Der letzte Mann auf dem Mond
die Astronauten des Apollo Programm
„Der Weltraum, unendliche Weiten... Wir schreiben das Jahr 1972. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffes Apollo 17, das mit seiner drei Mann starken Besatzung 12 Tage lang unterwegs ist, um neue Geheimnisse des Kosmos zu erforschen, neue Erkenntnisse zu sammeln und neue Rekorde der Raumfahrt aufzustellen. Über 380 000 km von der Erde entfernt dringt die Apollo 17 zu einem Erdtrabanten vor, auf dem schon zehn Menschen zuvor gewesen sind.“
Unternehmen wir aus Anlass des 35jährigen Jubiläums der letzten Mondlandemission eine Zeitreise in eine Vergangenheit, in der es noch keine Notebooks und Handys gab, in der große ratternde Kursrechner mit Lochkartenrollen ganze Räume in der Mission Control füllten, in der Rechenschieber die Aufgaben von Taschenrechnern bewältigten mussten, und wagemutige Spacecowboys auf mehrstufigen Raketen, gefüllt mit 2550 Tonnen explosivem Flüssigsauerstoff, gegen den Himmel ritten...
Die ersten Vorbereitungen zum Start von Apollo 17 begannen ab dem 21. Dezember 1970 mit der Anlieferung der einzelnen Raketenstufen im Kennedy Space Center, wo dann der eigentliche Zusammenbau der Mondrakete beginnen konnte. Danach erhielt die Saturn V Trägerrakete ihre Nutzlast, die Kommandokapsel mit dem Namen „America“ und die Mondlandefähre „Challanger“, in der auch der Lunar Rover, das Mondauto, enthalten war. Zuletzt folgte der sogenannte roll out, der Transport der Rakete zum Startplatz, ein extrem langsamer Vorgang, der mehrere Wochen in Anspruch nahm.
Missionsvorbereitung und Crew
Noch während der Apollo 15 Mission, am 13. August 1971, gab die NASA die, wie bei allen Mondmissionen aus drei Astronauten bestehende, Crew für Apollo 17 bekannt. Turnusgemäß wäre die Ersatzmannschaft von Apollo 14 an der Reihe gewesen, und so war die Nominierung von Eugene A. Cernan als Missionskommandant und Ron Evans als Pilot der Kommandokapsel keine Überraschung. Neu im Team war hingegen der Geologe Harrison „Jack“ Schmitt.
Eugene A. Cernan war Navy-Pilot. Er hatte sich 1963 für die NASA beworben und verfügte zum Zeitpunkt der Apollo 17 Mission bereits über zweifache Weltraumerfahrung, die er mit den Flügen Gemini 9 und Apollo 10 erworben hatte. Im Zuge der Apollo 10 Mission war es zu einer kleinen Panne bei der Handhabung der Mondlandefähre gekommen, die Cernan mit den Worten: „Du verdammter H@@\#sohn! Was zur Hölle ist passiert?“ kommentiert hatte, leider deutlich hörbar über Funk auf allen Fernsehkanälen der Welt... Für diese Formulierung musste sich der Astronaut nach seiner Rückkehr zur Erde öffentlich entschuldigen.
Ronald Ellwin „Ron“ Evans Jr.war ebenfalls Navy-Pilot und Ausbilder für Kampfpiloten. Er trat 1966 in die NASA ein. Die Apollo 17 Mission sollte sein erster Aufenthalt im Weltraum werden.
Harrison Hagan „Jack“ Schmitt war Doktor der Geologie. Er kam 1965 zur NASA und war einer der ersten zivilen Wissenschaftsastronauten. Seine vorrangige Aufgabe war die geologische Ausbildung anderer Astronauten, jedoch absolvierte er auch eine Pilotenausbildung und ein Training zur Steuerung der Mondlandefähre bei der NASA. Er wurde der Apollo 17 Mission auf Druck mehrerer NASA-Wissenschaftler zugeteilt, die einen Wissenschaftsastronauten zum Mond schicken wollten. Apollo 17 war Schmitts einziger Aufenthalt im All und es war das erste und einzige Mal, dass ein Geologe den Mond betrat.
Verzögerung beim Start
Der Start von Apollo 17 wurde für den 7. Dezember 1972 festgelegt. Majestätisch und von zahlreichen Scheinwerfern angestrahlt ragte die über 110 Meter hohe dreistufige Saturn V Trägerrakete auf der Startrampe gegen den nächtlichen Himmel.
