Was wäre, wenn Du feststellen müsstest, dass jeder Moment, den Du mit Deinen Liebsten erlebt hast, lediglich in Deiner Einbildung stattgefunden hat? Joseph Ruben („Der Feind in meinem Bett“, „Für das Leben eines Freundes“) inszenierte nach dem Drehbuch von Gerald DiPego („Phenomenon“, „Message in a Bottle“) einen Psychothriller, in dem die dreifach Oscar®-nominierte Julianne Moore einmal mehr eine fesselnde Leistung liefert – als verzweifelte Mutter, die nicht mehr weiß, ob ihr Sohn Realität oder eine Wahnvorstellung ist.
14 Monate sind vergangen, seitdem Telly Paretta (JULIANNE MOORE) ihren neunjährigen Sohn Sam bei einem Flugzeugabsturz verloren hat. 14 Monate, in denen kein Tag vergangen ist, an dem die New Yorkerin nicht auf der Schaukel in dem kleinen Park in Brooklyn gesessen und auf den Spielplatz gestarrt hätte, den Sam so gerne besucht hat; kein Tag, an dem sie nicht das Lachen vor sich gesehen hätte, mit dem er sich von ihr verabschiedet hat; kein Tag, an dem sie nicht die Erinnerungsstücke in seinem Kinderzimmer betrachtet hätte – die Familienfotos, Fotoalben, Videoaufnahmen. 14 Monate, in denen sie sich in psychiatrischer Behandlung bei Dr. Munce (GARY SINISE) befindet, in denen er und sogar ihr Ehemann Jim (ANTHONY EDWARDS) ihr glaubhaft machen wollen, dass Sam nie existiert hat: dass er bei der Geburt gestorben wäre, Telly damals einen Schock erlitten und sich seitdem nicht mehr davon erholt hätte. Doch Telly kann nicht akzeptieren, dass ihr Gedächtnis mit ihr derartige Streiche spielt – bis sie feststellen muss, dass nach und nach die Beweise für Sams Existenz verschwinden. Als sie eines Abends entdeckt, dass Sam auf einem Familienfoto einfach ausradiert wurde, macht sie Jim dafür verantwortlich. Verzweifelt flüchtet sie sich mitten in der Nacht auf den Spielplatz – und findet einen Mann auf „ihrer“ Schaukel vor, der ihr bekannt vorkommt. Der Angetrunkene ist Ash Correll (DOMINIC WEST), der Vater von Sams Spielkameradin Lauren, die ebenfalls bei dem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist. Telly kann sich ganz genau an sie erinnern – doch Ash tut, als wüsste er nicht, worüber sie spricht.
Am nächsten Tag versucht Telly, sich auf ihre Arbeit an einem Kinderbuch zu konzentrieren. Aber wieder wird sie von ihren Gedanken an Sam abgelenkt. In seinem Zimmer holt sie wieder die Fotoalben hervor und muss bestürzt feststellen: sämtliche Fotos und Notizen sind verschwunden! Die Videokassetten – leer! In Panik ruft sie Jim an – doch der behauptet, auf den Kassetten wäre noch nie etwas zu sehen gewesen. Jim ruft Dr. Munce zu Hilfe, doch der glaubt, dass Telly endgültig den Verstand verloren hat. Telly hastet aus der Wohnung und sucht die nächste Bibliothek auf – und stellt fest, dass es keine einzige Zeitungsmeldung über den Flugzeugabsturz gibt. Auch ihre Nachbarin will Sam nie gesehen haben. Der Einzige, der Telly Glauben schenken könnte, ist Ash Correll.
