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  • Interview mit Sven Haupt über seinen Roman „Stille zwischen den Sternen“

    Sven Haupt - Autor
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    Was macht ein Autor, welcher den Deutschen Science-Fiction Preis 2021 (Kategorie Roman, "Die Sprache der Blumen") gewonnen hat? Die Antwort ist ganz einfach, er reicht gleich noch einen weiteren Roman hinterher, welcher definitiv das Zeug für den nächsten Preis hat.

    Sven.pngMit „Stille zwischen den Sternen“ legt Sven Haupt dem Leser einen Science-Fiction-Roman nicht nur in die Hände, sondern auch ins Herz. Gefühlvoll und mit einer gut gelungenen Portion Philosophie entdeckt man die Hauptfiguren und denkt unweigerlich über sein Leben und die Zukunft nach. Sven Haupt hat sich ein wenig Zeit genommen, um ein paar Fragen zum Inhalt seines Romans und zu seiner Person zu beantworten – Vorab danke und euch viel Spaß beim Interview:

    Wie hast du dich auf deinen Roman vorbereitet?

    Die erste Inspiration zu meinem neuen Roman „Stille zwischen den Sternen“ kam mir, als ich vor einigen Jahren aus purer Neugier im gewaltigen Universum von EVE Online recherchierte. Dort sind die Piloten der Raumschiffe in Kapseln eingeschlossen, über welche sie sensorisch in ihr Schiff integriert werden und die bei der Zerstörung eines Transportmittels einfach ausgeworfen werden können. Mir stellte sich sofort die Frage, wer wohl der erste Mensch gewesen war, der sich selbst auf diese Weise als Raumschiff wahrnehmen konnte. Ich vergaß umgehend alles andere und begann zu grübeln, welche Geschichte dieser Mensch wohl erzählen würde, nachdem er als erstes Wesen überhaupt ohne seinen physischen Körper das Universum erkunden durfte. Es hat mich zwei Jahre gekostet es herauszufinden und ich war selten beim Schreiben selbst so überrascht.

    Du erklärst viele wissenschaftliche Prozesse verständlich und anschaulich, wie bist du dabei vorgegangen?

    Vielen Dank, das ist sehr freundlich. Ich habe gerade erst ein Feedback bekommen, dass diesen Aspekt meines Romans unter „Physik-Babbel“ und „Techno-Babbel“ verbucht, deswegen ist es schön zu sehen, dass andere Leser da gelassener sind. Man sieht aber daran auch sehr deutlich, wie schmal dieser Grat in der Science-Fiction sein kann. Wird man zu „hardcore“, verliert man Leser, welche keinen Abschluss in Physik haben, behandelt man aber den Science-Aspekt scheinbar zu respektlos, verärgert man die Tech-Nerds. Ich versuche dabei möglichst entspannt zu bleiben und jeden technologischen Aspekt umso heiterer und selbstironischer darzustellen, je weniger ich ihn tatsächlich mit Inhalt füllen kann. Meine Bücher sollen auch nie Hardcore-Sci-Fi werden. Ich benutze gerne Sci-Fi-Settings, doch am Ende sind es Entwicklungsromane. Dabei ist die quantenverschränkte Bewusstseinsmatrix zwar Teil der Handlung, doch in der Regel macht sich dann in der gleichen Szene zügig jemand über den hoffnungslosen Versuch lustig, physikalische Label für etwas Unbeschreibliches zu benutzen. Mir sind die Entwicklungen der Protagonisten viel wichtiger, denn ihre Sorgen und Bestrebungen transportieren die Handlung, nicht der Gravitationsmotor.

    Der Einstieg liest sich sehr überraschend - Eine KI angeklagt wegen Mordes. Ein schon in sich philosophischer Akt. Was denkst du, wie lange wir noch auf so eine KI wie Jane warten müssen?

