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...mit dem murkligen Geschmack der Sympathie
  • Voyager9 - 9x16: Flüchtlinge

    Teil 2
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    • TheOssi
    Die Föderation erwägt auf Janeways Bitte, die Borg als eigenständige Rasse mit durch andere Völker inspirierter Kultur anzusehen. Dieser entstandene Vielvölkerstaat soll, so bittet Janeway, sogar Mitglied der Föderation werden. Doch da sind nicht alle einer Meinung...

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    09x16 Voyager9 - Flüchtlinge II
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    Für besseres Verständnis lesen Sie bitte auch diese Episoden:

    9x01 - "Showdown: Dunkle Alliierte"


    9x06 - "Geplante Vernichtung"


    9x07 - "Geplante Vernichtung II"


    9x15 - "Flüchtlinge"



    „Haben Sie sich entschieden?“
    Diese Frage kam Janeway, Chakotay und Tuvok entgegen, als sie den großen Saal betraten. Es war nun sehr hell, ganz im Gegensatz zur kalten Stimmung im Saal.
    „Ja, dass haben wir.“
    Magnus kam auf die drei Personen zu und blieb vor Chakotay stehen. „Es tut gut, dem Mann gegenüber zu stehen, der meine Tochter geheiratet hat und die Vernichtung des Kollektivs eingeleitet hat. Magnus Hansen“, stellte sich Annikas Vater vor.
    Chakotay zögerte, setzte dann aber ein leichtes Lächeln auf und streckte dem Borg die Hand entgegen. „Chakotay.“
    Magnus tat es ihm gleich und schüttelte seine Hand. „Ich hätte diese Sitte fast vergessen.“
    „Könnten wir jetzt zum Thema zurückkommen“, drängelte Janeway.
    „Ja, natürlich. – Wie lautet ihre Entscheidung, Captain Janeway.
    „Sie und weitere ausgewählte Borg kommen an Bord meines Schiffs. Wir werden zur Erde fliegen und dort darum bitten, dass sie Mitglieder der Föderation werden. Dann sind wir befugt, mit allen moralisch und ethisch rechtfertigbaren Mitteln ihre Kultur zu schützen.“
    Magnus wollte etwas erwidern, doch plötzlich explodiert etwas und durch die Glaskuppel kamen Borg heruntergesprungen.
    „In Deckung“, rief Magnus und zu Janeway gewand, „das sind die Kollektivisten!“
    Janeway, Chakotay, Tuvok und Magnus wurden umzingelt von den – doch noch recht intakt wirkenden – Borg. Es waren fünf an der Zahl.
    Die Sternenflottenoffiziere zogen ihre Phaser und richteten sie auf die mehr an Drohnen, als an Humanoide erinnernden Wesen.
    „Senken Sie Ihre Waffen!“, befahl der Kollektivist, der offenbar den Anführer der fünf darstellte.
    Das Außenteam behielt die Phaser oben.
    „Widerstand ist zwecklos!“, fuhr der Kollektivist fort.
    „Tuvok?“, flüsterte Janeway und der Vulkanier wusste sofort, was seine Kommandantin meinte.
    „Aus strategischer Sicht“, sagte der Vulkanier, „sind die Optionen nicht gerade ermutigend. Nicht, wenn wir davon ausgehen, dass diese Borg sich an unsere Phaser anpassen können.“
    „Davon können Sie ausgehen“, warf Magnus – ebenfalls flüsternd – ein.
    Die Kollektivisten hoben nun ihre künstlichen Arme und bereiteten sich darauf vor, Nanosondenladungen auf Magnus und das Außenteam zu feuern. „Fügen Sie sich!“, verlangte der Anführer.
    „Erhalte ich die Zusicherung, dass Sie uns nicht assimilieren?“, fragte Janeway in einem selbstsicheren, fast schon befehlenden Ton.
    „Sie haben keine Wahl“, erwiderte der Anführer, mindestens ebenso selbstsicher.
    Janeway nickte ihrem Außenteam zu und die Offiziere senkten die Waffen. Plötzlich wissen sie ihre Phaser wieder hoch und eröffneten das Feuer auf die Kollektivisten. Einen von ihnen konnten sie außer Gefecht setzen, doch die anderen konnten sich dadurch an die Phaserfrequenzen anpassen.
    Tuvok schoss mit seinem Phaser auf ein großes Stück der Deckenverkleidung, direkt über den vier übrigen Kollektivisten. Krachend fiel es zu Boden und begrub zwei der Borg unter sich.
    Während die beiden anderen Kollektivisten aus dem Weg gesprungen waren, gingen das Außenteam und Magnus in Deckung eben hinter dem herabgestürzten Deckenteil.
    Janeway schlug so stark auf ihren Kommunikator, dass an dieser Stelle bestimmt ein blauer Fleck zurückbleiben würde. „Janeway an Voyager.“
    Als Antwort erhielt sie lediglich statisches Rauschen.
    „Ein Dämpfungsfeld, verdammt!“, fluchte die Kommandantin.
    Während Chakotay seinen Phaser auf die zwei verbliebenen Kollektivisten abfeuerte, stellte Tuvok an seinem die Feuerfrequenz um.
    „Wenn wir es zur Tür schaffen“, sagte Magnus zu Janeway, „können wir Hilfe holen.“
    In diesem Moment fegte eine Nanosondenlagung über sie hinweg. „Es sieht schlecht aus, wenn Sie mich fragen“, meinte Janeway.
    Tuvok feuerte seinen – nun umgestellten – Phaser auf die Kollektivisten ab und setzte einen von den beiden außer Gefecht. Übrig war nun nur noch der Anführer der Gruppe.
    Klirrend brachen weitere Teile der Glaskuppel entzwei, als elf weitere Kollektivisten durch sie hindurch in den großen Saal gesprungen kamen und sofort damit begannen, ihren Anführer zu unterstützen.
    „Und jetzt erst recht nicht mehr“, fügte Janeway ihrem Satz hinzu.
    Chakotay und Tuvok feuerten weiter auf die Kollektivisten, was diese zwar nicht mehr auffielt, sie jedoch zumindest etwas bremsen konnte.
    „Wie viel Borgtechnologie haben Sie in Annikas Körper belassen?“, wollte Magnus von der Kommandantin der Voyager wissen.
    „Ich bin mir nicht sicher“, antwortete diese. „Das meiste haben wir entfernt.“
    „Verfügt sie noch über ihren Kortikalknoten?“
    „Ja. – Sie wäre gestorben, hätten wir ihn entfernt.“
    „Gut.“
    „Was haben Sie vor?“
    „Warten Sie es einfach ab.“
    Janeway nickte und begann nun auch wieder damit, mit ihrem Phaser auf die Kollektivisten zu feuern.

    Auf der Voyager hatte Harry Kim das Kommando. In den vergangenen zwei Jahren hatte er sich an dieses Gefühl gewöhnt und nahm die Vorschriften nicht mehr zu genau. D.h., er bestand nicht mehr darauf, dass das Außenteam sich alle zehn Minuten meldete und einen Bericht bei ihm ablieferte.
    Annika hatte an der OPS Harrys Aufgaben übernommen, solange er das Kommando hatte. – Lieutenant Ayala vertrat Tuvok an der Taktischen Station und Tema’na saß wie gewohnt an der Conn. – An weiteren Stationen standen einige Crewmitglieder unterschiedlicher Ränge und Geschlechts, von denen Harry nur die wenigsten mit dem Namen kannte.
    „Wie lange dauert das denn noch?“, fragte sich Harry. – Das Außenteam war inzwischen beinahe schon 45 Minuten auf der Oberfläche und sie hatten sich noch nicht einmal gemeldet. Und langsam fing Harry an nervös zu werden.
    „Der sollte vielleicht mal Beruhigungsmittel schlucken“, sprach Tema’na flüsternd mit sich selbst.
    „Treiben Sie es nicht zu weit, Crewman“, meinte Harry, für dessen Ohren Tema’na ganz offensichtlich nicht leise genug gewesen war. – Der kommandierende Lieutenant stand aus dem Kommandosessel auf und ging zur OPS. „Annika, rufen Sie Captain Janeway.“
    Annika tat nichts. Sie stand einfach nur wie angewurzelt an der OPS-Konsole.
    „Annika!?“, sagte Harry mit etwas mehr Nachdruck.
    Wieder reagierte die Ex-Borg nicht. Sie stand weiter wie angewurzelt an ihrer Station, den Blick stur geradeaus.
    „Annika!“, hörte sie die Stimme ihres Vaters in ihrem Kopf. „Annika, hörst du mich?“
    „Ja“, antwortete sie.
    Harry, der glaubte ihre Antwort wäre auf ihn bezogen gewesen, gab nun weiter Befehle. „Rufen Sie Captain Janeway.“
    „Wir sind in Schwierigkeiten“, fuhr Magnus ins Annikas Kopf fort. „Die Kollektivisten sind eingedrungen, sie werden uns assimilieren. Wir brauchen Hilfe!“
    „Was kann ich tun?“, wollte Annika wissen.
    „Einen Kanal öffnen“, antwortete ihr Harry, der auch diese Antwort der Ex-Drohne wieder auf sich bezog.
    „Beamt uns hoch!“
    Annika gab schnell eine Reihe von Befehlen in die OPS ein. Dann gab sie eine Antwort, die sowohl auf die Bitte ihrer Vaters, als auch auf die von Harry passend war: „Es geht nicht. – Ein Störfeld wurde um den Saal errichtet.“
    Das war für Harry Grund genüg für „Alarmstufe Rot!“.
    „Dann ruft meine Leute. Sie werden uns helfen.“
    „Ich öffne einen Kanal“, nickte Annika.
    „Könnten Sie sich jetzt vielleicht mal entscheiden, Annika“, bat Harry, der nun gar nicht mehr wusste, was nun Sache war. „Geht es nun, oder geht es nicht?“
    Annika beachtete ihren Vorgesetzten gar nicht, sondern stelle eine Verbindung mit der Oberfläche her. „Voyager an den Großen Rat.“
    „Sprechen Sie Voyager“, meldete sich einer von Magnus Kollegen von der Oberfläche.
    „Kollektivisten sind in den Hauptsaal eingedrungen. Mein Vater und unsere Leute brauchen sofort Hilfe!“
    „Wissen Sie, wie viele es sind?“
    „Nein.“
    „Wir sind schon unterwegs. – Großer Rat Ende.“
    „Das Außenteam ist gefangen?“, hakte Harry nach.
    „Sie werden von Kollektivisten angegriffen“, bestätigte Annika.
    Harry dachte kurz nach. „Können wir sie raufbeamen?“
    „Nein.“
    Harry dachte weiter.
    „Die befreiten Borg wollen ihnen helfen“, versuchte Annika den Lieutenant zu beruhigen.
    „Das reicht mir nicht“, meinte Harry und hielt einen Moment inne, bevor er weiter sprach. „Crewman Tema’na, bringen Sie uns runter.“
    Die Romulanerin wandte sich überrascht von der Conn ab und sah Harry ungläubig an. „Lieutenant?“
    „Leiten Sie die Landeprozedur ein!“, wiederholte der Koreaner seinen Befehl. „Wir gehen auf Alarmstufe Blau, bereiten Sie alles vor!“

