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...isse cremig - isse wahnsinn!
  • Monitor - 6x15: Von Omega bis Alpha

    Series Finale?
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    Das sechste Jahr von Star Trek Monitor geht dramatisch zu Ende: nicht nur versucht Captain Lewinski die ursprüngliche Entstehung von Sektion 31 zu verhindern, auch befindet sich der Alpha-Quadrant am Rande eines gewaltigen Krieges...
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    Was bisher geschah...
    ( siehe 2x04 „Die richtige Entscheidung“ )

    ...Lewinski erhob sich zitternd aus dem Sessel. Was war hier los? Woil hatte den Transporter von einem Shuttle gescannt. Waren dessen Sensoren nicht betroffen? Oder waren sie gerade betroffen? Langsam drehte sich Lewinski auf der Brücke, beobachtete die Offiziere, sein anders Ich, den Admiral. Er wußte nicht was los war. Was ging hier vor? Dann geschah etwas, was mit dem Gang der Ereignisse in überhaupt keinem Zusammenhang stand, es erschien einem geradezu obskur: vom hinteren Bereich der Brücke ertönte ein höhnisches, langsames Klatschen. Alle Personen drehten sich zur Geräuschquelle, auch Admiral Kashari begutachtete die Person. Ein Mann stand da, den niemand zuvor gesehen hatte. Er trug einen Sternenflotten-Uniform, ohne Rangabzeichen. Er war jung, Mitte zwanzig vielleicht, das dunkelblonde Haar war etwas länger als vorgeschrieben, der Mund hatte sich zu einem spitzbübischen Lächeln verzogen, daß bereit war, die bittere Wahrheit zu verkünden.
    "Bravo!" Er klatschte weiter, als er sich dem Captain näherte. "Bravo!" Lewinski und sein Pendant aus der Zukunft schauten sich verwirrt an. "Bravo." Das Klatschen verschwand, ohne Echo, ohne Nachhall. Der Eindringling grinste Lewinski frech an,
    "Ich muß sagen, Captain," sagte er zynisch, "sie haben genau nach Schema gehandelt. Wie sie vorgegangen sind, einfach klasse. Tollkühn haben sie ein Schiff entwendet, oh, Verzeihung, ihr Schiff natürlich und haben sich Befehlen der Sternenflotte widersetzt. Vom feinsten!"
    Lewinski schüttelte kurz den Kopf. Er hatte nicht vor, sich von irgendjemandem zum Narren machen zu lassen. Kurz blickte er zu Kashari, doch dieser wirkte genauso verwirrt, wie Lewinski auch. Diesmal keine Täuschung.
    "Wer sind sie, verdammt noch mal."
    Der junge Mensch verbeugte sich altmodisch und verkündete stolz:
    "Wie unhöflich von mir, Captain, bitte verzeihen sie mir, daß ich mich nicht gleich vorgestellt habe. Mein Name ist Sloan, Nathan Sloan."
    Natürlich. Die Ähnlichkeit war verblüffend. Luther Sloans Sohn.
    "Sektion 31," erkannte John düster. Als Bestätigung klopfte ihm Sloan auf die Schulter.
    "Ganz recht, Sir. Ich muß schon sagen, es ist mir eine Ehre, daß sie sich an meinen Vater erinnern. Ein großer Mann."
    "Es war nie..."
    "Bekannt daß er einen Sohn hat?" unterbrach ihn Nathan schnell, "Nun ja, doch, aber sie kennen ja die Sektion: alles ist unter Verschluß."
    "Und was machen sie hier? Was wollen sie?" fragte ihn der zukünftige John. Entsetzten keimte in ihm.
    "Oh, gut daß ausgerechnet sie das fragen. Durch sie hat nämlich unser Plan wunderbar geklappt. Die anderen Mitgliede der Sektion hätten schon viel früher auf diese Methode kommen sollen. Einfach brillant; übrigens stammt sie von mir."
    Nun verstand keiner mehr etwas. Ir´lia fragte verwirrt:
    "Was machen? Welche Methode?"
    Nathan Sloan schien richtig Freude zu empfinden, als er seinen Coup erläuterte.
    "Meine hübsche Deltanerin, sie sind aber neugierig. Aber gut, da sie mich ja so köstlich unterhalten haben, will ich ihnen nichts vorenthalten. Ihr Captain, also der John, er ist sehr kompetent. In einigen Jahren wird er es noch zu etwas bringen. Aber wenn er in der Hierarchie des Geheimdienstes aufsteigt, so könnte er eine Gefahr für Sektion 31 werden. Was denken sie, wer Chief O´Brien den Antrag auf Versetzung auf die Erde, nach so vielen Jahren, genehmigt hat? Mit Doktor Bashir an seiner Seite wäre er ein zu großes Problem geworden. Doch daß nun am Rande. Also, wo war ich? Ach ja, ihr Captain... hätten wir ihn getötet, wie manche es vorhatten, so wäre er zum Märtyrer geworden, das konnten wir uns nicht leisten. Zuerst muß man den Ruf zerstören, dann ist jemand angreifbar. Und was soll ich sagen, es hat geklappt! Sie haben zwar nicht das Schiff zerstört, aber ein Raumschiff der Föderation entwendet und Befehle mißachtet. Wenn sie Glück haben, landen sie nicht lebenslänglich hinter schwedischen Gardinen. Verzeihung, diesen Ausdruck kennen sie sicher nicht mehr. Es bedeutet, im Gefängnis."
    Die Freude, mit der Sloan diese Verschwörung erläuterte, war geradezu pervers. Entsetzen herrschte bei den Crews beider Schiffe.
    "Aber, aber," stammelte Lewinski, "John, er stammt doch aus der Zukunft, er hat meine DNA..."
    "Geklont, mein guter Captain, geklont. Und die Erinnerungen, naja, wir können so etwas ebenfalls duplizieren. Und, um ihnen zuvorzukommen, Lieutenant Ardev, sein Teilwissen über die Zukunft ist echt. Vergessen sie nicht, wir sind Sektion 31. Ach ja, einfach herrlich. Der gute Klon hat dies alles für bare Münze genommen. Er glaubte tatsächlich, daß es ein Virus gegeben hatte. Perfekt!"
    Alles schien sich für Lewinski zu drehen. Nicht nur für den Captain, sondern auch für sein Pendant. Stellen sie sich einmal den Schock vor, wenn sie erfahren, daß ihre ganze Existenz, ihre ganzen Erinnerungen eine Lüge sind. Dem anderen John war schlecht. Alles eine Lüge.

    ( siehe 3x01 „Qualen“ )

    ...„Halt! Sir, sie können da nicht rein!“
    Admiral Jellicos Sekretärin, ein junger Fähnrich im ersten Jahr, konnte ihn nicht aufhalten. Wie ein Orkan raste Captain Lewinski an ihr vorbei, rein in das Büro des Admirals. Der betreffende Mann zeigte sich nur mäßig überrascht von dem Besucher und winkte seiner Ordonanz zu, daß alles in Ordnung war. Dann lächelte er den Kommandanten an.
    „John, setzen sie sich doch!“
    Wutschnaubend, was äußerst unhöflich war, schüttelte Lewinski den Kopf und blieb stehen. Jellico nickte und stütze die eine Hand auf seinem Schreibtisch ab, während er fragte:
    „Nun, Captain, was kann ich für sie tun?“
    „Sie können mir verdammt noch Mal die Wahrheit sagen!“
    Solche Schreie kamen im Büro eines Admirals äußerst selten vor und daher war Edward Jellico für einen Bruchteil einer Sekunde eingeschüchtert. Dann faßte er sich wieder.
    „Schreien sie mich nicht so an,“ erklärte Jellico mit hochrotem Kopf und strahlte vollste Autorität aus, „ich bin immer noch ein ranghöherer Offizier.“
    Lewinski stürmte vor und schlug mit beiden Fäusten auf den Schreibtisch.
    „Ein Lügner sind sie! Ein Schwein! Jemand der sich kaufen lässt. Ich habe nicht den geringsten Respekt für sie.“
    „Was wollen sie überhaupt von mir? Sie sollten sich lieber beruhigen, bevor ich ihnen ihr Patent entziehe.“
    „Es war alles ein abgekartetes Spiel,“ entgegnete John. „Seit Monaten schikanieren sie mich. Schieben mir Aufträge zu, die entweder äußerst heikel oder extrem einfach sind. Lange Zeit habe ich mich gefragt, was sie gegen mein Schiff haben. Und dann ging mir ein Licht auf: es ging gar nicht um die Monitor, sondern um mich! Ich bin ihnen unangenehm geworden.“
    „Sie spinnen ja!“
    „Ach ja? Als Sektion 31 mich mittels eines Klons ins Abseits drängen wollte, wie konnte ich die Monitor so einfach aus dem Dock holen? Wieso bekam ausgerechnet ich den Auftrag, den Mörder der Voyager-Crew zu finden? Ich muß annehmen, daß irgend jemand mich gezielt fertig machen will. Sektion 31 hat schon deutlich gemacht, daß dies ihr Ziel ist. Doch diese Organisation braucht Mittelsmänner, die ihnen helfen. Leute in hohen Positionen. Menschen wie sie, Jellico. Sie mochten mich doch von Anfang an nicht! Der junge Captain, der es schon so weit gebracht hat. Ich weiß nicht, wieso ich sie irgendwie in Gefahr bringe, aber ich weiß sehr wohl, daß sie nicht die Monitor demonitieren wollen. Nein, sie wollten mein Potential schwächen. Aber das lasse ich nicht zu! Dies ist eine feine Crew, eine der besten. Sie können nicht dafür bestraft werden, daß ihr Kommandant das Opfer eines perfiden Schachspiels geworden ist!“
    Auffällig ruhig lehnte sich Admiral Jellico nun zurück. So als ob er diesen Gespräch erwartet hätte.
    „Was schlagen sie vor?“ fragte er gefasst.
    „Lassen sie die Monitor im Dienst. Die Crew soll zusammenbleiben.“
    „Und?“
    „Im Gegenzug gebe ich ihnen, Sektion 31, oder wen auch immer repräsentieren genau das, was sie wollen: ich trete aus der Sternenflotte aus.“
    Die letzten Worte hatte Lewinski stolz gesprochen. Er hatte lange über diese Entscheidung nachgedacht und sie erschien ihm mehr als richtig. Er würde es schon noch schaffen, die Verantwortlichen zu kriegen. Seine Freunde und Kameraden durften da aber nicht mit rein gezogen werden.
    Und damit sprach Admiral Jellico das Wort aus, das eine bedeutende Karriere beenden sollte, die über zwanzig Jahre gedauert und einen bemerkenswerten Offizier hervorgebracht hatte:
    „Einverstanden.“

    ( siehe 3x11 „Das Ende“ )

    ...Ein ohrenbetäubender Knall ertönte, als die massive Wand durch die exakt berechnete Menge Sprengstoff heruntergerissen wurde. Im ganzen Gebäude war der Knall zu hören und Sicherheitsleute machten sich auf den Weg zur Unglücksstelle, ohne jemals rechtzeitig eintreffen zu können. Der Virus hatte geschickt nach Johns Ankunft eine Transportblockierung um seinen Bereich aufgebaut. Für die nächsten Minuten würden zudem Kraftfelder die Wachmannschaften aufhalten. Doch nur für eine kurze Zeit...
    Die Wand fiel in sich zusammen. Rauch stieg von en Trümmern auf und Lewinski wollte die Gunst des Augenblicks nutzen, zog seinen Phaser und sprang rein. Und tatsächlich, es befand sich tatsächlich ein Raum hier. Nur er war komplett leer. Keine Tische, keine Stühle, keine Akten. Nur zwei Personen, die ihn überrascht anstarrten. Er erkannte sie sofort: links war, in eine Sternenflottenuniform gekleidet, Admiral Edward Jellico. Er Verräter. Rechts von ihm ein jüngerer Mann, der noch nicht einmal dreißig war: Nathan Sloan. Der Mann, der ihm, John Lewinski dies alles eingebrockt hatte. Nur kurz musste John entscheiden, welche Beute wichtiger war und richtete den Phaser auf Sloan. Er drückte ab und wie in Zeitlupe raste der Strahl auf Sloan zu. Doch die Energiezunge ging glatt durch ihn hindurch; gerade noch rechtzeitig hatte der Verschwörer einen Transporter aktiviert, der ihn sonst wo hin brachte. Mit entsetztem Blick blickte Jellico erst zu dem verschwindenden Sloan und dann zu Lewinski. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, hier zurückgelassen zu werden. Lewinski markierte sofort sein nächstes Ziel und feuerte auf den Admiral. Der Phaserstrahl riss den großen Mann von den Füßen und mit einem unsanften Knall landete er auf dem Rücken. Voll von Adrenalin, dass durch seinen Körper gepumpt wurde, näherte sich John dem Verräter an der Sternenflotte. Der alte Mann mit den grauen Haaren blickte keuchend zu ihm auf; Panik zeigte sich in seinem Gesicht.
    „Jetzt habe ich dich, du Schwein,“ meinte Lewinski grimmig und sein Blick fiel auf einen Gegenstand neben Jellico. Ein Datenpadd. Der einzige Gegenstand in diesem Raum.

    ( siehe 4x12 „Offenbarungen, Teil 2“ )

    ...„Ich habe aber immer noch nicht verstanden,“ unterbrach ihn John Lewinski geduldig, „wieso sie sich nun gegen diese Leute stellen.“
    „Der Niedergang der Organisation begann mit dem Tod Luther Sloans auf Deep Space Nine. Für eine kurze Zeit gab es ein Vakuum in den Machtstrukturen der Sektion 31, bis sein Sohn Nathan die Macht ergriff. Nathan Sloan war, das wussten alle, viel zu jung und unerfahren für eine solch leitende Position. Er ist nun erst 27 und soll eine Geheimorganisation anführen, die es schon seit Jahrhunderten gibt? Unmöglich!“
    „Jahrhunderte? Wissen sie denn wie lange es sie denn schon wirklich gibt?“
    Statt einer Antwort kramte Jellico kurz in seiner Tasche herum und diesmal verzichtete Captain Lewinski darauf, einen Phaser auf den alten Mann zu richten. Auch wenn es sich absolut paradox anhören mochte, auf einmal vertraute er diesem alten Mann. All die Jahre hatte er in ihm nur ein Schwein gesehen, ein Mann der ihm mit Vergnügen Steine in den Weg legte. Doch zum ersten Mal kam John tatsächlich der Gedanke in den Sinn, dass Jellico selbst vielleicht nur ein Opfer sein mochte. Aus seiner Tasche holte der vermeintliche Überläufer ein kleines, grünes, rechteckiges Stück Papier heraus.
    „Wissen sie, was dies ist?“ fragte Jellico.
    „Ist dies ein Geldschein?“
    „Stimmt. Es handelt sich um einen Dollar, eine Währung, die vor einigen hundert Jahren auf der Erde existiert hat. Schauen sie sich doch diese Stelle ganz genau an.“
    Lewinski nahm den Geldschein entgegen und betrachtete die ihm zugewiesene Stelle. An der Seite der Währung war eine Pyramide eingezeichnet, in deren Spitze ein Auge eingelassen war.
    „Können sie damit etwas anfangen?“
    „Bedauere, nein.“
    „Die offizielle Erklärung der damaligen Regierung war,“ erklärte Edward Jellico, „dass es sich bei diesem Symbol um Gott handeln solle, der mit seinem allmächtigen Auge uns alle überwacht. Jedoch existierte schon damals eine zweite Theorie, wen diese Pyramide darstellen sollte.“
    „Wen?“
    „Der Geheimbund der Illuminaten. Eine Untergrundorganisation, die angeblich die ganze Welt reagiert hat.“
    „Mit diesem Begriff kann ich etwas anfangen,“ unterbrach ihn John und blickte noch einmal auf den Schein. Langsam stieg in ihm die Erinnerung hoch, doch einmal von dieser Sache gehört zu haben. Verschwörungstheorien waren in jedem Zeitalter populär gewesen und diese hier gehörte zu den ältesten. Doch wie so viele hatte man diese jemals beweisen noch widerlegen können. Dann, im Angesicht der Erkenntnis, stutzte Lewinski.
    „Sie wollen mir doch nicht sagen, dass Sektion 31 aus eben jenen Illuminaten hervorgegangen ist?“ fragte er schockiert, worauf Jellico eine entschuldigende Geste mache.
    „Dies ist nur ein Gerücht, welches innerhalb der Organisation kursiert. Ich war kein Mitglied des inneren Kreises und daher kann ich darauf keine definitive Antwort geben, aber diese Erklärung macht die Runde.“
    „Und was wollen sie mir mit dem ganzen sagen?“
    „Ich habe von diesem Gerücht kurz nach meiner ersten Arbeit für Sektion 31 erfahren. Stellen sie sich meine Resignation vor. Natürlich hatte ich am Anfang geplant, mich ihnen zu widersetzen, genauso wie sie es nun tun. Jedoch sah ich dann bald ein, dass dies keinen Sinn hatte. Wie konnte ich mir anmaßen, eine Organisation bekämpfen zu wollen, die seit so vielen Jahrhunderten existierte? Die vielleicht ihren Ursprung vor tausend Jahren auf der Erde hatte? Ich sah ein, dass es sinnlos war und arrangierte mich mit einem Feind, den ich niemals hätte schlagen können.“

    ...Über dem Mars, der Jahrhunderte lang den Menschen nur als „der rote Planet“ bekannt gewesen war, erschien die Xhosa und begann mit einer intensiven Sensorensuche. Natürlich war die Oberfläche des Planeten schon lange nicht mehr von dem rötlichen Sand geprägt. Jahrhunderte der Terraformarbeit hatte aus dem Mars einen erdähnlichen Planeten gemacht, auf dem man exzellent leben konnte. Doch diese Feinheiten interessierten derzeit die dezimierte Besatzung des Frachters nicht. Sie wollten nur einen Mann finden.
    „Ich habe Nathan Sloan gefunden,“ gab Jellico glücklich zu. „Wie ich mir gedacht habe befindet er sich in einem Geschäft in der Innenstadt von Mars-City.“
    „Einem Geschäft? Was tut er dort?“ fragte Captain Lewinski irritiert. Die Anspannung war ihm nun deutlich anzusehen, immerhin bot sich hier ihm nun die Möglichkeit Sektion 31 einen entscheidenden Schlag zu verpassen.
    „Suspekt, nicht wahr? Zu seiner Tarnung betreibt Sloan ein Antiquitäten-Geschäft. Ich denke, er mag ab und zu mal das einfache, handwerkliche Leben. Es entspannt ihn.“
    Yates, die immer noch auf der Suche nach Vergeltung war, klatschte in die Hände.
    „Also schön, beamen wir uns hinunter und schnappen wir uns den Mistkerl.“
    „Oh, so einfach wird dies wohl nicht werden. Ich orte Sicherheitssysteme in seinem Geschäft. Transportblockierer, Kraftfelder, allerlei Zeugs, welches es uns unmöglich macht, da hinunter zu beamen.“
    „Sie wollen uns doch nicht sagen, dass wir umsonst geflogen sind?“ fragte Lewinski wütend. Ein neuerlicher Trick von Jellico wäre in diese Situation äußerst kontraproduktiv.
    „Nicht wenn ich mir das Inventarverzeichnis dieses Schiffes ansehe,“ erwiderte der ehemalige Admiral mit einem Seitenblick zu Yates.
    „Wie meinen sie dies?“
    „Wie ich dies hier lese haben sie aufgrund des Krieges noch zwei Photonentorpedos an Bord?“
    „Dies ist korrekt,“ antwortete die Frachterkommandantin.
    Ohne ein weiteres Wort betätigte Jellico den Auslöser und das Schiff erbebte unter dem Torpedostart.

    Er genoss wirklich die Ruhe, wenn er hier war. Nathan Sloan atmete einmal tief durch und genoss das Ambiente, welches dieser Laden ausstrahlte. Er fühlte einen inneren Frieden, der ihm manchmal bei der Arbeit fehlte. Es war immer gut, wenn man Orte hatte, an die man sich zurückziehen konnte. Gerade beriet er ein Ehepaar, dass auf der Suche nach einem alten Grammophon war. Ab und zu mal etwas ganz anderes machen, dies lockerte den Geist. Gerade wollte er über die Zahlungsmodalitäten verhandeln, da piepte sein Computerterminal. Nathan entschuldigte sich und rief die entsprechenden Daten auf. Es näherte sich ihm ein Objekt mit großer Geschwindigkeit... ein Gefechtskopf!
    Sekunden nach der Realisierung dieser Nachricht explodierte das Geschäft.