    Ich fürchte, wir werden keine bekommen. Es wird nicht möglich sein, ein sich selbst bewusstes Wesen künstlich zu erschaffen, solange wir keinen blassen Schimmer haben, wie Bewusstsein überhaupt entsteht. Von der Klärung dieser Frage sind wir nicht nur endlos weit entfernt, wir wissen nicht einmal in welche Richtung wir dafür schauen müssen. Mein Verdacht ist, dass wir am Ende lernen werden, dass Bewusstsein keine Eigenschaft der Materie ist, sondern das Materie aus Bewusstsein entsteht. Eine Erkenntnis, welche uns der Buddha nebenbei schon vor zweieinhalb tausend Jahren gelehrt hat. Was ich mir jedoch vorstellen kann ist, dass eine Maschine hinreichend komplex genug wird, um darin die Reinkarnation eines Menschen zu erlauben. Dieses Motiv haben Terry Pratchett und Stephen Baxter in „Die Lange Erde“ bereits auf großartige Weise aufgegriffen.

    Was war deine Idee bei dem viktorianischem Stil von Jane?

    Am Anfang stand eine eher harmlose Frage. Ich brauchte eine virtuelle Kommandobrücke für Hiens Aufklärungsschiff und lief damit leider direkt in eine Sackgasse, weil Hien so etwas nicht akzeptieren würde. Jane musste also bei diesem Aspekt helfen. Als ich ihren Charakter zu erforschen begann, realisierte ich schnell, dass sie eine extreme Tiefe und Komplexität hatte und dass ihre glaubwürdige Beschreibung mich mehr Zeit kosten würde als Hiens. Je länger ich nach ihren Motivationen suchte, desto problematischer wurde es, denn sie schien besessen davon zu sein, ein Mensch werden zu wollen, auch wenn sie es nicht konnte. Welchen Weg würde sie also wählen, wenn sie versuchte ihre Träume visuell auszudrücken? Hier schien eine überbordende Ästhetik mit stark überzogenen ethischen Vorstellungen nützlich. Gewissermaßen als Überkompensation für unterdrückte ethische Zwangslagen und Verdrängungen. Als Bewältigungs-Mechanismus für einen Charakter, der in einem Zeitalter massiver technischer Herausforderungen und Umbrüche gefangen ist. Von da bis zum viktorianischen Zeitalter war es wirklich nicht mehr weit.

    stille-haupt-eridanus_cover-8579c972.jpgHien Otis ist als Figur körperlich sehr zerbrechlich, aber im Geist übermenschlich stark. Eine Hommage an alle, die nie die Chance hatten/haben ihr volles Potenzial auszuschöpfen oder ein Weckruf es zu versuchen?

    Es ist eine Hommage an das, was ich in meinem Leben bisher als wahre Stärke kennengelernt habe. Als Gegensatz zu der Stärke, mit der ich als Heranwachsender konditioniert wurde und die immer muskelbepackt war und Schwerter schwang. Die Frage, die ich mir in meinen beiden Roman auf unterschiedliche Weise stelle, ist: Was macht eigentlich Heldentum aus? Und wie sieht eine Stärke aus, wenn sie ohne Maschinengewehr auskommen muss? Bei dieser Frage werde ich auch noch mindestens zwei weitere Romane lang bleiben.

    Es ist Einsamkeit und Stille, die Otis sucht, um sich selbst zu finden. Da du selbst Buddhist bist, wie wichtig ist dir Stille?

