Zugegeben, am Anfang war ich doch etwas skeptisch was den Inhalt des Buches betrifft. Schon wieder eine oberflächliche Zusammenfassung der Geschichte von STAR TREK. Ich habe von der Classic-Serie bis STAR TREK: ENTERPRISE alles gesehen und besonders in den 90er Jahren viele der peinlichen Berichterstattungen verfolgt. Also konnte ich mir zu Beginn kaum vorstellen etwas neues zu erfahren. Die Vorworte von Dr. Hubert Zitt und Eugene Roddenberry bestärkten mich dann auch noch in meiner Skepsis. STAR TREK ist toll und die deutschen Fans sind sowieso die besten (wirklich!).
Doch schon nach wenigen Zeilen schob ich meine Vorbehalte beiseite. Die Autoren haben im ersten Teil wirklich gut recherchiert und viele Details zusammengetragen. Sehr genau wird zum Beispiel auf die Kürzungen der TOS-Episoden durch das ZDF eingegangen. Auch die dazugehörige deutsche Synchronisation, die zwar qualitativ nicht schlecht war aber inhaltlich oft Aussagen und Tatsachen verdrehte, wird Stück für Stück analysiert. Einige Fans wissen wahrscheinlich gar nicht, dass die Classic-Serie im original eine ganz andere Atmosphäre hat und dass den Charakteren die meisten Kalauer nur in der deutschen Fassung in den Mund gelegt wurden. Die Autoren gehen auch später immer wieder auf die Synchronisation ein und sprechen mir persönlich an vielen Stellen aus der Seele. Hier möchte ich Thomas Höhl und Michael Hillenbrand besonders bei der Bewertung der Synchronisation von STAR TREK: VOYAGER gratulieren. Ich habe damals die komplette Serie eigentlich nur im Original gesehen und war später entsetzt über die deutsche Fassung. Das betrifft nicht die Synchronsprecher selbst, viel mehr die Übersetzer und den verantwortlichen Ulrich Johannson. VOYAGER ist ein grandioses Beispiel dafür, dass eine durchgängig mittelmäßige Serie durch eine schwache Synchronisation noch einmal an Reiz verliert und letztendlich in der deutschen Fassung viel schlechter abschneidet als im Original. Die Verantwortlichen legen den Charakteren teilweise erfundenes Technik-Gebabbel in den Mund, amerikanisieren da, wo es viel einfacher wäre einen deutschen Begriff zu verwenden und nehmen den Charakteren durch ständiges gesieze ein großes Stück Glaubwürdigkeit. Genau diese Tatsachen erkennen die Autoren von "STAR TREK in Deutschland" und sprechen viele Dinge im richtigen Ton an. Wer sich übrigens selbst mal ein Bild von der Verstümmlung machen will, der vergleicht am besten einige Dialoge von Seven of Nine im Original mit der deutschen Fassung.
Neben der Synchronisation spielen in dem Buch die deutschen Printmedien eine große Rolle. Von Beginn an werden die Reaktionen von Magazinen wie Gong, Spiegel oder Cinema auf STAR TREK analysiert und mit entsprechenden Anmerkungen bewertet. Hier wird zurecht hart und schonungslos kommentiert, denn noch in jüngster Vergangenheit haben diese "seriösen" Magazine einen unglaublichen Blödsinn verzapft. Oftmals wurden Kritiken von Leuten geschrieben, die den Inhalt nicht verstanden, oder das entsprechende Material gar nicht gesehen haben. Bei keinem anderen Franchise geht es in den Berichten und Artikeln mehr um "die bekloppen Fans", als um den Inhalt des Films oder der Serie. Bei dem Umgang der Redaktionen mit Leserbriefen von wütenden Fans kommt man einfach aus dem Lachen nicht mehr raus. Arrogante Statements und Selbstverliebtheit sind hier bei den Verantwortlichen an der Tagesordnung. Eine Tatsache, die man auch heute noch bei den entsprechenden Magazinen zu völlig anderen Themen beobachten kann.
Die erbärmlichen Versuche das Thema STAR TREK auch in untypischen Fernsehformaten auszuschlachten, wurden ebenfalls nicht vergessen. Während die privaten Sender in den 90er Jahren STAR TREK in diversen Talkshows zum Thema machten, versuchten die öffentlich-rechtlichen Anstalten es mit investigativen Journalismus. Die Autoren beschreiben zum Beispiel einen perfiden Bericht, der Ende der 90er Jahre in der ARD ausgestrahlt wurde. Damals wurden willkürlich Bilder zusammengeschnitten und aus dem Zusammenhang gerissen um letztendlich zu Beweisen, dass es sich bei STAR TREK und Science-Fiction um einen gefährlichen, sektenartigen Kult handelt(!).