    ( siehe 5x01 „Eine neue Situation“ )

    ...„Die Untersuchung der verwendeten Materialien und die Genanalysen lassen keinen Zweifel mehr zu,“ wiederholte der Leiter abermals, „die Bombe stammt von Remus und...“
    „... die Genanalysen deuten auf Remaner als die Urheber dieses Attentats hin,“ vervollständigte Nr. 2 den Satz. „Was schlimmeres hätte nicht eintreten können.“
    „Vor allem nicht in Anbetracht des letzten Zwischenfalls mit den Remanern und Shinzon,“ brummte Nr. 1.
    „Verdammt,“ fluchte der Leiter und blickte kurz seine ihm treu ergebenen Stellvertreter an, „schon nach dem Enterprise-Zwischenfall ist der Föderation bewusst geworden, dass die Remaner aufständig geworden sind. Mehr denn je wollen sie ihre Freiheit haben. Wenn nun herauskommt, dass sie für diesen schrecklichsten Anschlag in der romulanischen Geschichte verantwortlich sind, wie stehen wir dann da?“
    „Wir erscheinen wie ein Imperium, dass sein Volk nicht kontrollieren kann,“ dachte Nr. 1 laut.
    „Man wird uns für zerrissen und in Folge dessen für schwach halten,“ meinte Nr. 2, was ein Nicken der beiden anderen Romulaner hervorrief. „Im schlimmsten Fall hält man uns für so verwundbar, dass dies äußere Feinde auf den Plan rufen könnte. Ich muss ja niemanden hier im Raum an die Klingonen erinnern.“
    „Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die Klingonen als Mitgliedsvolk der Multiplanetaren Allianz uns etwas antun könnten?“ Nr. 1 hielt diese Möglichkeit für undenkbar. „Die MPA würde sofort einschreiten.“
    „Möglich ist alles.“
    „Ich wünschte nur, wir hätten dies nie entdeckt,“ murmelte der Leiter und niemand konnte ihm diesen Gedankengang verübeln. „Wir dürfen dies jedoch nicht zulassen. Das Romulanische Sternenreich muss stark erscheinen und stark sein. Wir brauchen etwas, was die Moral unseres Volkes wieder aufrichtet.“
    „Haben sie etwas spezielles im Sinn, Sir?“
    Kurz dachte der Leiter nach.
    „Wissen andere Tal Shiar Abteilungen etwas über unsere Erkenntnis?“
    „Nein, niemand.“
    „Die Regierung?“
    „Wartet immer noch auf unsere Ergebnisse.“
    Nun lächelte der Leiter. Die Lösung war einfach, aber genial.
    „Wie schweißt man ein Volk zusammen?“ fragte der Leiter rhetorisch.
    „Man gibt ihm ein gemeinsames Ziel,“ antworteten Nr. 1 und Nr. 2 zeitgleich.
    „Am besten geht dies mit einem äußeren Feind, nicht wahr?“
    „Korrekt, die Geschichte lehrt einem, das ein Volk zusammenhält, wenn es von außen bedroht wird,“ erklärte Nr. 2.
    „Sie denken doch nicht an die Klingonen?“ fragte Nr.1 sorgenvoll. „Unsere Ressourcen sind nach dem Dominionkrieg immer noch zu erschöpft, um uns einem solch totalen und langwierigen Krieg zu stellen.“
    „Nein,“ der Leiter schüttelte den Kopf, „die Moral unseres Volkes wird am besten dadurch hergestellt, dass wir unsere Stärke und unsere Überlegenheit demonstrieren können.“
    Der alte Leiter ließ eine Sternenkarte auf dem Projektor erscheinen, sah sie sich kurz an und deutete dann mit einem Finger auf eine Stelle nahe der Grenze. Seine beiden Stellvertreter lasen beide, was dort stand:
    „Die Talarianische Union.“
    „Die Talarianer sind uns mindestens 50, wenn nicht gar 100 Jahre in der Entwicklung zurück,“ erklärte der Leiter den aus seiner Sicht genialen Plan. „Ein Sieg über sie wäre nur eine Frage von Monaten, wenn nicht sogar von Wochen. Wie gesagt: ein schneller Sieg, der unsere Entschlossenheit und Überlegenheit demonstriert. Dadurch wird uns niemand für schwach halten.“
    „Wie schaffen wir es die Talarianer zu attackieren ohne...“
    „Wir manipulieren die Beweise,“ schlussfolgerte Nr. 1. „Wir lassen die Talarianer, die ohnehin eine kriegerische Spezies sind, als die Attentäter erscheinen. Infolgedessen würde der Krieg als ein legitimer Akt der Selbstverteidigung aussehen.“
    „Genial,“ konstatierte Nr. 2
    Auch der Leiter war zufrieden. Wenn alles gut ging, würde das Romulanische Reich gestärkt aus dieser Sache hervorgehen. Sie musste nur vorsichtig sein.
    „An die Arbeit, meine Herren! Wir haben nicht viel Zeit, um unser Volk neu erblühen zu lassen!“

    ( siehe 5x08 „Augenblicke“ )

    ...Die Ermordung des Prätors, initiiert durch die mysteriöse Abteilung Blau des Tal Shiar, war genau zum richtigen Zeitpunkt geschehen. In dem Moment, als Nocks in dessen Gemächer geschlichen und ihn kaltblütig niedergestreckt hatte, war der Prätor dabei gewesen seinen großen Auftritt vor dem Senat zu planen. Einen Auftritt, in dem er die Wahrheit offenbaren wollte, die er noch kurz zuvor vom Leiter der Abteilung Blau erfahren hatte. Wäre dies geschehen, so wäre ruckartig der gesamte Krieg gestoppt und ein hastiger Friedensvertrag geschlossen worden.
    Doch so stand der Invasion nichts im Wege. Hunderte von Warbirds, die tagelang auf der Lauer gelegen und den richtigen Moment abgewartet hatten, enttarnten sich gleichzeitig im Orbit von Talar. Ihre Aufteilung war vorzüglich: eine Gruppe zerstörte die wenigen noch verbliebenen Schiffe, die einen Schutzwall um den Planeten gebildet hatte, eine andere attackierte die Raumstationen und die dritte griff die orbitalen Verteidigungsplattformen an.
    Wie schon während des gesamten Krieges zuvor waren die Talarianer in jeglicher Hinsicht unterlegen. Verzweifelt feuerten sie ihre rückständigen Waffen ab, die zumeist wirkungslos an den Schilden der romulanischen Schiffe explodierten. Ein Kriegsschiff der Talarianer nach dem anderen wurde von der romulanischen Marine auseinandergenommen und ihr Hass kannte kein Erbarmen. Die einzelnen Kommandanten der romulanischen Streitkräfte befahlen gar auf die Schutzkapseln zu feuern, die die wenigen überlebenden Talarianer beherbergten. In ihrer Verzweiflung gingen die talarianischen Matrosen sogar so weit mit ihren Schiffen die Warbirds zu rammen, um so zumindest einige Feinde mit in den Tod zu reißen. Niemand von ihnen wollte sterben und keiner hatte Interesse an einem Ruf als Märtyrer, doch sie wussten sich nicht mehr anders zu helfen. Über dreißig romulanische Schiffe wurden in diesem Gefecht, welches über zwölf Stunden dauerte, zerstört, doch dies war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Immer noch blieben Hunderte von weiteren Schiffen, die sich nun in eine bessere Angriffsposition brachten. Jeglicher Widerstand war gebrochen worden und die wenigen Schiffe, die noch übrig waren, versuchten schleunigst das System zu verlassen und so noch einige weitere Personen das Leben zu retten.
    Dann jedoch begann das wahre Grauen. Nachdem die Romulaner sich in Position gebracht hatten begannen sie mit dem schlimmsten Bombardement eines Planeten seit über einhundert Jahren. Mit ihren mächtigen Strahlenkanonen und Quantentorpedos feuerten sie auf die Oberfläche. Jeder einzelne Torpedo hatte die mehrfache Sprengkraft einer Hiroshima-Atombombe und verwüstet ganze Landstriche und Städte im Nu. Unzählige Massen an Staub wurden aufgewirbelt, die in den folgenden Jahren einen nuklearen Winter verursachen und das Überleben auf diesem Planeten in naher Zukunft zu einer Zerreißprobe machen würden. Systematisch wurden erst militärische Anlagen zerstört, eine nach dem anderen, im Anschluss folgten die gewaltigen Städte. Die Talarianer hatten jedoch aus den vorigen Niederlagen hinzugelernt und hatten ihre wichtigsten Würdenträger und Strategen in gewaltige Bunker gebracht, die nicht von den Waffen erreicht werden konnten. Für die Zivilbevölkerung war jedoch nicht genug Platz. Wie auch? Der gesamte Planet konnte nicht in das unterirdische System evakuiert werden und so verbrannten Männer, Frauen und Kinder beim lebendigem Leib. Drei Tage dauerte das ununterbrochene Bombardement, welches von heftigen Protesten anderer Regierungen begleitet wurde, doch die Romulaner störten sich nicht daran. Sie hatten es tatsächlich geschafft die einst so vielgerühmte Multiplanetare Allianz politisch außer Gefecht zu setzen.
    Dann endlich wurde der Völkermord eingestellt und die nächste Phase der Invasion wurde eingeleitet. Gewaltige Landungsschiffe begannen mit dem Anflug auf Talar und zu ihrer Überraschung mussten sie feststellen, dass die Talarianer noch einige Abwehrgeschütze vor dem Bombardement versteckt hatten. Ihnen gelang es einige wenige Schiffe abzuschießen, dann zerstörte die romulanische Marine auch diese Stellungen. Die Invasionstruppen landeten und die Infanteristen verließen zu Tausenden die Landungsboote. Sie bereiteten sich darauf vor eine Welt zu erobern, die schon geschlagen war. Die Städte waren zu Ruinenlandschaften geworden, die einst grünen Felder waren Wüsten gewichen. Und doch war kein einziger Talarianer bereit zu kapitulieren. Man hatte sie gedemütigt, getötet, zerfetzt und besiegt, doch sie hatten kein Interesse daran ihre Ehre zu verlieren. Also lauerten sie den Invasoren in den Ruinen auf und verwickelten sie in tagelange Gefechte. Nur hier unten, im Bodenkampf Mann gegen Mann, konnten die Talarianer ihre technologische Unterlegenheit durch das Wissen um das Gelände ausgleichen. Es war das erste Mal in diesem Krieg, dass die Romulaner schwere Verluste erlitten. Dann endlich brachten sie ihr schweres Kriegsgerät auf den Planeten und ihr Vormarsch wurde fortgesetzt. Eine Stadt nach der anderen wurde eingenommen und irgendwann war es geschehen, dass auf den Ruinen des talarianischen Regierungssitzes die Flagge des Romulanischen Sternenreiches gehisst wurde. Die Flagge wehte im stürmischen Wind, der nur noch mehr Dreck aufwirbelte und in den Himmel blies. Während der gesamten Invasion hatte Düsternis auf dem Planeten geherrscht, eine nie enden wollende Dunkelheit und nun, nachdem sich die Atmosphäre abkühlte, begann es zu schneien und zu frieren. Eine Welt war zugrunde gerichtet worden und ein Krieg beendet.
    Im Ratssaal der MPA auf Parliament wurde seit Tagen debattiert, doch ohne Ergebnis. Schließlich betrat nach einer Woche seit Beginn der Invasion der romulanische Botschafter das Podium und verkündete:
    „Meine verehrten Kollegen und Abgeordneten, soeben habe ich von unserer Admiralität die Nachricht erhalten, dass der Planet Talar vollständig unter unsere Kontrolle gefallen ist. Obwohl die Talarianische Union sich immer noch weigert zu kapitulieren dürfen wir endlich vom Ende dieses furchtbaren Krieges sprechen. Der Feldzug gegen diejenigen, die so viele romulanische Zivilisten hinterrücks ermordet hatten, ist vorbei. Mögen nun friedlichere Zeiten anbrechen.“
    Damit ging ein Konflikt, der acht Monate gedauert hatte und Millionen Leben gefordert hatte, zu Ende. Am Ende blieb ein strahlender Sieger und ein am Boden liegender Verlierer. Ein Verlierer, der niemals eine Chance auf den Sieg gehabt hatte.

    ( siehe 5x09 „Jellico“ )

    ...Kraftlos hockte Edward auf dem Boden und hielt den leblosen Körper seiner Frau in den Armen. Er vergoss bittere Tränen, klagte und schrie, doch nichts brachte sie zurück. Neben der Leiche seiner Frau lag der Körper seines Sohnes, auch er war allen Lebens beraubt worden. Nein, womit hatten sie dies nur verdient? Wenn Stella wenigstens ihn getötet hätte, aber was hatte seine Familie damit zu tun. Die im Anschluss an den Mord entschwundene Person hatte scheinbar Freude am Sadismus. Anscheinend wollte sie, dass Jellico für den Rest seines Lebens leiden würde. Doch damit hatte sie ihr eigenes Todesurteil unterschrieben. Bei der geliebten Erinnerung an seine Familie, Edward Jellico schwor sich Stella zu finden und sie wie ein Tier abzuschlachten.

    ( siehe 6x04 „Icarus´ Flügel“ )

    ...Der Antosianer war mit seiner menschlichen Begleiterin noch einige Zeit durch die Station geirrt. „Geirrt“ war wohl in diesem Fall das falsche Wort, denn es implizierte eine Art von Ziellosigkeit. Ziellos war jedoch ihr Weg ganz und gar nicht gewesen, viel eher geprägt durch den Versuch ihren unbekannten Häschern zu entgehen. Schließlich erreichten sie die belebte Promenade, wo sich Hunderte von Angehörigen verschiedenster Spezies aneinanderreihten und die Schaubuden. Woil blickte Stella an und ihr stummer Blick signalisierte Zustimmung. Beiden war klar, dass es manchmal am besten war sich an einem belebten Ort zu verstecken, in der Menge unterzutauchen. Also setzten sie sich an einen Ecktisch in einer schmierigen Kneipe und bestellten sich etwas zu trinken. Sie spekulierten darauf, dass Sektion 31 nicht so dumm wäre eine Konfrontation in der Öffentlichkeit zu suchen. Hoffentlich.
    „Was will Edward Jellico von dir?“ fragte Jozarnay leise, nachdem man ihnen das Bier gebracht hatte.
    „Ich sage mal so: unsere politischen Ansichten sind eher gegensätzlich,“ erklärte Stella mit normaler Stimme, so als bereitete es ihr keine Sorgen über diese Verschwörerorganisation in der Öffentlichkeit zu sprechen.
    „Du hattest also näher mit ihm zu tun?“
    „Du etwa?“
    Die rothaarige Frau blickte ihn erwartungsvoll an und Jozarnay wägte ab, wie viel er sagen konnte. Doch irgendwie hatte er ein unglaubliches Vertrauen zu dieser Dame gefasst. Sie verursachte in ihm ein Gefühl, welches er schon lange nicht mehr gekannt hat. Wohl fühlte er sich in ihrer Nähe, geborgen. Ob sie auch so empfand? Zumindest schien sie ihm ebenfalls zu vertrauen, ansonsten würde sie nicht mit ihm darüber reden zu wollen.
    „Ich war früher bei der Sternenflotte und kenne Edward Jellico schon seit einigen Jahren.“
    „Tatsächlich?“ Stella weitete überrascht ihre bezaubernden Augen. „Dientest du auf einem Raumschiff?“
    „Ja,“ erklärte Woil und ließ routinemäßig seine Augen über die Promenade schweifen. Bisher nichts Verdächtiges zu sehen. „Erst kannte ich ihn nur vom Hörensagen, dann von persönlichen Kontakten und die gab es reichlich. Wir, also meine ehemaligen Kameraden und ich, hatten einige unerfreuliche Begegnungen mit ihm.“
    Unruhig trippelte er mit seinen Fingern auf dem Tisch herum. Seine letzte Injektion lag schon Tage zurück und die Auswirkungen begann er immer deutlicher zu spüren. Das White, welches ihm von Tanner angeboten worden war, fiel den Flammen der Bombe zum Opfer. Noch ein wenig länger konnte er es ohne aushalten, doch irgendwann würde er eine Injektion brauchen, so viel stand fest.
    „Und du? Was verbindet euch?“ fragte der ehemalige Chefingenieur, teils um sich abzulenken, teils aus echtem Interesse.
    Die angesprochene Frau schien für einen Moment zu überlegen, wie viel sie von ihrem Leben preisgeben durfte, dann erklärte sie:
    „Auch ich war früher ein Mitglied von Sektion 31.“
    Diese Aussage war überraschend, gänzlich unerwartet. Früher, als er noch Mitglied der Sternenflotte gewesen war, wäre Jozarnay aufgesprungen und hätte sonst etwas gemacht. Doch heute nicht mehr. Viel zu sehr war er interessiert an der Geschichte dieser Frau, die ihn so sehr faszinierte. Sein Schweigen schien für sie nur noch mehr eine Aufforderung zum reden zu sein. Wie so oft, es schien eine Marotte zu sein, warf sie ihr langes Haar mit einer Hand zurück und erklärte:
    „Lange Zeit sogar habe ich dort verbracht, mich hochgearbeitet und an die Ideale dieser Organisation geglaubt. Ob du es glaubst oder nicht, früher wollte Sektion 31 nur das beste für die Föderation. Aber durch Edward Jellico wird alles pervertiert. Er möchte die Organisation zu seinem persönlichen Zwecke nutzen und nicht zum Wohl der Allgemeinheit. Ich bin die letzte Vertreterin der alten Ordnung, die, die sich ihm am hartnäckigsten widersetzt. Daher jagt er mich.“
    „Die Gruppe, von der du sprichst, habe ich aber anders erlebt.“
    „Ach ja? Wie denn?“
    „Verschlagen. Gemein. Selbstsüchtig,“ zählte der Antosianer auf. „Sie erhoben für sich den Anspruch den gottgleichen Auftrag zu haben die Föderation zu schützen, auch wenn ich dieses Wort nicht gerade benutzen würde. Sektion 31 zerstörte unzählige Existenzen und Leben, einige von ihnen waren mir bekannt.“
    „Dies waren schon die eingerissenen Strukturen,“ beschwichtigte Stella ihn und legte ihre Hand auf seine. „Ich gehöre noch zur alten Garde, die dies alles genauso abstößt wie dich. Daher jagt man mich.“
    Lange dachte Jozarnay über diese Worte nach. So viele Jahre hatten sie schon mit den verschiedensten Vertretern von Sektion 31 zu tun gehabt und niemanden davon hatte man trauen dürfen. Wieso also dieser Frau? Nur weil er eine schöne Nacht mit ihr verbracht hatte? Nein, der Grund dafür, wieso er ihr vertraute, war, dass sie freiwillig und aufgefordert von ihrer Verstrickung erzählt hatte. Auch wenn er möglicherweise nicht ihre Ansichten teilte, so wollte er sie beschützen.

    ( siehe 6x08 „Der Fremde“ )

    ..„Aber wieso haben sie dies getan? Sie hätten mich in meinem Zustand belassen können, allein und verloren. Dennoch kümmerten sie sich um mich. Wieso?“
    Auf diese Frage wusste John Lewinski selbst keine richtige Antwort. Wie konnte man dies anderen Personen erklären? Es hatte sich mehr um ein Gefühl statt einer Erklärung gehandelt.
    „Weil sie ein Mensch sind,“ meinte der Captain schließlich. „Das unterscheidet uns von den Tieren: man hilft seinem Feind.“
    „So denken sie immer noch über mich? Ich wäre ihr Feind?“ fragte der alte Mann enttäuscht.
    „An dieser Einstellung wird sich wohl auch nie etwas ändern.“
    „Dennoch möchte ich ihnen meinen Dank aussprechen, dafür, dass sie mir geholfen haben. Und auch wenn sie denken, dass ich nicht zur Milde fähig wäre, so mache ich ihnen ein Geschenk: in Zukunft werde ich ihr Leben unangetastet lassen.“
    Diese Worte schockten John, obwohl sie nicht unerwartet kamen. Meinte er dies ernst?
    „Ist dies ein Geständnis, dass sie versucht haben mich zu töten?“
    „Ich gestehe gar nichts,“ entgegnete Jellico generös. „Ich verspreche ihnen nur, dass sie am Leben bleiben werden.“

    ( siehe 6x14 „Damoklesschwert“ )

    ...Lewinski nutzte diese Gelegenheit. „Warten Sie... alle beide. Wir können das nicht tun.“
    „Was können wir nicht tun?“, fragte Veritas.
    „Wir können das niemand erzählen. Denken Sie doch nach. Was nutzt dem Quadranten ein instabiles romulanisches Imperium? Wie schnell hätten sie sich mit den Klingonen wegen Grenzstreitigkeiten in den Haaren? Die diplomatische Arbeit würde um Jahrzehnte zurückgeworfen. Was nützt denn die Wahrheit jetzt noch?“
    „Sie öffnen damit Tür und Tor für unsere Regierung und den Tal Shiar genau so weiter zu machen. Außerdem lässt sich die Föderation jetzt schon erpressen. Meinen Sie denn, die Probleme werden weniger?“, stellte Nummer 1 dahin.
    „Das weiß ich nicht. Aber wenn wir jetzt richtig handeln haben wir vielleicht noch eine Chance, dass das alles nicht in einem Desaster endet“, mutmaßte Lewinski.

    ... „Das ist etwas, das ich nicht im Bericht erwähnt habe. Dieser Kret bat mich sein Testament an mich zu nehmen“, antwortete Lewinski locker.
    „Und was werden Sie damit tun?“
    John überlegte einen Moment. „Ich habe jetzt ja Urlaub, gezwungenermaßen zugegeben, aber es ist immer noch Urlaub. Und die Raumstation die wir anfliegen ist doch im Orbit eines Planeten?“
    „Ja, Mavan 2.“
    „Wenn ich dann dies hier lese, während ich auf diesem Planeten in einem Cafe sitze und dann dieses PADD zufällig vergesse...“, mutmaßte Lewinski.
    Price griff ein in diese gespielten Überlegungen. „Reden Sie nicht davon. Es könnte einem Dritten in die Hände fallen, gar jemand von der Presse.“
    „Das wäre ja ein unverzeihlicher Fehler“, heuchelte Lewinski Sorge und schüttelte den Kopf. „Hoffen wir, dass das auf keinen Fall geschieht.“
    Price grinste. Er spürte, dass der Captain seine Freizeit gut nutzen würde. Er würde sie nutzen um eine Fehler zu beheben und um einen bekannten einen letzten Gefallen zu tun.

    Und nun die Auflösung...

    Sofort nachdem Captain John Lewinski die Brücke der Monitor betreten hatte, spürte jeder, dass etwas nicht stimmte. Zwar hatte der Captain schon in letzter Zeit nicht allzu gut ausgesehen. Die vorherigen Missionen hatten ihn einiges an Kraft gekostet, die Jagd nach dem eigenen Bruder zusätzlich geschwächt und zermürbt. Doch heute zeigte sich eine ganz besondere Düsternis in seinen Gesichtszügen. Instinktiv drehte sich die Brückenbesatzung in seine Richtung. Alle wussten, dass er etwas wichtiges zu sagen hatte. Und dem war auch so.
    Lewinski stellte sich in die Mitte der Brücke, nickte Lieutenant Tellom zu, die sofort verstand und eine Komverbindung für das gesamte Schiff öffnete.
    „Besatzung, hier spricht der Captain!“ erklärte John mit bemerkenswert fester und selbstsicherer Stimme. „Ich habe eine wichtige Neuigkeit für sie: die Völker der Multiplanetaren Allianz haben den wahren Grund für den Krieg zwischen dem Romulanischen Sternenreich und der Talarianischen Union erfahren. Aus uns noch unbekannten Ursachen sind die Informationen an die Presse gelangt und heute morgen von der namhaften Föderationstageszeitung Universe Today veröffentlicht worden. Die Föderation, die Gorn, die Cardassianer, die Tamarianer und Klingonen, also alle Mitgliedsvölker der MPA, zeigten sich bestürzt über die vom Tal Shiar inszenierte Intrige, die zum Krieg geführt hat. Wie wir seit unserer letzten Mission wissen, wurden die Beweise des Bombenanschlags auf den romulanischen Senat so manipuliert, dass die Spuren zu den Talarianern statt den Remanern führten. Auch die monatelangen Offensiven auf Remus sind der Öffentlichkeit bekannt geworden und ein Sturm der Entrüstung fegt durch den Quadranten. Die einzelnen Regierungen, unsere mit eingeschlossen, beraten seit 11:00 Uhr heute morgen intensiv über das weitere Vorgehen. Alle Föderationsschiffe sind in sofortige Alarmbereitschaft versetzt worden; sämtliche Reservisten wurden zwecks sofortiger Meldung zum Dienst einberufen. Sobald sich irgendwelche neuen Informationen ergeben, so werde ich ihnen dies unverzüglich mitteilen. Lewinski Ende!“
    Aufs Stichwort schloss Arena den Kanal und blickte wieder entgeistert zu ihrem Kommandanten. Bei der Ausführung der letzten Mission war jedem klar geworden, um was für eine Tragweite es sich bei ihrer Erkenntnis gehandelt hatte. Doch dabei hatten sie instinktiv den Gedanken an einen möglichen politischen Konflikt verdrängt, obwohl er scheinbar unausweichlich gewesen war. Nun hatten alle Skeptiker unter ihnen Recht behalten.
    John Lewinski blickte beunruhigt zu seinem ersten Offizier und Matt Price nickte fast unmerklich. Beide wussten, wie diese Informationen an die Öffentlichkeit gelangt waren. Der Gerechtigkeitssinn des Kanadiers hatte es nicht zugelassen, dass die Wahrheit einfach unter den Tisch gekehrt wurde und man wieder zur Tagesordnung überging. Doch möglicherweise hatten sie zu impulsiv gehandelt, war ihnen doch der Preis dieser Tat bekannt gewesen.
    Derzeit fragte sich Price, ob sein Vorgesetzter seine Entscheidung bereute.
    „Ich befinde mich in meinem Bereitschaftsraum,“ meinte Lewinski zum Halbbetazoiden und verschwand in seinem Büro. Price gab sich alle Mühe, darin keine Flucht zu sehen.

