Jahrzehntelang galt Vitamin C als eine Art Wundermittel gegen Erkältungskrankheiten und ein Mangel daran als praktisch wichtigste Ursache solcher Infekte. Mittlerweile wurde dieser Glaube in zahlreichen Studien als Unsinn entlarvt. Auch anderen früher empfohlenen Vorbeugemaßnahmen ging es im Laufe der Zeit nicht grundlegend anders. Bis auf eine Ausnahme: Das häufige Händewaschen.
Die Hände waschen sollte man sich nicht nur nach einem Toilettengang und bevor man Lebensmittel anfasst, sondern auch, wenn man aus einem öffentlichen Verkehrsmittel kommt. Unter anderem deshalb, weil die Finger oft unwillkürlich Nasen- oder Augenschleimhäute berühren, wo Bakterien und Viren eine ideales Basis zum Einnisten im Körper finden. Noch wichtiger ist das Händewaschen nach dem Händeschütteln. Allerdings kann man weniger vertraute Personen durchaus irritieren, wenn man dieses Händewaschen in für sie erkenntlicher Weise sofort nach dem Grußritual durchführt.
Seit die Schweinegrippe sich ausbreitet, macht man sich vor allem in Nordamerika zunehmend Gedanken über eine Abschaffung des Händeschüttelns als Begrüßungs- und Bekräftigungsritual. So informierte etwa die Northeastern University ihre Absolventen, dass sie dieses Jahr ihre Diplomurkunden nicht mehr mit dem traditionellen Handschlag in Empfang nehmen sollten und Behörden sprachen allgemeine Empfehlungen für "social distancing" aus, die einen weitgehenden Verzicht auf diese Praxis beinhalten.
Der Unternehmer Brad Feld, der Anfang des Jahres eine Kampagne gegen das Händeschütteln ausrief, gab mittlerweile allerdings enttäuscht auf und bezeichnete sein Vorhaben als "völligen Fehlschlag", weil sich mit der Zeit herausstellte, dass es einfacher für ihn war, sich nach jedem Handschlag die Hände zu waschen, als immer wieder von neuem erklären zu müssen, warum er die sachliche Vernünftigkeit vor die soziale Pflicht setzte.
Dem Ritual scheint auch deshalb schwer beizukommen, weil sich noch keine einheitliche Alternative durchsetzen konnte, obwohl vielerlei ausprobiert wird: Unter Pandemieforschern soll beispielsweise der "elbow bump" propagiert werden, während Fox News das von einer Autorin erfundene "palm smile" als alternatives Begrüßungsritual empfahl. Die Firma OpenCandy wiederum beschloss auf eine Anregung des Bloggers Michael Arrington hin, bei ihren Vorstandssitzungen das Händeschütteln durch "fist bumps" zu ersetzen.
Die in Europa noch vor wenigen Jahrzehnten verbreitete Begrüßungsgeste des Hutziehens dürfte dagegen allein deshalb schwer wiederbelebbar sein, weil aus der früheren Standard-Kopfbedeckung ein eher selten getragenes Accessoire wurde. Eine ohne solche Hilfsmittel gangbare Alternative wäre die Verbeugung. Ihre enorme Bandbreite, die vom leichten Zunicken bis zum ausgewachsenen Kotau reicht, kann soziale Informationen mindestens genauso gut übermitteln wie die Festigkeit eines Händedrucks. Aus gesundheitlicher Sicht klar abzuraten wäre dagegen von dem im islamischen Kulturkreis unter Gleichgeschlechtlichen teilweise üblichen Wangenkuss: Er ist ebenfalls dazu geeignet, ansteckende Krankheiten zu übertragen. Selbiges gilt für die Umarmung und den neuseeländischen Nasengruß, den "Hongi".
Ausgezeichnet als gesunde Alternative geeignet ist dagegen der Gruß der rationalsten vom Menschen erdachten Zivilisation - der vulkanischen. Er beinhaltet neben der mit gespreizten Fingern gezeigten Handinnenfläche auch die Formel "Live Long And Prosper", was gerade in pandemischen Zeiten gleich als Erklärung für das ungewöhnliche Verhalten dienen kann.
Quelle: Heise.de
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