    ***


    Der Rumpf der Voyager glühte leicht, so schnell flog das Föderationsschiff durch die Atmosphäre der Borgwelt, direkt auf die Hauptstadt der befreiten Borg zu.

    Mit einem großen Knall explodierte der Haupteingang des Großen Saals und zehn Magnus treue Ex-Borg kamen hereingestürmt. Sie feuerten mit Disruptoren auf die Kollektivisten.
    Durch die kaputte Glaskuppel an der Decke war ein kleiner Borgkubus mit einem Durchmesser von etwa 30 Metern zu sehen, aus dem weitere Kollektivisten heraus und in den Saal hinein sprangen. Durch diese Unterstützung waren die Kollektivisten nicht mehr zurück zu halten. Langsam aber sicher drangen sie weiter gegen Magnus, seine Verbündeten und das Außenteam vor.

    Die Voyager feuerte mit Phasern und Quantentorpedos auf den kleinen Kubus der Kollektivisten. Es dauerte nicht lange und das kleine Würfelschiff explodierte.
    Das Föderationsschiff flog weiter zum Großen Rat und ging direkt über der zerstörten Glaskuppel in Position.

    „Papa“, hörte Magnus die Stimme seiner Tochter in seinem Kopf, „sag deinen Leuten, sie sollen von der Kuppel weggehen.“
    „Weg von der Kuppel!“, brüllte Magnus durch den großen Saal und seine Untergebenen gehorchten. Die befreiten Borg liefen, einige wurden während ihrer Flucht von Kollektivisten erschossen.
    Plötzlich erschien durch die Kuppel bläuliches Licht und erfasste die Kollektivisten. Ein Traktorstrahl! Dieser hob die Kollektivisten hoch und durch das Loch in der Decke hinaus aus dem Saal.

    „Die Kollektivisten“, meldete Annika Harry auf der Voyager-Brücke, „sind in unserer verstärkten Arrestzelle.“
    „Ist das Zerstreuungsfeld noch aktiv?“, fragte Harry und bezog sich damit auf die Transportblockade, die zuvor die Kommunikation mit und Transportererfassung des Außenteam verhindert hatte.
    „Nein.“ Annika schüttelte den Kopf. „Offenbar befand sich die Quelle des Störfelds an Bord des Kubus, den wir vernichtet haben.“
    Harry nickte dankend. „Voyager an Außenteam.“
    „Wir hören Sie, Harry“, meldete sich Janeway sofort.
    „Schön Ihre Stimme zu hören, Captain.“ Harry war sichtlich erleichtert. „Gibt es irgendwelche Verwundeten?“
    „Wir haben hier einige Borg, die dringend medizinische Hilfe benötigen“, antwortete Kathryn. „Erfassen Sie unsere Position und beamen Sie alle direkt auf die Krankenstation.“
    „Aye, Captain. Kim Ende.“ Harry wendete sich an die Frau des Ersten Offiziers. „Kümmern Sie sich darum, Annika?“
    Die Ex-Borg nickte. „Ja.“

    COMPUTERLOGBUCH DER VOYAGER
    CAPTAIN JANEWAY
    STERNZEIT 56468,1
    Nachdem wir die verwundeten Borg und behandelt haben und sie auf die Oberfläche ihrer Welt zurückgekehrt sind, ist die Voyager nun auf dem Weg zur Erde.

    Die Voyager ging unter Warp und näherte sich dem Sol-System.

    Captain Janeway und Admiral Ross waren zu Besuch beim Präsidenten der Föderation in dessen Büro in Paris. Die beiden Sternenflottenoffiziere standen vor dem Schreibtisch des Präsidenten, den Blick geradeaus, während der Präsident wütend um die beiden herumging.
    „Haben Sie den Verstand verloren???“, schnauzte der Präsident Janeway an. „Wie kommen Sie dazu eine Delegation der Borg zu Erde zu bringen?“
    „Ich dachte“, Janeway war völlig ruhig, „es sollte eine Delegation anwesend sein, wenn es darum geht sie in die Föderation aufzunehmen.“
    „Das kommt überhaupt nicht in Frage!“, brüllte der Präsident.
    Janeway sah ihrem Oberbefehlshaber direkt in die Augen. „Bei allem Respekt, Mister Präsident. Diese Entscheidung liegt nicht bei Ihnen.“
    „Die Borg sind Todfeinde der Föderation! Sie in die Gemeinschaft aufzunehmen steht nicht zur Debatte!!!“
    „Das hat ja wohl der Rat zu entscheiden“, entgegnete die Kommandantin der Voyager.
    „Die Borg“, der Präsident wurde ruhiger, „sind keine fühlende Spezies, sie sind nicht organisch. Bei ihnen handelt es sich nicht um Individuen. – Sie sind genau das Gegenteil von dem, was die Föderation verkörpert. – Sie haben keine Rechte!“
    „Dasselbe wurde über unseren Doktor gesagt“, erinnerte sich Janeway. „Wenn ich mich nicht irre, steht in der Föderationsverfassung, dass er ein fühlendes Wesen ist, ein Individuum.“
    „Da irren Sie sich, Captain Janeway.“
    Nun war Janeway diejenige, die aufgebracht war. „Die Borg waren früher einmal fühlende Wesen. Und diese Borg sind es wieder!“
    „Das wiederum“, meinte der Präsident, „haben Sie nicht zu entscheiden, Captain!“
    „In der Tat. Und Sie auch nicht. --- Das einzig Logische wäre also, ein Hearing zu veranstalten, wie damals, als es um die Rechte des Doktor ging.“
    Der Präsident dachte lange nach.
    „Die Borg wollen uns zehn Transwarpspulen überlassen, wenn es zu einem Hearing kommen sollte“, fügte Janeway hinzu.
    Es dauerte eine Weile, bis der Präsident seine Entscheidung getroffen hatte. „Einverstanden. – Captain Janeway, Sie werden in diesem Hearing die Interessen der Borg vertreten. – Admiral Ross… Sie vertreten die Gegenseite.“
    Janeway und Ross wollten widersprechen, doch: „Es läuft so, oder gar nicht“, legte das Oberhaupt der Föderation fest.
    Janeway dachte darüber nach. Schließlich nickte sie. Was hatte sie auch schon für eine Wahl, wenn sie den Borg helfen wollte?

