Diese Episode bietet uns eine hochinteressante Kontroverse, über welche man am Ende noch lange nachdenken kann. Leider wird der Gesamteindruck jedoch durch kleine handwerkliche Schwächen getrübt, worauf ich später noch einmal eingehen möchte.
Im Mittelpunkt steht dabei die zentrale Frage, ob man einen Völkermord begehen darf, um seine eigene Spezies zu retten. Dabei wird natürlich impliziert, dass man die Cylonen für ein Volk hält. Es gibt natürlich auch Menschen wie Lee Adama, die in den Cylonen eben nicht empfindungsfähige Lebewesen, sondern von Menschenhand konstruierte Maschinen sehen. Die Frage danach, als was die Cylonen nun einzustufen sind, zieht sich inzwischen durch die gesamte Serie. Eine Antwort haben wir auch dieses Mal nicht erhalten und ehrlich gesagt rechne ich auch gar nicht damit. Vielmehr muss der Zuschauer selbst Stellung zu der Thematik beziehen.
Kann man Genozid moralisch legitimieren? Die Episode zeigt uns die verschiedensten Sichtweisen zum Thema auf und auch ich tue mich schwer damit, diese Frage mit Ja zu beantworten. Sicherlich, man hätte damit das Problem von einen Tag auf den anderen gelöst. Doch ist jedes Mittel für den Erfolg recht? Wo bleibt am Ende die Moral? Wir sollten inzwischen erkannt haben, dass es nicht den Cylonen gibt. Dieses Volk besteht ebenfalls aus Individuen mit teilweise gravierend abweichenden Ansichten. Ergo können darunter Unschuldige sein, quasi Zivilisten, die ebenfalls zu Tode kämen. Das Beispiel Sharon hat gezeigt, dass Cylonen sich sehr wohl anders entscheiden und nicht einfach nur Gefangene ihrer Programmierung sind. Mit dem Einsatz des Biovirus würde sich die Menschheit am Ende auf das gleiche Niveau herab begeben wie ihre Angreifer. Worin bestünde dann noch der Unterschied zwischen den beiden Spezies? Man könnte es auch pragmatischer sehen: würde die Vernichtung der Cylonen scheitern, würde es Überlebende geben, so würden diese blutige Rache nehmen wollen. Jedwede Chance auf Frieden, egal wie klein sie auch gewesen sein mag, wäre damit für immer vernichtet worden.
Andererseits: kann man dem Teufelskreis überhaupt entfliehen? Sind Menschen und Cylonen vielleicht sogar dazu verdammt, sich bis an das Ende aller Tage zu bekämpfen, bis eine der beiden Spezies obsiegt hat? Ich denke aus den bereits oben angeführten Punkten nicht. Auch halte ich die Cylonen für Lebewesen, denn sie erfüllen meines Erachtens alle Kriterien hierfür. Sie besitzen einen freien Willen, eine eigene Kultur, folgen ihren Gefühlen und sind zu eigenständigem Denken fähig. Sie erkennen den Unterschied zwischen Gut und Böse. Dies sind für mich Merkmale eines empfindungsfähigen, intelligenten Lebens. Zu oft in der menschlichen Geschichte ist es schon vorgekommen, dass man anderen ihre Rechte vorenthalten hat, weil man sie einfach nicht als Menschen und damit grundrechtsberechtigt angesehen hat. Auch erkennt man durchaus Tendenzen in der Geschichte des Krieges, den Gegner möglichst stark zu entmenschlichen, um jedwedes Mittel gegen ihn besser rechtfertigen zu können.
Schön zu wissen, dass nun doch ein wenig erklärt wurde, wieso der Virus so todbringend und dass er mehr ein Versehen gewesen ist.
Etwas „out of character“ fand ich in dieser Episode die Präsidentin. Die ehemalige Grundschullehrerin, die sonst immer auf den Pfaden der Götter wandelt, spricht sich erstaunlich klar für den Einsatz der Biowaffe aus. Admiral Adama, sonst stark im Verkörpern eigener Ansichten, ist hier der regierungstreue Soldat, der die Befehle des Oberbefehlshabers befolgt. Ein interessanter Kontrast. Zum Schluss besinnt er sich dann doch seines Gewissens und beschließt, nicht gegen Agathon zu ermitteln. Lob an dieser Stelle für Tahmoh Penikett, dessen Szenen als Helo großartig waren. Endlich einmal hat Captain Agathon wieder etwas zu tun und seine Dialogzeilen sind fantastisch. Er wurde in der letzten Zeit einfach zu stark vernachlässigt. Dies ändert sich zum Glück mit der dritten Staffel. Auch Sharon bekommt wieder mehr zu sagen und sie macht mal wieder ihre angespannte emotionale Situation deutlich. Sie fühlt sich ständig beobachtet, so als ob man ihr nicht Vertrauen könne und sie eine Gefahr darstelle. Eine leider für viele Menschen mit Migrationshintergrund fast alltägliche Erfahrung. Schön, dass auch so etwas angesprochen wurde. Fast gar nicht zu sehen waren dafür Tigh, Starbuck und Tyrol. Naja, die hatten ja in den letzten Episoden genug Screentime.
Obskur war für mich auch die Folterszene mit Gaius Balter, obwohl sie möglicherweise eine so simple wie gute Botschaft verbreitet: nur durch Liebe kann man den Schmerz, die Angst besiegen. Wie auch auf der Galactica haben wir es hier mit der Liebe zwischen einem Menschen und einer Cylonin zu tun. Das Miteinander der beiden Spezies ist also möglich!
Einen dicken Patzer bietet das Drehbuch dann auch noch. Wieso, wenn man so schnell wie möglich wieder das Gefechtsfeld verlassen will, warten Lee und die Marines nicht in der Arrestzelle, um auf Kommando den tödlichen Schuss abzugeben und so der Galactica genug Zeit zum Rückzug zu bieten? Hier haben wir es wohl mit einem kleinen Trick der Autoren zu tun, denn ansonsten hätte wohl Helos Vereitelung nicht klappen können. Schade, denn sonst ist BSG immer so sehr auf Logik bedacht. Auch die Aufarbeitung der Ereignisse fällt leider etwas unter den Tisch. Vielleicht hätte man die Schwerpunkte bei diesem Zweiteiler etwas anders setzen sollen.
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