    Elegant umrundete John Lewinski seinen Schreibtisch und setzte sich daran. Er schnappte sich das erstbeste Padd, welches er zu fassen kriegte und begann zu lesen. Der Inhalt interessierte ihn weniger, vielmehr wollte er sich nur ablenken. Hatte er möglicherweise mit der „unabsichtlichen“ Weitergabe der Wahrheit etwas grauenvolles angezettelt? Spontan fragte er sich, wie er nur so naiv hatte sein können. Egal wie er sich entschieden hätte, am Ende hätten sie alle als Verlierer dagestanden. Die Wahrheit über den Krieg weiter zu verheimlichen wäre genauso falsch gewesen wie die Informationen weiterzugeben. Wie man es auch drehte, immer nur wäre am Ende eine Katastrophe herausgekommen.
    Johns Selbstzweifel wurden jäh durch den aufblinkenden Komschirm unterbrochen. Statt dass jemand anrief und höflich darauf wartete angesprochen zu werden, hatte sich diese Person direkt in das System eingelinkt und war völlig unerwartet auf dem Bildschirm erschienen.
    Diese Vorgehensweise passte nur zu einer einzigen Person; einem alten Mann, der ihn nun freundlich anlächelte:
    „John, es ist schon einige Zeit her, nicht wahr?“ fragte Edward Jellico scheinbar harmlos.
    Die instinktive Reaktion des Captains bestand darin, auf die Abschalttaste seines Terminals zu drücken. Doch sehr zu seiner großen Überraschung geschah nichts; Jellico blieb leider auf Sendung.
    „Oh, gut, dass ich vorgesorgt habe und sie mich nicht unterbrechen können. Heute ist es ganz besonders wichtig, mir zuzuhören, denn ich habe brisante Informationen.“
    „Jellico, sie nerven mich!“ raunte Captain Lewinski und schien mit seinem Blick den Bildschirm geradezu zu durchbohren.
    Beschwichtigend hob der Sonderermittler des Justizministeriums, so war zumindest sein derzeit offizieller Titel, die Hände. Er wollte wie so oft harmlos wirken, vertrauenswürdig.
    „Ich kann ihren Zorn verstehen, Captain. Ihren eigenen Bruder zu verhaften war gewiss nicht einfach für sie. Ich selbst habe zwar keine Geschwister, doch kann ich mir gut vorstellen, wie es in ihnen drinnen aussehen muss. Und dann die Sache mit der Weitergabe der Informationen...“
    Nun hatte der ehemalige Admiral ihn auf dem falschen Fuß erwischt.
    „Sie wissen davon?“ fragte Lewinski überrascht.
    „Ja, das weiß ich. Natürlich habe ich einige Quellen, John, und manche von ihnen sind außerordentlich gut. Aber ich sage ihnen dies nicht, um ihnen Angst zu machen. Meine Absicht ist es nicht, sie zu erpressen oder dergleichen. Auch wenn sie dies seit Jahren abstreiten: sie und ich haben das selbe Ziel.“
    „Und ich sage ihnen seit Jahren, dass ich dies nicht glaube.“
    „Was würden sie dann sagen,“ fragte Jellico und faltete seine Hände, „wenn ich ihnen mitteile, dass ich die letzte Person war, die mit dem romulanischen Prätor gesprochen hatte.“
    „Dem ermordeten?“
    John war zu müde und zu geschafft, um seine emotionalen Reaktionen verbergen zu können. Überrascht weitete er die Augen angesichts dieser Informationen und zog seine eigenen Schlüsse. Jellico sah es als angebracht diese Gedankengänge zu unterbrechen:
    „Egal, was sie jetzt denken mögen, ihre Annahmen sind falsch. Weder habe ich den Prätor ermordet noch ihn ermorden lassen. Viel eher habe ich ihm die Informationen zukommen lassen, die ihnen und dem gesamten Quadranten bekannt sind. Meine Absicht war es, ebenso wie sie, die Wahrheit öffentlich zu machen. Leider ist mir dann Abteilung Blau zuvorgekommen.“
    „Was bezwecken sie mit dieser Aussage? Soll ich in ihnen nun den großen Gönner sehen?“
    Vertrauenswürdig lächelte der alte Mann.
    „Möglicherweise tun sie das, wenn sie die nun folgenden Informationen erhalten.“
    Das Padd, welches Lewinski noch vor wenigen Minuten in den Händen gehalten hatte, piepte. Es empfing Daten, neue Textzeilen bauten sich auf dem Schirm auf.
    „Ich sende ihnen hier nun Informationen zu,“ erklärte Jellico, „die ich in mühevoller Kleinarbeit über Jahre hinweg gesammelt habe. Erinnern sie sich noch, was ich ihnen damals an Bord der Xhosa erzählt habe?“
    Kurz blickte der Kommandant ins Leere, als er sich an die Ereignisse vor zwei Jahren zu erinnern versuchte.
    „Sie sagten zu mir, dass Sektion 31 jahrhundertealt wäre. Älter sogar, als viele vermuten. Manche Historiker würden davon ausgehen, dass sie aus den Illuminaten entstand, einem alten Geheimorden von der Erde.“
    Bestätigend nickte Jellico.
    „Die Daten, die ich ihnen auf ihr Padd überspielt habe, bestätigen diese Annahme. Sektion 31 ist viel, viel älter als sie, ich oder sonst irgendjemand geglaubt haben. Eine solche Gruppierung von solchen Ausmaßen kann man nicht besiegen. Egal wo man der Schlange den Kopf abschlägt, immer wieder wird ein neuer wachsen!“
    Interessiert nahm John das Padd auf, überflog kurz die ersten Zeilen und staunte nicht schlecht. Was er hier las, klang nach billiger Science Fiction. Ein weiterer Versuch des alten Verschwörers ihn hereinzulegen?
    „Und was soll ich mit diesen Informationen?“
    „Ihr Ziel erreichen: Sektion 31 zerstören!“ erklärte Edward Jellico voller Tatendrang.
    „Wie?“
    „Indem sie das Problem beseitigen, als es noch überschaubar war: am Punkt seiner Entstehung.“
    „Sie meinen in der Vergangenheit?“ fragte Lewinski ungläubig.
    „Ich meine am Entstehungspunkt: im 12. Jahrhundert n. Chr. in Rom!“
    Diese Worte waren unfassbar für John. Hatte er es hier etwa mit einem verrückten zu tun? Wie stellte sich der alte Mann die ganze Sache überhaupt vor.
    „Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass der Ursprung von Sektion 31 so weit zurückreicht.“
    „Die Daten verifizieren es,“ entgegnete der ehemalige Admiral überzeugt.
    „Sie könnten gefälscht sein.“
    Genervt schlug Jellico mit einer Faust auf seinen Schreibtisch. Langsam ging ihm das ganze Theater zu weit.
    „Verdammt, ich biete ihnen hier eine einmalige Möglichkeit samt Datum und Ortsangabe!
    Sie müssen nur in die Vergangenheit reisen, den Gründer der Illuminati von seinen Taten abhalten und schon wird sich die gesamte Zeitlinie verbessern.“
    „Der Eingriff in die Zeitlinie...“
    „... ist illegal, ich weiß,“ unterbrach ihn Jellico. „Aber wäre es das nicht wert?“
    „Sie wollen von mir, dass ich Sektion 31 ausradiere, einfach aus der Zeit tilge? Was wird dann mit ihnen geschehen, Jellico? Ihr Leben würde ganz andere Bahnen nehmen und meins auch.“
    Unmittelbar nach diesen Worten nahmen Edward Jellicos Augen einen trüben Glanz an. Fast schon schien es, als würde er in die Ferne blicken.
    „Ich will meine Familie zurück,“ erklärte er traurig. „Sektion 31 nahm sie mir. Ohne diese Organisation würden meine Frau und mein Sohn noch am Leben sein. Es ist doch so einfach, John. Reisen sie in die Zeit zurück. Wie man dies tut, erfahren sie ja aus den Sternenflottendatenbanken und vernichten sie Sektion 31, noch bevor sie entstehen kann.
    Auf diese Art und Weise erhalten wir unseren Seelenfrieden.“
    Dann schaltete sich Jellico ab. Noch lange starrte Captain Lewinski auf den schwarzen Bildschirm und fragte sich, was er nun tun sollte.

    Ein mittelgroßes Frachtschiff raste mit Überlichtgeschwindigkeit durch die Weiten des Weltalls. Mit an Bord waren ungefähr ein Dutzend Leute, die meisten von ihnen Menschen. In keiner Datenbank tauchte dieses Schiff auf, es war nicht registriert oder bei irgendeiner Behörde angemeldet. Mit an Bord dieses Raumschiffs war eine uns bekannte Person.
    Jozarnay Woil, vor langer Zeit einmal Chefingenieur des Raumschiffs Monitor, war auf der Brücke und blickte aus einem Sichtfenster. Die Sterne zogen als vertrautes Sternenmuster an ihnen vorbei, während sie ihrem Ziel entgegen flogen. Kurz schaute Woil zur Kommandantin des Schiffes, die über einer Konsole gebeugt war und dort die Messergebnisse ablas. Stella Tanner wirkte konzentriert, hoch motiviert und entschlossen. Eine andere Reaktion als diese hatte er auch nicht von der Frau, die er liebte, erwartet. Lange hatte sie sich auf diese Mission vorbereitet, alles generalstabsmäßig geplant. Ein Scheitern kam weder für sie noch für Jozarnay in Frage.
    Instinktiv fragte sich der Antosianer, wie sehr er sich in den letzten Monaten verändert hatte. Aus dem Mann, der einst für die Prinzipien der Föderation gekämpft hatte, war eine Person geworden, die in den Grauzonen des Lebens wandelte. Ob das, was er tat, illegal war? Er nahm Drogen und er hatte fast Edward Jellico getötet, doch wäre dies falsch gewesen? Inzwischen konnte der ehemalige Chief nur noch schwerlich zwischen richtig und falsch unterscheiden. Deswegen hatte er es sich auch nicht nehmen lassen seine Liebste auf diese Mission zu begleiten. Einer Mission, die sie der Lösung ihrer Probleme einen gehörigen Schritt näher bringen würde.
    Endlich ging das Schiff unter Warp. Sie hatten ihr Ziel erreicht. Hektische Betriebsamkeit entfaltete sich auf der Brücke, als der Pilot versuchte das Raumschiff so gut wie möglich zu steuern. Stella sah von der Konsole, an der sie gearbeitet hatte, auf und stellte sich neben Jozarnay. Beide blickten aus dem altmodischen Fenster und erspähten das Objekt ihrer Begierde: eine alte, verlassene Raumstation.
    „Irgendwelche Schiffe in der Nähe?“ fragte die menschliche Frau und meinte damit eine ganz besondere Sorte von Gegnern.
    „Nein, nichts auf den Sensoren zu erkennen,“ entgegnete ein Mitarbeiter. „Niemand hat unsere Ankunft hier bemerkt.“
    „Und ist die Station wirklich unbemannt?“
    „Es lässt sich kein Dominionpersonal an Bord feststellen. Die Informationen waren korrekt.“
    Mit einem süffisanten Lächeln wandte sich Stella in Richtung ihres Liebhabers.
    „Wenn dem nicht so gewesen wäre, dann hätte unser Informant auch jede Menge Ärger am Hals gehabt.“
    Woil erwiderte das Lächeln. Entweder war er so blind vor Liebe, dass er die Kälte in dieser Aussage nicht begriff oder es war ihm egal geworden. Was war nur aus ihm geworden?`
    Der Pilot steuerte das Raumschiff an die kleine, aber technisch hochentwickelte Raumstation heran und dockte es an. Für einen kurzen Moment hielten sie alle an Bord den Atem an, als alle sich die Frage stellten, ob es versteckte Abwehrmechanismen gab, die ihnen nun gefährlich werden könnten. Doch nichts geschah. Das Dominion hatte wohl die Station nach Ende des Krieges Hals über Kopf verlassen. Seltsamerweise hatte sich in der Folgezeit niemand für diese Einrichtung interessiert. Vermutlich lag es an dem wirkungsvollen Dämpfungsfeld, welches die Ortung dieses Objekts so schwer machte. Man konnte nur zwei Lichtjahre daran vorbeifliegen und es doch nicht bemerken. Ohne die genauen Koordinaten hätte man die Installation nicht finden können.
    Stella nickte ihren Crewmitgliedern zu und sofort begannen sie mit der Verladung ihrer Materialien. Alles, was sie für diese Operation brauchten, hatten sie an Bord. Nur das finale Element, dieses würden Stella und Jozarnay gemeinsam an Bord bringen. Zärtlich berührte der Antosianer seine Geliebte am Arm.
    „Bist du nervös?“ fragte er mit leiser Stimme.
    Und sehr zu seiner Überraschung gab Stella zu:
    „Ja, ein wenig. Der Gedanke, dass er bald wieder vor uns stehen könnte, ist so unwirklich… irgendwie unheimlich.“
    Tröstend drückte Jozarnay die Frau an sich. Es war seltsam.
    Eigentlich hätte er Eifersucht oder dergleichen empfinden sollen, doch diese Gefühle spielten für ihn in diesem Moment absolut keine Rolle. Vielmehr ging es ihm darum, dass Stella glücklich war und ihr Ziel erreicht. Ein Ziel, welches auch zu seinem geworden ist. Noch vor einem Jahr hatte er gegen Sektion 31 gekämpft, nun gehörte er selbst dazu. Jedoch zu dem wahren Flügel dieser Organisation, die den Menschen helfen und, nicht so wie Edward Jellico, ihnen schaden wollte.
    Mit etwas Glück würden sie bald ihr gemeinsames Ziel erreichen und den Quadranten etwas sicherer machen. Für alle Bürger.

    Wie es ihm befohlen wurde, betrat Commander Matt Price den Bereitschaftsraum des Captains und blickte erwartungsvoll seinen Kommandanten an, der nachdenklich über einigen Akten brütete. Es dauerte einen Moment, bevor der erste Offizier zur Kenntnis genommen wurde, dann blickte Lewinski auf und lächelte müde. Es war eine Geste, mehr nicht. Seine Augen hatten jeglichen Glanz verloren, die Müdigkeit war ihm deutlich anzusehen.
    „Sie wollten mich sprechen?“ fragte Matt erwartungsvoll.
    John zögerte einen Moment, erhob sich schließlich und umrundete seinen Schreibtisch.
    Er wollte seinem ersten Offizier gegenüberstehen, ihm in die Augen blicken können. Oftmals fragte er sich, wie es wohl wäre, die Emotionen des Gegenübers lesen zu können und so das Verhalten eines anderen Menschen deuten zu können. Genau in diesem Moment wünschte sich Captain Lewinski diese Fähigkeit, denn er wusste nicht, wie sein Stellvertreter und die gesamte Crew auf die folgende Nachricht reagieren würden.
    „Ihnen schwirrt etwas im Kopf herum.“
    Instinktiv hatte Matt das richtige erfasst und Lewinski fragte sich, ob der Halbbetazoid tatsächlich seine Gedanken gelesen hatte. Was der Commander tatsächlich konnte, war John und wahrscheinlich auch Matt selbst unbekannt.
    „Ich muss dir mitteilen, dass ihr bei den kommenden Ereignissen nicht dabei sein kann.“
    Instinktiv, ohne darüber nachzudenken, hatte John das Du benutzt. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit gewesen. Aus zwei Personen, die einstmals sich misstrauisch gegenüber gestanden hatten, waren Freunde geworden; vielleicht sogar Vertraute. John glaubte an die oftmals unkonventionellen Fähigkeiten seines Untergebenen, die das Schiff bereicherten. Es hatte nur zu lange gedauert, dies endlich einzusehen.
    „Und wieso nicht?“
    Verwirrt zog Matt seine Augenbrauen hoch, wirkte dabei unfreiwillig wie ein Vulkanier.
    Für einen kurzen Moment wurde Lewinski an ein altes Crewmitglied erinnert, den Sicherheitsoffizier T´Per. Sie beide waren alte Freunde gewesen, doch seit der Vulkanier das Schiff verlassen hatte, war der Kontakt abgebrochen. Erschrocken musste John feststellen, dass er nicht einmal wusste, ob T´Per noch lebte oder nicht. Die letzten Jahre seines Lebens hatten für John im Kampf gegen Sektion 31 bestanden. Und ansonsten? Nach dem Einsperren seines Bruders hatte er einsehen müssen, dass er allein war. Außer seinem Ziel hatte er so gut wie nichts.
    „Ich kann nicht darüber sprechen, Matt. Ehrlich gesagt will ich es auch nicht, denn die Sache ist nicht ganz legal. Alles was ich sagen kann ist, dass ich ein Shuttle nehmen und mich auf den Weg machen werde.“
    „Wann?“
    „So schnell wie möglich,“ erwiderte der Captain entschlossen.
    Die Reaktion seines ersten Offiziers bestand darin, ungeduldig an die Decke zu blicken. Kurz rollte er mit den Augen und meinte schließlich:
    „Es ist wegen Sektion 31, nicht wahr?“
    „Wie kommst du darauf?“
    Die Aussage war vermutlich ein Schuss ins Blaue gewesen, doch der Commander lag richtig.
    „Siehst du es denn nicht, John?“ fragte Price sorgenvoll. „Ein Muster ist klar erkennbar. In den letzten Jahren hast du dich öfters allein auf den Weg gemacht, um Sektion 31 das Handwerk zu legen. Das eine Jahr, als du allein in Paris eingebrochen bist und Edward Jellico festgenommen hast. Im Anschluss, nur zwölf Monate später, als du mit der Xhosa deinen Informanten abholen wolltest und du am Ende wieder auf Jellico stießt. Und nun wird mir hier eröffnet, dass du wieder unterwegs bist. Irre ich mich, oder kommt die Information abermals von Jellico?“
    Für einen kurzen Moment überlegte der Captain zu lügen, doch er entschied sich dagegen.
    „Ja… Jellico rief mich vorhin an.“
    Matt Price stemmte seine Hände in den Hüften ab. Kurz hatte er überlegt eine auf die Schulter des Captains zu legen, doch dies wäre wohl zu weit gegangen.
    „Ist dir denn nie in den Sinn gekommen, dass der alte Verschwörer dich genau in die Richtung lenken möchte?“
    „Das ist es in der Tat,“ erklärte Lewinski ohne zu zögern. „Doch welche Chance habe ich? Wie sollen wir wissen, was richtig ist und was nicht? Alles, was wir im Kampf gegen Sektion 31 haben, ist ein kleiner Strohhalm, an den wir uns klammern können. Mehr nicht.“
    „Auch wenn wir uns damit mit dem Teufel verbünden müssen?“
    Der Einwand des ersten Offiziers war berechtigt, doch John fiel keine Erwiderung ein. Vermutlich machte er sich wirklich zum Spielzeug des alten Mannes. Wenn dem so war, wie viel in den letzten beiden Jahren war seine eigene, freie Entscheidung gewesen? Möglicherweise wurden sie alle, die Crew der Monitor, nur noch von Edward Jellico gelenkt und zwar in die Richtung, die er haben wollte.
    „Ich kann dich nicht aufhalten, oder?“
    Statt einer Antwort streckte John seinem ersten Offizier die Hand entgegen.
    „Pass gut auf die Mannschaft auf,“ verabschiedete er sich.
    Kurz zögerte Price, dann ergriff er die dargebotene Hand und nickte. Wieder einmal, am Ende eines schwierigen Jahres, trennten sich die Wege von Schiff und Kommandant. Es schien so Lewinskis Schicksal zu sein.

    Zögerlich betrat Commader Price, nun amtierender Kommandant, die Brücke der Monitor und blickte die Besatzung reihum an. Soeben hatte Captain Lewinski die Brücke verlassen und eilte in Richtung Shuttlehangar.
    Was nur sollte er der Mannschaft sagen, ohne dass es so aussah, als würde ihr Kommandant sie in der Stunde der Not verlassen? Eigentlich sollte niemand an Bord diesen Gedanken haben. Sie alle kannten Lewinski lang genug, respektierten und achteten ihn. Mehr als einmal hatte er das Vertrauen bewiesen, welches man in ihn setzte.
    „Auf Wunsch von Captain Lewinski,“ erklärte Matt schließlich mit fester Stimme, „übernehme ich das Kommando für die Dauer seiner Abwesenheit.“
    „Abwesenheit? Wohin geht der Captain?“ fragte Arena Tellom und sprach damit vermutlich für alle Führungsoffiziere.
    Price blickte ihr ins Gesicht und sah in ihr dieselbe Ratlosigkeit wie bei den anderen Offizieren. Doch er erkannte ebenso Zuversicht und Treue. Eigenschaften, die nun ganz wichtig sein würden.
    „Diese Informationen sind geheim. Was ich jedoch sagen kann, ist, dass sich der Captain mit einem Shuttle auf eine wichtige Außenmission machen wird.“
    „Ohne unsere Hilfe?“
    Der Einwand von Lieutenant Bird war berechtigt.
    „Wir haben einen eigenen Auftrag,“ erklärte Price und setzte sich in den Kommandantenstuhl, „sobald das Shuttle des Captains den Hangar verlassen hat, setzen wir Kurs auf Talar. Nach der Sitzung vor wendigen Stunden haben sich die Mitgliedswelten der Multiplanetaren Allianz, darunter die Föderation, zu einer förmlichen Rüge entschlossen und die Romulaner aufgefordert, sofort die unrechtmäßige Besetzung von Talar zu beenden; ansonsten würde man Romulus aus der Allianz ausschließen. Um den Druck zu erhöhen, befindet sich ein gemischter Kampfverband auf dem Weg dorthin. Wir werden die Vorhut bilden und die Verteidigungsanlagen der Romulaner ausspähen.“
    Der Halbbetazoid hatte sich bei dem letzten Satz allergrößte Mühe gegeben, nicht das Wort Gegner zu benutzen, denn das waren die Romulaner nicht. Noch nicht, auch wenn die Zukunft nicht allzu gut aussah.
    John Lewinski hatte in der Zwischenzeit sein Shuttle erreicht und fuhr die Systeme hoch.
    Er hatte alles dabei, was er für diese Mission benötigte. Die Bekleidung für das Jahrhundert, in das er reisen wollte, Nahrung, Ausrüstung und die Informationen, die Jellico ihm zukommen ließ. Mit fast schon zittrigen Fingern flog er das Shuttle ins All. Unmittelbar im Anschluss beschleunigte die Monitor auf Überlichtgeschwindigkeit. John hoffte, dass er sein Schiff und die Crew nicht zum letzten Mal gesehen hatte.
    Was er vorhatte, war an Wahnsinn nicht zu überbieten. Er war dabei das temporale Gesetz zu brechen, um Sektion 31 zu schlagen. Für einen winzigen Moment fragte sich der Kanadier, was in den letzten Jahren aus ihm geworden war. Beging er nun Unrecht, um seine Ziele zu erreichen? Mehr als einmal hatte er sich in den letzten Wochen gefragt, ob er wirklich für das Wohl der Allgemeinheit agierte oder nur zu seinem eigenen. Er machte sich auf den Weg die Geschichte zu verändern. Welche Auswirkungen würde dieser Eingriff auf ihn und die gesamte Föderation haben?
    Doch John hegte Hoffnung. Die Hoffnung, dass die Föderation ohne Sektion 31 eine bessere sein würde. Diese Organisation war einer der wenigen schwarzen Flecke auf der weißen Weste des interstellaren Völkerbundes. Die Bürger würden ohne die Verschwörer freier und unabhängiger sein.
    Zumindest war es dies, was sich John einredete, um sich zu beruhigen. Nach einer kurzen Denkpause programmierte er den Kurs seines Raumschiffs, welches ihn in die gravimetrischen Kräfte der Sonne führen und eine Reise in die Vergangenheit ermöglichen würde. Ganz so, wie es der legendäre Captain James T. Kirk mit der Bounty, einem gekaperten klingonischen Bird-of-Prey, getan hatte. Diese Art der Zeitreise war die einzige, die er ohne zusätzliche Mittel bewerkstelligen konnte und sie war alles andere als ungefährlich. Mit etwas Glück würde John nur das Bewusstsein verlieren. Im schlimmsten Falle würde er durch die Schwerkräfte zerquetscht werden.
    Er hatte nur einen Versuch, es galt alles auf eine Karte zu setzen. Ein letztes Mal atmete der Captain tief durch, dann aktivierte er den Antrieb.