    ***


    Es war ein wunderschöner Tag in San Fransisco. Die Sonne schien und kein Wölkchen war am Himmel zu sehen. Eigentlich war es ein zu schöner Tag, um ihn drinnen zu verbringen. Drinnen, im Sternenflottenhauptquartier, noch dazu in einem Gerichtssaal.
    Zugegeben, es war ein prächtiger Raum, im Stile alter Gerichtsgebäude aus dem 22. Jahrhundert. Das ganze erinnerte mehr an einen Saal eines Palastes, als an einen Raum im modernen Sternenflottenhauptquartier.
    Ganz vorn im Raum befanden sich Stuhl und Pult des Richters, rechts davon Tisch und Stuhl der Verteidigung, links die Anklagevertretung und dahinter die Geschworenen.
    In der Mitte von allem stand ein einziger Stuhl. Der Zeugenstand.
    Der verhandelnde Richter war Richter Richard Hayes, Ross hatte die „Anklage“ übernommen und Janeway die „Verteidigung“. Auch wenn in diesem Hearing die Bezeichnungen „Anklage“ und „Verteidigung“ nicht wirklich passten.
    Der Besucherraum war prall gefüllt.
    Hayes schlug dreimal mit seinem Holzhammer auf einen Sockel auf seinem großen Pult. „Das Hearing beginnt. – Es geht um die Frage, ob die Borg fühlende Wesen sind und damit das Recht haben, in die Föderation aufgenommen zu werden. – Admiral Ross.“
    Ross nickte Hayes zu und stand auf. „Danke, Euer Ehren. – Ich rufe Captain Jean-Luc Picard in den Zeugenstand.“
    Ein kurzer Augenblick verging, dann öffneten sich die schweren Schwingtüren aus edlem Holz. Jean-Luc Picard, der wohl berühmteste Captain dieser Zeit, kam herein und ging zum Zeugenstand-
    Janeway beobachtete den Enterprise-Captain genau und wusste, dass sie diese Runde schon so gut, wie verloren hatte. – Oder vielleicht doch gewinnen? Das hing davon ab, wie sie ihre Karten ausspielen würde.
    Picard hatte nun den Zeugenstand erreicht und setzte sich. Ross tat es ihm gleich.
    „Captain Picard“, sprach Hayes, „würden Sie für das Protokoll bitte Ihren vollständigen Namen und Rang angeben.“
    „Selbstverständlich, Euer Ehren“, erwiderte Picard. „Picard, Captain Jean-Luc. Derzeitiges Kommando: U.S.S. Enterprise, NCC-1701-E. Sovereignklasse.“
    „Danke, Captain Picard“, meinte Hayes und wandte sich dann an Ross: „Beginnen Sie.“
    „Captain Picard…“, begann der Admiral, „Erzählen Sie uns von Ihren Erlebnissen bei den Borg.“
    Picard überlegte kurz und schluckte schwer. Es war offensichtlich, dass er diese Erinnerungen nicht gern ausgrub. „Es war ungefähr bei Sternzeit 43960, als die Enterprise-D auf einen Kubus der Borg traf. – Es kam zu einem kurzen Kampf und schließlich mussten wir fliehen. Wir—"
    „Verzeihen Sie“, unterbrach Janeway, „aber wir alle kennen die Berichte.“
    Picard sah Janeway kurz missfallend an.
    „Kommen Sie bitte zur eigentlichen Sache, Captain Picard“, bat Hayes den Kommandanten des Föderationsflagschiffs.
    „Wir versteckten uns im Paulson-Nebel“, fuhr Picard fort. „Doch nach einiger Zeit mussten wir ihn verlassen.
    ‚Das Borgschiff hat uns mit einem Traktorstrahl erfasst’, meldete Lieutenant Worf, der zu jener Zeit mein Taktischer Offizier war.
    Plötzlich beamte sich ein Borg auf die Brücke meines Schiffes, links von der OPS, an der Commander Data saß.
    Worf zog seinen Phaser und feuerte auf die Drohne. Er tötete den Borg, welcher daraufhin verschwand.
    Eine weitere Drohne materialisierte, diesmal schräg neben Commander Riker, meinem Ersten Offizier.
    Worf feuerte auch auf diesen Borg seinen Phaser ab, doch dieser hatte sich bereits angepasst.
    ‚Es hat keinen Sinn’, meinte Commander Riker, ‚sie haben sich unseren Frequenzen angepasst.’ Mit diesen Worten stürzte sich Riker auf den Borg, doch dieser schleuderte ihn einfach beiseite.
    Lieutenant Worf sprang über die Taktische Konsole und stürzte sich ebenfalls auf die Drohne. Ebenfalls ohne Erfolg.
    Als auch ich eingreifen wollte, materialisierte ein weiterer Borg. Diesmal direkt neben mir. Ich wurde von der Drohne am Arm gefasst und wir beamten auf den Kubus hinüber.“
    „Und was ist dann geschehen?“, fragte Ross nach.
    „Die Borg assimilierten mich“, antwortete der französische Kommandant. „Sie wollten, dass ich als Vermittler zwischen der Menschheit und den Borg diente.“
    „Haben Sie das getan?“
    „Einspruch!“ Janeway war aufgestanden. „Das hat nichts mit diesem Fall zutun!“
    „Ganz im Gegenteil“, widersprach Ross. „Ich versuche zu beweisen, dass die Borg keine Gefühle haben.“
    Hayes überlegte kurz. „Fahren Sie fort, Admiral.“
    „Bitte, Captain Picard“, übergab Ross das Wort wieder an den Captain der Enterprise.
    „Ja“, antwortete Picard nach einer langen Pause.
    „Was haben Sie dabei gefühlt?“
    „Zuerst Trauer. Trauer, dass ich nicht mächtig genug war, mich den Borg zu widersetzen… aber dann… ich fühlte nichts mehr.“
    „Danke, Captain Picard.“ Ross sah Janeway an. „Ihr Zeuge.“
    Die Kommandantin der Voyager stand auf. „Captain Picard. – Würden Sie sagen, dass die Borg Gefühle haben?“
    „Nein.“
    „Einfach ‚Nein’?“
    „Keine Reue, kein Mitleid, keine Freude, kein Hass - rein gar nichts“, antwortete Picard.
    „Glauben Sie“, fuhr Janeway fort, „dass assimilierte Borg vom Kollektiv befreit werden können?“
    „Ich weiß, dass es möglich ist. – Ich wurde selbst vom Kollektiv befreit worden.“
    „Haben Sie Gefühle, Captain Picard?“
    „Was soll diese Frage?“, wollte der Franzose wissen.
    „Beantworten Sie einfach nur die Frage, Captain“, sagte Janeway.
    „Ja. – Ja, ich habe Gefühle.“
    Janeway klatschte in die Hände. „Damit wäre die Sache erledigt. – Vom Kollektiv getrennte Borg sind fähig zu Gefühlen. – Wir können das Hearing beenden.“
    „Aber“, fügte Picard hinzu, „wir wissen nicht, was geschehen wäre, wenn ich länger mit dem Hive verbunden gewesen wäre. – Wohlmöglich, dass dann keine Trennung mehr möglich gewesen wäre und ich jetzt keine Gefühle hätte. – Dass ich jetzt noch immer Borg wäre.“
    „Spekulationen“, meinte Janeway. „Danke, Captain Picard.“
    „Sie können gehen, Captain“, gestattete Hayes.
    Picard nickte, stand auf und ging.
    „Ihr nächster Zeuge, Admiral Ross“, übergab Hayes das Wort wieder an den „Anklagevertreter“.
    „Ich rufe Commander William Riker in den Zeugenstand“, sagte dieser.
    Wieder öffneten sich die beiden Türhälften und der Erste Offizier Picards trat ein. Er nahm im Zeugenstand Platz.
    „Commander Riker“, begann Hayes wieder seinen Einleitungssatz, „nennen Sie für das Protokoll bitte Ihren vollständigen Namen und Rang.“
    „Riker“, sagte der Mann aus Alaska, „Commander William Thomas. Derzeit Erster Offizier an Bord der U.S.S. Enterprise, NCC-1701-E. Sovereignklasse.“
    „Danke, Commander. – Admiral Ross, Sie haben das Wort.“
    „Commander Riker“, begann Ross sogleich. „Was passierte, nachdem Captain Picard von den Borg gefangen genommen wurde?“
    „Wir starteten einen Rettungsversuch“, antwortete Picards Erster Offizier. „Doch er scheiterte. – Zurück auf der Enterprise meldete Lieutenant Worf: ‚Sir. Die Borg rufen uns.’
    ‚Auf den Schirm’, befahl ich.
    Commander Shelby und ich gingen näher an den Wandschirm heran, wo in diesem Augenblick Captain Picard erschien… aber er war nicht mehr Jean-Luc Picard. Er war Locutus von Borg und das machte er uns auch sofort klar: ‚Ich bin Locutus, ein Borg’, sagte er. ‚Jeder Widerstand ist zwecklos. Die Grundlagen Ihrer Existenz sind bedeutungslos geworden. – Von nun an, für alle Zeiten, werden Sie ausschließlich uns dienen.’
    Ich befahl daraufhin das Feuer auf den Kubus zu eröffnen, doch durch Locutus hatten die Borg unsere Phaserfrequenzen und hatten sich bereits angepasst.“
    „Was sagte Locutus dann zu Ihnen?“, fragte Ross und Janeway verdrehte die Augen nach dem Motto ‚Na was wohl, er war ein Borg!?’
    „Er sagte“, antwortete Riker, „dass Widerstand zwecklos sei.“
    „Glauben Sie, dass er Gefühle hatte, Commander?“
    „Ich habe keine bemerkt, Admiral.“
    Ross lächelte und sah Janeway zufrieden an. „Ihr Zeuge, Captain.“
    „Commander Riker“, begann Janeway, „wie war der genaue Wortlaut von Locutus, nachdem Ihr Angriff fehlgeschlagen war?“
    Riker verzog das Gesicht. „Da muss ich kurz nachdenken… ‚Das Wissen und der Erfahrungsschatz des Humanoiden Picard sind nun ein Teil unseres Wissens. – Dadurch sind wir auf jede erdenkliche Vorgehensweise vorbereitet. – Ihr Widerstand ist hoffnungslos, Nummer eins!’.“
    „‚Nummer eins’?“, hakte Kathryn nach.
    „So nennt Captain Picard in der Regel seinen Ersten Offizier“, erklärte Riker.
    Janeway lächelte zufrieden. „Keine weiteren Fragen.“
    „Danke, Commander Riker“, sagte nun Hayes.
    Riker stand auf und verließ den Hearingsaal.
    „Dieses Hearing“, fuhr Hayes fort, „wird bis morgen Mittag, 1200 vertagt.“