Telly sucht den ehemaligen Hockeyprofi in seinem Loft auf. Nichts deutet darauf hin, dass hier einmal ein Kind gewohnt hätte – dabei hat Telly sofort ein Bild von Lauren und Sam vor Augen, die hier gemeinsam gespielt haben. Ash ist wieder betrunken, leugnet, je eine Tochter gehabt zu haben – und legt sich erst einmal schlafen. In dem vermeintlichen Kinderzimmer entdeckt die verzweifelte Telly unterdessen einen Riss in der Tapete. Sie beginnt damit, sie abzulösen – und legt darunter eine ganz offensichtlich von Kinderhand bemalte bunte Wand frei. Am nächsten Morgen konfrontiert sie Ash mit dem Beweis für Laurens Existenz. Doch Ash erklärt, die Wandbemalung müsse von den früheren Bewohnern stammen und weiß sich nicht anders zu helfen, als die Polizei zu rufen. Telly fleht ihn an, sich zu erinnern. Während die Polizisten sie aus der Wohnung führen und auf der Straße überraschend von Agenten der National Security Agency angehalten werden, Telly in ihre Obhut zu übergeben, steht Ash fassungslos im Kinderzimmer seiner Tochter: Mit einem Mal ist seine Erinnerung zurück. Verzweifelt rast Ash hinunter, um die Polizei aufzuhalten. Nach einem Handgemenge mit den Männern der NSA kann Telly aus dem Auto entkommen und ihren Verfolger schließlich sogar zu Fuß abschütteln.
Später findet sie Ash erneut im Park. Telly vermutet, dass sowohl sie als auch Ash seit dem Flugzeugabsturz observiert werden – wie wäre sonst das Auftauchen der National Security zu erklären? Die Frage ist nur warum? Ihnen wird klar, dass sie auf sich allein gestellt sind, wenn sie die Wahrheit über den Tod ihrer Kinder ans Tageslicht bringen wollen. Aber können sie ausschließen, dass Sam und Lauren nicht doch noch am Leben sind? Und wem sollte daran gelegen sein, sie verschwinden zu lassen? In ihrer Verzweiflung stürzen sich Telly und Ash in ein gefährliches Abenteuer. Doch je näher sie dem Geheimnis auf die Schliche zu kommen scheinen, um so mehr droht ihnen die bittere Wahrheit endgültig den Verstand zu rauben...
ZUSTANDSVERÄNDERUNGEN
Im besten Fall können Kinofilme den Zuschauer in einen veränderten Zustand versetzen. So fügt es sich passenderweise, dass Drehbuchautor Gerald DiPego seine Inspiration zu DIE VERGESSENEN aus einem Traum schöpfte. In diesem Traum gab es ein Familienfoto – und darauf eine Mutter, einen Vater und einen kleinen Sohn. Langsam begann das Bild des Sohnes zu verblassen, bis es schließlich vollständig verschwand. DiPego schreckte hoch. Er sah auf die Uhr. Es war sechs Uhr dreißig am Morgen. Das verstörende Bild aus seinem Traum wurde er nicht mehr los. Er begann es weiterzudenken. Gegen acht Uhr dreißig weckte er seine Frau und sagte zu ihr „Ich glaube, ich habe eine Geschichte.“
Das Ergebnis war ein psychologischer Thriller mit ungewöhnlichem Fokus und einzigartiger Vorgeschichte. DiPego übergab das fertige Drehbuch seinem Agenten und der fand, dass Joe Roth, Geschäftsführer von Revolution Studios, interessiert sein könnte. Innerhalb von 24 Stunden kaufte Roth das Skript und übergab es Regisseur Joseph Ruben, der den Julia-Roberts-Hit Sleeping With the Enemy (Der Feind in meinem Bett, 1991) gedreht hatte, als Roth noch Twentieth Century Fox leitete. „Was mich sofort dafür einnahm, waren die Emotionen im Mittelpunkt der Story“, sagt Ruben, „der Kampf einer Mutter um das Leben ihres Kindes. Dieser wird von sozusagen primären Empfindungen gesteuert, die das Publikum sofort packen und emotional berühren werden.“
Abgesehen von Sleeping With the Enemy hatte Ruben außerdem bei den Thrillern The Good Son (Das zweite Gesicht, 1993) und True Believer (Das dreckige Spiel, 1989) Regie geführt. Thriller sind ein Genre, für das er eine Affinität hat und das ihm liegt. „Ein guter Thriller kann das Publikum fesseln wie kein anderes Genre, und das trifft ganz besonders auf DIE VERGESSENEN zu, der einen von der ersten Sekunde an mitreißt, weil wir es mit einer Frau zu tun haben, die vielleicht, vielleicht aber auch nicht, einen Sohn hatte und möglicherweise einen Nervenzusammenbruch erlitten hat. So oder so lebt sie in einem Albtraum, aber man weiß nicht, ob der Albtraum in ihrem Kopf stattfindet oder real ist. Und mit einer Schauspielerin wie Julianne Moore in der Hauptrolle wird die Realität und Authentizität der Story noch unterstrichen.
