Nach langer Vorbereitung ist es endlich soweit, der nach der New Caprica Handlung zweite Höhepunkt der dritten Staffel hat endlich begonnen. Natürlich ist die Rede vom Prozess gegen Gaius Baltar, der mich nicht enttäuscht hat. Ich selbst bin ja Fan von Gerichtsfilmen und –serien, daher traf die Handlung genau meinen Geschmack. Zudem gab es exzellente Dialoge, die einen wirklich nachdenklich machen. Dabei ist Romo Lampkins Ansatz, Gaius Baltar sogar als Retter der Menschheit darzustellen, durchaus provokant, aber auch interessant.
Wieder einmal muss sich jeder beim Betrachten dieser Episode selbst fragen, was Gerechtigkeit ist, ob dieser überhaupt genüge getan werden kann und wie man Gaius Baltar bestrafen soll. Gleich zu Beginn zeigt sich noch einmal, dass man ihm gleich auch noch Völkermord anlasten soll, was aber die Staatsanwältin glücklicherweise ablehnt. Auf den Doktor wird der gesamte Hass der Menschheit projiziert, wie sich im Verlauf der Verhandlungen auch mehrfach zeigt.
Am deutlichsten wird dies an Saul Tigh. Seine Aussage, dass er alles sagen würde, nur um Gaius Baltar verurteilen zu lassen, spricht Bände. Er macht den Doktor allein für den Tod seiner Frau Ellen verantwortlich. Der damalige Präsident hätte sie in die Arme der Cylonen getrieben. Tigh, dessen Aussage, er könne sicht inzwischen nicht mehr an den Geruch seiner verstorbenen Frau erinnern, bewegend ist, sucht einen Schuldigen, nur um seine eigenen Hände in Unschuld waschen zu können. Ausgerechnet die inhaftierte Number Six kann seinen Schmerz in gewisser Weise nachempfinden und durchschaut ihn, was dem Colonel ganz und gar nicht gefällt. Zu allem Überfluss hört er auch noch ein mysteriöses Geräusch, welches ihn in den Wahnsinn zu treiben scheint. Er wird schließlich von seinen Pflichten entbunden und Captain Agathon wird, erstmals wieder seit der Zeit auf New Caprica, wieder erster Offizier der Galactica.
Er ist jedoch nicht der einzige, der diese Laute vernimmt. Auch Chief Tyrol hört sie, Tory Foster und Sam Anders, der auf einmal auch in die Pilotenausbildung gegangen ist und damit seiner verstorbenen Frau nacheifert. Schade, hier hätte man ruhig ein paar Szenen zeigen sollen, um die innere Motivation von Sam deutlich zu machen. So wird der Zuschauer jedoch regelrecht von dieser überraschenden Charakterentwicklung überrumpelt. Tory selbst wird wohl auf seltsamste Weise vom Geräusch beeinflusst, sie wirkt aufgedreht und ungepflegt. Teilen alle etwa einen kollektiven Wahn, eine Folie a Deux?
Romo Lampkin schafft es schließlich sogar, dass sich Lee Adama gegen seinen Vater stellt. Abermals, wie schon am Ende der ersten Staffel, folgt Lee dem Ruf seines Gewissens und trifft eine unpopuläre Entscheidung. Admiral Adama gibt seinem Sohn zudem noch die Schuld am Zusammenbruch Tighs und besitzt seinem besten Freund gegenüber eine größere Loyalität als zu seinem Sohn. Hier sind wieder die beiden Dickköpfe der Adamafamilie aneinander geraten, dieses Mal jedoch mit scheinbar finalen Konsequenzen: Lee quittiert den Dienst in der kolonialen Flotte. Ob dieser Ausstieg permanent sein wird, bleibt abzuwarten, schockierend bleibt er dennoch. Auch von seiner Ehefrau kann Lee keine Unterstützung erwarten. Obwohl er in der vorletzten Episode noch gegenüber Starbuck erklärt hatte, dass seine Ehe mit Anastasia Dualla besser laufe denn je, verlässt sie ihn. In ihren Worten hört man den ganzen Frust, den die Tagen von Gaius Baltar mit sich bringt. Gleichzeitig sind ihre Worte äußerst gefährlich, denn wie stabil kann ein System sein, an das nicht einmal die glauben, die es zu verteidigen geschworen haben?
Die letzte Überraschung der Episode besteht darin, dass Laura Roslin wieder erkrankt ist. Scheinbar war ihre Heilung in der zweiten Staffel nicht permanenter Natur. Was wird dies nun für die Zukunft bedeuten? Bisher lässt die Episode offen, wie weit fortgeschritten der Krebs inzwischen ist. Die Verhörszene zwischen der Präsidentin und Lee ist jedoch fantastisch umgesetzt und die Warnungen Roslins in die Richtung des ehemaligen CAG machten deutlich, wie brisant die Thematik doch war. Doch woher wusste Lee, wie das Kamala in der Kaffeetasse der Präsidentin riecht? Hat er etwa in der Schulzeit eine geheime Drogenvergangenheit gehabt, in welcher er mit dem halluzinogenen Stoff experimentiert hat? Egal, nun darf also wieder spekuliert werden, ob es doch ein sterbender Anführer ist, der die Menschen zur neuen Heimat auf der Erde führen wird.
Die ganze Episode bietet nur wenig Anlass zur Kritik. Die schauspielerischen Leistungen wissen ebenso zu überzeugen wie das Drehbuch und auch die Musik. Nach einigen mäßigen Episoden in der zweiten Hälfte dieser Staffel findet BSG hier wieder zur alten Form zurück. Und das Beste ist: der zweite Teil wird sogar noch besser!
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