    ***


    Pünktlich um 12 Uhr mittags am folgenden Tag, fanden sich alle Parteien wieder im Hearingsaal ein.
    Hayes klopfte mit seinem Hammer dreimal auf sein Pult. „Das Hearing wird hiermit fortgesetzt“, verkündete er. „Admiral Ross?“
    „Ich denke“, sagte der Admiral, „ich könnte die gesamte Crew der Enterprise aufrufen lassen, aber ich denke, sie haben uns alle nichts neues zu erzählen.“
    „Captain Janeway“, blickte Hayes zu Kommandantin der Voyager.
    „Dem stimme ich zu, Euer Ehren“, meinte Janeway.
    „Würden Sie gerne irgendwelche Zeugen aufrufen, Captain?“
    „Allerdings.“ Janeway nickte. „Ich rufe Commander Chakotay in den Zeugenstand.“
    Zum dritten Mal während dieses Hearings öffneten sich die schweren Holztüren und zum dritten Mal während dieses Hearings schritt ein Zeuge durch sie hindurch. Chakotay ging nickte Janeway kurz flüchtig zu und setzte sich dann in den Zeugenstand.
    „Commander“, begann Hayes einmal mehr, „würden Sie für das Protokoll bitte Ihren vollständigen Namen und Rang angeben?“
    „Natürlich“, meinte Chakotay. „Cotay, Commander Amal. Derzeit Erster Offizier der U.S.S. Voyager, NCC-74656-A, Interprid-II-Klasse, unter Captain Janeway.“
    Hayes nickte und sah zu Janeway. „Bitte, Captain.“
    „Commander Chakotay“, sagte die Kommandantin des soeben von ihrem Ersten Offizier genannten Schiffes. „Beschreiben Sie bitte Ihre erste Begegnung mit den Borg.“
    „Sehr gerne“, log Chakotay. „Meine erste direkte Begegnung mit den Borg fand vor etwa sechs Jahren statt, bei Sternzeit 50614. Fähnrich Kaplan und ich waren auf einer Erkundungstour mit einem Shuttle, als wir einen Notruf empfingen, der offenbar von der Sternenflotte stammte. Wir wurden sofort als Föderationsraumschiff identifiziert. – Kaplan und ich flogen zur Quelle des Notrufs und begaben uns auf die Oberfläche des Planeten, auf dem sie sich befand. Dort angekommen wurden wir sogleich von einer Gruppe von Fremden angegriffen. – Kaplan wurde getötet und ich schwer verletzt. Ich wurde von einer Humanoiden in einen Bunker gebracht und als ich erwachte, lag ich auf einem Bett in einem sehr dunklen Raum.
    ‚An Ihrer Stelle würde ich mich nicht zu schnelle bewegen’, meinte die Humanoide, die mich in den Bunker gebracht hatte. Ihr Name war Riley Fraiser. ‚Sie haben eine böse Kopfverletzung, Commander.’
    ‚Sie sind menschlich’, erkannte ich noch leicht benommen und verwirrt.
    ‚Ich habe den bewussten Notruf ausgesandt’, erklärte Riley.“
    „Aber da war etwas“, warf Janeway ein, „dass diese Frau Ihnen verschwiegen hatte.“
    „Ja“, musste Chakotay gestehen. „Es dauerte einige Zeit, aber dann fand ich heraus, dass ihre Geschichte gelogen war. – Sie war nicht eines Nachts von ihrem Schiff im Alphaquadranten entführt worden… sie wurde assimiliert bei Wolf 359 und von den Borg in den Deltaquadranten gebracht. Ebenso erging es zahllosen anderen Wesen der unterschiedlichsten Rassen.“ Chakotay räusperte sich, bevor er fortfuhr. „Sie retteten mir das Leben.“
    „Wie?“, wollte Janeway wissen, auch wenn sie die Antwort genau kannte.
    „Es waren alles ehemalige Borg“, antwortete ihr Erster Offizier. „Sie waren vom Kollektiv getrennt, konnten aber noch ihre Geister in einer kleinen Gruppe verbinden. So konnten sie mich heilen.“
    Janeway stand auf und ging um ihren Tisch herum zu Chakotay. „Soweit ich weiß Commander, waren Sie nach Ihrer Verbindung mit diesen… befreiten Borg… noch einige Stunden lang in der Lage Riley Fraisers Gedanken zu ‚hören’, nicht wahr?“
    „Ja.“
    „Was hatte sie gedacht?“
    „Sie….“ Chakotay zögerte. „Sie hat sich mehr Nähe zwischen uns gewünscht.“
    „Hat Sie sie geliebt?“
    „Ich denke ja.“
    „Ich denke, meine Herren“, wandte sich Janeway an Hayes und Ross, „dass man Liebe in der Tat als Gefühl ansehen kann und auch sollte. – Ein Gefühl – ein sehr starkes Gefühl – empfunden von einer ehemaligen Borg. Von einer Frau, die sechs Jahre lang mit dem Hive-Bewusstsein verbunden gewesen war… empfinden Zuneigung für einen anderen.“
    Hayes und Ross dachten darüber nach.
    „Ihr Zeuge“, beendete Janeway ihr ‚Verhör’ und übergab das Wort an Ross, welcher nun nach einem PADD griff und mit diesem in der Hand zu Chakotay ging.
    „Sehr interessante Ausführungen, Captain Janeway“, meinte er. „Aber Sie haben vergessen zu erwähnen, was nach der Heilung des Commanders geschehen ist.“
    Die Augen aller im Saal richteten sich gespannt auf Ross. – Nur Janeways und Chakotays nicht, denn die beiden wussten nur zu gut, worauf der Admiral hinaus wollte.
    „Ich zitiere aus dem offiziellen Computerlogbuch von Captain Kathryn Janeway von Sternzeit 50620,1“, verkündete Ross und hob das PADD so, dass er davon ablesen konnte. „‚Commander Chakotay ist sicher auf die Voyager zurückgekehrt. Der Doktor hat mir versichert, dass mein Erster Offizier keinerlei Kontrolle über seine Taten hatte. Chakotay war noch verbunden mit der Gruppe ehemaliger Borg, die sich ‘Die Kooperative’ nennt. Sie haben seine missliche Lage, seine lebensgefährlichen Verletzungen, schamlos ausgenutzt, um Chakotay für ihre Ziele missbrauchen zu können. Mit seiner Hilfe haben sie ein neues Kollektiv errichtet.’ – Nun, Commander?“
    „Das ist wahr“, gestand Chakotay ein. „Aber sie vergessen eines - diese ehemaligen Borg lebten in einem ständigen Konflikt untereinander. - Die Errichtung eines neuen Kollektives war die einzige Möglichkeit für sie, zu überleben.“
    „Tatsache ist“, betonte Ross, „dass diese ‚Kooperative’, diese Borg, wieder zu dem geworden sind, was sie vorher waren. Borg.“
    „Das ist nicht wahr!“, schrie Chakotay wütend auf.
    „Ach, ist es das nicht?“ Ross sah ihn mit ernstem Blick an. „Sie haben ohne Rücksicht auf die anderen Gruppen, die die vielleicht nicht wieder in ein Kollektiv wollten, Sie dazu benutzt, eben dieses Kollektiv wieder zu errichten. - Sie haben Sie benutzt. Sie haben Ihnen ihren Willen aufgezwungen. - Sie sind nicht besser, als die Borg. Oder einfacher ausgedrückt: Sie waren Borg, sie sind Borg und sie bleiben Borg.“
    „Wenn Sie vorhin schon das Logbuch von Captain Janeway zitiert haben, Admiral, dann sollten Sie den Eintrag vielleicht auch zu Ende vorlesen.“
    Ross zögerte.
    „Admiral Ross“, sagte Hayes. „Ich bin neugierig.“
    Ross hob das PADD wieder in Augenhöhe und las auch den Rest des Logbucheintrages vor: „‚Allerdings muss ich auch zugeben, dass sich Die Kooperative darüber hinaus nicht wir typische Borg verhalten haben. Im Gegenteil: Sie haben das Borgschiff, welches die Voyager bedrohte vernichtet und damit unser Schiff gerettet.’“ Der Admiral ließ das PADD wieder sinken.
    „Weiter…“, drängte Chakotay.
    Mit den Zähnen knirschend hob Ross das PADD wieder und fuhr dann fort. „‚Sie ließen Chakotay auf die Voyager zurückkehren und erlaubten uns zu gehen, ohne Anstalten zu machen, uns in ihr Kollektiv integrieren zu wollen.’ Danke, Commander. - Keine weiteren Fragen.“
    „Das wäre dann alles, Commander Chakotay“, meinte Hayes. „Sie dürfen gehen.“
    Chakotay nickte und ging.
    „Wäre das dann alles?“, wollt Hayes wissen.
    „Bei Weitem noch nicht“, antwortete Janeway.
    „Allerdings“, pflichtete Ross ihr bei, „da muss ich Captain Janeway zustimmen.“
    „Haben Sie noch Zeugen, Admiral Ross?“
    „In der Tat“, antwortete Ross dem Richter. „Ich rufe Commander Tuvok in den Zeugenstand.“
    Tuvok kam wie auf Kommando herein und nahm im Zeugenstand Platz.
    „Commander Tuvok“, sagte Hayes. „Nennen Sie für das Protokoll bitte Ihren Namen und vollständigen Rang.“
    „Tuvok“, sagte der Vulkanier, „Lieutenant Commander. Derzeitig Chef der Sicherheit an Bord der U.S.S. Voyager, NCC-74656-A, Intrepid-II-Klasse, unter dem Kommando von Captain Kathryn Janeway.“
    „Danke, Commander“, sagte Hayes und blickte dann zu Ross. „Fahren Sie fort.“
    „Commander Tuvok“, begann der Admiral. „Ich habe Sie heute hergebeten, weil Sie uns als Vulkanier eine rein sachliche Beschreibung der zu debattierenden Ereignisse geben können.“
    „Ich verstehe.“
    „Commander Tuvok. Schildern Sie uns doch bitte die Ereignisse die auf Captain Janeway temporäre Allianz mit den Borg folgten.“
    Janeway sah Tuvok mit flehendem Blick an, doch diesen ließ dieser Blick kalt.
    „Nachdem Captain Janeway die Allianz mit den Borg geschlossen hatte“, berichtete Tuvok, „beamte ich mich an Bord des Kubus, auf dem sie sich befand. Dort wollten wir einen mit Nanosonden verbesserten Sprengkopf herstellen, der in der Lage sein sollte gegen Spezies…“
    „Die Kurzfassung, bitte“, unterbrach Ross.
    „Dabei würden unter Umständen wichtige Details entfallen, Admiral.“
    „Okay... was geschah, nachdem die letzte an Bord der Voyager verbliebene Drohne Sie und Ihr Schiff in den Fluiden Raum gebracht hatte?“
    „Commander Chakotay erkannte: ‚Sie waren schon einmal hier.’
    Die ebenfalls mit uns im Frachtraum anwesende Drohne mit der Bezeichnung Seven of Nine, Tertiäres Attribut von Unimatrix 0-1 schwieg.
    ‚Woher sonst sollten Sie von dem Fluiden Raum hier wissen?’, fuhr der Commander fort.
    Seven of Nine ignorierte ihn. ‚Wir müssen dieses Schiff für den Kampf vorbereiten. Wir werden…’
    ‚Warum?’, unterbrach der Commander sie. ‚Wieso waren Sie hier?’
    Seven of Nine zögerte erneut, während Commander Chakotay begann die Situation zu begreifen. ‚Sie haben diesen Krieg angefangen’, erkannte er. ‚Was ist los? War Ihnen unsere Galaxie nicht mehr groß genug? Wollten Sie neues Territorium erobern... aber diese Rasse hat sich gewehrt... eine Spezies, die genauso bösartig ist, wie die Ihre.’
    Seven of Nine starrte ihn an. ‚Spezies 8472 hat mehr Widerstand geleistet, als wir erwartet hatten. Ihr Technologie ist biotechnologisch konstruiert, sie ist besser, als alles, was wir bisher gefunden haben.’
    ‚Was genau das ist, was die Borg suchen’, fügte ich hinzu.
    ‚Sie sind die Spitze der biologischen Evolution. Ihre Assimilation hätte zu unserer Perfektionierung bei…’“
    „Einspruch!“, unterbrach Janeway ihren Sicherheitsoffizier. „Das hat nichts zutun mit dem zu verhandelnden Sachverhalt.“
    „Stattgegeben“, nickte Hayes, der die damaligen Berichte offenbar kannte.
    Ross sah Janeway wütend an. „Keine weiteren Fragen“, knurrte er.
    „Captain Janeway?“, fragte Ross.
    „Ich ebenfalls nicht, Euer Ehren.“
    „Dann danke, dass Sie gekommen sind, Commander“, meinte Hayes zu Tuvok. „Das wäre alles.“
    Tuvok nickte und verließ den Verhandlungssaal.