Die mit dem Oscar® ausgezeichneten Produzenten Bruce Cohen und Dan Jinks (American Beauty [American Beauty, 1999]) sind ebenfalls begeisterte Fans des Genres. Cohen erklärt: „Dan und ich hatten schon länger vor, einen Thriller zu machen und wir hofften immer darauf, eines Tages einen unkonventionellen Stoff zu finden – einen, den wir selbst noch nicht gesehen hatten, und der wirklich verblüffende Elemente bereithalten würde. Und das ist die perfekte Beschreibung von DIE VERGESSENEN. Ich konnte die einzelnen Seiten des Drehbuchs gar nicht schnell genug lesen, um herauszufinden, was als Nächstes passieren würde. Es war fesselnd – und unheimlich.“
Der ausführende Produzent Steve Nicolaides bestätigt, dass Joseph Ruben der ideale Regisseur dafür war, um auch die Zwischentöne des Drehbuchs umzusetzen. „Joe arbeitet sehr intensiv daran, in eine Szene einzutauchen, so dass seine Schauspieler nicht einfach an der Oberfläche verharren können. Und das ist großartig für diese Art von Film, weil er dadurch eigentlich zu einem Charakterstück wird. Joseph Ruben ist ein sehr verrückter Typ, er hat einen großartigen, selbstironischen Sinn für Humor und jeder kann seinem Urteil trauen. Alle arbeiten wirklich gerne mit ihm. . Der erste Art Director, der mit ihm gearbeitet hat, drehte dann gleich sechs oder sieben Filme mit ihm, genauso wie der Szenenbildner und der Script Supervisor drei oder vier Filme. Er ist die Art von Mensch, für den jeder versucht, 120%ig zu arbeiten.
Joseph Ruben bezeichnet den Telly-Paretta-Charakter als eine „tour de force-Rolle“, für die man eine Schauspielerin braucht, deren schauspielerische Fähigkeiten es offen lassen, ob ihre Figur vielleicht tatsächlich einen Nervenzusammenbruch erlitten hat, aber gleichzeitig dem Publikum die Möglichkeit gibt, sich mit ihr zu identifizieren und voll und ganz hinter ihr zu stehen. Bei Juliannes Qualitäten, so impulsiv und so sympathisch zu sein, kann man nicht umhin, sich mit ihr verbunden zu fühlen. Als Mutter von zwei Kindern spürt man bei ihrer Darstellung, dass sie auf diese einzigartige Verbindung zurückgreift, die zwischen Mutter und Kind besteht.“
Die Vorstellung, dass Julianne Moore diese Rolle besetzen würde, begeisterte den Produzenten Jinks schon beim Drehbuchlesen. „Ich wusste, dass Julianne die Rolle der Telly spielen würde, und stellte sie mir vor, während ich die Zeilen las und das Drehbuch immer unheimlicher wurde – besonders, weil wir eben eine Zeit lang nicht wissen, ob sie nun verrückt ist oder tatsächlich Recht hat und alle anderen nicht.“
Cohen fügt hinzu: „Mit Tellys Notlage können wir uns alle identifizieren. Es ist der schlimmste Albtraum eines jeden: eines Tages aufzuwachen und festzustellen, dass die Welt dir weismachen will, dass alles, was du für wahr gehalten hast, nicht wahr ist, und dass du nicht mehr sicher bist, ob du verrückt wirst. Wir haben das alle selbst schon erlebt, dass man sich über die eigene Interpretation der Wahrheit sicher ist, aber andere Menschen völlig andere Vorstellungen davon haben. Und dann stelle man sich vor, niemanden zu finden, der deine Ansichten teilt. Das ist ein sehr beängstigender, furchteinflößender Moment.“
