Kurz vor dem Jahreswechsel reichte CBS und Paramount eine Klage gegen die sich selbst als "Fan Film" bezeichnende Produktion "Star Trek Axanar" ein. Die Vorwürfe: Multiple Copyright-Verletzungen der Marke "Star Trek". Kombiniert mit der Forderung, das Recht Schadenersatzforderungen festzustellen forderte CBS unter anderem auch eine Einstweilige Verfügung gegen die weitere Verbreitung von Star Trek Axanar. Im Artikel vom 31.12.2015 sind die genauen Details.
Nun meldete sich der Beklagte, Star Trek Axanar Produzent Alec Peters mit einer 29-seitigen Verteidigungsschrift, erstellt von der Kanzlei Winston & Strawn LLP, welche die Produktionsgesellschaft pro-bono ("gratis") vertritt zurück. Hierin geht man in die Offensive und versucht mit mehreren Argumenten dass die Klage selbst vom Gericht abgelehnt wird.
Winston & Strawn LLP ist eine internationale Großkanzlei, gegründet 1894, die derzeit über 900 Anwälte beschäftigt. Allein die Abteilung für geistiges Eigentum beschäftigt über 200 Anwälte - grundsätzlich ist Axanar also in guten Händen.
Das Team um Star Trek Axanar fordert unter anderem, dass der Kläger genau darlegt, welche Copyright exakt verletzt werden. Die Taktik hier: Das Star Trek Universum ist derart komplex und nirgends ist exakt zu lesen welche Dinge genau im Disput stehen:
"Der Kläger behauptet Inhaber von 'tausenden' von Copyrights in Bezug auf Star Trek Episoden und Filme zu sein, unterlässt es jedoch zu definieren welche Copyrights hiervon wir angeblich verletzt haben."
Diese Argumentationskette beruht auf der Abspaltung von CBS vom Viacom Konzern in 2006. Hierbei wurden damals die Rechte an Star Trek zwischen CBS und Paramount aufgeteilt. CBS behielt die Rechte an den TV-Serien, Paramount an den Kinofilmen. Dies ist eine sehr seltene Konstellation die nicht zwingend jedem klar ist. Axanar erwartet hier offenbar mehr Informationen wer tatsächlich die Rechte an welchem Copyright hat.
"Welche [Rechte] dem Kläger gehören ist entscheidend für die Bemühungen der Verteidigung die Ansprüche des Klägers zu prüfen, da es sein könnte, dass Werke, in welchen eine Rechteverletzung von einem der Kläger vorgeworfen wird, in wirklichkeit rechtlich dem Anderen [Kläger] zuzuordnen sind."
Axanar ist zudem der Ansicht, dass die Studios nicht gegen einen Film vorgehen können, dessen Produktion noch nicht begonnen hat. Man ist der Ansicht, dass die Klage allein schon auf dieser Basis fallen gelassen werden muss:
"Eine Kombination aus dem Versagen der Kläger ihre Copyrightansprüche im Detail darzulegen und der Versuch Copyrightansprüche basierend auf einem Film zu beanspruchen der noch nicht einmal produziert wurde. Die Ansprüche der Kläger basierend auf einem möglichen Fan-Film sind übereilt, nicht ausgereift und würden einen unzulässiges Vorab-Verbot für freie Meinungsäußerung darstellen. Daher müssen die Forderungen der Kläger abgelehnt beziehungsweise geschwächt werden."
CBS und Paramount sollen bis zum 29. Februar reagieren, haber aber bereits um einen zweiwöchigen Aufschub gebeten. Ziel dieser Art von Verteidigung ist sicherlich, das Gericht davon zu überzeugen, dass die Ansprüche formell falsch und daher abzuweisen sind.
Kommentar von Daniel Räbiger
Wow, das ist kreativ. In etwa so kreativ, wie wenn ein Zehnjähriger, nachdem er Geld aus dem elterlichen Geldbeutel gestohlen hat und Mami schimpft, ihr entgegenet: "Beweise du erst mal, dass das überhaupt dein Geld und nicht das von Papi war."
Eins ist dann aber trotzdem klar: nach kurzem Kopfschütteln der Mutter (Verzögerung der Entscheidung des Gerichts) gibt es eine ordentliche Tracht Prügel nebst Hausarest (einstweilige Verfügung),Taschendgeldkürzung (Schadenersatzzahlung) und eine Entschuldigung vom Drecks-Bengel an die Eltern (strafbewehrte Unterlassungserklärung).
Wie schon in meinem letzten Kommentar zu dieser Angelegenheit angemerkt, finde ich es vermessen und unerhört seitens des Axanar Produktions derart zu agumentieren. Ich bin kein Rechtsanwalt, kann mir aber schwer vorstellen, dass das Team von Rechtsanwälten um CBS und Paramount sich in der Tat einen eklatanten Formfehler geleistet hat, der einem Gericht keine andere Möglichkeit gibt, als die Anträge abzuweisen. Und überhaupt: nichts hindert CBS und Paramount selbst in einem solchen Fall daran, es gleich nochmal - dann in korrekter Form - zu tun. Das in meinen Augen auch zu Recht - und das weis auch Alec Peters von Star Trek Axanar und sein Anwaltsteam.
Und überhaupt: Nur weil der Film noch nicht abgedreht ist die Einstellung zu fordern dürfte beim Markeninhalber für Gelächter gesorgt haben. Schließlich wurde in der Crowd-Funding-Kampagne explizit mit "Star Trek" geworben. ("Axanar is the independent production that proves a feature-quality Star Trek film can be made on a very modest budget...") Mit dem Versprechen "das Star Trek zu produzieren, das die Fans sehen wollen" wurden über 100.000$ für das "Prelude to Axanar" eingenommen - für den Feature-Film kamen über 500.000$ zusammen.
Gäbe es in der Tat keine Grundlage für die Klage und Forderungen seitens Paramount/CBS würden die Axanar-Anwälte nicht auf 29 Seiten um den heißen Brei herum reden und aufgrund etwaiger Formfehler oder unklarer Darstellung eine Einstellung beziehungsweise Abschwächung der Klage fordern. Gerade der letzte Punkt lies mich aufhorchen. Gelungene und berechtigte Verteidigung sieht für mich anders aus. Als man von mir vor vielen Jahren einmal zu unrecht 59.761,08€ forderte brauchte es keine 29 Seiten. Ein inhaltliches "Nein, omfg so ein Unsinn" reichte als Antwort damals völlig aus.
Quelle: treknews.de
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