    ***


    „Ich rufe Annika Hansen in den Zeugenstand“, verkündete Kathryn Janeway.
    Die Ex-Seven of Nine kam herein und nahm im Zeugenstuhl Platz.
    „Ihren vollständigen Namen und Rang für das Protokoll bitte.“ Hayes schien dieser Satz so langsam langweilig zu werden.
    „Hansen, Crewman Annika“, sagte sie. „Astrometrischer Offizier an Bord der U.S.S. Voyager, NCC-74656-A, Interprid-II-Klasse, unter Captain Janeway.“
    „Danke.“ Hayes blickte Janeway an.
    Janeway sah Ross an. „Möchten Sie beginnen, Admiral?“
    Ross winkte ab. „Ladies first.“
    Janeway stand wieder auf und ging auf Annika zu. „Crewman Hansen, würden Sie bitte den Anwesenden Ihre Geschichte erzählen.“ Sie sah zu Ross. „Die Kurzfassung, bitte.“
    „Vor 26 Jahren starteten meine Eltern mit mir auf der S.S. Raven“, berichtete Annika. „Sie hatten sich das Ziel gesetzt die Borg - über die damals nur Gerüchte kursierten - zu finden und zu studieren. - Nach sechs Monaten Flug hatten wir Glück, wenn man es denn Glück nennen will. Für zweieinhalb Jahre studierten wir die Borg. Dann wurden wir assimiliert. 18 Jahre lang, wurde ich von ihnen gefangen gehalten und als Drohne missbraucht. Als eine Sklavenarbeiterin ohne eigenen Willen. -- Vor fünf Jahren dann, wurde ich von Captain Janeway und der Voyager aus dem Kollektiv befreit. - Es hat einige Zeit gedauert, bis ich meine Menschlichkeit zurückgewonnen habe, aber ich habe es geschafft. -- Das wäre soweit alles.“
    „Danke, Crewman Hansen“, sagte Hayes. „Wenn es keine weiteren Fragen mehr gibt, dürfen Sie gehen.“
    Sowohl Janeway, als auch Ross schüttelten die Köpfe.
    Hayes nickte Annika zu und sie verließ den Saal.
    „Weitere Zeugen?“, fragte der Richter.
    Janeway nickte. „Magnus Hansen.“
    „Ich rufe Magnus Hansen in den Zeugenstand“, verkündete Hayes.
    Magnus kam herein. Das Publikum, Hayes, die Geschworenen und Ross waren sichtlich schockiert von seinem Äußeren. – Annikas Vater setzte sich in den Zeugenstand.
    „Ihren vollständigen Namen bitte“, brachte Hayes mit einem leicht ängstlichen Unterton heraus.
    „Magnus Hansen.“
    „Mr. Hansen“, sagte Janeway. „Wir haben bereits die Geschichte Ihrer Tochter gehört. - Was uns nun interessiert sind die Geschehnisse, nachdem Sie vom Kollektiv getrennt wurden.“
    „Es begann vor etwa drei Monaten“, begann Magnus. „Kurz nachdem Spezies 8472 das Kollektiv telepatisch angegriffen hatte.“
    Janeway nickte.
    „Sie wissen also davon“, erkannte Magnus. „Natürlich, Sie waren ja darin verwickelt. -- Nach dem Angriff war alles... chaotisch. - Die Kollektive Ordnung im Hive war verschwunden. Die anderen Drohnen verschwanden eine nach der anderen aus meinem Kopf. - Ich konnte ihre Stimmen nicht mehr hören. - Und es ging nicht nur mir so. - ALLEN ging es so. -- Einige hielten die plötzliche Stille nicht mehr aus, schließlich hatten sie fast ihr ganzes Leben im Kollektiv verbracht. Sie hörten auf zu funktionieren.“ Er machte eine lange Pause, bevor er fortfuhr. „Ich war an Bord des taktischen Kubus 1-8-9, als der Angriff auf den Nexus stattfand. Wir befanden uns nicht weit von hier im Betaquadranten. -- Als die Stimmen begannen zu verschwinden, wurde es für uns immer und immer schwieriger unser Schiff zu kontrollieren. - Nur mit Mühe schafften es vierzig unserer Schiffe hierher, zu diesem Planeten. -- Als wir hier eintrafen, war unsere Kontrolle beinahe ganz verschwunden. - Die wenigen Drohnen, die noch mit dem Schiff verbunden waren, beamten die gesamte Besatzung herunter auf die Oberfläche. -- Sie opferten ihr Leben, in der blanken Hoffnung, damit das Überleben des Kollektivs zu sichern. -- Sie hatten nur indirekt Erfolg. - Wir überlebten, jedoch nicht als Kollektiv. - Wir verloren vollständig unseren Kontakt zum Hive, unseren Kontakt untereinander. -- Unsere Sekundärprotokolle wurden aktiviert. Wir nutzen, was vorhanden war, um zu überleben. Zu unserem Glück gab es verlassene Bauwerke auf der Oberfläche. Ruinen. In ihnen fanden wir einen Unterschlupf und Schutz vor den Gewalten der Natur. - Nach einer Zeit fielen auch die Sekundärprotokolle aus und wir begannen uns zu erinnern, wer wir waren und wo wir herstammten. -- Einigen von uns, die vor der Zeit des Schreckens brilliante Wissenschaftler waren, gelang es irgendwie einige unserer Schiffe zu landen, damit wir deren Ressourcen nutzen konnten, um unsere Lebensqualität zu verbessern. - Es gelang uns Replikatoren zu bauen, um genug Nahrung für die Drohnen zu erschaffen. -- Eine Zeit lang lief das ganze ganz gut, Captain. -- Dann fing es an. - Immer wieder wurden wir angegriffen und ausgeraubt. - Mehrere kleine Rassen kamen mit ihren Schiffen her und entwendeten unsere Technologie. Wir versuchten uns zu verteidigen, hatten aber nicht viel Erfolg damit. - Mit der Zeit wurde unser Widerstand mehr und mehr zwecklos. -- Zuerst griffen uns die Tarlak an. Sie waren hauptsächlich an unseren Energiesystemen interessiert. - nach einer Weile kamen sie nicht mehr, dafür aber die Elora. - Sie interessierten sich mehr für die Legierungen unserer Schiffe. - Bei ihren Angriffen kamen tausende von Individuen um. - Einige Wochen hatten wir dann Ruhe. - Wir glaubten schon fast, wir könnten endlich in Frieden leben. - Dann kam die Anti-Borg-Vereinigung. Sie waren nur an einem interessiert, uns zu töten. - Captain, bitte. - Wir wollen niemanden mehr etwas tun. - Wir wollen hier bloß in Ruhe unser Leben führen - oder das, was noch davon übrig ist.“
    Alle im Raum waren sichtlich beeindruckt von diesen Worten. Nach einer langen Weile brach Hayes das Schweigen: „Noch Fragen.“
    Janeway und Ross verneinten.
    „Dann bedanke ich mich bei Ihnen, Mr. Hansen“, sagte Hayes. „Sie können gehen.“
    Magnus erhob sich und ging.
    „Gibt es noch weitere zu vernehmende Zeugen?“, wollte der Richter wissen.
    „Nein, Euer Ehren“, antwortete Ross.
    „Ich habe noch eine Zeugin“, sagte Janeway.
    Hayes nickte. „Dann bitten Sie sie herein, Captain Janeway.“
    „Ich rufe Crewman Tema’na in den Zeugenstand!“
    Tema’na betrat den Raum. Sie war sichtlich nicht erfreut darüber, vor einem Föderationshearing aussagen zu müssen. Sie ging zum Zeugenstand und setzte sich.
    „Nennen Sie bitte für das Protokoll Ihren Namen und Rang“, sagte Hayes.
    „Tema’na, Crewman. Derzeit leitende Conn-Offizierin an Bord der U.S.S. Voyager, NCC-74656, unter Captain Janeway.“
    „Danke, Crewman“, sagte Hayes. „Bitte beginnen Sie, Captain Janeway.“
    Janeway stand auf. „Crewman Tema’na... berichten Sie von unseren gemeinsamen Erlebnissen bei den Borg vor drei Monaten.“ Sie schielte zu Ross. „So detailliert, wie möglich, bitte.“
    Ross seufzte und schüttelte kurz den Kopf.
    „Wenn es denn sein muss“, brummte Tema’na.
    „Es muss, Crewman“, antwortete Janeway.
    „Nun... – ‚Starke Feindbewegungen in Sektor 2372618’, war im Unikomplex zu hören. ‚Föderationsschiff, bekannt als Alpha-Flyer, steigende Anzahl von Spezies 8472-Bioschiffen, abtrünnige Borgschiffe.’
    Captain Janeway und ich sahen uns an. Wir waren überrascht, schöpften aber auch beide neue Hoffnung…
    ‚Ein Föderationsschiff, bekannt als Alpha-Flyer... Captain Janeway, was wissen Sie darüber.’ Das Borgoberhaupt erhob sich aus seiner liegenden Position. Gerade eben noch hatte es lässig seinen Kopf auf seine vorderen Pfoten gelegt und nun kam es mit seinen vier Beinen auf Janeway zu.