    Natürlich hatte sich John Lewinski über die Auswirkungen einer Zeitreise informiert. Da er genau diese Methode nutzte, hatte er sich selbstverständlich mit den Ausführungen von Captain Kirk befasst. In seinen Logbucheinträgen beschrieb der wohl berühmteste Kommandant der Sternenflottengeschichte bizarre Traumwelten, die seltsam realistisch und gleichzeitig abwegig erschienen.
    John hatte diese Erzählungen immer für Produkte von Kirks eigener Phantasie gehalten, die wohl auf ihn selbst, aber keinesfalls auf den Captain der Monitor zutreffen würde. Doch leider musste er einsehen, dass er sich geirrt hatte. Schnell beförderten ihn die gewaltigen Beschleunigungskräfte in die Bewusstlosigkeit. Zu gut, dass er den Autopiloten aktiviert hatte, der ihn auch weiterhin sicher durch die Kanäle der Zeit bewegte.
    Plötzlich befand sich der Captain an einem dunklen, kalten Ort. Mehrfach drehte sich John um die eigene Achse, um sich umzusehen und nahm erstaunt zur Kenntnis, dass weder ein Hallen noch Echos zu vernehmen waren. Schließlich schälte sich eine zweite Person aus der Dunkelheit, ein menschliches Wesen. Lewinski stockte fast der Atem, als er die Person als seinen eigenen Vater erkannte. Unglaublich aber wahr, Luke Lewinski stand direkt vor ihm. Unfähig etwas zu sagen betrachtete der Kommandant seinen Vater und versuchte diesen unglaublichen Moment zu erfassen.
    „Hallo, John,“ begrüßte ihn sein Vater mit monotoner Stimme.
    Der Eindruck dieses Momentes war fast zu groß für John. Die letzten Monate hatte er erfolgreich den schmerzlichen Verlust verdrängen können, doch seinen toten Vater nun vor sich zu sehen riss die alten Wunden neuerlich auf. Ihm wurde bewusst, wie sehr er doch seinen Vater vermisste, von dem er sich nie richtig hatte verabschieden können.
    „Vater,“ stammelte John und trat einen Schritt auf die Erscheinung zu, „Vater! Bist du es?“
    „Wer sollte es sonst sein?“ fragte der alte Mann. „John, was hast du nur getan?“
    Scheinbar hatte der Kanadier diese Worte nicht vernommen, denn er ging gar nicht auf sie ein und meinte stattdessen:
    „Wie lange ich darum gebettelt habe… wie sehr ich mir einen solchen Augenblick gewünscht habe… und nun ist er endlich da. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich dich vermisst habe.“
    „Wenn dem so ist, was hast du dann mit unserer Familie getan?“
    Diese Worte wirkten wie ein Faustschlag für den Kommandanten der Monitor. Mit zusammengekniffenen Augen musterte John seinen Vater und deutlich war die Frage in seinen Blicken abzulesen.
    „Wie meinst du das?“
    Luke ging einmal um seinen Sohn herum, betrachtete ihn von allen Seiten, während er redete:
    „Du und dein Bruder, ihr seid weiter voneinander entfernt als jemals zuvor.“
    „Ich musste ihn stoppen, Vater,“ erklärte John energisch. „Martin war auf die falsche Bahn geraten und seine Taten gefährdeten andere Menschen. Er musste festgenommen werden.“
    „Und wieso hast ausgerechnet du dies machen müssen?“
    Diese Frage war für John völlig unverständlich. Lag die Antwort nicht etwas auf der Hand?
    „Wer sonst hätte es tun sollen? Als sein Bruder war ich prädestiniert dafür. Jeder andere hätte ihn mit Vorurteilen betrachtet.“
    „Aber du nicht?“
    Die Art und Weise, wie sein Vater dies sagte, machte deutlich, dass er nicht an diese Ansicht glaubte.
    „Soll dies ein Vorwurf sein?“
    „Ihr beide seid Brüder, John,“ erklärte Luke Lewinski und plötzlich wirkte es wie ein Flehen, „ihr hättet in dieser Zeit zusammenhalten sollen und euch nicht gegenseitig das Leben schwer machen sollen. Dies ist es nicht, was ich mir für meine Kinder gewünscht habe.“
    Fast musste John schluchzen. Wieso sagte sein Vater so etwas? Was hätte er denn sonst machen sollen. Es schien so, als hätte Luke alles vergessen. Dabei war er es doch immer gewesen, der von Martin enttäuscht war und sich allein gelassen gefühlt hatte.
    „Was soll ich nur tun, Papa?“
    „Bringt es in Ordnung… für mich.“
    Dies waren die letzten Worte seines Vaters gewesen. Dann, so schnell wie er gekommen war, verschwand die Erscheinung auch wieder und John musste einsehen, dass er einen Geist gesehen hatte. Doch was er gesagt hatte, berührte ihn tief.

    Überaus nachdenklich blickte Stella Tanner kurz aus dem gewaltigen Fenster des Raumes, in dem sie sich befand, und versuchte die Myriaden an Sternen zu zählen. Wie erwartet scheiterte sie bei diesem Versuch. Im Anschluss wandte sie sich wieder dem Projekt zu, bei dem sie ganz bestimmt nicht versagen würde. Sie befand sich in einem riesigen Labor, stand direkt vor einer gläsernen Gefäß, in dem man ein undefinierbares Etwas erkannte, welches in einer Lösung schwamm. Medizinische Instrumente piepten leise vor sich hin, überwachten laufend den gesundheitlichen Status des Objektes.
    Außer Stella selbst war niemand anderes in dem Raum. Nur sie und Jozarnay hatten Zutritt zu dem Labor und letzteren hatte sie hinausgeschickt, um die restlichen Arbeiten in der Kommandozentrale zu überwachen. Dies hier war ihr Projekt, ihr Ziel, welches sie so lange verfolgt hatte. Der Bürgerkrieg in der Sektion 31, der hinter der Fassade einer sonst so friedlichen Gesellschaft tobte, dauerte schon viel zu lange. Ein schattenhafter Kampf, der verdeckt ausgetragen wurde und in dem Leute starben, die es offiziell niemals gegeben hatte. Wo andere Föderationsbürger in den Zeitungen und Nachrichten von Naturkatastrophen, Unglücken oder Todesfällen lasen, geschahen in Wirklichkeit Kämpfe. Blutige Gefechte, die nur ein Ziel hatten: Macht! Jeder innerhalb der Organisation hatte sich entscheiden müssen, hatte sich entweder auf die Seite von Stella Tanner oder Edward Jellico schlagen müssen.
    Mit der Ermordung Nathan Sloans hatte der ehemalige Admiral der Sternenflotte eine jahrhundertealte Organisation entzweit und sie von ihrem Ziel, dem Schutz der Menschheit, abgehalten. Stella konnte und wollte dies nicht mehr länger zulassen. Es war an der Zeit diesen Konflikt zu beenden und die alte Ordnung wieder herzustellen.
    Restauration war das Stichwort, welches der schönen Frau als erstes bei diesem Unternehmen einfiel. Sie wollte nichts anderes als den Ausgangszustand wieder herstellen, der vor der Machtergreifung Jellicos geherrscht hatte. Doch dafür brauchten sie mehr als nur das Symbol, für welches sie kämpften. Sie brauchten ihr Ziel als Person, als greifbares Etwas, welches sie zum Sieg führen konnte.
    Aus diesem Grund war Stella mehr als erleichtert gewesen diese verlassene Kloneinrichtung des Dominion gefunden zu haben. Mit dieser Installation war sie am ehesten in der Lage ihr Ziel zu erreichen. Die Vollendung der Prozedur würde nur noch wenige Stunden dauern, dann würde er sich wie Phönix aus der Asche erheben und diesen Bürgerkrieg beenden.
    Die Zeit für den Frieden war angebrochen. Einen Siegfrieden, mit Stella Tanner als Gewinnerin.

    „Die Situation kommt mir bekannt vor.“
    Danny Bird holte sich einen Kaffee und setzte sich zu seinen Freunden am Esstisch im Casino. Da sich die Monitor gegenwärtig noch auf den Weg zu ihrem Ziel befand, war noch Zeit für eine kleine Pause. Mit in der Runde saßen noch Ardev, Arena Tellom und Dr. Frasier. Vor gar nicht einmal allzu langer Zeit wäre es ein Problem für den Sicherheitsoffizier gewesen mit der schönen Ärztin an einem Tisch zu sitzen. Inzwischen jedoch hatte er seine Gefühle unter Kontrolle und sein Verhältnis mit Matthew Price bereinigt. Es stand nichts mehr zwischen ihnen beiden und auch mit Elisabeth kam Danny wieder aus. Natürlich waren seine Gefühle für sie nicht gänzlich erloschen, dies war gar nicht möglich bei der Intensität, mit der er sie geliebt hatte. Doch er freute sich für ihr Glück und hoffte eines Tages etwas Ähnliches zu finden.
    „Du meinst die Mission vor vier Jahren?“ fragte Ardev und tippte damit richtig.
    „Genau… die Tzenkethi-Mission,“ bestätigte Danny und trank vom Kaffee, der angenehm heiß war.
    „Damals standen wir schon einmal vor einem neuerlichen Krieg,“ erklärte Elisabeth Frasier und schaute nachdenklich mit ihren blauen Augen ins Leere. „Die Flotten waren in Bereitschaft gegangen, die diplomatischen Beziehungen abgebrochen. Sogar Warnschüsse hatte es gegeben.“
    „Nur dem Captain war es zu verdanken gewesen, dass es nicht zum Konflikt kam,“ ergänzte Arena und hielt die Hand ihres Ehemannes.
    „Dieses Mal jedoch ist der Captain nicht dabei,“ murmelte Bird argwöhnisch und nahm noch einen Schluck, wobei ihm auffiel, dass die Tasse viel zu klein war. „Wo er wohl hin ist?“
    „Er würde uns auf keinen Fall allein lassen, wenn es nicht wichtig wäre!“ fuhr Tellom dazwischen.
    „Ganz ruhig,“ unterbrach sie Ardev und tätschelte ihre Hand, „keiner von uns glaubt, dass er sich aus dem Staub macht. Ich bin ebenfalls felsenfest davon überzeugt, dass es sich um eine wichtige Sache handeln muss… ich würde auf Sektion 31 tippen. Ich habe sein Shuttle jedoch sehr schnell von den Sensoren verloren. Für genauere Messungen blieb jedoch keine Zeit, wir befanden uns zu schnell außer Sichtweite.“
    „Sektion 31,“ murmelte Danny Bird und nickte.
    Alle anderen am Tisch stimmten dieser Einschätzung zu.
    „Vielleicht hat er am meisten Glück von uns allen,“ warf Elisabeth fast schon flüsternd ein. „Er muss nicht das Ende von all dem erleben, was in den letzten Jahren aufgebaut worden ist.“
    „Du denkst die MPA zerfällt?“ fragte Arena besorgt.
    „Ich denke, dass bald die Hölle über uns hereinbrechen wird.“
    Die Worte der Ärztin waren sorgenvoll vorgetragen worden, fast schon panisch. Deutlich war ihr das Unwohlsein anzusehen.
    „Immerhin reden wir von den wichtigsten Großmächten des Quadranten,“ fuhr sie mit ihrer Erklärung fort, „dessen waffenstarrende Flotten sich bald gegenüberstehen werden. Sobald der erste Schuss fällt, und bei diesem Aggressionspotential ist es nur eine Frage der Zeit, dann werden wir es mit den größten Krieg in der Geschichte zu tun haben. Einem Konflikt, der selbst den Dominionkrieg in den Schatten stellen wird und der am Ende uns alle vernichten wird. Sechs große Völker, die aufeinander losgehen. Allianzen werden zerfallen, Bündnisse zerbrechen und wenn wir nicht aufpassen, wird von uns am Ende nur noch Staub übrig sein.“
    Diese Worte erzeugten Stille und Betroffenheit bei allen. Gerne hätte Danny etwas erwidert, hätte von seiner Einschätzung erzählt. Dass alles nur ein großer Bluff war, dass man den Romulanern Angst machen wollte und sie sich schließlich zurückziehen würden. Doch irgendwie schaffte er es nicht diese Worte über die Lippen zu bringen.
    Dr. Frasier hatte recht: ihr aller Schicksal stand am Scheideweg.

    Langsam und mit einem dröhnenden Schädel öffnete John Lewinski seine Augen. Es dauerte einige Zeit, bis er seine Orientierung wieder fand und erkannte, dass er auf dem Boden des Shuttles lag. Die G-Kräfte schienen ihn aus seinem Pilotensitz geschleudert zu haben Kurz horchte der Captain in sich hinein, überprüfte sich selbst nach Verletzungen. Zum Glück hatte er nichts davongetragen. Noch etwas wacklig auf den Beinen setzte er sich auf den Pilotensitz und überprüfte die Anzeigen. Das Shuttle trieb mit Relativgeschwindigkeit Null durch den Weltraum. Aus dem Sichtfenster konnte der Kanadier deutlich einen blauen Planeten erkennen. Auch ohne die Sensoren zu konsultieren, wusste er, dass es sich um die Erde handelte. Niemand vergaß jemals diesen unvergleichlich schönen Anblick. Hatte also seine Reise durch Raum und Zeit funktioniert? Anders wäre es sich nicht zu erklären, wie er hätte im Sol-System ankommen können. Sachte fuhr er die Maschinen hoch und flog in den Orbit der menschlichen Heimatwelt ein. Für einen kurzen Moment fragte sich John, ob schon jemals ein Mensch zuvor die Erde in diesem Zeitalter aus dem All beobachtet hatte.
    Er tastete die Planetenoberfläche ab und die Scans schienen seine Annahme zu bestätigen: er befand sich tatsächlich in der Vergangenheit. Weder waren Satelliten im Orbit noch hatte die menschliche Zivilisation die Größe, die sie im 24. Jahrhundert. Die später so wichtige Spezies befand sich in einer geschichtlichen Phase, die als Mittelalter bekannt werden würde. Die einst großen Reiche der Antike waren zerfallen und mit ihr fast der gesamte Fortschritt der damaligen Epoche verloren gegangen. Einst hatten sich durch Europa mächtige Straßen gezogen, die nun allesamt verfielen. Einst geeinte Reiche zerfielen in kleine Fürstentümer, die eher aufeinander losgingen anstatt zusammenzuarbeiten.
    Johns Ziel der Reise war das alte Rom; dort, wo angeblich der Anfang der Illuminaten war. Einst die Hauptstadt eines mächtigen Imperiums, war Rom nur noch ein Schatten seiner Selbst. Zwar handelte es sich um die Hauptstadt des Katholizismus, der im Europa dieses Jahrhunderts verbreiteten Religion, dennoch war es nur noch eine Kleinstadt. Die Bürger dieses Zeitalters lebten in Armut und hatten daher nur wenig Interesse die historischen Gebäude zu pflegen, die immer mehr verfielen. Tod und Armut lauerten überall, jeder war nur sich selbst der nächste.
    Schaudernd fragte sich der Captain, wie die Menschheit diese Phase nur hatte überleben und sich zu der Zivilisation hatte entwickeln können, die später einmal die Vereinte Föderation der Planeten gründen würde. Aber eigentlich könnte man sich dies zu jeder Zeit der menschlichen Geschichte fragen. Es war nur zu schade, dass all diese Menschen in Unwissenheit sterben würden. Keiner von ihnen würde jemals von den Wundern erfahren, die sie alle in den Weiten des Universums erwarteten. Zu diesem Zeitpunkt waren sie alle davon überzeugt die einzige Rasse zu sein; in einem Universum, welches sich auf ihr eigenes Sonnensystem erstreckte. Sie gingen sogar davon aus, dass die Erde den Mittelpunkt darstellte und sich die Sonne darum drehte. Aus heutiger Sicht eine fast schon lächerlich anmutende Theorie, doch sie wussten es einfach nicht besser.
    Ein letztes Mal vor seiner Abreise atmete John tief durch und erhob sich im Anschluss aus dem Sitz. Er legte die für diese Zeit typische Kleidung an, die aus einer einfachen braunen Robe und Leinenhosen bestand und überprüfte seine Ausrüstung. Was immer er auch mitnahm, er musste äußerst vorsichtig damit umgehen. Die Gefahr einer Veränderung der Zeitlinie lauerte quasi an jeder Ecke und könnte furchtbare Folgen haben. John nahm einen Tricorder, die Aufzeichnung von Edward Jellico auf einem Padd und zu guter letzt einen Phaser mit. Er musste in der Lage sein sich zu verteidigen, auch wenn er die Waffe nicht zu öffentlich einsetzen durfte. Mit geübten Fingern gab er die Koordinaten seines Ziels in den Transporter ein und aktivierte eine automatische Rückholaktion, die ihn nach einer bestimmten Zeit wieder auf das Schiff beamen sollte. Ein letzter Moment der Stille, dann begann seine Mission…

    Der Bereitschaftsraum wirkte ohne den Captain anders. Es schien etwas zu fehlen, dies wurde Matt deutlich bewusst, als er sich den Schreibtisch setzte und das Komterminal aktivierte. Jemand versuchte ihn zu erreichen und der erste Offizier hatte es vorgezogen diese Nachricht privat entgegen zu nehmen. Immer noch befanden sie sich auf den Weg nach Talar und jetzt noch eine Nachricht zu bekommen war mehr als ungewöhnlich.
    Gespannt betätigte Price einige Tasten auf dem Terminal und ein verrauschtes Bild erschien, auf welchem man undeutlich eine Person erkennen konnte. Aufgrund der weiten Entfernung, der aktivierten Tarnung und all den Sicherheitsmechanismen, die ein Aufspüren der Monitor unmöglich machen sollten, war die Übertragungsqualität mehr als dürftig. Dennoch war der Commander in der Lage zu erkennen, um wen es sich bei dem Anrufer handelte.
    Es war Arsani Parul, der Mann, der im vergangenen Jahr sein Leben so durcheinander gewirbelt hatte.
    „Arsani,“ begrüßte ihn Matt mit überraschtem Tonfall, „mit dir habe ich gar nicht gerechnet.“
    Die Lippen des ehemaligen Sonderbotschafters bewegten sich, doch keine Stimme war zu vernehmen. Es dauerte einige Sekunden, bis das Signal durchgestellt wurde.
    „Ich bin froh dich noch zu erreichen, Matt. Ihr seid derzeit auf einer wichtigen Mission und...“
    Schnell hob der Halbbetazoid seine Hand.
    „Keinesfalls möchte ich unhöflich erscheinen, doch dein Signal wird immer schwächer. Schon bald wird es nicht mehr möglich sein diese Sprecherbindung aufrecht zu erhalten. Daher solltest du wohl besser zum Punkt deines Gespräches kommen.“
    Parul blickte kurz zu Boden und für einen kurzen Augenblick verschwand sein Abbild unter dem Schneerauschen, bevor er sich wieder undeutlich auf dem Schirm abzeichnete.
    „Ja, ich verstehe. Ich rufe nur an, um dir zu sagen... deine Mutter und ich, wir haben lange miteinander gesprochen.“
    Price schaffte es nicht einmal ansatzweise seine Überraschung zu verbergen.
    „Du hast mit Mama gesprochen?“ fragte er ungläubig. „Wieso hast du das getan?“
    „Weil es nötig war.“ Die Antwort des ehemaligen Sonderbotschafters war ebenso kurz wie ehrlich. „Es galt einiges aufzuarbeiten. Ich musste ihr das sagen, was ich dir schon mitgeteilt habe. Das meine Tat vor vielen Jahren falsch gewesen ist und ich sie niemals hätte verlassen dürfen. Birgit ist eine wundervolle Frau und sie hatte dieses Schicksal nicht verdient. Sie hätte ein besseres Leben haben müssen und nicht das harte Dasein auf Rigel.“
    „Dadurch wurde sie zu der Person, die sie heute ist,“ entgegnete Price nachdenklich und dachte an seine Mutter zurück, die er schon so lange nicht mehr gesehen hatte. Der Dienst an Bord eines Raumschiffs ließ es nun mal leider nicht zu oft nach Hause zu reisen.
    Wieder verschwand das Bild im Rauschen und dieses Mal dauerte es länger, bis Parul wieder erschien.
    „Die Verbindung wird schlechter, Arsani!“ mahnte ihn Matthew zur Eile.
    „Ich wollte dir nur sagen... dass ich sehr stolz auf dich bin, mein Sohn... und das ich dich liebe!“
    Dies waren die letzten Worte von Arsani Parul, bevor die Verbindung abbrach. Er hatte sie schnell über die Lippen gebracht, in der Furcht, dass sie nicht mehr den Adressaten erreichen würden. Doch Matt Price hatte jede einzelne Silbe genau mitbekommen und er war gerührt. Ja, er hatte nicht damit gerechnet so zu reagieren, doch die Worte lösten etwas in ihm aus, was er selbst nicht erwartet hatte.

    In einer dunklen Ecke von Rom, nicht einsehbar von den wenigen Bürgern der Stadt, materialisierte John Lewinski. Sofort versuchte er die vorherrschende Lage zu erkennen. Es war tiefste Nacht, der Vollmond stand am Himmel und scheinbar hatte niemand seine Ankunft bemerkt. Mit einer ruhigen Bewegung hob er die Kapuze, welche sich an seiner Robe befand, über den Kopf und begann sich durch die Stadt zu bewegen. Für einen Außenstehenden mochte er nun wie ein Mönch oder etwas ähnliches gelten, der auf dem nächtlichen Heimweg zum Kloster war. Den Universalübersetzer hatte der Captain aktiviert, so dass er sich bei Bedarf mühelos mit jedem unterhalten konnte.
    Die Eindrücke des Mittelalters waren für John noch unglaublicher, als er gedacht hatte. Aufgrund fehlender Straßenbeleuchtungen war es fast stockfinster und es waren nur sehr wenig Menschen auf den Straßen, die wortlos aneinander vorbeigingen. Die Häuser glichen eher Baracken und überall wehte ein übler Gestank. Die Hygiene in dieser Zeit war äußerst mangelhaft ausgeprägt und Grund zahlreicher Krankheiten gewesen. Vorsichtshalber hatte Lewinski sich von Dr. Frasier noch einmal gründlich impfen lassen, damit er sich keine tückische Krankheit aus der Vergangenheit einfangen würde.
    Erst jetzt, wo er sich in Rom befand, wurde ihm die mangelhafte Ausarbeitung eines Plans bewusst. Diese Zeitreise zu unternehmen war eine spontane Idee gewesen und alles was er hatte, war das Padd von Jellico. Auf diesem waren so gut wie alle wichtigen Informationen über die Illuminaten zusammengetragen worden. Einiges davon hatte John in mühevoller Kleinarbeit selbst in Erfahrung gebracht, andere Dinge waren ihm bisher unbekannt gewesen. Das größte Problem an dieser Sache war die spekulative Natur dieser Mission. Immerhin war so gut wie keine der Informationen, die er zur Verfügung hatte, historisch oder wissenschaftlich belegt. Ob es die Illuminaten wirklich gab oder gegeben hatte, war alles andere als erwiesen und ob es zwischen diese Gruppe und der späteren Sektion 31 eine Verbindung gab, war nur Spekulation. Im Grunde genommen stützte sich John nur auf dem, was ihm Jellico mitgeteilt hatte und dies gefiel ihm überhaupt nicht. Er war bereit eine Menge zu riskieren, um diese Organisation zu stoppen.
    Wie auch immer, inzwischen war es zu spät für Reue. Er befand sich nun in der Vergangenheit und sollte versuchen sein möglichstes zu tun, um die Mission zu erfüllen. Laut den Aufzeichnung des Padds konnte man den mysteriösen Geheimbund bis zu einem Gewissen Laurentis zurückverfolgen. Ob dieser Mann der Ursprung der Illuminaten war oder nur ein Mittelsmann, konnte John nicht eruieren, aber die Nachforschungen reichten bis zu diesem Mann zurück. Wer auch immer Laurentis war, es schien sich um einen Mann zu handeln, der zu dieser Zeit in Rom gelebt hatte. Wie er jedoch aussah oder was er getan hatte, dies wusste er nicht. Wie gesagt, die Feinausarbeitung seines Plans war mangelhaft, es hieß nun das Beste aus der vorhandenen Situation zu machen.
    Nun gut, Rom war nicht allzu groß und derzeit befand sich Rom im Viertel der Handwerker, einem Berufsstand, dem die meisten Menschen dieser Periode angehörten. Vielleicht konnte ihm jemand bei der Suche nach diesem Mann helfen. Um ins Gespräch zu kommen war ein geselliger Ort am besten geeignet und so betrat der Kanadier nach einigem Suchen eine kleine Bierschenke.
    Die Holztür zu dem Etablissement öffnete sich mit einem Knarren und John musste sich erst einmal an das jähe Licht, welches von einigen Fackeln herrührte, gewöhnen. Aus zusammengekniffenen Augen erkannte er ein gutes Dutzend Männer, die am Tresen oder an Tischen saßen und sich laut unterhaltend mit einem Bierkrug vergnügten. War der Gestank draußen schon unglaublich gewesen, so stockte ihm hier drinnen der Atem. Überall roch es nach Schweiß, Urin und anderem Dreck. Hustend nahm John seine Kapuze herunter und setzte sich an den Tresen. Mit einer fast schon lässigen Handbewegung warf er ein eigens dafür repliziertes Geldstück auf den Tresen und bestellte ein Bier. Nur wenige Sekunden später stand der schaumige Gerstensaft vor ihm und der Kommandant der Monitor nahm sich einen tiefen Schluck. Der fast nur Synthehol gewohnte Mann spuckte fast augenblicklich das starke Gesöff wieder aus. Es war stark! Einige Römer blickten sich zu ihm um, wunderten sich wohl, wieso ein Mönch scheinbar nicht bierfest war und lachten über ihn, bevor sie sich wieder ihren Gesprächen zuwandten.
    „Ihr scheint das Bier nicht zu mögen!“ meinte der Wirt zu ihm und schmunzelte.
    „Ich habe eine Krankheit hinter mir und musste einige Wochen Abstand vom Gebräu des Herrn nehmen,“ lachte John und hoffte den richtigen Tonfall dieser Zeit getroffen zu haben.
    „Nun denn, wohl bekommt´s!“
    Abermals lachte der Wirt, ein Mann Ende dreißig und scheinbar etwas besser gekleidet als die anderen. Diese Einschätzung war natürlich relativ zu sehen, doch als jemand, der an möglichst viel Kundschaft interessiert war, versuchte der Wirt so gepflegt wie möglich aufzutreten.
    „Vielleicht seid ihr in der Lage mir eine Frage zu beantworten?“ meinte Lewinski schließlich. Möglicherweise war es gar nicht so verkehrt, einen Schuss ins Blaue zu wagen.
    „Gerne doch, Bruder. Was kann ich für euch tun.“
    „Ich bin auf der Suche nach einem Handwerker,“ erklärte John und beugte sich leicht über den Tresen. „Einem Meister seiner Zunft, wenn ich doch nur wüsste in welcher!“
    Verwirrt blinzelte der Wirt.
    „Ihr sucht einen Handwerker, aber wisst nicht, welchem Beruf er nachkommt?“
    „Ein Witz des Herrn, nicht wahr? Alles was ich weiß ist, dass er spirituelle Hilfe braucht. Seht, ich bin gerade erst in Rom angekommen und wurde von meinem Kloster ausgesandt, um ihm zu helfen. Leider weiß ich so gut wie gar nichts über ihn.“
    Nachdenklich rieb sich der Wirt am kratzigen Kinn und trocknete einen weiteren Krug mit einem schmutzigen Lappen ab.
    „Habt ihr denn wenigstens einen Namen, Bruder?“
    „Er soll Laurentis heißen, mehr weiß ich jedoch nicht.“
    „Sagt mir leider nichts,“ antwortete der Wirt nach kurzem Nachdenken. „Habt ihr denn keine Beschreibung?“
    „Nein, leider nicht.“
    „Dann hat euch der Herr wahrlich vor eine schwere Prüfung gestellt.“
    „Wohl wahr,“ murmelte John und erhob sich. Scheinbar hatte er hier kein Glück gehabt. Ihm blieb nichts anderes übrig als es an einem anderen Ort zu versuchen. Er verabschiedete sich von dem Wirt und trat aus der Schenke hinaus.
    Zu dumm, dass er die beiden Personen im Halbschatten nicht bemerkt hatte. Mit lautlosen Schritten traten die beiden Gestalten auf ihn zu und schon im nächsten Moment zogen sie dem Captain einen Knüppel über den Schädel. Seine letzte Wahrnehmung, bevor er bewusstlos wurde.