30 Sekunden vor dem geplanten Start brach der Computer den Countdown ab, da er kein Signal für den planmäßigen Druckanstieg des Flüssigsauerstoffes in der ersten Stufe der Rakete erhielt. Das Signal war aber zuvor schon manuell eingeben worden.
Mit 2 Stunden 40 Minuten Verspätung, immer noch passend im Startfenster, wurde der Countdown wieder aufgenommen. Um 8:33 GMT zündete die erste Stufe mit tosendem Krachen, gleißend hell schoss die gigantische Flamme aus dem Ende des Triebwerks und, in riesige weiß, gelb und orange leuchtenden Rauchwolken gehüllt, hob die, Saturn V, dieses große Wunderwerk menschlicher Technik, in den schwarzen Nachthimmel ab.
Die ausgebrannte erste Stufe wurde abgeworfen, Stufe 2 zündete wie vorgesehen, ebenso Stufe 3 und die Rakete erreichte nach ca. 12 Minuten die Erdumlaufbahn. Nach zwei Erdumkreisungen wurde die 3. Stufe ein zweites Mal gezündet und Apollo 17 schwenkte in die Bahn zum Mond ein. Die 3. Stufe wurde abgetrennt und das Kommandomodul um 180° gedreht um die Mondlandefähre aus der Landebucht zu ziehen. Nach einer weiteren Drehung konnte der Flug zum Mond ohne Zwischenfälle fortgeführt werden.
Am Ziel der Träume
Drei Tage später schwenkte Apollo 17 in die Mondumlaufbahn ein. Cernan und Evans schliefen zu diesem Zeitpunkt so fest, dass die Leute der Bodenkontrolle in Housten sie erst nach über einer Stunde wach bekamen. Kommentar von Cernan: „Sorry, wir haben etwas verschlafen.“ Houston: „Das ist die größte Untertreibung des Jahrhunderts.“
Cernan und Schmitt stiegen in die Mondlandefähre um, und die Abtrennung von der Kommandokapsel verlief reibungslos, ebenso der, vom Piloten Harrison Hagan Schmitt gesteuerte, Sinkflug auf den Mond. Am 11. Dezember setzte die Fähre in der Nähe des Littrow Kraters auf der Mondoberfläche auf. Dieser Landeplatz war auf Betreiben Schmitts, vorwiegend wegen seiner geologischen Beschaffenheit, ausgewählt worden.
„Gut drauf“ auf dem Mond
Noch am selben Tag verließen Cernan und Schmitt die Mondlandefähre um den ersten von insgesamt drei Mondspaziergängen zu beginnen. Routinemäßig wurden verschiedene Mondexperimente aufgebaut. Der Schwerpunkt der Außenmissionen lag aber nicht auf dem Durchstreifen der näheren Umgebung des Landeplatzes zu Fuß im, durch die niedere Schwerkraft bedingten, moonwalk, sondern auf ausgedehnten Erkundungsfahrten mit dem Lunar Rover, der sofort ausgeladen und zusammengebaut wurde.
Cernan und Schmitt waren von ihrer Ausfahrt mit dem Lunar Rover so begeistert, dass sie immer wieder herumalberten und dabei das Einsammeln der Gesteinsproben vernachlässigten. Daher kamen die Astronauten nur langsam mit ihren Aufgaben voran und hielten sich länger als geplant außerhalb der Mondlandefähre auf, bis die Bodenkontrolle in Houston an der Herzfrequenz Schmitts bemerkte, dass der Sauerstoff im Raumanzug zur Neige ging, und die Atemluft kohlendioxydhaltig wurde. Obwohl Cernan und Schmitt mit ihren vorgesehenen Aktivitäten hinter dem Zeitplan zurücklagen, wurde die sofortige Rückkehr in die Mondlandefähre befohlen. Später gestanden die Beiden ein, dass sie in der Tat auf Grund des Sauerstoffmangels wohl schon ein wenig „high“ gewesen waren.
Der zweite Mondspaziergang am Abend des nächsten Tages, dem 12. Dezember, begann mit einer notwendigen Reparatur am beschädigten Kotflügel des Lunar Rovers. Dazu standen natürlich nur an Bord der Mondfähre vorhandene Mittel wie Klebestreifen, zusammengefaltete Mondkarten und Klammern zur Verfügung! Der ADAC Deutschland fand diese Reparatur damals derart bemerkenswert, dass er die beiden amerikanischen Astronauten spontan zu Ehrenmitgliedern erklärte.