Julianne Moores Mitwirkung an DIE VERGESSENEN wurde genauso schnell besiegelt, wie die Schauspielerin das Drehbuch verschlungen hatte. „Was ich für ein Drehbuch empfinde, kann ich immer daran erkennen, wie schnell ich es lese“, sagt sie. „Durch dieses bin ich geradezu gerast. Ich war davon überzeugt, dass es ein klassischer, aufregender Psychothriller ist. Ich mag Filme, die schnell, unterhaltsam und unheimlich sind, die aber zugleich Spaß machen. Und dieser hat zusätzlich ein bewegendes, menschliches Element. Die Hauptthematik ist, was wir unseren Kindern, unserer Familie, den Menschen, die wir lieben, gegenüber wirklich empfinden. Das ist das Bewegende an diesem Film.“
Einerseits war sie von Tellys Pragmatismus begeistert und andererseits davon, wie ihr Alltag dabei trotzdem so schnell ins Chaos entgleitet. „Telly ist eine kluge und einfallsreiche, arbeitende Mutter, wie viele andere Mütter, die ich kenne – die in Brooklyn Heights lebt“, fährt Julianne Moore fort. „Ich hatte das Gefühl, sie zu kennen, dass ich sie war, dass ich Freunde wie sie habe. Also empfand ich alles, was sie tut, als ganz natürlich. Sie geht nicht anders vor, als jeder andere es in der gleichen Situation tun würde. Sie unternimmt jede Anstrengung, um zu beweisen, dass ihr Sohn existiert. Und dabei versucht sie auf ihrer Reise andere zu finden, die ihr helfen können.“
Obwohl sie von anderen, die vermuten, dass sie Wahnvorstellungen hat, zurückgewiesen wird, findet Telly schließlich einen Verbündeten in dem abgebrannten, ehemaligem Hockeyspieler Ash Correll (DOMINIC WEST). Sie treffen sich zufällig auf einem Spielplatz. Telly glaubt, dass ihr Sohn Sam hier einmal mit Ashs Tochter Lauren gespielt hat.
Der in England geborene Dominic West hat in den letzten Jahren in rasantem Tempo als Hauptdarsteller die Stufen der Karriereleiter erklommen. Cohen erinnert sich daran, dass er ihn unlängst in der neuen Broadway-Version von Noel Cowards klassischer, romantischer Dreieckskomödie „Design for Living“ mit Alan Cumming und Jennifer Ehle gesehen hatte und kurz darauf in der fesselnden, dramatischen HBO-Serie „The Wire“. Zuletzt spielte er den verführerischen Professor in Mona Lisa Smile (Mona Lisas Lächeln, 2003) neben Julia Roberts. Alle drei Rollen demonstrieren seine beachtliche Vielseitigkeit und in DIE VERGESSENEN, so Cohen, „kann er ohne weiteres neben Julianne bestehen.“
Julianne Moore wusste schon beim gemeinsamen Drehbuchlesen, dass West die richtige Wahl für die Rolle von Ash war. „Eine ganze Menge von Schauspielern sprach vor und las mit mir gemeinsam. Ich wusste auf der Stelle, dass Dominic der Richtige war. Er ist attraktiv, sexy, lustig und sehr leidenschaftlich. Er hat die beneidenswerte Fähigkeit, sehr männlich und zugleich unglaublich emotional zu sein. Und mit ihm hat man das Gefühl, dass alles ohne Probleme verlaufen wird.“
Für Dominic West stellte die Rolle des Ash Correll einen wunderbaren Neuanfang dar, wie er erklärt: „Ich spiele normalerweise immer den unbeliebten Freund. Wenn es ein Engländer ist, dann spiele ich den betrunkenen, abscheulichen Freund“, lacht er. „In diesem Fall spiele ich auch einen Betrunkenen, zumindest am Anfang, der sich aber dann eher in einen Helden verwandelt. Das ist etwas Neues für mich. Und er ist tatsächlich ein guter, ein kerniger Held – ein Mann, der darum kämpft, sich zu verändern, um unmögliche Hindernisse zu überwinden und ein anständiger Kerl zu werden.“
Wie Telly ist auch Ash am Anfang des Films deprimiert und verwirrt. „Ihm ist etwas Schreckliches zugestoßen und er kann sich keinen Reim darauf machen“, erklärt Dominic West, und fügt hinzu, dass er versucht hätte, gegen den Stereotyp des Profisportlers anzuspielen. „Ash hat noch seine sämtlichen Sinne beisammen: Er ist intelligent. Er liest Bücher. Er ist ein Chaot, aber ein interessanter Chaot, welches die Entwicklung seiner Beziehung zu Telly vorantreibt.“