    Seine Geliebte wirkte immer nachdenklicher. Woil wurde dies abermals bewusst, als sie beide beim Essen saßen und stumm ihre Mahlzeiten zu sich nahmen. Seit dem Replizieren des Essens hatte keiner von ihnen beiden ein Wort gesagt und derzeit schien niemand diesen Zustand ändern zu wollen. Der Antosianer blickte zumindest Stella ab und zu an, doch sie starrte nur in das Essen, in welches sie ihre Gabel stocherte. Natürlich konnte er die Gründe dafür verstehen. Heute war ein wichtiger Tag, vielleicht der wichtigste für Sektion 31 seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges. So viele Monate hatten sie diese Aktion geplant und sie gemeinsam vorbereitet. Nun so kurz vor dem Erfolg zu stehen, wirkte irgendwie unwirklich. Ein fast nicht greifbarer Moment, der dennoch wahr werden könnte.
    Sehr zu seiner Überraschung war Jozarnay überhaupt nicht eifersüchtig, obwohl er dies hätte sein müssen. Immerhin wollten sie hier einen Mann wiedererwecken, der scheinbar für Stella eine ganz besondere Bedeutung gehabt hatte. Jedoch hatte sie niemals erklärt, in welcher Beziehung sie zu Nathan Sloan gestanden hatte. Irgendwie schien es jedoch an der Zeit diesen Punkt zu klären. Der Antosianer war sehr wohl bereit einen anderen Mann in ihrer Mitte zu dulden, vielleicht sogar einen neuen Anführer, aber dann wollte er auch wissen, was es mit ihm auf sich hatte.
    „Was war zwischen dir und Nathan Sloan?“
    Die Frage hallte durch den kleinen Raum wie in Echo. Es dauerte einige Zeit, bis Stella Tanner auf diese Frage reagierte. Müde blickte sie auf, starrte lange ihren Geliebten an und entgegnete schließlich:
    „Wie meinst du das?“
    Überrascht lehnte sich Jozarnay in seinem Stuhl zurück und dachte über diese Gegenfrage nach. Wieso war sie nicht in der Lage einfach eine klare Antwort zu geben?
    „Wir befinden uns hier in einer Kloneinrichtung des Dominions. Du stehst kurz vor der Verwirklichung eines großen Plans. Einem Traum, bei dessen Erfüllung ich dir geholfen habe und ich bin stolz auf unsere Arbeit. Mit etwas Glück wird heute Abend Nathan Sloan, der legitime Anführer von Sektion 31, wieder unter uns weilen. Die Ärzte sagen, dass der Klonprozess hervorragend läuft. Wir haben genug DNS von ihm, um noch zehn weitere Nathans zu reproduzieren.“
    „Dein Punkt?“ fragte die rothaarige Frau genervt.
    „Dir liegt so viel an Nathan Sloan. Wieso?“
    Endlich war die Frage raus. Monatelang hatte er sie mit sich herumgetragen, sie jedoch niemals gestellt. Bis zum heutigen Tage.
    „Er ist unser Anführer,“ erklärte Stella mit einer fast schon lässigen Selbstverständlichkeit.
    „Ich weiß das,“ entgegnete der ehemalige Chefingenieur und wunderte sich gar nicht mehr darüber, dass er Nathan Sloan ebenfalls als seinen Anführer ansah. „Aber da ist noch mehr.“
    „Bist eifersüchtig?“
    „Muss ich es denn sein?“
    Abermals antwortete Stella mit einer Gegenfrage. Heute wirkte die sonst so zielsichere, selbstbewusste Frau deplaziert.
    Lange überlegte Stella über ihre Worte. Ihre Beziehung zu Nathan war schwierig zu erklären, für einen Außenstehenden eigentlich nicht zu verstehen. Man musste dabei gewesen sein, um es zu verstehen.
    „Ich liebe ihn,“ gestand die Frau schließlich, „aber nicht so, wie du es denkst.“
    Möglicherweise hatte sie Wut des Antosianers erwartete oder Frustration, jedoch keine Stille. Er blickte sie einfach nur vertrauensvoll an.
    „Kannst du es mir erklären?“
    „Leider nicht…“
    Dies war Woils Verhängnis. Er war so sehr in seinen Emotionen gefangen, dass er nicht in der Lage war Stella Tanner zu entfliehen, selbst wenn sie Unrecht beging oder auf der Seite derer stand, die er einst bekämpft hatte. So viele Jahre lang hatte er sich nach Liebe gesehnt und nun, wo er sein scheinbares Glück gefunden hatte, wollte er sie nicht verlieren.
    Nicht die Drogen, nicht das Ketracel-White, waren der Grund, wieso er bei ihr blieb. Viel eher war der Grund, dass er sie liebte. Bedingungslos.

    Der Moment war gekommen. Im getarnten Zustand und mit unter Warp flog die Monitor in das Talar-System ein. Auf der Brücke und dem Rest des Schiffes herrschte eine gespannte Stille. Jeder an Bord wusste, was nun auf dem Spiel stand. Zwischen ihnen und ihrem Missionsziel standen mehrere Hundert romulanische Schiffe, sowie Raumstationen und Gefechtsplattformen. Sie hatten keinen Kampfauftrag, sondern sollten nur Aufklärung betreiben, was jedoch gefährlich genug war.
    „Wir erreichen bald den romulanischen Nahsensorbereich,“ erklärte Fähnrich Locarno, der wie so oft am Steuer saß, wenn Commander Price selbst das Kommando über das Schiff führte.
    „Wie erwartet haben die Romulaner Tachyonenortungsgitter aufgebaut,“ erklärte Ardev und konzentrierte sich weiterhin auf die Anzeigen seiner Arbeitsstation. „Sie haben so gut wie jeden Bereich des talarianischen Orbits abgedeckt. Es wird schwierig nahe heranzukommen.“
    Langsam erhob sich Matt aus dem Kommandentenstuhl und trat einige Schritte auf den Wandschirm zu, auf dem als winzige Punkte die romulanischen Installationen zu sehen waren.
    „Vielleicht müssen wir gar nicht so nahe heran. Mr. Locarno, bringen sie uns so nah wie möglich an die romulanischen Schiffe heran, ohne dass wir entdeckt werden können.“
    Für einen kurzen Moment zögerte der Steuermann, dann begann er einige Befehle in seine Station einzugeben.
    „Findet es eigentlich noch jemand hier riskant,“ fragte der ewige Fähnrich, „mit einer Tarnvorrichtung, die von Romulanern konstruiert worden ist, in ein von Romulanern gehaltenes System einzufliegen und romulanischen Sensoren auszuweichen?“
    Angesichts dieser Worte konnte Price nicht anders als schmunzeln. Es war ein kurzer Moment der Lockerung, dann fing sich der Halbbetazoid wieder und entgegnete:
    „Es ist ein Ironie des Schicksals, nicht wahr? Wir spionieren die Spitzohren mithilfe eines Gerätes aus, welches sie uns selbst zur Verfügung gestellt haben. Falls jemand ein Problem damit haben sollte, der soll sich nun melden. Dann können wir ja die Tarnvorrichtung deaktivieren und schauen, wie wir dann gegen diese Anzahl an Schiffen bestehen werden.“
    Wartend blickte Matt in die Runde der Brückenoffiziere und nicht unerwarteterweise erhob niemand Einspruch gegen ihre Taktik.
    „Sie sind ja langweilig,“ witzelte der derzeitige Kommandant des Schiffes, „hängen sie alle so an ihrem Leben?“
    Dies war der letzte Scherz, den sich der Empath erlaubte, dann verlagerte er seinen kompletten Focus wieder auf die Mission. Einige Minuten lang beobachte er, wie Nick Locarno das Schiff durch die Überwachungsgebiete steuerte und mithilfe der Anweisungen von Lieutenant Ardev eine gute Warteposition suchte. Nach einer Weile, sie alle hatten das Gefühl für Zeit verloren, brachte der Steuermann die Monitor sanft zum Stillstand, checkte noch einmal alles durch, lehnte sich durchatmend in seinem Sitz zurück und erklärte nicht ohne Stolz:
    „Das war es. Weiter kriege ich uns nicht, ohne dass wir nicht entdeckt werden.“
    Anerkennend klopfte Matt dem Fähnrich auf die Schulter und setzte sich wieder auf seinen Platz. Die romulanischen Schiffe waren inzwischen so deutlich auf dem Hauptschirm zu sehen, dass man einzelne Schiffsklassen voneinander unterscheiden konnte. Auch ohne die Sensoren zu konsultieren war jedermann in der Lage festzustellen, dass sie es mit einer gewaltigen Flotte bestehend aus den verschiedensten Typen zu tun hatten. Price nickte den Stationen zu seiner rechten zu und die Lieutenants Ardev und Tellom begannen sofort mit einer gemeinsamen Untersuchung. Das Ehepaar hatte seine Sensorstationen miteinander gekoppelt, um effizienter arbeiten zu können.
    Wieder zog sich die Zeit hin. Natürlich hätten sie auch einen einfachen Scan machen und wieder verschwinden können. Doch das Oberkommando verlangte nach genauren Informationen. Sie wollten Waffenstärken wissen, die Anzahl an Besatzungen, die Vorräte der einzelnen Geschwader. Diese Untersuchungen brauchten ihre Zeit und waren alles andere als ungefährlich. Während der gesamten Prozedur löste Lieutenant Danny Bird nicht seine Augen von den taktischen Sensoren, widmete jeder einzelnen Werteschwankung seine vollste Aufmerksamkeit. Selbst ein Schiff mit einer Panzerung wie der Monitor hätte bei einem eventuellen Raumkampf nur eine Überlebensdauer von wenigen Sekunden in Anbetracht einer solchen Gegnerzahl.
    Endlich sah Ardev von seiner Station auf. Seine Kopffühler bewegten sich aufgeregt hin und her, als er meldete:
    „Matt, wir haben die Scans abgeschlossen. Wir haben so viele Daten gesammelt, wie wir bei unserem momentanen Status finden konnten.“
    „Etwas interessantes dabei?“
    „736 Schiffe, 23 Raumstationeni und 1.471 Gefechtsplattformen,“ erklärte der Andorianer mit Grabesstimme.
    Angesichts dieser schier unglaublichen Zahl konnte Matt Price nicht anders als die Augenbrauen hochzuziehen.
    „Innerhalb eines einzigen Jahres haben die Romulaner ein solches Besatzungssystem aufgebaut,“ murmelte der Halbbetazoid nachdenklich. „Wie viele Soldaten mögen dann wohl erst auf Talar stationiert sein?“
    „Wir sind zu weit weg, um darüber eine definitive Aussage machen zu können,“ beantwortete Arena Tellom die Frage.
    „Gehen wir einfach mal davon aus, dass es jede Menge sind,“ war die trockene Erwiderung Price´. Was er eben gehört hatte, gefiel ihm ganz und gar nicht.
    „Wenn die Besatzung also nicht bald endet und sie noch weitere Monate, wenn nicht gar Jahre andauert,“ erklärte Danny Bird für alle, „dann wird die Zahl der romulanischen Verbände in diesem System noch weiter ansteigen. Vermutlich verlegen sie im Moment noch weitere Kräfte hierher, weil sie einen Angriff der alliierten Streitkräfte befürchten. Wenn die Okkupation nicht bald endet, dann könnte es in einigen Jahren unmöglich sein den Planeten zu befreien.“
    Diese Worte klangen für jeden an Bord logisch nachvollziehbar.
    „Ich sehe noch eine Gefahr,“ erklärte Price und stützte sein Kinn nachdenklich auf den Händen ab. „Die gemischte Streitmacht der Multiplanetaren Allianz wird groß genug sein, um diese Flotte zu vernichten. Was darauf folgt, wird mir jedoch mehr Sorgen machen.“
    „Der totale Krieg,“ schlussfolgerte Tellom richtig.
    Jeden einzelnen auf der Brücke beunruhigte diese Vorstellung. Seit dem Dominionkrieg hatten sich nicht mehr Flotten dieser Größenordnung gegenüber gestanden und nun schien ein Konflikt fast unabwendbar.
    „Oh nein!“ rief Bird auf einmal und seine Konsole begann alarmierend zu piepen. Sofort rief er einige Sensordiagramme auf, verglich Werte und wandte sich im Anschluss aufgeregt zu seinem temporären Kommandanten. „Drei romulanische Schiffe der D´Deridex-Klasse sind auf dem Weg zu unserer Position.“
    „Haben sie uns entdeckt?“
    „Irgendwie müssen wir Energieschwankungen ausgesendet haben. Minimale zwar, doch das Ortungsgitter muss sie aufgefangen haben.“
    Ihnen blieben nur wenige Sekunden Zeit, um auf diese Nachricht zu reagieren.
    „Locarno, bringen sie uns so schnell wie möglich von hier weg, aber so, dass wir nicht entdeckt werden.“
    Der Steuermann sparte sich eine Erwiderung, konzentrierte sich stattdessen vollends auf seine Aufgabe und aktivierte den Antrieb des Schiffes. Sachte und langsam steuerte er die Monitor von ihrer Position weg. Ihre Geschwindigkeit war jedoch fast zu gering, die ungetarnten romulanischen Kriegsschiffe näherten sich ihrer Position zusehends.
    „Sollen wir auf roten Alarm gehen?“ fragte Bird hektisch und blickte erwartungsvoll zu Price.
    Dieser schüttelte jedoch den Kopf.
    „Der dabei ausgelöste Energieanstieg würde uns in jedem Fall auffliegen lassen. Nein, wir müssen hoffen, dass unser Vorsprung reicht.“
    Locarno brachte das Schiff noch einige tausend Meter weg von ihrer alten Position, dann hielt er das Schiff an. Sie stellten sich tot, fuhren jede unnötige Energie herunter und blieben völlig regungslos.
    „Die Romulaner scannen unsere alte Positon,“ erklärte Ardev und beobachtete die Anzeigen auf den Scannern.
    Wieder wurden Sekunden zu endlosen Minuten. Falls die Romulaner ihre neue Spur entdeckten, so wäre alles aus. Einige Zeit lang kreisten die Warbirds um ihre alte Position, untersuchten den gesamten Bereich. Dann endlich zogen sie sich zurück. Ein Aufatmen ging durch das gesamte Schiff.
    „Das war knapp,“ murmelte Arena.
    Manchen war es zu knapp gewesen.

    Langsam aber sicher wurde die Bewusstlosigkeit zu einer unangenehmen Gewohnheit für John Lewinski. Sein Schädel pochte ungeheuerlich und Welle um Welle neuen Schmerzes rasten durch seine Glieder. Vorsichtig rieb der Kommandant seinen Kopf und prüfte ihn nach offenen Wunden. Zu seiner Erleichterung konnte er keine frischen Verkrustungen oder ähnliches feststellen. Einige Sekunden verharrte John in dieser Position, bis er sich entschloss langsam und vorsichtig seine schmerzenden Augenlieder zu öffnen. Wie er erwartet hatte, dauerte es seine Zeit, bevor er wieder klar sehen konnte. Sachte verschwand die Schwärze von seinen Augen, wurde abgelöst durch ein unscharfes Bild der Umgebung. Mit viel Phantasie konnte er ein Dach über sich erkenne und eine Lichtquelle, die von links herrührte. Scheinbar befand er sich in einem Haus oder ähnlichem. Eine Person erschien in seinem Blickfeld und wies ihn an ruhig liegen zu bleiben. Nach kurzem Zögern erkannte Lewinski, dass diese Worte nicht drohend, sondern fürsorglich hervorgebracht worden waren und so verharrte er in der liegenden Position.
    Endlich, nach einer schier endlosen Zeit, klarte sein Sichtfeld auf und John war in der Lage seinen Pfleger zu erkennen: es handelte sich um den Wirt aus der Schenke.
    „Wie fühlen sie sich, Bruder?“ fragte er besorgt und hielt ihm etwas Wasser hin.
    „Wie nach einer langen Nacht,“ brummte John, erntete dafür Gelächter.
    „Scheinbar ist es also doch kein Mythos, dass ihr Mönche wisst wie man feiert. Wie heißt ihr überhaupt?“
    Sofort wurde der Captain misstrauisch.
    „Wieso möchtet ihr dies wissen?“
    „Nur ruhig, Bruder,“ beschwichtige ihn der Wirt und nahm den leeren Krug wieder entgegen, „ich stehe auf ihrer Seite. Möglicherweise ist jedoch einer eurer Ordensbrüder um euch besorgt und sucht euch. Wie soll ich ihm sagen, wo ihr euch aufhaltet, wenn ich nicht einmal euren Namen kenne?“
    So sehr ihm auch dieser Punkt missfiel, der Wirt hatte recht. Im Geiste ging John einige Namen durch, versuchte einen zu finden, der für diese Zeit typisch war. Doch er kam zu keinem befriedigenden Ergebnis und so hieß es eine Entscheidung zu treffen.
    „Mein Name lautet… Tuck.“
    „Wohlan, Bruder TUck,“ begrüßte ihn sein Gastgeber und musste schmunzeln. „Erlaubt mir dies zu sagen, aber ein ungewöhnlicher Name.“
    „Ich komme auch aus einem anderen Lande,“ erklärte John schnell. „Mein Wunsch war es schon immer den Papst zu sehen und befinde mich daher auf einer…. nennen wir es eine spirituelle Reise.“
    Im Grunde genommen gab sich der Captain als Tourist aus und die Nummer schien zu wirken.
    „Ich bin Cicero,“ stellte sich der Wirt vor und verneige sich leicht.
    „Dann bin ich an der Reihe mich für meine Rettung zu bedanken,“ entgegnete Tuck im Gegenzug. „Wenn ihr nicht gewesen wärt, so würde ich wohl immer noch in der Ecke liegen. Habt Dank, Cicero. Ein ungewöhnlich historischer Name, wie ich finde.“
    Angesichts dieser Worte musste der Wirt schmunzeln.
    „Ja, dies denken viele. Meine Eltern waren gelehrter, als man annehmen könnte. Ihnen lag viel an einer guten Ausbildung für mich. Sie wollten ihrem Sohn ein so gutes Leben wie möglich bieten und lehrten mich das Lesen sowie Schreiben.“
    Anerkennend wölbte John die Augenbrauen. Diese beiden Fähigkeiten waren zu dieser Zeitperiode alles andere als selbstverständlich gewesen. Scheinbar hatte er es vor sich mit einem intelligenten jungen Mann zu tun.
    Dann fiel John etwas beunruhigendes ein. Sofort griff er in seine Robe hinein und stellte fest, dass sich noch Tricorder und Phaser an seinem Platz befanden. Cicero deutet seine Taten sofort.
    „Habt keine Sorge,“ erklärte er vertrauensvoll, „ich habe viel zu sehr Respekt vor dem Klerus, als dass ich euch bestehlen würde. Tatsächlich habe ich euch nicht einmal angefasst.“
    Wenigstens in dieser Hinsicht hatte er Glück gehabt! Nun, wo er sich wieder sortiert und Herr der Lage war, hieß es mit dem Auftrag fortzufahren. Der Rückholmechanismus des Shuttles war immer noch aktiv und würde ihn schon bald wieder zurückbringen.
    „Cicero, ihr habt keine Ahnung, wer mich niedergeschlagen haben könnte?“
    „Ganz spontan würde ich sagen, dass es sich um Taschendiebe handelt. Sie sind in diesem Viertel in letzter Zeit sehr aktiv geworden, aber dass sie inzwischen nicht einmal mehr vor einem Diener Gottes halt machen, ist für mich unglaublich.“
    Für John klang dies jedoch nicht wie ein Zufall. Sicher, die Kriminalität war im Mittelalter stark ausgeprägt gewesen, doch dass gerade er nach einer ersten Befragung niedergeschlagen wurde, war ungewöhnlich. Und tatsächlich waren Mönche weniger von diesen Attacken betroffen gewesen.
    Bestand also nicht viel eher die Möglichkeit, dass er mit seiner Fragerei nach Laurentis jemand aufgeschreckt hatte?
    „Ihr sagtet, die Überfälle geschehen in letzter Zeit häufiger?“
    „Ja, sie treten vermehrt auf, sogar am Tage,“ erklärte Cicero und wirkte überaus beunruhigt. Nur zu verständlich, immerhin besaß er ein selbstständiges Gewerbe. „Sogar die Ratsherren sind schon zu ihren Opfern geworden!“
    „Ratsherren?“
    Nun war es an John einen rätselhaften Gesichtsausdruck aufzusetzen. Hier spielte sich möglicherweise ein gar nicht unerwartetes Muster ab. Wenn Jellicos Informationen korrekt waren, so befand sich der Captain zeitlich gesehen am Beginn der Vorfahren von Sektion 31. Was läge für eine geheime Gruppe näher, als Schritt für Schritt ihre Macht aufzubauen und sie dann auf die Politik auszudehnen? Je mehr John über diesen Punkt nachdachte, desto überzeugter war er von dieser Theorie.
    „Cicero, seid ihr bereit mir zu helfen? Zu zweit ist es sicherer auf den Straßen.“
    „Aber natürlich, Bruder Tuck,“ bekräftigte der Wirt mit selbstsicherer Stimme. „Was wollt ihr tun?“
    „Sagen wir mal so: ich möchte den Anfängen wehren!“