    Stille ist absolut essenziell für mich. Ich bin hochsensibel, introvertiert und extrem leicht überfordert, wenn zu viel sensorischer Input auf mich einflutet. Darüber hinaus lehrt der Buddhismus, dass es keine tiefere Einsicht und Erkenntnis ohne Stille geben kann. Bedenkt man, dass wir in einer Zeit angekommen sind, in der nur extreme Lautstärke in sozialen Medien mit der erhofften Aufmerksamkeit belohnt wird, war es mir ein Bedürfnis Stille zu einem Hauptmotiv zu machen. Einen technisch hochgerüsteten Menschen in die tiefste Stille zu schicken, welche wir kennen, erschien mir also logisch und vernünftig. Außerdem war es mir ein Anliegen, zumindest den Versuch zu unternehmen, eine Geschichte im Weltraum zu erzählen, in welcher die Lösung nicht mit Waffen erkämpft werden kann und es keine heroischen Entscheidungen gibt, welche am Ende mit wehenden Fahnen und einer Fliegerstaffel gefeiert werden. Ich lese seit über dreißig Jahren Science-Fiction und bin der klassischen Motive in ihren stereotypischen Verkörperungen ein wenig müde.

    Es war sehr erfrischend eine Science-Fiction Story ohne Kampf und Action zu lesen, könntest du trotzdem so etwas schreiben?

    Ich habe mir genau die gleiche Frage gestellt und deswegen in meinem nächsten Roman eine Action-Verfolgungsszene eingebaut. Nach zwölf Überarbeitungen ist es nun eine Art Hommage auf die Slapstick-Verfolgungsszenen in alten Schwarzweiß-Filmen geworden. Ich bin also nicht sehr zuversichtlich, was Kampfszenen angeht.

    Du bist großer Fan von Isaac Asimov, wie stehst du zu Star Trek oder Star Wars?

    Ich liebe Star Wars und verehre Star Trek. Ich war ein Jahr alt, als der erste Star Wars Teil in die Kinos kam und angeblich habe ich geweint, weil ich den goldenen Mann im Schaufenster des Spielzeuggeschäftes nicht haben durfte. Mit Star Trek bin ich groß geworden und ein Universum, in welchem jeder Mensch gleichgestellt ist und alle nötigen Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommt, um mehr sein zu dürfen als nur ein funktionierendes Rad im Getriebe, ist immer noch meine liebste Utopie.

    Was würdest du deinen Nachkommen als wichtigste Lektion mit auf die Reise geben?

    Mein Sohn bekam schon, kaum dass er anfing mit mir zu diskutieren, in den Kopf gehämmert, dass er niemals aufhören darf Fragen zu stellen. Ganz besonders dann, wenn er absolut sicher ist, die Antwort zu kennen, denn erst dann werden Fragen wirklich gefährlich.

    Noch ein paar Lesetipps?

    Ann Leckie's erster Roman "Ancillary Justice" hat 2013 hochverdient jeden Preis gewonnen, den ein Science-Fiction Buch bekommen kann. Es hat ein klassisches SciFi-Setting, erzählt aus einer distinkt neuen und frischen Perspektive und ich finde es großartig.
    Die Geschichte, die mich in den letzten Jahren von ihrer Vision her am meisten beeindruckt hat, war "The story of your life" von Ted Chiang. Sie war außerdem die literarische Grundlage für den Film "Arrival". Ich musste sie zweimal lesen, bevor ich überhaupt verstanden habe, was der Autor strukturell geleistet hat und mir ist noch immer nicht klar, wie genau er das geschafft hat.
    Wer es anspruchsvoller mag und meinen ganz persönlichen Hardcore-SciFi-Geheimtipp haben will, dem würde ich einen Roman ans Herz legen, dessen brillante Visionen mich nach dreimal lesen immer noch vom Stuhl werfen, nämlich "Blindsight" von Peter Watts. Dieser Roman hätte 2007 den Hugo gewinnen müssen, denn Watts ist ein verkanntes Genie (Ich bin immer noch sauer).


    www.elektrischerengel.com

    www.eridanusverlag.de

    mock-up-stille-haupt-2.jpg

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    • Hallo Gast - Aufgrund des vielen Spams müssen leider ein paar Fragen beantwortet werden.

      Bitte der Reihe nach durchführen, sonst kann das Captcha nicht erfolgreich abgeschlossen werden...
      Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
      Schritt 2: und wenn es in der Nacht nicht hell ist, sollte hier der Haken raus!
      Schritt 3:

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