Die folgende Exkursion diente hautsächlich der Entnahme von Bodenproben und der Durchführung von Bohrungen im Mondboden. Schmitt versuchte dabei ursprüngliches Mondgestein zu Tage zu fördern, das nicht der kosmischen Strahlung ausgesetzt war. Der Ausflug war am Morgen des 13. Dezembers beendet.
Der letzte Blick zurück
Nach einer Ruhepause stand noch am selben Tag der dritte und letzte Mondspaziergang auf dem Programm. Bei diesem, in wissenschaftlicher Hinsicht erfolgreichsten, Ausflug wurden mehr Proben entnommen als zuvor. Bei der Rückfahrt zur Mondlandefähre gab der Kotflügel des Mondautos endgültig den Geist auf, und beide Astronauten wurden durch den aufgewirbelten Mondstaub förmlich zugedeckt. Mit dem Verladen der Gesteinsproben und dem Einsammeln jener aufgebauten Experimente, die wieder mitgenommen werden mussten, ging der letzte Aufenthalt von Menschen auf dem Mond zu Ende. Als Eugene E. Cernan am 14. Dezember 1972 um 5:40 GMT in die Challanger einstieg, verließ er als bislang letzter Mensch den Mond.
Space – above and beyond
Nach einer mehrstündigen Ruhepause für die Astronauten begann der Rückkehr zur Kommandokapsel America. Das kleine Triebwerk der Wiederaufstiegskapsel zündete. Das Landemodul der Challanger, der Lunar Rover, die amerikanische Flagge und einige stationäre Experimente wurden als stumme Zeugen des letzten Besuches von Menschen auf dem Mond unweit des Littrow Kraters zurückgelassen.
Nach einem reibungslosen Andockmanöver stiegen Cernan und Schmitt in die America um und die Wiederaufstiegskapsel wurde, nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt hatte, abgesprengt und zum kontrollierten Absturz auf die Mondoberfläche gebracht. Der lange Weg nach Hause begann.
Am 17. Dezember schlug Ronald E. Evans große Stunde, dem bisher die eher undankbare Aufgabe zugefallen war, die Kommandokapsel zu steuern, während Cernan und Schmitt auf dem Mond unterwegs waren. Er legte den Raumanzug an und machte sich auf zu einem Weltraumspaziergang umgeben von der Schwärze des Alls und den glitzernden Sternen. Für 66 Minuten schwebte Evans, mit einem Seil gesichert und durch einen Sauerstoffschlauch mit Atemluft versorgt, alleine neben der America um Filmmaterial von den Außenkameras des Versorgungsmoduls, das vor dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre abgesprengt werden musste, zu bergen.
Die Heimkehr der Helden und ihre Rekorde
Zwei Tage später, am 19. Dezember, erfolgte der Wiedereintritt. Der richtige Eintrittswinkel war erreicht und der Hitzeschild der America hielt. Drei runde Fallschirme öffneten sich und sorgten für eine weiche Wasserung der Kommandokapsel im Pazifischen Ozean südöstlich von Samoa. Die Astronauten wurden von Bergungshubschraubern des Flugzeugträgers USS Ticonderoga wohlbehalten aufgefischt und mussten als erstes in die, bei Mondflügen planmäßige, seit den Tagen von Apollo 11 aber verkürzte, Quarantäne.
War es vor etwas mehr als hundert Jahren für Jules Verne noch Fiction, in 80 Tagen um die Welt zu reisen, so flog man 1972 in 12 Tagen zum Mond und retour, der Aufenthalt auf dem Erdtrabanten mit inbegriffen. Mit Apollo 17 wurden mehrere Rekorde der Raumfahrt aufgestellt: die Astronauten brachten die größte jemals von Menschen auf dem Mond gesammelte Gesteinsmenge mit zur Erde, sie verbrachten die längste Gesamtzeit von Außenmissionen auf dem Mond und legten dabei die bislang größte Entfernung mit dem Lunar Rover zurück. Auch war Apollo 17 der erste Nachtstart der NASA gewesen. Dennoch stand die Mission längst nicht mehr so im Blickpunkt des öffentlichen Interesses, wie die Mondlandungen von Apollo 11 und 12.