    Sinnierend saß Matthew Price auf seinem gegenwärtigen Platz und wartete. Nachdem sie ihren Auftrag ausgeführt und die Daten an das Oberkommando übermittelt hatten, waren sie zum Warten auf Weiteres verdonnert worden. Ein Warten auf den möglichen neuen Krieg, der zahllose weitere Leben fordern würde. Alles nur, weil John Lewinski die geheimen Informationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatte.
    Nein, dies war nicht fair. Matt ermahnte sich selbst, nicht in dieses Denkschema zu verfallen. Nicht der Captain war schuld an dieser Lage, sondern der intrigante romulanische Geheimdienst, der vor einem Jahr diese Situation verursacht hatte. Der Beweise manipuliert und damit einen falschen Krieg vom Zaun gebrochen hatte. Die Crew der Monitor war der Wahrheit verpflichtet, nichts weiter.
    Ardev trat auf ihn zu und überreichte ihm ein Padd.
    „Wir haben auf einer sehr niedrigen Frequenz ein Communiqué erhalten,“ erklärte der Einsatzoffizier, „es handelt sich um neue Lagebefehle.“
    Aus seinen Gedanken gerissen nahm sich Matt das Padd und las sich den äußerst kurzen Inhalt des Schreibens durch. Was er dort lesen musste, gefiel ihm ganz und gar nicht.
    „Fähnrich Locarno,“ befahl er mit eisiger Stimme, „bringen sie uns zu einer sicheren Sendestation.“
    Ungläubig, so als hätte er das eben gehörte nicht richtig verstanden, drehte sich der Steuermann herum und musterte seinen Befehlsgeber.
    „Dies ist nicht ihr Ernst?“ fragte er.
    „Wieso sollte es dies nicht sein?“
    Angesichts dieser Gegenfrage konnte der Fähnrich nur verwirrt den Kopf schütteln.
    „Allein hier die Position zu halten, ohne entdeckt zu werden, war fast ein Ding der Unmöglichkeit und nun sollen wir aus dem talarianischen System heraus eine Nachricht versenden? Dann können wir uns ja gleich enttarnen und uns eine Zielscheibe auf den Rumpf malen!“
    „Tun sie es einfach!“
    Für einen winzigen Moment überlegte Nick Locarno, ob er nicht einfach dieses Befehl verweigern sollte. Dann jedoch drehte er sich herum und begann das Schiff sanft aus dem System hinauszubewegen. Natürlich verließen sie es nicht gänzlich, sondern entfernten sich nur etwas von der Hauptwelt. In den äußeren Sektoren des Systems war die romulanische Präsenz geringer und eine Entdeckung unwahrscheinlicher.
    Nach einer guten Stunde stoppte der Fähnrich das Schiff und blickte abwartend zu dem Empathen. Matt verließ ohne jedes weitere Wort die Brücke und ging in den Bereitschaftsraum, wo er sich an den Schreibtisch setzte und das Komterminal aktivierte.
    Aufgrund der Vorsichtsmaßnahmen, die sie getroffen hatten, dauerte es einige Zeit, bis eine Verbindung aufgebaut worden war und aufgrund der extrem niedrigen Frequenzen, die sie benutzten, war die Bildqualität alles andere als gut. Doch es reichte, um eine Unterhaltung von Mann zu Mann zu führen. Besser gesagt von Mann zu Frau.
    Auf dem Bildschirm erschien niemand geringeres als Commander Selina Kyle. Sie befand sich der auf der Brücke ihres Schiffes, der USS Community und schien alles andere als überrascht darüber zu sein, ihren Imzadi auf dem Bildschirm zu erblicken.
    „Matt, was kann ich für dich tun?“ fragte die schöne Frau. „Wie du vermutlich weißt, ist es derzeit etwas ungünstig. Es gehen wichtige Dinge vor sich.“
    „Ich weiß ganz genau, wovon du sprichst. Man könnte sogar sagen, ich befinde mich an der Quelle.“
    Selina verstand ganz genau die augenzwinkernde Bemerkung und weitete überrascht die Augen. Wieso sie dies tat, wusste sie selbst nicht so genau. Als Mitglied des Geheimdienstes war es doch nur natürlich gewesen, dass Matt ebenfalls in diese Mission involviert war.
    „Und was kann ich für dich tun, Matt?“ fragte Kyle und schlug ihre Beine übereinander, um sich eine bequemere Sitzposition zu schaffen. Um sie herum sah man ihre Brückencrew an den Stationen arbeiten. So gut wie keiner von ihnen schien von diesem Gespräch Notiz zu nehmen.
    „Ich habe eben das Communiqué der Sternenflotte gelesen,“ erklärte Commander Price den Grund für seinen Anruf, „und dass die Community den gemischten Kampfverband anführen wird.“
    „Dies ist korrekt. Wir sind nur noch wenige Stunden von Talar entfernt. Die Romulaner sollten unsere Flotte schon auf den Bildschirmen sehen.“
    Im Anschluss an diese Worte wartete Selina Kyle auf eine Erwiderung ihres ehemaligen Verlobten. Der Halbbetazoid ließ sich jedoch mit einer Antwort Zeit. Es war ungewöhnlich für ihn, dass ihm die Worte fehlten. In Gefühlssachen war er, wie fast jeder Mann, etwas unbeholfen und es dauerte einige Momente, bis er seine Gedanken formuliert hatte.
    „Wieso tut ihr das?“ fragte er schließlich.
    „Die Enterprise befindet sich auf einer diplomatischen Mission und würde niemals rechtzeitig hier eintreffen. Daher hat man uns zum Flagschiff des Verbandes gemacht,“ erklärte Commander Kyle und lächelte stolz. „Es war schon ein netter Moment, als mir Captain Picard persönlich Glück für diese Mission gewünscht hat.“
    „Aber wieso?“
    Die Frage von Matt war kurz und simpel, eigentlich nicht falsch zu verstehen. Dennoch wich die menschliche Frau und Mutter seiner Tochter ihr aus.
    „Wäre es dir etwa lieber, wenn die Klingonen die Leitung bei dieser Sache hätten? Dann wäre es doch nur eine Frage der Zeit, bis der erste Schuss fallen würde...“
    „Nein, ich will, dass ein anderes Schiff die Flotte anführt und nicht du!“
    Matts Antwort war direkt gewesen, fast schon verletzend, wenn man nicht den wahren Hintergrund dieser Sache kennen würde. Selina nickte. Sie verstand genau, worauf er hinauswollte.
    „Yasmin wird es gut gehen,“ versicherte Selina ihm. „Unserer Tochter wird nichts geschehen.“
    „Also hast du sie von Bord gebracht?“
    „Nein, sie ist hier bei mir.“
    Wütend schlug Matt auf den Schreibtisch und war unmittelbar darauf selbst über seine heftige Reaktion erschrocken. War er labiler, als er selbst annahm.
    „Wieso hast du sie nicht zu einem sicheren Ort gebracht? Du gefährdest sie.“
    Die Worte verletzten Selina Kyle und machten sie wütend. Ihre blauen Augen fixierten ihn und versuchten seinen Geist zu erforschen. Natürlich verstand sie seine Sorgen und war insgeheim froh über seinen Anruf, dennoch wollte sie etwas Vertrauen von ihrem Imzadi.
    „Nirgendwo ist sie sicher als bei mir, Matt. Nirgendwo.“
    „Bei einem Kampf, wenn das Schiff beschädigt...“
    „Es wird keinen Kampf geben,“ wiegelte sie ihn ab.
    „Woher willst du das wissen? Du bist noch nicht hier. Du weißt nicht, was ich weiß. Wir stehen am Vorabend eines neuen Konflikts, den das Universum so noch nicht gesehen hat und du bringst unsere Tochter an den derzeit gefährlichsten Ort, den man sich vorstellen kann?“
    „Hört, hört!“ rief Selina aus und es war verwunderlich, dass niemand von ihrer Brückencrew auf das Gespräch reagierte. Möglicherweise überhörten sie es absichtlich. „Matthew Price spricht von Verantwortung. Das ich dies noch erleben darf. Wo wäre sie denn besser aufgehoben? Etwa auf der Monitor?“
    „Auf der Erde,“ entgegnete der Halbbetazoid ohne zu zögern. „Und du auch.“
    Im Anschluss an diese Worte richtete sich Kyle kerzengerade in ihrem Kommandensessel auf. Inzwischen hatte sie sich an die Verantwortung für ihr Schiff gewöhnt. Ihre Beförderung zum Captain war nur noch eine Frage der Zeit.
    „Ich bin Offizier der Sternenflotte,“ erklärte sie mit ruhiger Stimme, „und Kommandant eines Schiffes. Wir alle haben eine Aufgabe zu erfühlen. Du, ich und alle anderen auch. In unserer schwersten Stunde werde ich mir ganz sicher nicht vor unserer Aufgabe drücken. Allein unserer Tochter zuliebe. Wir sehen uns in wenigen Stunden im System. Community Ende.“
    Damit erlosch der Bildschirm und abermals hatte Matt eine Runde gegen seine Imzadi verloren. Scheinbar war sie die einzige Person, bei der er nicht seinen Kopf durchsetzen konnte. Irgendwie eine bewundernswerte Sache, wie er anerkennen musste.

    Betrachtete man die Geschichte der Kriminologie, so fiel auf, dass Verbrecher oft zum Tatort zurückkehrten. Der Grund für dieses Verhalten war äußerst spekulativ. Manchmal wollten sie sich vergewissern, keine Spuren hinterlassen zu haben oder irgendein moralischer Restfunken zwang sie zu ihrer Rückkehr.
    Was auch immer der Grund für dieses Phänomen zu sein schien, Captain Lewinski hoffte auf ein erneutes Eintreten dieses Musters. Gemeinsam mit seinem neuen Gefährten Cicero begab er sich zu dessen Schenke und schaute sich, nun bei Tageslicht, den Ort des Angriffs an. Rein äußerlich war absolut nichts zu erkennen, weder Blutspuren noch Kleidungsfetzen, die möglicherweise am Tatort hinterlassen worden waren. Beide Männer suchten alles von oben bis unten an, fanden jedoch nichts.
    „Eine Syssiphusarbeit,“ kommentierte der Wirt des Suchens überdrüssig und überraschte den angeblichen Mönch einmal mehr. Gemessen an seinen Lebensumständen und der Zeit, in der er lebte, war Cicero ein Intellektueller, hochintelligent und motiviert. Was wohl aus diesem Mann geworden wäre, wenn ihn das Schicksal in einer anderen Zeit hätte leben lassen? Möglicherweise hätte er es sogar zum Captain eines Sternenflottenschiffes bringen können.
    Sein Begleiter drehte sich in Richtung seines Wirtshauses und John nutzte den kurzen Moment, um seinen Tricorder zu zücken und weitere Untersuchungen durchzuführen. Er wurde nicht enttäuscht: was dem bloßen Auge verborgen geblieben war, fand das kleine Gerät. DNA-Spuren wurden angezeigt, die weder von Cicero noch von ihm selbst herrührten und die er anhand der Zeit seinen Angreifern zuordnen konnte. Natürlich besaß er keine Datenbank, um die gefundenen Spuren abgleichen zu können, ein Start war es immerhin. Er programmierte den Tricorder eine Spur zu finden und ließ das Gerät passiv weiterarbeiten, während er es wieder unter seiner weiten Robe versteckte und Cicero anblickte.
    „Glauben sie an den sechsten Sinn?“ fragte Bruder Tuck lächelnd.
    Kurz überlegte der Wirt.
    „Ich bin bereit an Wunder zu glauben,“ entgegnete Cicero nachdenklich. „Wieso fragen sie?“
    „Es ist ein Wunder, aber ich habe eine Spur.“
    „Wie haben sie dies gemacht? Sehen ihre Augen etwas, was ich nicht sehe?“
    „Der Weg des Herrn,“ erklärte John und deutete mit einem Zeigefinger gen Himmel. Die Sprache dieser Zeit zu sprechen war schwierig, aber bisher machte er seine Sache ganz gut. Möglicherweise bildete er sich auch zu sehr etwas auf seine Fähigkeiten ein und die Hauptarbeit wurde vom Übersetzer vorgenommen. Auf jeden Fall war Cicero noch auf seiner Seite und dies war die Hauptsache. Um Laurentis zu finden brauchte er einen Verbündeten in dieser Zeit. Und a propos, die Zeit wurde immer knapper. Natürlich könnte er seinen Aufenthalt hier verlängern, aber John wollte nicht länger in diesem Jahrhundert bleiben als unbedingt notwendig. Jede Minute, die er hier war, kontaminierte er im temporalen Sinne seine Umgebung. Hier und jetzt hatte er die Möglichkeit Sektion 31 zu stoppen. Falls er scheiterte, wollte er keinen zweiten Versuch wagen. So einfach war dies.
    „Folgen sie mir,“ bedeutete der Mönch seinem Begleiter und beide gingen die mittelalterlichen Straßen Roms entlang.

    Der Moment war gekommen. Die gewaltige Flotte aus über eintausend Schiffen der MPA flog in das talarianische System ein. Es war ein beeindruckendes Bild, wie die Schiffe unter Warp gingen und Formation einnahmen. Gemischte Geschwader brachten sich in Stellung, wappneten sich für alle Eventualitäten. Vorneweg das Föderationsraumschiff Community, welches den Kampfverband anführen sollte, der den Talarianern die Freiheit wiederbringen sollte. Doch zu welchem Preis?
    Commander Selina Kyle erhob sich von ihrem Platz und stellte sich vor den Hauptschirm. Mehrfach atmete sie tief ein und aus, versuchte sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Dann blickte sie zu dem Lieutenant an der OPS-Station und befahl ihm eine Verbindung zum romulanischen Flaggschiff herzustellen.
    Die Besatzer gingen ebenfalls in Stellung, verstärkten die Schwachstellen in ihren Linien und brachten ziviles Personal, welches an Bord der Raumstationen diente, in Sicherheit. Auf dem besetzten Planeten Talar wurde Alarm ausgerufen, alle Bodentruppen fanden sich in den Kasernen ein und begaben sich in Alarmstellungen.
    Natürlich hatte Selina Angst, wie alle anderen auch. Der Plan für einen eventuellen Konflikt war klar, jedes einzelne Schiff wusste für den Fall einer Fälle seine Aufgabe, wie in einem gut durchdachten Schachspiel. Würde es zu einem Raumkampf kommen, würde der talarianische Widerstand parallel mit gezielten Angriffen auf dem Planeten beginnen, um die Romulaner abzulenken. Das Durchkommen zu den Widerstandszellen war schwierig gewesen und hatte die Geheimdienste einiges an Arbeitskraft und stellenweise auch Leben gekostet. Die Raumschiffe würden ihrerseits vom Orbit aus die Kampfkraft der Besatzer zu schwächen. Vorrausgesetzt natürlich sie könnten sich am massiven Sperrgürtel der Romulaner vorbeikämpfen.
    Sehr zu ihrer Überraschung antwortete das romulanische Schiff. Ein älterer Romulaner erschien auf dem Hauptschirm. Die Kommandantin der Community konnte nicht anders als in ihm das romulanische Äquivalent von Captain Jean-Luc Picard zu sehen. Beide strahlten eine enorme Erfahrung und Gelassenheit aus. Instinktiv wünschte sich Kyle, dass dieser Mann, der der beste Sternenflottencaptain aller Zeiten war, nun hier war, doch diese Möglichkeit stand nicht zur Verfügung. Es lag an ihr die nächsten wichtigen Entscheidungen zu treffen. Die Tragweite der gesamten Angelegenheit schien sie fast zu erdrücken, doch sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
    „Hier spricht Commander Selina Kyle, Kommandatin des Föderationsraumschiffs USS Community und Befehlshaberin des gemischten Verbandes der Multiplanetaren Allianz,“ stellte sie sich vor und verschränkte ihre Hände hinter dem Rücken.
    „Admiral Lerok, Inspekteur für den Sektor Talar,“ erwiderte der Romulaner knapp, aber nicht aggressiv.
    Ein erster Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht war es doch noch möglich, eine friedliche Übereinkunft zu erzielen.
    „Admiral,“ erklärte die menschliche Frau, „wir sind hier, um dem Ultimatum der interstellaren Völker mehr Nachdruck zu verleihen. Die Allianz, in der sie ebenfalls Mitglied sind, wie ich anmerken darf, verlangt den sofortigen Abzug der romulanischen Truppen von Talar und die Wiederanerkennung der politischen Souveränität der Talarianischen Union.“
    Höflich ließ Lerok seine Gegenüber aussprechen, bevor er ihre Worte abschmetterte.
    „Meine Regierung bekräftigt noch einmal, dass wir uns ihren irregulären Forderungen nicht beugen werden. Talar ist rechtmäßiges romulanisches Territorium, in einem regulären Krieg annektiert. Wir werden auf keinen Fall den Planeten verlassen.“
    Keine gute Entwicklung, wie Selina fand. Dasselbe dachten auch alle anderen Offiziere an Bord der anderen Schiffe, auf denen dieses Gespräch übertragen wurde. Auch Matt Price blickte nachdenklich auf den Bildschirm und verfolgte, wie seine Imzadi versuchte eine Katastrophe zu verhindern. Neben ihm stand seine jetzige Liebe, Dr. Elisabeth Frasier, und hörte ebenfalls dem Gespräch zu. Beide trauten es Selina durchaus zu die Sache zu lösen. Würde sie es schaffen?
    „Das Ultimatum der interstellaren Völkergemeinschaft ist klar,“ betonte Commander Kyle abermals. „Aufgrund der Informationen, die bekannt geworden sind, hat ihr Volk einen unrechtmäßigen Krieg begonnen und den Planeten okkupiert. Ich möchte sie noch einmal mit Nachdruck bitten ihre Position zu überdenken.“
    Abwehrend hob der Admiral seine rechte Hand.
    „Die von ihnen geschilderten Informationen sind mir bekannt und der romulanische Senat tut sie als Kriegslügen ab. Wir wissen nicht, wer dieses angebliche Testament erfunden hat, sie oder die talarianischen Terroristen; an seiner Falschheit kann jedoch kein Zweifel bestehen!“
    „Admiral, ich beschwöre sie noch einmal sich zurückzuziehen. Sollten sie nicht bis 15:00 Uhr Föderationsstandardzeit mit dem Abzug aller Truppen aus dem System beginnen, so habe ich den Auftrag mit einem Angriff zu beginnen, um ihre Besatzung gewaltsam zu beenden.“
    „Sie wissen, dass dies einen Krieg auslösen könnte?“
    „Sie wissen dies und ich weiß dies,“ entgegnete Selina mit neutraler Stimme. Innerlich zitterte sie am gesamten Körper, wenn sie an die Konsequenzen dessen dachte, was sie eben ausgesprochen hatte, jedoch durfte sie sich dies nicht anmerken lassen. „Ist es das, was uns bevorsteht, Admiral? Wollen sie wirklich drei Jahre der harten Arbeit und der friedlichen Koexistenz einfach so wegwerfen? Unser Quadrant war nach dem Dominionkrieg auf einem guten Weg!“
    „Seltsam, dass sie an meine Moral appellieren. Immerhin wären sie diejenige, die den ersten Schuss abfeuern würde,“ meinte Admiral Lerok nachdenklich. „Sind sie wirklich bereit für einen neuen Krieg?“
    „Um die Freiheit eines Volkes zu gewinnen, ja,“ erklärte Selina und machte deutlich, dass sie keinen Zweifel an ihrer Position duldete.
    „Ich muss zugeben, ich bewundere die Föderation,“ erklärte der Admiral ehrlich. „Sie würden ihre eigene Nation in einen Konflikt stürzen, der Millionen töten könnte, nur um einem anderen Volk zu helfen. Eine bewundernswerte Einstellung, jedoch unnötig. Sie sollten sich nicht auf die Seite derer stellen, die dies alles erst ausgelöst haben.“
    „Die Bombe war eine Manipulation und niemals Werk der Talarianer.“
    Ein letztes Mal versuchte Kyle auf das Testament von Nummer 1 anzuspielen, welches der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden war, doch es funktionierte nicht. Fast schon traurig schüttelte Lerok den Kopf und erklärte:
    „Wenn dies ihre entgültige Position ist, dann befinden wir uns in zwei Stunden im Krieg.“
    Damit beendete er die Übertragung. Vielleicht war damit der letzte Dialog vor der Schlacht zuende gegangen.

    Selbstverständlich konnte sich Cicero nicht erklären, wie Bruder Tuck auf fast schon mysteriöser Art und Weise einer unsichtbaren Spur folgte. Wie hätte er auch wissen sollen, dass sich Captain Lewinski heimlich von seinem Tricorder leiten ließ. Das Mittelalter war ein schmutziges Zeitalter gewesen. Die Menschen besaßen überhaupt nicht die Möglichkeiten zur häufigen Hygiene und hinterließen daher an jeder Ecke „Duftmarken“ aus Schweiß, Urin, Kleidungsfetzen und weiteren Dingen. Alles Sachen, die der Tricorder erfasste, mit den gefundenen DNA-Werten abglich und eine Spur nachzeichnete. Schweigend schritten die beiden an den Menschenmassen vorbei, die sie kaum zu beachten schienen. Jeder einzelne Mensch schien sich nur selbst der nächste zu sein, die von der Kirche viel gepredigte Nächstenliebe schien nur ein frommer Wunsch zu sein, mehr aber auch nicht. Es war unglaublich, was aus dieser Spezies noch werden würde.
    Irgendwann erreichten die beiden ihr Ziel. Die Spur führte sie in eine dunkle Ecke, in die sie sich vorsichtig herantasteten und ein Stoffbündel am Boden entdeckten. Sachte näherte sich John dem Objekt und schreckte einen alten, faltigen Mann auf, der sich in jene Leinen gewandt hatte. Scheinbar ein Obdachloser, alt und ohne jegliche Zukunft vor sich. Der alte Mann keuchte, als er die beiden Gestalten erkannte und Angst zeichnete sich in seinen blauen Augen ab.
    „Was…. Nein! Bitte nicht schlagen!“ rief der alte Mann aus und hob schützen die Hände vor sein Gesicht.
    „Keine Angst, guter Mann,“ versuchte der Kommandant der Monitor den armen Mann zu beruhigen, „wir wollen ihnen nichts antun. Wir sind nur auf der Suche nach jemandem.“
    Ohne Hast und möglichst vertrauensvoll gesellte sich Cicero neben den Mönch und beobachtete den alten Mann. Dieser blickten sie mit großen Augen an, keuchte und hustete mehrfach, bevor er meinte:
    „Tut mir leid, Bruder. Ich erkenne erst jetzt, dass ihr im Dienste unseres Herrn steht. Ich bin schreckhaft geworden, seit…“
    Diese Worte ließen John aufhorchen. Die Spur hatte sie direkt zu dem alten Mann geführt, der jedoch unmöglich sein Angreifer sein konnte und schon gar nicht den Ursprung der Illuminaten darstellen konnte. Viel zu alt und gebrechlich war diese Person, als dass sie John Lewinski hätte überfallen können.
    „Seit wann? Sprecht, guter Mann!“ forderte ihn der angebliche Mönch auf.
    „Hier passieren in letzter Zeit seltsame Dinge, guter Mönch. Rom ist nicht mehr das, was es früher einmal gewesen ist. Die Straßen sind unsicher geworden. Vorgestern Nacht bin ich niedergeschlagen worden und dieses Erlebnis hat mich vorsichtig werden lassen. Ich bin in Sorge, dass meine Angreifer zurückkehren werden…
    Die Geschichte passte wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Um auf Augenhöhe mit dem Bettler reden zu können, kniete sich Lewinski nieder und schaute seinen Gegenüber fest an.
    „Könnt ihr mir sagen, wie euer Angreifer ausgesehen hat?“
    Plötzlich zeichnete sich ein Glanz in den Augen des alten Mannes ab, der nur von einer Emotion herrühren konnte: Hoffnung.
    „Viel besser,“ erklärte der alte Mann und lächelte schwach, „ich weiß, wo ihr sie finden könnt!“

    Am Anfang war das Unglaubliche: er fühlte! Schon im nächsten Moment stellte er sich die logische Frage, wer er eigentlich war. Da er diesen Punkt nicht sofort abhandeln konnte, beschloss er sich seinem Aufenthaltsort zu widmen. Er versuchte seine Augen zu öffnen, doch er konnte es nicht und so war er auf seine restlichen Sinne angewiesen. Sein Gehör nahm nur verschwommen Geräusche wahr, so als befände er sich im Wasser. Irgendwie schien diese Annahme korrekt zu sein, denn er fühlte sich irgendwie freischwimmend und… feucht. Scheinbar befand er sich in einem flüssigen Ort oder so, mit Bestimmtheit konnte er jedoch nichts sagen. Wieso konnte er eigentlich nicht seine Augen öffnen?
    Es kam ihm natürlich nicht in den Sinn, dass er seine Augen nicht öffnen konnte, weil er seine Muskeln dafür noch nicht weit genug entwickelt waren. Wie auch? Er konnte ja gar nicht wissen, dass er ein Klon war, der gerade im Entstehen begriffen war. Sein Bewusstsein war in einem Stadium erwacht, in dem sein Körper noch nicht gänzlich ausgebildet war.
    Sein Erinnerungsvermögen brauchte noch einige Zeit, bis er darauf zurückgreifen konnte. Irgendwo geisterte das Wissen in seinem Geiste herum, dass es sich bei ihm um Nathan Sloan handelte, doch er konnte mit diesem Begriff nichts anfangen.
    Noch war der einstige Führer von Sektion 31 hilflos wie ein kleines Kind. Doch in wenigen Stunden würde sich dies ändern und eine neue Ära hinter den Kulissen beginnen.