    ‚Ich weiß nichts darüber’, behauptete Janeway trotzig. Und das war tatsächlich keine Lüge, denn sie wusste nicht, wer es geschafft hatte, das Schiff im Alpha-Flyer zu verlassen.
    Mehrere Borg näherten sich uns, hielten dann einen Abstand von etwa vier Metern ein.
    ‚Ich sage die Wahrheit’, entfuhr es Janeway, die im Moment gar nicht Herr der Lage war und nichts befehligen konnte.
    ‚Sie können uns nicht drohen, Borgabschaum!’, bekräftigte ich die Haltung des Captains. - Sofort spürte ich, dass ein weiteres Projektil sich in mein Rückgrat gebohrt hatte, aus dem bereits zwei Implantate hervorgestoßen waren. Ich wurde auf langsame und sehr brutale Weise Borg.
    Bei jeder Bewegung meines Rückens schmerzte meine Wirbelsäule und plötzlich brach ich zusammen. - Ich rappelte mich unter dem amüsierten Blick des Borgoberhauptes wieder auf.
    ‚Sie wissen sehr wohl etwas, Mensch! Dieses Schiff hat die Voyager verlassen, bevor wir sie abgeschleppt hatten, und konnte vor uns fliehen. Sie haben sich mit Unimatrix Zero verbündet, die Daten für ein Mittel gegen die Verseuchung der von ihnen als Fluiden Raums bezeichneten Umgebung aus dem Kollektiven Bewusstsein gestohlen, und schließlich Spezies 8472 zur Kooperation bewegt. Sie glauben wahrscheinlich, uns damit vernichten zu können, dass sie es schaffen, die Voyager zu retten. Aber da täuschen sie sich. Die Voyager ist schon fast vollständig Borgbesitz. Sie machen alles nur noch schlimmer: Spezies 8472, Unimatrix Zero, Ihr Schiff: Sie als unsere Feinde werden alle auf einmal vernichtet.’
    Janeway nahm eine aggressive Haltung ein. ‚Wenn sie mir auf verbale Art und Weise nicht trauen, dann stellen sie doch wieder eine kurze geistige Verbindung mit mir her. Dann wissen sie, was ich weiß und dass ich über diese Unternehmung nicht informiert bin.’
    Ein paar Sekunden verstrichen.
    Janeway schrie plötzlich und sank auf die Knie. Schmerzerfüllt fasste sie sich an ihren Kopf, bis das Borgoberhaupt die Verbindung abbrach.
    ‚Sie haben Recht, Captain... Ihnen ist davon nichts bekannt...’
    ‚Sie hätten sich Ihre dämliche Verbindung auch sparen können! Geben sie es doch zu, dass sie das nur getan haben, um befriedigt zu werden, durch noch eine weitere Stimme!’, entgegnete Janeway aggressiv.
    ‚Sie beherrschen den Sarkasmus besser als sonst ein Individuum ihrer Spezies, dem wir bisher begegnet sind. Selbst Captain Picard war kein so starker verbaler Gegner für meine Vorvorgängerin! Geben sie es doch zu, Captain Janeway: Es hat sie genauso wie mich erregt, die ganzen Stimmen zu hören...’
    ‚Niemals!’, fauchte Janeway ihn an.
    Dann wurde der Saal wieder von einem ohrenbetäubenden Gelächter erfüllt.“
    „Stopp!“, befahl Janeway. „Das reicht fürs Erste. - Wie sie gerade gehört haben, hat das Borg-Oberhaupt eines getan: Es hat gelacht. - Es hat sich an unseren Schmerzen erfreut. - Und wenn ich mich recht entsinne, wird Lachen und Freude im Allgemeinen als Emotion angesehen.“
    „Emotionen hin oder her“, warf Ross ein, „es beweißt nicht, dass die Borg, von denen wir hier sprechen, Individuen sind!“
    Hayes sah Janeway an. „Haben Sie noch Fragen an die Zeugin, Captain Janeway?“
    Kathryn war schockiert darüber, wie selbstverständlich die Aussage Tema’nas als irrelevant abgetan wurde. Man hätte fast meinen können, man säße einer Gruppe von Drohnen gegenüber, und nicht Menschen. – Es dauerte eine Weile, bevor Janeway antwortete. „Nein.“
    „Admiral Ross?“
    „Ich habe auch keine Fragen, Euer Ehren.“ Der Admiral sah Tema’na mit einem abfällige Blick an. „Auf diese Zeugin hätten wir auch genauso gut verzichten können.“
    „Das wäre dann alles, Crewman“, sagte Hayes. „Sie dürfen gehen, Crewman.“
    Tema’na stand auf und ging zur Tür. Bevor sie den Saal jedoch verließ, drehte sie sich noch einmal zu Hayes, Ross und den Geschworenen um. „Sie haben Recht, wir hätten uns meine Aussage sparen können. - Ebenso, wie den Rest dieses Hearings! - Sie haben Ihre Entscheidung doch schon lange getroffen, bevor es überhaupt angefangen hat.“ Tema’na machte kehrt und verließ wütend den Raum.
    Ross und Hayes sahen der Romulanerin verdutzt nach.
    Auf Janeways Gesicht zeigte sich nur eins: Freude! Freude darüber, dass Tema’na die beiden so überraschend erwischt hatte. – Der Captain wusste, dass Tema’na die Wahrheit gesagt hatte. Sie hoffte, dass dies die Entscheidung der Geschworenen zu Gunsten der Borg ändern würde.
    „Ihre Plädoyers, bitte“, riss Hayes Janeway aus ihren Gedanken.
    Ross stand auf. „Danke, Euer Ehren. - Wenn uns dieses Hearing eines gezeigt hat, dann dass es sicher einige Borg gibt, die aus dem Kollektiv befreit werden konnten. Borg, die wieder zu ihrer Menschlichkeit zurückfinden konnten. - Doch dies sind nur ein paar Borg und sie alle hatten Hilfe von anderen Menschen von Anfang an Hilfe. - Wir können nicht sicher sein, wie dies bei Borg ist, die ohne Hilfe aus dem Kollektiv herausgebrochen wurden. Wir wissen nicht, ob sie Emotionen empfinden können, ob sie fühlende Wesen sind. - Ob sie Individuen sind, die die Rechte von Individuen haben. - Zugegeben, Magnus Hansen war ein interessantes Beispiel, aber wie wir auch im Verlauf des Hearings hören konnten, sehnen sich befreite Borg oftmals nach dem Kollektiv zurück. Ich möchte an dieser Stelle ‚Die Kooperative’ anführen. -- Ich plädiere dafür, dass diese Borg nicht als Individuen anerkannt werden und dass sie damit auch nicht das Recht haben, der Föderation beizutreten. – Danke.“ Der Admiral nahm wieder Platz.
    „Captain Janeway!?“
    „Danke“, meinte Kathryn. „Crewman Hansen - Seven of Nine - ist mittlerweile verheiratet und hat vor etwa einem halben Jahr einen Sohn zur Welt gebracht, für den sie eine liebevolle Mutter ist.“ Sie sah Hayes und Ross an. „Sie ist eine ehemalige Borg. - Wollen Sie immer noch behaupten, dass befreite Drohnen keine Gefühle haben... - Dass sie kein Recht darauf haben, nicht mehr als Drohnen angesehen zu werden, sondern als Individuen. Mit allen Rechten, die dazu gehören? - Ihre Anführung ‚der Kooperative’, Admiral Ross, ist interessant, aber alles andere als passend. - Im Laufe des Hearings haben wir alle gehört, dass “die Kooperative” nicht mit den Borg zu vergleichen ist. Sie streben nach Frieden und nicht nach Perfektion und/oder Assimilation.“ Janeway blickte nun zu den Geschworenen. „Sie sehen also, dass diese befreiten Borg keine Borg mehr sind. - Sie sind Individuen, jedenfalls mehr oder weniger. - Sie haben Rechte. - Und sie sollten in die Föderation aufgenommen werden dürfen und auch werden. - Außerdem sollten Sie auch nicht die Vorteile außer acht lassen, die die Aufnahme dieser Borg in die Föderation hätte: Wir würden vollen Zugang zu ihrer Technologie bekommen. - Technologie, die uns um Jahrzehnte voraus bringen kann. - Denken Sie an die freundliche Geste der Borg... die zehn Transwarpspulen, die sie uns bereits im Voraus überlassen haben... Danke.“ Janeway setzte sich.
    „Danke“, sagte auch Hayes. „Das Hearing wird unterbrochen, bis die Geschworenen ihre Entscheidung getroffen haben.“ Hayes schlug mit dem Hammer auf den Tisch.