Dominic Wests Entscheidung für das Projekt wurde durch die Tatsache erleichtert, dass es sich bei DIE VERGESSENEN um einen so großartigen Thriller handelt. „Während der gesamten Story wird dieser stetig steigende Druck auf Telly und Ash von allen Seiten ausgeübt. Sie erleben eine Albtraumsituation, in der sie sich an etwas erinnern, an das sich sonst niemand erinnern kann. Sie leben in einem Universum, das niemand kennt und niemand versteht und das an sich ist schon eine Art von Wahnsinn.“
Dominic West gefiel auch die gute Zusammenarbeit mit Joseph Ruben. „Joe ist großartig, denn er ermutigt dich mitzudenken“, sagt er. „Er lässt oft einen prägnanten Satz fallen, durch den du sofort in die Szene eintauchst und lässt dich dann damit weiterarbeiten. Und er unterstützt dich total.“
Auch war er nicht weniger von Julianne Moores Fähigkeiten beeindruckt. „Sie ist unglaublich gut. Vor einer Aufnahme plaudert sie noch mit dir über irgendetwas und sobald jemand ,Action!‘ ruft, bricht sie in Tränen aus oder schäumt vor Wut über. Sie kann diese Emotionen sofort abrufen.“
Die vier weiteren Hauptrollen wurden mit Schauspielern desselben Kalibers wie Julianne Moore und Dominic West besetzt – Gary Sinise, Alfre Woodard, Anthony Edwards und Linus Roache. Gary Sinise, der für seine Rolle als Lt. Dan in Forrest Gump (Forrest Gump, 1994) für einen Academy Award® nominiert worden war, spielt Dr. Munce, den Psychiater, der Telly behandelt. „Munce ist anders als alle Rollen, die ich zuvor gespielt habe“, so Gary Sinise. „Ich spiele gewöhnlich in sich gekehrte, aggressivere Figuren. Munce ist ein sehr bedächtiger Mensch, ein introvertierter Typ, und das macht ihn zu einer interessanten Abwechslung. Außerdem bekam ich die Gelegenheit, mit Julianne Moore zu arbeiten, und das ist ja wirklich nicht schlecht.“
Der unkonventionelle Plot war ebenfalls ein Anreiz für Gary Sinise, wie er selbst sagt: „Die Unvorhersehbarkeit der Story war es, die mich überzeugt hat. Ein guter Psychothriller kann sehr unterhaltsam sein, weil man nie weiß, wem man trauen kann oder bis zum Schluss nicht weiß, was passieren wird.“
Alfre Woodard spielt Ann Pope, eine Polizistin, die in Tellys Fall verwickelt wird. Bevor die Dreharbeiten anfingen, verbrachte Alfre Woodard einige Zeit mit einer Polizistin des New York Police Departements; sie erklärte ihr, dass in den Fällen, bei denen eine Frau involviert ist, sofort die Männer in deren Umfeld überprüft werden. „Sie erzählte mir, dass man selten weiter als bis zur eifersüchtigen Schwester oder einem wütenden Nachbarn gehen muss“, so Alfre Woodard. „Sie sagte: ,Sieh dir nur die Männer in ihrer Nähe an und du bist so ziemlich genau auf dem richtigen Weg‘. Außerdem neige sie dazu, einer Frau zu glauben, insbesondere, wenn das, was sie sagt, von Herzen kommt. Und Telly macht natürlich genau das, was immer auch um sie herum geschieht. Ann Pope orientiert sich an Fakten und sie ist dem gegenüber offen, was Dr. Munce ihr sagt. Doch es gibt etwas an Telly, das direkt aus ihrem Herzen schreit, das ihr nahe geht. Sie glaubt nicht daran, was all die Männer um sie herum sagen. Wenn eine Frau um ihr Kind weint, ist es schwer, darüber hinwegzusehen oder es zu verleugnen.”