    Das Föderationsultimatum würde in weniger als einer Stunde auslaufen. Überall wurden die Waffensysteme auf Funktionsfähigkeit überprüft, die Besatzungsmitglieder ein letztes Mal auf ihre Aufgaben eingeschworen. Letzte Briefe wurden geschrieben, Familien verabschiedeten sich untereinander.
    Nachdenklich blickte der Leiter der Abteilung Blau auf seinen Komschirm und dachte nach. Natürlich hatte er ebenfalls das Gespräch zwischen Kyle und Lerok mitbekommen. Er bekam alles mit, hatte zu jeglicher Information Zugang. Hier unten, tief in den Katakomben des Tal Shiar Gebäudes, war er allwissend und allsehend. Ganz deutlich konnte er die Katastrophe sehen, auf die sie zusteuerten. Er war sich der Konsequenzen bewusst, die seine Entscheidung mit sich brachte. Vor zwei Jahren hatte er einen Plan ausgetüftelt, um sein Volk zu retten. Mit seinen Mitarbeitern hatte er die Beweise des Sprengstoffanschlags auf den romulanischen Senats manipuliert und die Schuld auf die Talarianer gelenkt. Er hatte sein Volk einen, es stärker machen wollen. Zum Wohle des romulanischen Volkes hatte er es doch getan!
    Der Leiter war keine moralische Person. Empfindungen wie gut und böse, richtig und falsch, hatte er schon zu Beginn seiner Karriere abgelegt. Nach und nach verlor man in diesem Geschäft den Sinn für solche Begriffe, warf sie einfach über Bord. Was am Ende einzig und allein zählte, war das Wohl des Romulanischen Sternenreichs.
    Was war jedoch zum Wohle seines Volkes? Der Krieg, der in knapp 45 Minuten beginnen würde, war nicht zu gewinnen. Nicht gegen diese Anzahl an Völkern. Sicher, der Föderation ging es nur um die Entsetzung von Talar, doch was würden die anderen sagen? Die Gorn und nicht zuletzt die Klingonen würden einen weiteren Vormarsch gegen die Romulaner forcieren und die anderen Völker mitreißen. Auch wenn ihre Verteidigungen stark und ihre Soldaten zahlreich waren, nach und nach würde eine romulanische Kolonie nach der anderen fallen. Und nach einem langen, blutigen Konflikt würden die riesigen Flotten sich schließlich über dem Himmel von Romulus zusammenziehen. Der Leiter sah diese Ereignisse ganz deutlich vor seinen Augen. Fast schon schienen sie das Schicksal seines Volkes zu sein. Ein Schicksal, welches er mit seiner Entscheidung vor 24 Monaten heraufbeschworen hatte.
    Zum Wohle des romulanischen Volkes!
    Dieser Gedankengang schoss ihm wieder und wieder durch den Kopf. Solange, bis er abermals eine Entscheidung traf.

    Auf der Brücke der Monitor herrschte eine gelassene Betriebsamkeit, jeder wusste, was er zu tun hatte. Die Führungsoffiziere hatten sich im hinteren Bereich der Kommandozentrale versammelt und blickten auf einen Bildschirm, der ihnen Diagramme der Flotten zeigte. Jeder einzelne von ihnen war in Sorge angesichts dessen, was ihnen bevorstand, doch sie hatten eine Aufgabe zu erfüllen. Nur wenn sie alle konzentriert zusammenarbeiteten, würden sie heil aus dieser Sache herauskommen.
    „Bisher haben uns die Romis noch nicht entdeckt,“ erklärte Matt Price und deutete auf den gegnerischen Verband. „Wir müssen zu Beginn des Kampfes einen schnellen taktischen Vorteil erzielen, der sie massiv schwächen soll.“
    „Und wie stellst du dir das vor?“ war die logische Frage Arena Telloms.
    „Bisher sind wir noch nicht entdeckt worden, oder?“
    „Nein, wir sind immer noch unbekannt,“ antwortete Ardev und verschränkte seine Arme vor der Brust.
    „Gut. Dann werden wir uns vor das romulanische Flaggschiff positioniert und in dem Moment, wo der erste Schuss fällt, uns enttarnen und ihre Brücke zerstören. Damit erledigen wir ihren Befehlshaber und ihre Hauptlinie sollte im ersten Chaos zusammenbrechen.“
    Fähnrich Locarno runzelte nachdenklich seine Stirn.
    „Wir sollen uns so weit in die romulanische Flotte hineinbewegen? Selbst wenn wir unser Ziel erreichen, wir wären ein gefundenes Fressen für die restlichen Schiffe.“
    „Dann brauchen wir einen Piloten,“ erklärte Price ernst, „der irrsinnige Haken schlagen kann und uns zurück zu unserer Flotte bringt.“
    Plötzlich piepte die Einsatzstation laut. Ardev wandte sich sofort an seine Kontrollen und erklärte nach einigem Zögern:
    „Wir empfangen auf allen Kanälen eine offene Nachricht von Romulus.“
    „Empfangen alle Schiffe sie?“ fragte Price, der sich auf seinen Kommandantenstuhl schwang.
    „Ja, alle können sie sehen.“
    Unmittelbar im Anschluss an diese Erklärung erschien das Gesicht eines alten Romulaners auf dem Schirm. Matt kannte ihn nicht, doch irgendwie hatte er eine Vorahnung wer dies sein könnte. Eine Vorahnung, die bestätigt wurde.
    „Hier spricht der Leiter der Abteilung Blau des Tal Shiar,“ erklärte der alte Romulaner mit durchdringender Stimme. „Sie kennen mich nicht, dennoch existiere ich und ich habe eine Ankündigung zu machen... zum Wohle des Volkes.“
    In allen Kommandozentralen, auf allen Schiffe egal welchen Volkes, verstummten die Arbeiten und man wandte sich den Bildschirmen zu. Auch Admiral Lerok war erstaunt. Natürlich hatte er schon öfters Gerüchte über diese ominöse Abteilung Blau gehört, doch nie hatte er an sie geglaubt. Handelte es sich hier um einen neuen Trick?
    Als ob man seine Gedanken lesen konnte, erklärte ein Zenturion:
    „Die Übertragung ist echt, Admiral, sie kommt von Romulus.“
    Und im Anschluss erklärte der Leiter alles. Er erzählte von dem Bombenattentat, der Manipulation der Beweise und wie sie einen Krieg gegen Talar verursacht hatten. In allen Details schilderte er seine Rolle bei der Sache und nicht zuletzt, wie seine Nummer 1 übergelaufen war.
    „Die Informationen, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind,“ erklärte der alte Romulaner mit nun zittriger Stimme, „sind echt. Der Krieg gegen die Talarianer basierte auf Lügen und demzufolge ist auch die Besatzung des Planeten unrechtmäßig. Unser Volk handelte in dem Glauben sich zu verteidigen, doch stattdessen waren wir die Aggressoren. Ich übernehme die volle Verantwortung für diese Sache und werde mich dem Senat stellen. Meine Intention war es unserem Volk zu helfen; ich wollte es stärker machen. Noch weniger möchte ich, dass es in einem gigantischen Krieg vernichtet wird.“
    Mit offenem Mund starrte Price auf den Hauptschirm, dann zu Ardev, der wie wild Befehle tippte.
    „Alle romulanischen Schiffe funken nach Romulus,“ erklärte der Andorianer „da ist die Hölle los. Die meisten Kommandanten bitten um Bestätigung der Informationen, andere wollen neue Einsatzorder haben.“
    „Wenn wir jetzt angreifen,“ schlug Danny Bird vor, „können wir sie überraschen. Sie rechnen nicht mit uns!“
    „Nein! Auf keinen Fall feuern!“ befahl Price energisch und dachte angestrengt nach. Was war dies eben gewesen? Ein Trick oder ernstgemeint? Minuten verstrichen, an Bord jedes Schiffes wurden hektisch Informationen geprüft.
    Auch Selina Kyle wartete auf eine Reaktion. Die Ansage war überraschend für alle, doch in ihrer Konsequenz nur logisch. Der Leiter der Abteilung Blau wollte sein Volk nicht zerstört wissen und versuchte daher einen Konflikt zu verhindern. Hatte er sich am Ende doch eines besseren besonnen?
    Der Waffenoffizier der Community wandte sich an seine Kommandantin. In seinem Gesicht spiegelten sich Freude, Erleichterung und Überraschung wieder.
    „Die Romulaner deaktivieren ihre Waffensysteme,“ erklärte er fast schon eine Spur zu überschwänglich, „und lösen ihre Formationen auf. Sie bleiben zwar im System, aber geben ihre Kampfstellungen auf.“
    Kyle konnte nicht glauben, was sie eben hörte?
    „Ist das ihr Ernst?“
    „Ja! Scheinbar haben die Romulaner eine Transmission von ihrer Heimatwelt erhalten... scheint so, als wollen sie heute keinen Krieg riskieren.“
    Erleichtert und geschafft von dem enormen psychischen Druck, ließ sich Selina in ihren Sitz sinken. War es dies tatsächlich gewesen? Eben noch hatten sie an der Schwelle zur Hölle gestanden und nun sollte es einfach so vorbei sein. Manchmal schien das Universum doch simpel gestrickt zu sein.
    „Befehlen sie unserer Flotte,“ erklärte sie nicht ohne Stolz, „die Kampfformationen aufzulösen und am äußeren Rand des Systems zu bleiben. Und falls die Klingonen oder sonst irgendwer Zicken machen sollte, bekommt es mit mir zu tun!“
    „Ja, Ma´am!“ bestätigte der Offizier grinsend und gab sofort die Befehle weiter.
    Sie hatten es tatsächlich geschafft. An Bord der Community wie auch der Monitor brach ein verhaltener Jubel aus. Und irgendwie konnte sich niemand dem Eindruck verwehren, dass viele Romulaner ganz ähnlich empfanden.

    Die Erklärungen des alten Mannes waren in der Tat mehr als ausführlich gewesen. Mittels seiner präzisen Angaben und natürlich den Anzeigen des Tricorders war es ein leichtes Gewesen die Unterkunft der Angreifer ausfindig zu machen. Es handelte sich um ein schlichtes Haus aus Holz und einem Strohdach, welches bemerkenswert zentral in der Stadt lag. John hatte erwartet solche Männer eher außerhalb des Sichtbereichs der einfachen Bürger anzutreffen, doch diese Reise war scheinbar für jede Menge Überraschungen gut.
    „Dies muss das Haus sein, welches der alte Mann gemeint hat,“ meinte Cicero überflüssigerweise und deutlich war ihm anzusehen, dass er darüber nachdachte, was nun zu tun sei. „Sollen wir die Bullerei informieren?“
    Für einen winzigen Moment schmunzelte der falsche Mönch, als er den altertümlichen Begriff für Polizei wahrnahm. Doch schon im nächsten Moment fing er sich wieder und konzentrierte sich auf die vor ihm liegende Aufgabe. Sollten die Informationen und seine Vermutungen korrekt sein, so bot sich ihm nun die Gelegenheit die Zukunft wesentlich zu verändern. Was für eine Last, die nun auf seinen Schultern ruhte! Kurzzeitig fragte sich der Captain, ob er da das richtige tat. Ob man die Vergangenheit verändern durfte.
    Doch für Zweifel und Ängste war es nun zu spät. John befand sich im Hier und Jetzt, bald würde ihn das Shuttle zurückholen und die Zeit wurde immer knapper. Schließlich fühlte er sich bereit für den finalen Kampf.
    „Bleibt außer Sichtweite, Cicero!“ wies der Mönch ihn an. „Ich werde hinein gehen!“
    Der Gesichtsausdruck des Wirts nahm seine Aussage vorweg.
    „Sind sie verrückt, Bruder Tuck? Da drin sollen sich gemeine Räuber befinden, die nicht davor zurückschrecken werden Gewalt anzuwenden. Vielleicht haben sie einen Knüppel oder eine ähnliche Waffe dabei.“
    „Möglicherweise werden sie sich scheuen einen Diener Gottes zu attackieren.“
    „Sie haben schon einmal bewiesen, dass nicht einmal dies sie abschreckt,“ entgegnete Cicero und Lewinski war fast schon gerührt über die ehrliche Sorge des Wirts.
    „Macht euch keine Gedanken,“ beruhigte er ihn, „mir wird nichts geschehen. Ich habe Erfahrung mit solchen Fällen. Bleibt aber in Deckung. Einverstanden?“
    Schweren Herzens nickte der Wirt und blieb demonstrativ an der Seitenwand des Hauses stehen.
    Keine Zeit verlierend betrat John das Gebäude durch ein Seitenfenster und konnte aufgrund der Geräusche innerhalb des Hauses feststellen, dass sich niemand im Erdgeschoss befand. Von oben, ein Stockwerk über ihm, erklang lautes Stimmengewirr, Gelächter und gelegentliches Klirren. Nur zu gut konnte Lewinski den Ursprung dieser Geräusche einordnen. Es fand eine Feier statt oder einfacher ausgedrückt, ein Besäufnis. Mehrere Personen betranken sich und hatten schon mehrere Bier intus.
    Eine gute Sache für ihn, denn so würden die Gesuchten träger und abgelenkter sein. Kurz blickte er sich um, ob ihn niemand beobachtete und dann zückte er seinen Phaser.
    Erst jetzt wurde ihm klar, dass er absolut keinen Plan darüber hatte, was er eigentlich vorhatte. Diese ganze Zeitreise war spontan geschehen und war insgesamt schlecht ausgeführt worden. Würde er nun die Treppe hochgehen und die Männer, die sich vermutlich oben befanden, erschießen? Oder sollte er sie betäuben? Falls letzteres in Kraft treten sollte, wo dann hin mit den Personen?
    Die Zweifel nagten an John stärker als je zuvor. Er fühlte sich an eine Situation vor drei Jahren erinnert, in der er einen Agenten von Sektion 31 tötete, nur um seine Spur zu verwischen. Möglicherweise müsste er nun abermals zu solch drastischen Maßnahmen greifen und die Personen, die sich hier im Haus befanden, liquidieren. Anscheinend würde dies den Preis für die Freiheit und das Ende von Sektion 31 darstellen. Schweren Herzens entschloss sich der Captain für die endgültige Lösung.
    Die alte Holztreppe knarrzte fürchterlich, als er nach oben ging, doch aufgrund des Lärms des Feiernden wurde er nicht gehört. Angespannt umklammerte er seinen Phaser und lugte in das Zimmer mit der Geräuschquelle hinein. Der Blick war kurz gewesen, doch deutlich hatte er drei Personen erkennen können, die an einem eckigen Tisch saßen und einen Bierkrug nach dem anderen leerten. Ein letztes Mal zögerte John, dann stürmte er mit gezückter Waffe in den Raum.
    Und erschrak. Anstatt böse Gestalten mit Welteroberungsplänen vorzufinden, sah er drei junge Männer vor sich. Nein, Männer war das falsche Wort, vielmehr handelte es sich um Kinder. Zwar aus dem schulpflichtigen Alter heraus, aber noch nicht im Berufsleben angommen.
    Studenten.
    Verwirrt, so als sähen sie eine Traumgestalt vor sich, blickten die drei jungen Menschen den falschen Mönch an. Den Phaser in seiner Hand schienen sie kaum zu beachten, konnten ihn ja auch nicht zuordnen.
    Dann erhob sich einer der Studenten.
    „Hey! Ich kenne ihn!“
    Seine Zunge war lallend, seine Aussprache undeutlich, dennoch hatte John jedes Wort verstanden. Man hatte ihn also erkannt! Doch in diesem Zustand war keiner der drei Männer eine Gefahr für ihn. Sollten diese Personen etwa der Ursprung der Illuminaten sein? John hatte seine gesamte Ermittlungen auf diesen Punkt konzentriert und nun schien er sich geirrt zu haben. Nicht die Gründerväter einer mysteriösen Organisation schienen verantwortlich für die Überfälle zu sein, sondern eine harmlose Gruppe von Studenten. Jugendliche, die sich sehr wohl um den rechtlichen Sonderstatus bewusst waren, den sie als Studierende besaßen. Denn zu jener Zeit unterstanden sie nicht der juristischen Gewalt der Städte oder Fürsten, sondern einzig und allein ihren Unis. Aufgrund dieser Rechtslage war es für diese Lernenden ein leichtes, sich daneben zu benehmen. Ein Fall, der im 12. Jahrhundert überaus häufig aufgetreten ist und den John nie bedacht hatte. Geschlagen senkte John die Waffe, steckte sie wieder ein und raunte:
    „Greift niemals mehr jemanden an, sonst geschieht euch noch etwas!“
    Der Student, der aufgestanden war, weitete überrascht die Augen, sagte jedoch nichts. Vermutlich war er so betrunken, dass er schon in wenigen Minuten nicht einmal mehr wissen würde, ob sich jemand in seinem Haus befunden hatte. Frustriert und kraftlos wankte Lewinski die Treppe runter, ließ die feiernde Gruppe allein. Die ganze Mission war gescheitert, der Anhaltspunkt fehlerhaft gewesen. Zu wenig Zeit stand für eine neuerlich Ermittlung zur Verfügung und schon bald würde das Shuttle ihn automatisch zurückholen.
    Auf der Straße empfing ihn ein verwirrter Cicero.
    „Da seid ihr ja wieder und es geht ihnen gut!“ rief er überrascht aus. „Wissen wir nun, wer die Angreifer sind?“
    „Ja,“ murmelte John niedergeschlagen und wies den jungen Wirt an, alles der Polizei zu melden. Alles war umsonst gewesen und Jellicos Informationen falsch. Wieder einmal hatte ihn der alte Mann reingelegt.

    Abermals befand sie sich völlig allein im Labor. Alle anderen Mitarbeiter hatte Stella Tanner hinausgeschickt, um ganz allein mit ihrem Experiment zu sein. Mit ihrem Nathan. Mit fast schon ehrfürchtigen Schritten trat sie auf die gewaltige, glasige Kammer zu, in der sie ganz deutlich den Körper des ehemaligen Kopfes von Sektion 31 erkennen konnte. Inzwischen hatte der Klon sein Endstadium erreicht, er war vollkommen ausgewachsen und bereit, aus seinem Tiefschlaf zu erwachen. Zögerlich trat die menschliche Frau vor die Scheibe und betrachtete das Gesicht von Nathan Sloan. Es wirkte makellos, noch nicht von den Verunreinigungen und Anstrengungen des Lebens gezeichnet. Auf eine seltsame Art und Weise wirkte dieser Klon attraktiver als das Original. An sich kein Wunder, denn dieses Lebewesen hatte noch keine Sekunde gearbeitet oder sich abrackern müssen. Doch dieser Moment würde schon bald da sein.
    Zärtlich hob Stella eine Hand und berührte die Glaskammer, an der Stelle, wo sein Gesicht war. Noch fühlte sich das Glas kalt an, doch schon in wenigen Minuten würde dieser gesamte Körper zum Leben erwecken. Was für ein großer Tag dies doch war! Stella musste sich alle Mühe geben, um bei diesen Zukunftsaussichten nicht zu zittern. Zu groß schievn die Verheißung des Sieges auf ihr zu lasten. Noch vor knapp zwei Jahren, als Edward Jellico sie in Emden auf der Erde hatte festnehmen können, hatte es nach der endgültigen Niederlage der alten Sektion 31 ausgesehen. Doch mit ihrer Flucht und spätestens nach dem Mord an seiner Familie hatte Tanner einen erbarmungslosen Krieg vom Zaun gerissen, der nun bald eine radikale Wendung nehmen würde. Mit Nathan Sloan an der Spitze würde die alte Ordnung mit Sicherheit wieder hergestellt werden.
    Im Eingang zum Labor stand Jozarnay Woil und betrachtete die ganze Szene. Er traute sich nicht gänzlich einzutreten, sondern hielt sich im Hintergrund und gab seiner Liebsten diesen Moment der Intimität. Er fühlte keine Eifersucht oder dergleichen, sondern einfach nur Stolz. Stolz darauf, bei diesem Moment, der die Galaxie verändern würde, dabei zu sein. Ihr aller Schicksal würde sich bald ändern.
    Und dann geschah es. Der Moment war so unfassbar, dass Stella zurückschreckte und überrascht auf die Klonkammer blickte: der Klon öffnete seine Augen und blickte sie an. Nathan Sloan erwachte zu neuerlichem Leben. Ganz schwach, aber erkennbar zeichnete sich die Erinnerung in seinem Blick ab. Ein Beweis dafür, dass auch die Erinnerungstransfers funktionierten. Der gesamte Quadrant würde sich verändern und im Angesichte dieser Erwartung zitterte Stella. Langsam öffnete der Klon seinen Mund, schien etwas sagen zu wollen, doch aufgrund der Lauge, in der sein gesamter Körper eingebettet war, konnte er nur etwas unverständliches brabbeln. Doch dieses Geräusch war Erfolg genug. Stella lächelte.
    Ihre letzte Geste, bevor ihr Leben von mehreren Quantentorpedos ausgelöscht wurde, die die Dominionkloneinrichtung trafen und innerhalb von Sekunden zerstörten. Ihre Existenz, ihre Hoffnungen und Träume, zerstoben in einem einzigen Moment. Sie selbst bemerkte das Ende ihrer Existenz gar nicht, im Gegensatz zu Jozarnay Woil, der noch die Gelegenheit hatte zu beobachten, wie die Frau, die er liebte, verbrannte. Alle an Bord starben augenblicklich, inklusive des gerade erst erwachten Klons. Die Rückkehr Nathan Sloans war kurz gewesen, sein Leben kam einem einzigen Wimpernschlag gleich.
    Abgefeuert waren die Waffen von einem klingonischem Bird of Prey geworden, der sich nach dem Angriff augenblicklich wieder tarnte und Kurs in Richtung Heimat setzte. Auf der Brücke des Schiffes befanden sich keine Klingonen, sondern Agenten der Sektion 31 und inmitten von ihnen der Kommandant: Edward Jellico.
    Dieser nickte zufrieden. Endlich hatte er Rache nehmen können für den Mord an seiner Frau und seinem Sohn. Zwar war es ihm nicht möglich gewesen Stella mit eigenen Händen einen langsamen, qualvollen Tod zu bereiten, wie er es ursprünglich geplant hatte, doch nun hatte er auch so sein Ziel erreicht. Man musste Prioritäten im Leben setzen.
    Schon im nächsten Moment wurde der Gefangene von zwei Wachen auf die Brücke geschleift und Jellico vor die Füße geworfen. Sofort verlagerte der ehemalige Admiral seine Konzentration von der Erlangung des Sieges auf den nächsten Punkt. Mit grimmiger Befriedigung betrachtete er den Antosianer.
    „Mr. Woil,“ begrüßte er ihn süffisant, „schön, dass wir den Beamvorgang rechtzeitig einleiten konnten.“
    In diesem Moment wurde Jozarnay die bittere Wahrheit bewusst. Seine Frau, Stella Tanner, war tot. Edward Jellio hatte sie also endgültig getötet. An ihrem Ende konnte kein Zweifel bestehen, direkt vor seinen Augen war sie in einem Feuerball verendet. Die Liebe, die er so sehr vermisst und schließlich gefunden hatte, war wieder fort. Kraftlos versuchte er Jellico anzugreifen, doch er schaffte es nicht. Nicht nur die Wachen behinderten ihn, sondern auch seine Kraftlosigkeit, die vom Verlust herrührte.
    „Wie… haben sie uns… gefunden?“ fragte der ehemalige Chefingenieur atemlos.
    Auf diese Erklärung freute sich der Verschwörer am meisten, denn sie würde Woil nur noch mehr die Tragweite seines Versagens bewusst machen.
    „Sie hätten mich damals töten soll, als sie die Gelegenheit dazu hatten. Auf der Erde gab es für sie den perfekten Moment und haben es dennoch nicht hinter sich bringen können. Dachten sie etwa, ich würde sie laufen lassen?“ Die Frage Jellicos schien eher rhetorischer Natur zu sein. „Ich habe an ihnen bzw. ihrem Raumschiff einen Sender platziert, ohne dass sie es gemerkt haben. So haben sie mich direkt zu Stella und ihrem Versteck geführt. Einige Monate lang ließ ich sie in Sicherheit wiegen und wartete den perfekten Moment ab. Und welcher Augenblick war besser als kurz vor ihrem Triumph?“
    Zynisch grinste Edward und bedeutete den Wachen mit einer einfachen Handbewegung den Gefangenen wegzubringen. Er hatte ein gefährliches Spiel heute gespielt und in allen Punkten gewonnen. Nun war der Weg endgültig frei für ihn. Nun hieß es schnell zur Erde zurückzukehren, denn Edward hatte noch einen wichtigen Termin vor sich. Immerhin sollte man den Präsidenten der Föderation nicht warten lassen; ganz besonders nicht, wenn dieser einen zum neuen Justizminister ernennen wollte.
    Und was Woil anging: für ihn hatte er noch ganz besondere Pläne!

