Schade! Die Episode der verpassten Möglichkeiten. Zwar erfahren wir endlich mehr über die Zeit auf New Caprica, bevor die Cylonen den Planeten besetzt hatten, aber verpackt wurde dies in eine meiner Meinung nach fragwürdige Gesamtgeschichte.
Viel zu lange haben wir auf Bilder von New Caprica warten müssen. Dies wurde bisher vernachlässigt und im Verlauf dieser Staffel wird dies leider auch so bleiben. Was wir jedoch sehen, ist interessant. Nicht nur gestattet uns diese Rückblenden ein Wiedersehen mit Helen Tigh oder Duck, sondern sie lassen uns auch die Hoffnung spüren, welche sich die Menschheit für einen kurzen Moment lang machte. Es herrscht ein neuer Pioniergeist, viele widmen sich neue Perspektiven oder nutzen die Gelegenheit, um einmal zu verschnaufen. Die Menschen sitzen zusammen, trinken und lachen gemeinsam. Auch wenn man ursprünglich gegen die Besiedelung gewesen ist, so wünscht man den Hauptfiguren doch ein klein wenig Glück. Man bemerkt einen Optimismus, der in der Serie selten geworden ist.
Auch Laura Roslin scheint ihre Niederlage bei der Präsidentschaftswahl verdaut zu haben und scheint sich sogar zu freuen, wieder in ihrem alten Beruf arbeiten zu können. Endlich muss sie nicht mehr überlebenswichtige Entscheidungen treffen, die das Wohl der Menschheit beeinflussen, sondern kann sich ganz der Pädagogik widmen. Natürlich hat ihr die Präsidentschaft Spaß gemacht, aber welcher Mensch möchte nicht einmal etwas Verantwortung abgeben und dadurch bedingt etwas freier auftreten? Interessant ist dabei ihre Interaktion mit dem Admiral. Einmal mehr fragt man sich, wie die Beziehung zwischen den beiden aussieht. Ist sie nun rein platonischer Natur oder ist mehr drin?
Gaius Baltar scheint nicht der erwartete Präsident des Untergangs zu sein, sondern der Hoffnung. Man hat sich mit seinem Sieg abgefunden, unterstützt ihn sogar, während er mutig immer neue Projekte in Angriff nehmen lässt. Auch dies passte zu dem damaligen Optimismus.
Längst überfällig war die Klärung der Frage, woher die plötzliche Abneigung zwischen Starbuck und Apollo kommt. Nun also wissen wir es: Lee gestand ihr seine Liebe und keine 24 Stunden später muss er erfahren, dass sie Samuel Anders geheiratet hat. Das wirft natürlich kein gutes Licht auf Lees Beziehung zu Dualla, die scheinbar wirklich nur ein Ersatz für Starbuck ist. Schade, denn das hat die junge Frau, welche sich nun auf die Pegusus hat versetzen lassen, nicht verdient. In jener Zeit hatte Lee Adama übrigens noch sein Idealgewicht. Ob seine Fettleibigkeit auf dieses Erlebnis mit Starbuck zurückzuführen ist? Möglich wäre es!
Wie ist Starbucks Entscheidung zu bewerten? Gut möglich, dass die gute Frau immer noch Gewissensbisse wegen Zak hat und sich deswegen nicht in eine neuerliche Beziehung mit einem anderen Adama traut, zudem der Admiral ja wie ein Vater für sie ist. Oder die gute Kara ist einfach nicht beziehungsfähig, wodurch auch ihre Ehe mit Sam Anders unter keinem guten Stern steht. Die Szene mit Sam in der Koje spricht nahezu Bände. Schlussendlich bleibt natürlich auch noch die Möglichkeit, dass sie inzwischen wirklich Anders liebt und die Situation mit Lee nur ein aufgrund des Alkohols geschehener Ausrutscher gewesen ist. Kara Thrace bleibt weiterhin eine absolut undurchsichtige und schwer einzuschätzende Figur.
Großartige Charaktermomente bot diese Episode, dennoch bin ich mit ihr nicht zufrieden. Dazu ist die Rahmenhandlung zu seltsam. Sie weckt in mir Assoziationen zur Voyager-Episode „Der Fight“, welche ebenfalls eine Boxthematik in die Handlung einwob. Kritiker bezeichnen sie gerne auch als „schlechteste Voyager-Episode aller Zeiten“. Um Missverständnisse vorzubeugen: ich liebe den Boxsport, schaue mir sehr gerne Kämpfe an! Doch Tradition, als solches bezeichnet der Admiral ja diese Kämpfe, hin oder her, es ist für mich einfach zu schwer nachvollziehbar, dass sich gerade in Kriegszeiten fast das gesamte Führungspersonal des Schiffes in den Ring begibt, sich gegenseitig vermöbelt und dadurch der erheblichen Gefahr einer Verletzung aussetzt. Immerhin tragen die Sportler hier keine schützenden Helme. Auch kann es für eine Befehlskette und Kommandohierarchie nur Gift sein, wenn Soldaten aller Dienstgradgruppen aufeinander einschlagen. Ressentiments und unterschwelligen Aggressionen wird hier Tür und Tor geöffnet und wie sollen sich gerade geschlagene Offiziere wieder bei unteren Mannschaftsdienstgraden rehabilitieren können? Was, wenn in diesem Moment die Cylonen angreifen und fast alle wichtigen Entscheidungsträger befassen sich mit dem Kampf? Gerade dass der Admiral trotz seines hohen Alters in den Ring steigt, ist meines Erachtens nicht mutig, sondern einfach nur dumm.
Ohnehin haben wir schon wieder einen Subplot, bei dem sich der Admiral selbst vergeben muss. Selbstverständlich gehören Selbstzweifel zu den prägendsten Charakterzügen des alten Mannes, dennoch wird mir dieser Aspekt inzwischen zu übertrieben. Den Zorn auf den Chief konnte ich jedenfalls nicht nachvollziehen. Zwar war dieser vermutlich der Erste, der um Erlaubnis der Ausmusterung bat. Ihm dies aber zum Vorwurf zu machen, passt gar nicht zum sonst so auf das Wohl seiner Crew bedachten Admiral. Ist es verwerflich, dass die Soldaten an Bord mögliche neue Perspektiven ausloten? Immerhin ist aus ihrer Sicht das Versteckspiel vorbei, die Cylonen schienen nicht wiederzukommen. Wieso projiziert William Adama seine Selbstzweifel so sehr auf Tyrol? Scheinbar wirkt er als Katalysator, um die eigenen Probleme verarbeiten zu müssen. Dennoch für mich nur schwerlich nachvollziehbar.
Handwerklich gibt es allerdings nichts zu meckern. Die Kameraführung bei den Kämpfen ist mehr als ansprechend und die Flashbacks animieren durch ihre gute Einbindung zum weiterschauen. Musikalisch bietet uns Bear McCreary auch mal wieder großartige Musikstücke. Durch eine leicht veränderte Rahmenhandlung wäre jedoch eine höhere Wertung möglich gewesen.
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