Das Ende einer Ära
Bereits vor dem Start von Apollo 17 hatte US-Präsident Nixon, nicht zuletzt auf Grund der Milliarden Dollar, die der Vietnamkrieg verschlungen hatte und des Nachlassens des öffentlichen Interesses, die Einstellung der bemannten Mondmissionen angekündigt. Die Menschen waren nicht mehr so „mondsüchtig“ wie Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts, in den Tagen vor und um die erste Mondlandung.
Damals konnten sie nicht genug kriegen von Nachrichten über den Flug zum Mond und die erfolgreichen Astronauten der Apollo 11 tourten, als Helden gefeiert, um den Globus. In fast jeder Hauptstadt der freien westlichen Welt wurde ein Stück Mondgestein ausgestellt. Im Technischen Museum in Wien gab es 1969 im Rahmen einer Mondlandeausstellung auch noch das 1:1 Modell einer Mondlandefähre und einen echten Weltraumanzug zu bestaunen!
Aus den Schaufenstern aller Spielzeugläden blickten uns Astronauten mit ihren Spielzeugraketen an und Major Matt Mason, die Astronautenfigur der Firma Mattel (Barbie Puppen) war 1969 ein größerer Verkaufsschlager als Spider Man und Transformers es heute sind. Für die Erwachsenen gab es bei uns als „Spielzeug“ den teuren, von der NASA entwickelten, Astronautenkugelschreiber zu kaufen, mit dem man in der Schwerelosigkeit, über Kopf und unter Wasser schreiben konnte, während russische Kosmonauten im All sehr erfolgreich gewöhnliche Bleistifte benutzten.
Aber 1972 bei der Apollo 17 Mission hatten Mondlandungen für Viele einfach ihre Faszination verloren. Im deutschsprachigen Fernsehen flimmerte im Vorabendprogramm noch die „Bezaubernde Jeannie“ über die Bildschirme, ein attraktiver weiblicher Flaschengeist, die ihren Meister, einen ohnehin schon durchgeknallten NASA-Astronauten, in den Wahnsinn trieb, aber im Nachtprogramm konnte man sich einmal pro Woche in einer neuen amerikanischen SciFi-Serie vom „Raumschiff Enterprise“ bereits in unendliche Weiten weit über den Mond hinaus entführen lassen...
Alles um uns hatte sich verändert. Wir lebten jetzt in einer Welt, in welcher der Mensch den Mond schon betreten hatte.
Bis zum Mond und weiter?
Eugene E. Cernan schied nach dem Ende der Apollomissionen aus der NASA aus und wurde Vizepräsident einer Ölfirma. 1999 veröffentlichte er zusammen mit Don Davis das Buch „The last Man on the Moon“.
Ronald Ellwin Evans Jr. war nach seiner Reise zum Mond maßgeblich an der Entwicklung des Space Shuttle Programms beteiligt. Er verstarb 1990 an Herzversagen.
Der Geologe Harrison Hagan Schmitt schlug nach seinem Ausstieg aus dem Weltraumprogramm eine politische Karriere in der republikanischen Partei ein und brachte es bis zum Senator.
Die übriggebliebenen Apollo Kapseln wurden nach dem Ende des Mondlandeprogramms noch im Rahmen der Skylab Missionen eingesetzt und die Letzte 1975 beim Apollo-Sojus-Test-Projekt, dem ersten und einzigen gemeinsamen Weltraumunternehmen der damaligen Supermächte USA und UdSSR.
Insgesamt 12 Astronauten haben im Rahmen des Apollo Programms ihre Fußspuren im Mondstaub hinterlassen:
Neil Armstrong
Edwin Aldrin
Charles Conrad
Alan Bean
Alan Shepard
Edgar Mitchell
David Scott
James Irwin
John Young
Charles Duke
Harrison Schmitt
Eugene Cernan
Space Shuttles, die ISS und unbemannte Sonden, die bis über die Grenzen unseres Sonnensystems hinaus in All vordringen, sind die großen Leistungen der Weltraumfahrt der letzten Jahre. Sie haben wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse gebracht. Dennoch reichen diese Unternehmungen nicht an das größte Abenteuer der Menschheit heran, in dem ein Astronaut seinen Fuß auf einen fremden Himmelskörper setzt, dorthin, wo nie zuvor ein Mensch gewesen ist!
Von Karl F. Günther
Quelle: treknews.de
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