    Natürlich verbreitete sich die Nachricht vom Abzug der Romulaner nur sehr langsam auf dem Planeten und in ihrer Überschwenglichkeit waren die Talarianer vermutlich etwas zu voreilig. Immerhin würde es noch Wochen dauern, bis der letzte romulanische Soldat die verwüstete Welt Talar verlassen hatte. Doch wer konnte ihnen diese Empfindungen verdenken. Ein Jahr lang hatten sie am Existenzminimum gelebt, inmitten von Ruinen gehaust und versucht den Widrigkeiten des nuklearen Winters entgegen zu treten. An einen Sieg über die verhassten Besatzer hatten, trotz der zahlreichen Übergriffe des Widerstands, nur noch wenige geglaubt.
    Doch auf einmal war dieser Tag gekommen. In allen Kasernen begannen die Romulaner mit dem Abberufen von Posten, dem Verpacken von Ausrüstung und Transportflügen in den Orbit. Scheinbar wollten sie so schnell wie möglich diese Welt verlassen, die sie fast in einen weiteren Krieg gestürzt hatte. Die Straßen, einst voll von romulanischen Patrouillen, waren plötzlich ausgestorben. Es dauerte seine Zeit, bis sich talarianische Zivilisten wieder hervortrauten und eine veränderte Situation bemerkten. Plötzlich schienen sie wieder Herr über ihr eigenes Schicksal zu sein, Schmiede ihres eigenen Glückes.
    Eigentlich wäre dies die letzte Aktion vor dem Abzug gewesen, doch die Besatzer wollten die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen und holten eiligst die Flagge des Romulanischen Sternenreichs nieder, die seit über einem Jahr auf den Trümmern des talarianischen Oberkommandos wehte. Von hier aus, dem ehemaligen Zentrum des talarianischen Volkes, hatten die Besatzer regiert. Nun würde von hier aus eine neue Zukunft für das einst so stolze Volk beginnen. Noch gab es keine neuerliche Regierung und möglicherweise standen dem Planeten weitere, ernsthafte Probleme bevor. Die Ernten fielen aus, immer noch herrschte eine miserable Gesundheitsversorgung und ein Bürgerkrieg wäre nur die logische Konsequenz des Machtvakuums.
    Doch eines würde gewiss sein: egal wie die Zukunft auch aussah, die Talarianer würden zumindest wieder frei sein.

    Niedergeschlagenheit und Frustration, dies waren am ehesten die Beschreibungen, die John Lewinskis Gefühlswelt beschrieben. Alles, was er in den letzten Stunden riskiert und versucht hatte, es war umsonst gewesen. Zu Beginn seiner Zeitreise hatte er gehofft Sektion 31 noch vor ihrer Entstehung zerstören zu können. So viele Indizien hatten auf einen Zusammenhang zwischen den Mythen rund um die Illuminaten und Sektion 31 hingewiesen. Doch all diese Theorien hatten sich am Ende als falsch herausgestellt. Oder sie trafen zwar zu, doch John hatte an der falschen Stelle gesucht. Wie auch immer, er hatte sich selbst geschworen nur einen einzigen Versuch zu wagen und diesen hatte er verpatzt. Weitere Zeitreisen, die ohnehin nicht vom Sternenflottenoberkommando abgesegnet worden waren, würden nur zu weiteren möglichen Fehlern führen. Ob John die Zeitlinie durch sein Auftauchen verändert hatte, wusste er noch nicht. Zumindest hatte er alle Anstrengungen unternommen, um dieses zu verhindern.
    Nachdem er aus dem Haus der angetrunkene Studenten gekommen war, war John zu Ciceros Haus zurückgekehrt. Dort hatte er sich von dem jungen Wirt verabschiedet, ihm alles Gute für die Zukunft gewünscht und hatte ihn verlassen. Zu schade, dass er niemals erfahren würde, was aus dem Mann geworden ist. Über eine einzelne Person aus dem Mittelalter würde es ganz bestimmt keinerlei Aufzeichnungen in den Datenbanken geben. Selbstverständlich war Cicero mehr als überrascht über das so plötzliche Aufbrechen seines Gastes gewesen, doch er hatte seine wagen Erklärungen akzeptiert. In seiner Zeit waren Mönche egozentrische, einzelgängerische Menschen, die ihren Weg gingen und genauso wollte Bruder Tuck in Erinnerung behalten werden. John hatte sich in eine dunkle Seitengasse begeben, ganz entschieden darauf geachtet von niemanden beobachtet zu werden und im Anschluss war der Rückholmechanismus des Shuttles in Kraft getreten. Binnen weniger Sekunden befand sich Lewinski wieder an Bord und er konnte sich wieder auf den Rückweg in das 24. Jahrhundert machen. Die Rückreise war nicht minder anstrengend wie der Hinweg, doch John war sich sicher die Strapazen noch einmal überstehen zu können. Viel schlimmer als der Schmerz der Zeitreise lastete die Pein des Versagens auf ihm.

    Noch ganz unter den Eindrücken dieses Tages stehend, hatten sich Arena und Ardev, das einzige Ehepaar des Raumschiffs, an einen ruhigeren Ort zurückgezogen. Beide schauten aus einem Fenster auf die Sterne hinaus, bewunderten das Panorama und die friedliche Ruhe, die von den Jahrtausende, wenn nicht gar Millionen Jahre alten Lichtern ausging. Was mochten diese Welten erlebt haben, was waren ihre Geschichten? Diese Frage schoss den beiden unwillkürlich bei diesem Anblick durch den Kopf. Nach der ganzen Hektik war es schön, wieder etwas Stille genießen zu können. Außer ihnen war niemand in diesem Raum und außer ihrem gleichmäßigen Atem waren nur die normalen Umgebungsgeräusche des Schiffes zu hören.
    „Ich bin froh, dass es nicht so weit gekommen ist,“ meinte Lieutenant Ardev schließlich.
    Der Andorianer brauchte nichts weiteres zu sagen. Auch so verstand seine Frau nur zu gut, worauf er hinauswollte. So nah an der Schwelle eines neuen Krieges hatten sie seit Jahren nicht mehr gestanden und dieses Mal wäre es fast zum Unvorstellbaren gekommen. Nicht auszudenken, was ein Konflikt in einer solchen Größenordnung mit der Galaxis angerichtet hätte. Und was wohl aus ihrer beider Leben geworden wäre, konnte man erst recht nicht mit Deutlichkeit sagen. Möglicherweise wären sie nun schon nicht mehr am Leben oder sogar noch schlimmeres. Es war eine Gnade des Schicksals, dass ihnen eine solche Zukunft erspart geblieben ist.
    Schließlich ergriff Arena Tellom noch einmal das Wort.
    „Da ist es noch etwas,“ meinte sie mysteriös und kramte in einer Tasche ihrer Uniform. Sie brauchte etwas, um den scheinbar kleinen Gegenstand zu finden, dann holte sie das kleine, glänzende Objekt hervor. Mit einer zärtlichen Geste ergriff sie die Hand ihres Mannes, drückte ihm das kleine Ding in seine blaue Pranke und verdutzt blickte Ardev auf das kleine Geschenk. Es handelte sich um einen goldenen Rangpin.
    Es dauerte einig Zeit, bis er begriff, was es mit dieser Sache auf sich hatte und Arena lächelte.
    „Du solltest einmal dein Gesicht sehen,“ feixte sie und spielte damit auf seinen verwirrten Gesichtsausdruck an. „Der Captain wird es noch offiziell machen… wenn er denn mal Zeit hat. Jedoch war er der Ansicht, dass du jetzt schon zu deinen Ehren kommen solltest, gewissermaßen als Vorgeschmack. Herzlichen Glückwunsch, Lieutenant Senior Grade!“
    Nun endlich begriff der Andorianer und wusste nicht, was er sagen sollte. Seit seiner letzten Beförderung waren tatsächlich schon fünf Jahre vergangen und nun hatte er eine weitere Sprosse in der Karriereleiter erklommen. Was für ein schöner Moment.
    „Damit stehe ich mal wieder über dir!“ entgegnete Ardev und lächelte.
    „Gewöhn dich besser nicht daran!“ war die kecke Erwiderung seiner Frau. „Ich werde noch vor dir ein Schiff kommandieren, du wirst schon noch sehen!“
    Lachend legte Ardev seinen Arm um die Schultern der Terellianerin und genoss diesen Moment. Ein toller Tag. Für sie alle!

    Geschafft und ermattet von diesem harten Tag schlenderten die beiden wichtigsten Männer an Bord der Monitor durch die Gänge zu ihren Quartieren. Captain Lewinski und Commander Price legten dabei kein besonderes Tempo an den Tag, ließen sich stattdessen viel Zeit. Der Halbbetazoid deshalb, weil er müde war und der Kanadier aufgrund seiner Niedergeschlagenheit. Vor kurzem war er von seiner Zeitreise wiedergekommen und hatte von den Ereignissen in der Zwischenzeit erfahren. Die Nachrichten hatten ihn erfreut, konnten jedoch seine Enttäuschung über die gesamte Zeitreisemission nicht verbergen.
    „Wie wird es nun weitergehen?“ fragte Matthew und gähnte.
    „Die Föderation hat angeboten,“ erklärte John und quetschte sich durch eines der kleinen Schotts des Schiffes, „Friedenstruppen auf Talar zu stationieren, um ein Chaos nach dem Abzug der Romulaner zu verhindern. Aber wie ich den Stolz der Talarianer kenne, werden sie es ablehnen.“
    „Nach einem Jahr der Fremdherrschaft wäre dies nur verständlich.“
    Zustimmend brummte Lewinski. Natürlich wären diese beiden Fälle nicht miteinander vergleichbar gewesen, er wusste jedoch ganz genau, worauf der erste Offizier hinauswollte.
    „Es wird alles auf einen Bürgerkrieg hinauslaufen,“ resümierte der Kommandant nachdenklich.
    „Vielleicht überrascht uns ja dieses Volk.“
    „Die Geschichte ist unausweichlich,“ murmelte Captain Lewinski scheinbar mehr zu sich selbst denn zu seinem Stellvertreter. Dieser schwieg für einen kurzem Moment, überlegte, ob er dieses Thema ansprechen sollte und entschied sich schließlich dafür. Nicht nur aus Interesse ihres Kampfes wegen, sondern auch weil er sich um den Captain Sorgen machte.
    „Wie ist ihre Zeitreise verlaufen? Haben sie etwas bewirkt?“
    Nachdenklich blickte Lewinski gen Decke und tat etwas, was zu der derzeitigen Situation nicht zu passen schien: er lächelte.
    „Die Zukunft scheint sich nicht verändert zu haben. Es ist alles noch so wie vor meiner Abreise. Ich habe die Datenbanken des Schiffes überprüft und nach Veränderungen gesucht, aber keine gefunden. Meine Zeitreise war unnütz. Jellico muss sich geirrt haben.“
    Dies waren Johns letzte Worte gewesen, bevor sie bei seinem Quartier ankamen und er darin verschwand.
    Kurz dachte der Kommandant noch über die Ereignisse der letzten Stunde nach. Und schon im nächsten Moment lief es ihm siedend heiß den Rücken runter. Fast schon panisch kontrollierte er die Ausrüstung, die er bei seinem Ausflug durch die Zeit dabei gehabt hatte. Ein Tricorder, ein Phaser… und sonst nichts. Da fehlte etwas! Entnervt ließ sich John auf den Stuhl in seinem Quartier fallen. Dies durfte doch einfach nicht wahr sein! Das Padd fehlte. Vermutlich hatte er es in der Vergangenheit vergessen. Nur zu gut konnte er sich vorstellen, wann dies geschehen war. Möglicherweise als Cicero ihn in seine Wohnung gebracht hatte.
    Matt ging ebenfalls in seinen Privatraum, der sich gleich daneben befand und begann seine Uniformjacke abzulegen. Das Bett wirkte so einladend und gemütlich; am liebsten hätte er sich gleich darauf gelegt. John hatte zu viel Vertrauen in den jungen Mann gewonnen, als dass er glaubte, der Wirt hätte ihn bestohlen. Dennoch hatte er das kleine Padd mit den Aufzeichnungen seiner Mission verloren.
    War jedoch ein Schaden entstanden? Selbst wenn jemand das Gerät fände, so könnte es niemand bedienen, geschweige denn die Sprache verstehen. Immerhin konnte niemand im 12. Jahrhundert auf der Erde Englisch, zumindest nicht in Italien. Seine Gleichgültigkeit war fast schon fahrlässig, doch John war es egal. Die Sache behielt er am besten für sich und erzählte niemanden davon. Hätte dieser Verlust irgendetwas in der Zeit verändert, so hätte er es sicher schon längst bemerkt. Einmal mehr fragte sich Captain Lewinski, was aus ihm geworden war. Erst lieferte er geheime Dokumente an die Presse aus, dann kümmerte ihn nicht mehr ein Verlust von Material in der Vergangenheit. Was hatte dieser Beruf nur aus ihm gemacht?
    Jemand hatte etwas dagegen, dass der Halbbetazoid zu seinem Ruhebedürfnis kam, denn seine Türklingel schellte. Kurzzeitig überlegte Matt Price, ob es sich überhaupt lohnte zu öffnen. Möglicherweise war es jedoch Elisabeth und wollte etwas Zeit mit ihm verbringen und so erteilte er dem Computer dem Befehl zum Öffnen. Schon im nächsten Moment wendete sich jedoch die Situation. Matthew verlor augenblicklich seine Müdigkeit, als er Selina Kyle vor seinem Quartier erkannte. Und noch viel unglaublicher war das kleine Wesen, welches sie auf ihrem Arm trug.
    Seine Tochter. Endlich.
    „Unsere beiden Schiffe,“ erklärte seine Imzadi und lächelte unglaublicherweise, „sind noch für einige Zeit in dem Gebiet, um den Abzug der Romulaner zu überwachen und da dachte ich… deine Tochter braucht dich.“
    Diese Erkenntnis war wichtiger als alles andere. Gerührt, fast unter Tränen, bat er seine ehemalige Verlobte in das Quartier und nahm zum aller ersten Mal seit einem Jahr seine Tochter Yasmin wieder in die Arme. Sie wirkte noch zierlicher als auf den Bildern. Zerbrechlicher und noch weitaus schöner als in seinen kühnsten Träumen. Mit ihren großen Augen musterte sie irritiert den Mann, der sie auf dem Arm und trug und Matt konnte sein Glück gar nicht fassen. Dies war wahrlich der schönste Moment dieses langen Jahres.

    In der Vergangenheit, genauer gesagt im 12. Jahrhundert n. Chr., wanderte Cicero unruhig durch seine inzwischen leere Schänke. Die Ereignisse der letzten beiden Tage waren äußerst verwirrend für ihn. Erst tauchte ein Mönch wie aus dem Nichts aus, war auf der Suche nach einem Laurentis. Dann wird dieser niedergeknüppelt, er nimmt ihn bei sich auf und gemeinsam machen sie beide sich auf die Suche. Wonach sie beide eigentlich gesucht hatten, dies wusste Cicero bis heute nicht. Nachdem sie das Haus der jugendlichen Studenten betreten hatten, war der Mönch ebenso plötzlich wieder verschwunden, wie er gekommen war. Wohin, darüber konnte der Wirt nur spekulieren. Hatte Tuck etwa gefunden, wonach er gesucht hatte oder war er gescheitert? Möglicherweise war tatsächlich letzteres eingetreten und das Versagen hatte so schwer auf ihm gelastet, dass der Mönch so schnell wie möglich Rom wieder hatte verlassen wollen. Ob Cicero ihn jemals wieder sehen würde, dies war mehr als ungewiss.
    Was den jungen Wirt jedoch am meisten verwunderte, war der Gegenstand, den er bei dem Mönch gefunden hatte, nachdem er ihn im bewusstlosen Zustand bei sich aufgenommen hatte. Ein leuchtendes, rechteckiges Objekt in silbriger Farbe und dennoch bemerkenswert leicht. Lateinische Buchstaben waren darauf abgebildet, jedoch in einer Sprache, die selbst dem gebildeten Cicero unbekannt waren. Die Scheibe, oder was auch immer es war, war während der Behandlung der Verletzungen des Mannes aus dessen Robe gefallen und Cicero hatte die feste Absicht gehabt, ihm es wiederzugeben, aber im Eifer der Sache war es ihm entfallen. Nun war der Mönch weg und die Scheibe noch da. Ob es sich um neuartige Seite aus einem Buch handelte? Möglicherweise der Auszug aus einer fremdländischen Bibel oder ähnlichem. Lange Zeit hielt Cicero das Ding nur in den Händen, drehte und wendete es, ohne etwas damit anfangen zu können.
    Die seltsamste und unbestimmteste Kraft des Universums war jedoch der Zufall, welcher sich nicht kontrollieren oder vorhersagen ließ. Niemand, nicht einmal Captain Lewinski, hätte auch nur erahnen können, dass Cicero aus Versehen auf dem gefundenen Padd ein paar Tasten betätigte und eine vom Kommandanten der Monitor programmierte Übersetzung ins Leben rief. Eigentlich hatte er dieses Programm aufgeladen, um Schriften aus dem alten Rom übersetzen zu können. Doch nun übersetzte es den englischen Text ins lateinische. Verwirrt beobachtet Cicero, wie sich die Buchstaben auf der „Seite“ neu anordneten und nun einen Sinn ergaben. Handelte es sich hier um einen Wink des Allmächtigen? Immerhin hielt er hier den Gegenstand eines Mönches in den Händen, einem Diener Gottes. Plötzlich war alles lesbar, alle Informationen, alle Seiten. Alle Aufzeichnungen, die Edward Jellico dem Captain zur Verfügung gestellt hatte, waren nun für den jungen Mann einsehbar. Normalerweise wäre dies im Mittelalter egal gewesen. Zwar ein Bruch der Zeitlinie, jedoch keine Katastrophe. Doch John Lewinski hatte vergessen, dass Cicero des Lebens und des Schreibens mächtig war und so öffnete sich ihm ein völlig neuartiger Zugang zur Geschichte. Insbesondere der, die noch nicht geschrieben war.
    Gebannt las er von dem aufstrebenden Orden, der das Ziel hatte allen Menschen zu helfen. Detailliert war beschrieben, wie alles begann und sich diese stetig wachsende Gruppe von Menschen über die Jahrhunderte hielt, bis weit in eine unvorstellbare Zukunft. Alles, was er las, klang so fantastisch, dass Cicero es für eine schlechte Geschichte hielt. Doch Cicero packte auch der Ehrgeiz. Wäre dies, was er auf der Wunderseite las, nicht möglich? War es vielleicht nicht sogar Vorsehung, dass gerade er diese Botschaft von einem Diener Gottes erhalten hatte, welcher sich scheinbar wieder in Luft aufgelöst hatte? Welcher Ort als das heilige Rom wäre besser geeignet gewesen diese Botschaft an ihn weiterzugeben!
    Und nachdem er einige Tage darüber nachgedacht hatte, traf Cicero seine Entscheidung. Er war ein intelligenter und gebildeter Mann, der möglicherweise aus gutem Grund für diese heilige Aufgabe ausgewählt worden war; mit dem Ziel, allen Menschen zu helfen.
    Von diesem Tage an beschloss Cicero nach einem neuen Kodex zu leben und versuchen die Taten zu vollbringen, die in dieser gesegneten Botschaft beschrieben worden waren. Natürlich konnte er nicht alles erreichen, jedoch wäre es ihm möglich den ersten Grundstein zur Bildung einer solch humanistischen Gruppe zu legen. Seine Schänke wäre der ideale Ort, um in geselliger Atmosphäre die richtigen Menschen zu sammeln und in eine Gilde mit dem Namen Illuminati einzubinden.
    Am Ende beschloss Cicero die letzte Konsequenz aus der heiligen Schrift zu ziehen und begann mit seiner neuen Aufgabe. Und um noch mehr auf den Spuren des Herrn zu wandeln, beschloss er sich vom heutigen Tage an Laurentis zu nennen.
    Laurentis. Der Mann, der in der Zukunft der Menschheit das Heil bringen sollte.

    Ende
    Ende Season 6


    VON OMEGA BIS ALPHA
    based upon "STAR TREK" created by GENE RODDENBERRY
    produced for TREKNews NETWORK
    created by NADIR ATTAR
    executive producer NADIR ATTAR
    co-executice producer CHRISTIAN GAUS & SEBASTIAN OSTSIEKER
    producer SEBASTIAN HUNDT
    lektor OLIVER DÖRING
    staff writers THOMAS RAKEBRAND & JÖRG GRAMPP and OLIVER-DANIEL KRONBERGER
    written by NADIR ATTAR
    TM & Copyright © 2005 by TREKNews Network. All Rights Reserved.
    "STAR TREK" is a registered trademark and related marks are trademarks of PARAMOUNT


    Quelle: treknews.de
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    • Hallo Gast - Aufgrund des vielen Spams müssen leider ein paar Fragen beantwortet werden.

      Bitte der Reihe nach durchführen, sonst kann das Captcha nicht erfolgreich abgeschlossen werden...
      Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
      Schritt 2: und wenn es in der Nacht nicht hell ist, sollte hier der Haken raus!
      Schritt 3:

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