Auf den ersten 250 Seiten beschreiben Thomas Höhl und Mike Hillenbrand grandios viele solcher Beiträge und finden dabei eine gute Mischung aus Information und Unterhaltung. Die Kommentare und Schlussfolgerungen sind immer treffend und gut nachzuvollziehen. Die teilweise etwas härtere Gangart ist in meinen Augen vollkommen berechtigt und wirkt immer authentisch.
Nach dem wirklich sehr interessanten ersten Teil nimmt das Niveau leider etwas ab. Im zweiten Kapitel geht es hauptsächlich um das deutsche Fandom, um Conventions, Fanprojekte, Vereine, Clubs und Internetauftritte. Zwar wird weiterhin sehr detailliert Berichtet, allerdings fast ohne eigene Anmerkungen oder Kommentare, die den ersten Teil noch so interessant gemacht haben. Interviews mit Robert Amper (Raumschiff Highlander) oder Dr. Hubert Zitt sind nicht unbedingt schlecht, bieten aber auch fast keine neuen Informationen. Recht interessant ist die Geschichte vom Fanclub STCE (STAR TREK central Europe) und die Zusammenhänge zum heutigen offiziellen deutschen Fanclub OSTFC. Die Entstehung des STANDBY-Teams, das später für die Übersetzung einiger Drehbücher verantwortlich war, ist ebenfalls erwähnenswert. In den Berichten über deutsche Conventions steht zurecht die FedCon und Veranstalter Dirk Bartholomä im Mittelpunkt, aber auch alle anderen Veranstaltungen, die es in der Vergangenheit in Deutschland gab, werden mehr oder weniger ausführlich erwähnt.
Insgesamt ist mir dieses Kapitel einfach zu oberflächlich. Ich hätte mir eine differenziertere Sichtweise über das Fandom gewünscht und vielleicht auch mal ein paar negative Dinge angesprochen. Kein kritisches Wort z.B. über die dubiose Spendenaktion für eine 5. Staffel von STAR TREK: ENTERPRISE. In das Projekt TrekUnited waren schließlich auch Personen aus dem deutschen Fandom sehr stark involviert. Viele Leute die sich damals kritisch zu dem Projekt geäußert haben, wurden teilweise auf das übelste beschimpft. Ich selbst habe für einen Aprilscherz aus dem Jahre 2005 (ENTERPRISE gerettet! - Die fünfte Staffel kommt) sehr viele Hass-eMails bekommen, über deren Inhalt ich lieber nicht sprechen möchte. Ein kleiner Bericht über die extremen Fanatiker wäre sicherlich nicht verkehrt gewesen, denn auch das gehört zu "STAR TREK in Deutschland". Ein weiteres Ärgernis sind bestimmte Verbindungen, die in dem zweiten Kapitel offensichtlich eine Rolle spielen. In der Rubrik "STAR TREK im Internet" werden zufälligerweise die beiden Seiten am ausführlichsten beschrieben, die stark mit dem SpaceView-Verlag verbunden sind. Etwas mehr Objektivität wäre hier sicherlich nicht verkehrt gewesen.
Im dritten und kürzesten Kapitel geht es um STAR TREK Romane. Auf knapp 60 Seiten wird beschrieben welche Romane lesenswert sind. Außerdem wird auch ein wenig über die Zukunft von STAR TREK Romanen in Deutschland gerätselt. STAR TREK in Buchform abschließend nochmal kurz in einem eigenen Kapitel zu behandeln ist durchaus ein guter Einfall und nicht zu kritisieren.
Bewertung von Jens Großjohann | |
"STAR TREK in Deutschland" ist ein Buch, das eigentlich aus zwei Teilen besteht. Der erste Teil beschreibt hervorragend wie missverständlich die deutschen Medien seit fast 40 Jahren mit dem Thema STAR TREK umgehen. Das Ganze ist leserlich und informativ, die Kommentare und Schlussfolgerungen sind treffend. Der zweite Teil befasst sich oberflächlich mit dem Fandom in Deutschland, kritische Bemerkungen findet man so gut wie gar nicht und einige Berichte wirken leider wie Freundschaftsdienste.
Quelle: treknews.de
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