes klitschnass war und blickte auf den Wecker, der in die Wand eingelassen war: 02:30 Uhr, mitten in der Nacht. Mühsam beruhigte sich der Chefingenieur wieder, was jedoch seine Zeit dauerte. Noch lange zitterte seine Hand und Jozarnay fragte sich, wieso er wieder einen Albtraum gehabt hatte. Der letzte war fast zwei Monate her gewesen und nachdem er den Entschluss gefasst hatte aus der Sternenflotte auszutreten war kein weiterer mehr vorgekommen. Nun war es also wieder geschehen und dies bereitete ihm Sorgen. Was hatte dies nur zu bedeuten? Inzwischen war der Antosianer tatsächlich zu dem Schluss gekommen seine Träume seien Vorahnungen, flüchtige Blicke in die Zukunft, die ihm aufgrund einer seltsamen Gabe gestattet waren. Doch was wollte ihm dieser Traum nur sagen? Zeigte er ihm die Zukunft, die er durch sein Ausscheiden aus der Sternenflotte verhindert hatte oder würde sie nichtsdestotrotz eintreten, womöglich schon sehr bald, in den nächsten Monaten oder gar Wochen? Was sollte er nur tun? Leider wusste sich Jozarnay nicht anders zu helfen als eine neue Injektion Ketracel-White zu sich zu nehmen. Sonst hätte nie das Zittern seiner Hand geendet.

    Zu guter Letzt befand sich auch Commander Matthew Price in seinem Quartier, auch wanderte unruhig umher, doch aus einem gänzlich anderen Grund. Er wartete. Auf was, dies wusste er nicht so recht, also wartete einfach weiter, vielleicht offenbarte sich ja die Wahrheit ihm irgendwann. Schließlich piepste sein Kommunikator:
    „Price hier!“
    Eine beschämte und traurige Stimme erklang, der Halbbetazoid wusste sofort von dem sie stammte:
    „Matt, ich habe hier einen Anruf für dich“, meinte Dr. Frasier. „Möchtest du ihn in deinem Quartier entgegennehmen?“
    „Klar“, antwortete Price und aktivierte sein Terminal. Was er darauf sah brachte ihn zum Weinen. Auf dem Bildschirm erschien seine Imzadi Selina Kyle, erster Offizier an Bord der USS Community. Sie wirkte erschöpft und gleichzeitig überglücklich. Statt einer Uniform trug sie einen Anzug, der auf der Krankenstation üblich war und sie lag auf einem bequemen Bett.
    „Hi Matt“, begrüßte sie ihn lächelnd.
    Auch Matt Price lächelte, als sein Blick auf das zweite Objekt im Bild fiel. Es war ein kleines Baby, welches erschöpft von den Strapazen im Arm der Mutter schlief. Auch Price begann zu weinen, doch bei ihm waren es Tränen des Glücks. Mit zittriger Stimme fragte er:
    „Ist sie es?“
    „Ja“, hauchte Selina fast unmerklich und lächelte. „Sag hallo zu Yasmin.“
    „Yasmin“, wisperte Matt und schluchzte. Der Name war für ihn schöner als alles andere. Es war dieser Moment, den er als perfekt ansehen würde. Die Zeit schien still zu stehen, als er seinen Nachwuchs betrachtete. Sein Kind. Er würde in Zukunft dafür sorgen, dass die kleine Yasmin ein wundervolles Leben vor sich haben würde. Ganz fest nahm er sich vor nicht so wie sein eigener Vater zu werden, der seine Mutter im Stich gelassen hatte. Nein, Matthew Price würde anders sein.
    „Es tut mir leid, dass ich nicht dabei gewesen bin“, entschuldigte er sich kleinlaut.
    „Ist schon gut, Matt. Ich bin auch bei der Sternenflotte, schon vergessen?“
    Gerührt blickte er zu seiner Tochter, die vor sich hinschlief. Geboren nach dem Krieg wollte er ihr eine Welt gänzlich ohne Gewalt schaffen. Dies schwor er sich.

    ENDE



    ...und die Reise geht weiter - am Samstag, dem 19.06.2004
    Ältere Episoden findet ihr in unserem Episodearchiv...

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    based upon "STAR TREK" created by GENE RODDENBERRY
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    executive producer NADIR ATTAR
    producer SEBASTIAN OSTSIEKER lektor OLIVER DÖRING
    staff writers CHRISTIAN GAUS & THOMAS RAKEBRAND and OLIVER-DANIEL KRONBERGER
    written by NADIR ATTAR
    TM & Copyright © 2004 by TREKNews Network. All Rights Reserved.
    "STAR TREK" is a registered trademark and related marks are trademarks of PARAMOUNT PICTURES
    This is a FanFiction-Story for fans. We do not get money for our work!

    Quelle: treknews.de
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    • Hallo Gast - Aufgrund des vielen Spams müssen leider ein paar Fragen beantwortet werden.

      Bitte der Reihe nach durchführen, sonst kann das Captcha nicht erfolgreich abgeschlossen werden...
      Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
      Schritt 2: und wenn es in der Nacht nicht hell ist, sollte hier der Haken raus!
      Schritt 3:

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