    ***


    Janeway saß hinter ihrem Schreibtisch und ging einige PADDs durch. Jedenfalls hielt sie sie vor sich, als würde sie sie lesen, doch ihr Blick war völlig leer.
    Der Türmelder summte.
    „Herein!“
    Die Türen öffneten sich und Jean-Luc Picard betrat den Bereitschaftsraum von der Brücke aus.
    „Captain Picard!?“, entfuhr es Janeway mehr oder weniger begeistert. „Das ist ja eine Überraschung.“
    „Ich möchte mit Ihnen über die Borg reden“, sagte Picard zögernd.
    Janeway legte die PADDs bei Seite und sah Picard an. „Setzen Sie sich doch, Captain.“
    Der Kommandant der Enterprise nahm Platz.
    „Nun?“ Janeway war gespannt.
    „Was zum Teufel ist in Sie gefahren?“ Nicht ganz das, was Janeway erwartet hatte.
    „Bitte?“
    „Sie wollen, dass die Borg – die Borg“, Picard sprach diesen Namen voller Abscheu aus, „Teil der Föderation werden? – Dass sie in die Gesellschaft aufgenommen werden, die sie bereits zweimal beinahe vernichtet hätten?“
    „Es sind nicht diese Borg. Sie sind anders“, rechtfertigte sich Janeway. „Sie werden nicht mehr vom Hive kontrolliert. - Das einzige, was sie noch mit den Borg verbindet, ist ihr Aussehen!“
    „Und die Technologie, die noch in ihren Körpern ist. - Technologie, die sie zu einer Bedrohung macht.“
    „Mit anderen Worten: ‚Einmal ein Borg, immer ein Borg’?“
    „Genau.“
    „Wie hätten Sie reagiert, wenn vor 12 Jahren jemand dies über Sie gesagt hätte?“
    „Im Grunde hat man das getan. Bei der Borginvasion vor sechs Jahren. - Die Sternenflotte wollte mich nicht an der Front haben, weil…“ Picard zögerte.
    Janeway entschloss sich seinen Satz zu beenden: „… weil Sie ein Borg waren. – ‚Einmal ein Borg, immer ein Borg!’ – Hatte die Sternenflotte recht?“
    „Bei Kurzzeitassimilationen entsteht keine bleibende Verbindung, die man nicht mehr trennen kann.“
    „Bei Langzeitassimilierten auch nicht. - Sehen Sie sich nur Crewman Hansen an.“
    Picard stand auf und ging zur Tür, die sich vor ihm bereitwillig öffnete. Doch bevor er den Bereitschaftsraum verließ, drehte er sich noch einmal zu Janeway. „Woher wollen Sie wissen, dass sie keinen Rückfall erleiden wird?“
    „Woher wollen Sie wissen, dass Sie nicht einen Rückfall erleiden werden?“
    Das reichte! Janeway hatte Picards wunden Punkt getroffen. Picard verzog verärgert sein Gesicht und verließ den Bereitschaftsraum mit festen Schritten.

    „Sind die Geschworenen zu einer Entscheidung gekommen?“, wollte Hayes zwei Tage später im Hearingsaal wissen.
    „Ja, Euer Ehren“, antwortete der Sprecher der Geschworenen. – Natürlich waren sie zu einer Entscheidung gekommen, sonst wäre das Hearing noch nicht fortgesetzt worden.
    Alle Blicke im Saal richteten sich auf den Sprecher.
    „Dann tragen Sie nun bitte Ihre Entscheidung vor“, bat Hayes. „Erheben Sie sich bitte alle.“
    Alle im Saal standen auf und blickten gespannt zu dem Sprecher der Geschworenen.
    „Wir, die Geschworenen, sind nach langen Überlegungen zu folgender Entscheidung gekommen... Die Borg… sind keine fühlende Spezies. Sie sind keine Individuen und haben damit auch keinen Anspruch auf die Rechte von Individuen. - Die Übergabe der zehn Transwarpspulen wird von uns nicht als Geste des guten Willens aufgefasst, sondern als ein Bestechungsversuch, der unsere Entscheidung natürlich nicht geändert hat.“
    „Danke, die Geschworenen“, sagte Hayes lächelnd und alle im Saal setzten sich wieder. „Damit kommt dieses Hearing zu folgendem Schluss: Die Borg sind keine Individuen…“

    In seinem Gästequartier im Hauptquartier der Sternenflotte sah Magnus Hansen die Übertragung der Entscheidung des Hearings auf einem Kom-Bildschirm.
    „…sie haben keine Rechte…“
    Magnus ließ seinen Kopf sinken. Dann schloss er eine Entscheidung. Er stand auf und verließ sein Quartier. – Er trat auf den angrenzenden Korridor und ging ihn entlang. Hayes Worte hörte er in seinem Kopf immer und immer wieder.
    „…sie werden niemals in die Föderation aufgenommen werden, sie haben keinen Anspruch auf unseren Schutz. - Sie werden selbst mit ihren Feinden klarkommen müssen. -- Darüber hinaus ergeht noch ein Beschluss: Die zehn Transwarpspulen werden als Beweise eines Bestechungsversuches durch die Borg konfisziert…“