Anthony Edwards spielt Tellys Ehemann Jim, der sich von ihr entfremdet hat. Er entschied sich dafür, „weil ich immer dann, wenn ich ein Drehbuch lese, dass ich nicht sofort durchschaue, weiß, dass da viel mehr dahinter steckt. Es ist keine offensichtliche Story und ich wurde immer wieder überrascht. Wenn man so viel Spaß beim Lesen des Drehbuchs hat, kann man davon ausgehen, dass es ebenso sein wird, den Film zu sehen.“
Die Rolle von Jim sei deshalb knifflig, so Anthony Edwards, weil sie das direkte Gegenteil von Telly sei. Doch auch er müsse zur selben Zeit glaubwürdig und sympathisch sein. „Er versucht sicherlich alles, was er kann, um zu helfen, weil sie wirklich in einer Krise steckt. Er glaubt, dass sie verrückt wird. Er ist ernsthaft beunruhigt, weil sich jemand, den er sehr gut kennt, vor seinen Augen vollständig verändert. Das ist beängstigend. Wenn dir das in der Realität passieren würde, würdest du sämtliche Gefühlsschwankungen durchmachen: Wut, Frustration, Mitleid, Verzweiflung.“
Der britische Schauspieler Linus Roache hat die rätselhafteste Rolle im Film. Seine Figur wird einfach als „Der freundliche Mann“ bezeichnet, wie Linus Roache erklärt: „Er scheint freundlich zu sein, deshalb hat ihn der Autor auch so genannt. Die beste Beschreibung meiner Rolle ist wie der Film selbst: Er hat viele Dimensionen. Du denkst, du bist in einer bestimmten Art von Film, und dann findest du dich tatsächlich in einem ganz anderen wieder. Und das ist genau das, was ihn so faszinierend macht. Aber das ist alles, was ich über ihn sagen kann. Jede weitere Information würde es ruinieren.“
Die Entwicklung der verschiedenen Charaktere seiner Rolle erforderte dementsprechend die enge Zusammenarbeit mit Joseph Ruben, fährt Linus Roache fort. „Man muss sein ganzes Vertrauen in den fortlaufenden Prozess legen und darauf, wie Joe arbeitet. Das bedeutet nicht, dass wir herumsaßen und stundenlang über die Rolle redeten. Wir arbeiteten beide nach unserer Intuition, unserem Instinkt. Joe scherzte mit mir und sagte Dinge wie: ,Worum geht es bei deiner Rolle?‘ aber ich wusste, dass er die Funktion der Rolle innerhalb der Story sehr wohl verstand. Aber anstatt darauf herumzukauen, stürzten wir uns ganz hinein und vertrauten einander. Es fühlte sich sehr natürlich an: Es war befreiend – und hat sehr viel Spaß gemacht.“
ÜBER DIE PRODUKTION
Die Stadt New York spielt in DIE VERGESSENEN eine wichtige Rolle, die aber trotzdem nicht in den Credits genannt wird. Die Dreharbeiten begannen im Herbst in Brooklyn, in dem jetzt wieder angesagten Viertel, das von Einheimischen „Dumbo“ („Down Under the Manhattan Brigde Overpass“) genannt wird und bei dem es sich tatsächlich um die Gegend zwischen Manhattan und Brooklyn Bridges handelt. Das Gebiet liefert die Außenszenen von Ash Corrells (Dominic West) Wohnung und den Hintergrund für mehrere Szenen, in denen sich Ash und Telly Paretta (Julianne Moore) Verfolgungsjagden mit der Polizei sowohl im Auto als auch zu Fuß liefern. Der Film wurde an mehreren Orten in Brooklyn und Manhattan gedreht sowie an weiteren Drehorten in der Bronx und in Queens. Zu weiteren Locations in Brooklyn gehören die Stadthäuser in Brooklyn Heights und der westliche Randbezirk des Prospect Parks.