    „Dieses Hearing ist beendet“, schloss Hayes und schlug mit seinem Holzhammer dreimal auf sein Pult.
    In diesem Augenblick sprangen die schweren Holztüren des Verhandlungssaales auf und Magnus kam herein gestürmt. Es geschah so plötzlich, dass die anwesenden Sicherheitsoffiziere viel zu spät reagierten. – Der Ex-Borg hatte bereits Captain Janeway erreicht und nahm sie in einen Würgegriff. Nicht stark genug, um ihr sämtliche Luft abzuschnüren, aber dennoch zu stark, um sie entkommen lassen zu können.
    Die überraschte Janeway leistete keine Gegenwehr.
    Die Sicherheitsoffiziere hatten derweil ihre Phaser gezückt und zielten mit ihnen auf Magnus.
    Wir sind keine Borg mehr! Wir sind Individuen, wir haben dieselben Rechte, wie jede andere Spezies in der Galaxis!!!“, brüllte Magnus. „Nur weil wir anders aussehen, als Sie, sind wir doch nicht anders!“ Er beruhigte sich etwas und sprach traurig weiter. „Wir wollen niemandem mehr etwas tun. - Wir wollen nur in Sicherheit leben können.“
    „Sie wollen niemandem etwas tun?“, hakte Ross nach. „Wieso halten Sie dann Captain Janeway gefangen?“
    „Was für eine Wahl habe ich denn?“ Magnus brüllte nun wieder. „Was kann ich tun, um Sie davon zu überzeugen, dass wir Gefühle haben??? - Es bleibt mir doch wirklich nur diese eine Sache: Eine Verzweiflungstat!!!“

    Auf der Brücke der Voyager war derselbe Kom-Kanal aktiviert, wie zuvor in Magnus’ Quartier. Auf dem großen Wandschirm mussten die Anwesenden – Chakotay, Tema’na, Harry, Annika, Tuvok und Barclay – hilflos mit ansehen, wie Annikas Vater ihren Captain gefangen hielt.
    Annika stand wie angewurzelt da.
    Diese Tat bestätigt nur eins: Dass Sie noch immer gefährlich sind!“, sprach Ross auf dem Bildschirm zu Magnus.
    „Ich muss auch zugeben, dass Sie einen ziemlich schlechten Weg gewählt haben, Magnus. - Die Föderation verhandelt nicht mit Terroristen“, meldete sich nun Janeway zu Worte. „Auch nicht, wenn sie nur verzweifelt sind.

    Magnus wusste nicht, was er tun sollte. „ich werde nicht einfach so aufgeben!“
    Plötzlich materialisierte Annika im Eingangsbereich des Hearingsaales und ging anschließend langsam auf ihren Vater zu, mit Tränen in den Augen. „Lass Captain Janeway frei“, schluchzte Annika. „Bitte!“
    „Tut mir Leid, Anni“, erwiderte ihr Vater verzweifelt. „Ich muss das hier tun.“
    „Damit erreichst du gar nichts. – Sie werden uns nur noch mehr fürchten!“
    „Dich fürchten Sie nicht, Anni! Du wirst von ihnen akzeptiert, weil du eine Chance hattest deine Loyalität zu beweisen. - Uns hat man diese Chance nie gegeben.“
    „Dann beweise deine Loyalität jetzt, Papa“, flehte Annika. „Lass Captain Janeway frei.“
    Man konnte förmlich mit ansehen, wie es in Magnus Gehirn arbeitete. Er wusste nicht, was er tun sollte. - Nach einem schier endlos langen Moment, ließ er Janeway schließlich los.

    Kathryn sah, wie Magnus Arm ihren Hals losließ. – Schräg vor sich, hörte die Kommandantin ein plötzliches energetisches Summen. Kathryn richtete ihren Blick in die Richtung, wo das Summen herkam. Vor ihren Augen schien alles wie in Zeitlupe abzulaufen.
    Janeway sah einen Sicherheitsoffizier, der seinen Phaser auf Magnus abfeuerte. – Ihr Blick richtete sich auf Annika, die dies ebenfalls bemerkt hatte.
    Janeway sah die Ehefrau des Ersten Offiziers der Voyager auf Magnus zurennen. Noch immer lief für sie alles wie in Zeitlupe ab.
    Neeeiiiiiiiiiiiiinnnnnnnnnnnn!!!“, schrie Annika und stürzte ihrem Vater entgegen.

    Der Phaserstrahl zuckte nur einen Sekundenbruchteil durch den Raum, dann traf er Magnus in dessen Brust. Der ehemalige Borg wurde von der Wucht des Strahls zu Boden geschleudert, wo er kraftlos liegen blieb.
    Annika erreichte nun ihren Vater und kniete sich neben seinem leblosen Körper.
    Schwach öffnete Magnus seine Augen einen Spalt weit.
    „Daddy!“, schluchzte Annika weinend.
    „Ich hab’s verhauen!“, flüsterte Magnus dem Tode nah. „Versprich mir,… dass du dich niemals unterkriegen lässt, Annika.“ Ihr Vater verdrehte die Augen und schloss sie schließlich… er war tot.

    Die Voyager befand sich noch immer im Orbit der Erde, welche Janeway durch die Fenster ihres abgedunkelten Quartiers sehen konnte.
    Zischend glitten die zwei Türhälften des Quartiers auseinander und Chakotay kam herein.
    Janeway sah die Reflektion ihres Ersten Offiziers in den Fenstern und sagte zu ihm, ohne sich umzudrehen: „Was gibt es, Chakotay.“
    „Ich bin nur hier, um zu fragen, wie es Ihnen geht“, antwortete er.
    „Bestens.“
    „Kommen Sie, Kathryn! – Ich kenne Sie mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass, wenn Sie nur ein Wort sagen, es Ihnen schlecht geht.“
    Janeway wandte sich vom Fenster ab und sah mit Tränen in den Augen ihren Ersten Offizier an. „Sie sollten besser mit Ihrer Frau sprechen, Chakotay. - Sie braucht Sie jetzt nötiger, als ich.“
    „Oh, Annika hat Dienst und möchte - ich zitiere: ‚verdammt noch mal nicht gestört werden’. – Also?“
    Janeway wischte sich die Tränen aus den Augen. „Es ist wegen den Borg, Chakotay. -- Die ganzen letzten Monate habe ich mir Selbstvorwürfe gemacht, dass wir eine gesamte Zivilisation ausgelöscht haben. - Millionen und Abermillionen unschuldiger Wesen, die… die keine Kontrolle über ihre Taten hatten. - Und wir haben sie trotzdem vernichtet.“ – Janeway wandte sich wieder dem Fenster zu und schaute in die Richtung, in der ihrer Meinung nach die Welt der „befreiten“ Borg lag. „Dann sind wir auf diese Borg gestoßen und… und ich hatte plötzlich das Gefühl, dass ich etwas von dem, was wir angerichtet haben, wieder gut machen könnten. - Dass wir den letzten noch verbliebenen Borg helfen könnten, wieder zu leben. - Als die, die sie einst waren. -- Und jetzt... jetzt sind sie alle zum Tode verurteilt. - Diese Anti-Borg-Vereinigung wird sie erbahmungslos abschlachten. -- Und ich bin schuld.“
    „Sie? – Wieso das?“
    „Wenn ich bei dem Hearing besser argumentiert hätte, dann…“
    „Stopp!“, unterbrach Chakotay sie. „Damit dürfen Sie gar nicht erst anfangen, Captain. - Dieses ganze Hearing war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Das hatte Tema’na ganz richtig erkannt. - Es sind Borg. Und wenn es um Borg geht, siegen bei den meisten noch immer die Vorurteile.“
    Janeway seufzte. „Wenn Ihnen das hilft nachts besser zu schlafen, Chakotay… - Mir hilft es nicht.“

    Zusammengekauert saß Crewman Annika Hansen, ehemals Seven of Nine, auf dem Boden der Astrometrie. Den Rücken hatte sie an eine der Konsolen gelegt. – Und sie weinte. Sie weinte so sehr, wie sie es früher niemals für möglich gehalten hatte…

    Frachtschiffe der Antiborgvereinigung flogen auf den Planeten der Befreiten zu.
    Kuben stiegen von der Oberfläche auf und kamen ihnen entgegen und eröffneten das Feuer. Einige der Frachtschiffe wurden vernichtet. Die restlichen erwiderten das Feuer der Kuben und vernichteten schnell mehrere dieser.
    Und es war klar, wer diese Schlacht gewinnen würde…

    - Ende -



    ...und die Reise geht weiter - am Sonntag, den 17.11.2002

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    FLÜCHTLINGE II
    based upon "STAR TREK" created by GENE RODDENBERRY
    produced for TREKNews NETWORK
    created by RICK BERMAN & MICHAEL PILLER and JERI TAYLOR
    executive producers SEBASTIAN OSTSIEKER & MARKUS RACKOW
    co-executive producers NADIR ATTAR & CHRISTIAN GAUS
    producers MILA FRERICHS & STEPHAN DINGER
    co-producer OLIVER DÖRING
    written by SEBASTIAN OSTSIEKER

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    • Hallo Gast - Aufgrund des vielen Spams müssen leider ein paar Fragen beantwortet werden.

      Bitte der Reihe nach durchführen, sonst kann das Captcha nicht erfolgreich abgeschlossen werden...
      Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
      Schritt 2: und wenn es in der Nacht nicht hell ist, sollte hier der Haken raus!
      Schritt 3:

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