Die Produktion fand mehrere Tage in Manhattans Wall Street und am Chase Manhattan Plaza mit seiner riesigen und markanten Jean-Dubuffet-Skulptur „Group of Four Trees“ statt. Eine Szene, in der sich Telly in der Öffentlichen Bibliothek von Brooklyn aufhält, wurde in der General Society Library in der 44. Straße in Manhattan gedreht, der zweitältesten Bibliothek in New York City und einer der drei letzten Privatbibliotheken von Manhattan. Erbaut in den 1890er Jahren, gehört die Bibliothek zur General Society of Mechanics and Tradesmen der Stadt New York.
Es gab außerdem ein paar Drehorte außerhalb von New York City, einschließlich des Harriman State Parks in Rockland County, dem Westchester Airport in White Plains und zwei Drehorte auf Long Island: ein Strandhaus in Hampton Bays und die Dünen des Caumsett State Historic Parks in Huntington.
Die Innenaufnahmen wurden auf dem stillgelegten Military Ocean Terminal in Bayonne, New Jersey, gedreht, wo zahlreiche Sets errichtet wurden: das Innere von Ashs Wohnung, ein Landhaus, das Haus von Dr. Munce, ein Motelzimmer, die Polizeistationen, ein Büro einer Fluggesellschaft, die obere Etage von Tellys Stadthaus und eine riesige, verlassene Flugzeughalle, in der sich der dramatische Höhepunkt des Films abspielt.
„Manhattan ist dieses irgendwie ominöse Ding, das über die Schulter von Brooklyn schaut, und eine eigene Rolle in unserem Film übernimmt“, so Produzent Dan Jinks. „Das ist ganz genau die Stimmung, die Joe Ruben anstrebte. Hinzu kommt, dass wir im Herbst und Winter drehten, wenn es kahl, kalt und ungemütlich aussieht und dies ganz besonders in Brooklyn.“
Produzent Bruce Cohen stimmt zu: „Es war wirklich aufregend für uns, in New York zu drehen. Leider sind über die Jahre viele Produktionen aus finanziellen Gründen nach Kanada, Australien und selbst North Carolina verlegt worden. Aber wir hätten damit die greifbare Atmosphäre verloren, die uns nur New York City bieten kann. Die Stimmung, die dem Film durch die Dreharbeiten in New York verliehen wird, wird dadurch noch deutlicher hervorgehoben.“
Der Fakt, dass Julianne Moore in New York City lebt, spielte außerdem eine Rolle bei der Entscheidung, den Film vor Ort zu drehen. „Ich lebe hier, meine Kinder gehen hier zur Schule, und ich wollte nicht von hier fort“, erklärt sie. „Aber es war auch deshalb wichtig, hier zu drehen, weil die Stadt fast wie eine eigene Rolle in dem Film übernimmt. Ich mag die riesige urbane Präsenz. Sie verleiht der Story zusätzliche Nuancen.“
Linus Roache war ebenfalls froh darüber, dass der Film in New York gedreht wurde. „Alle amerikanischen Projekte, die ich gedreht habe, wurden letztlich in Kanada produziert. Es ist wirklich fantastisch, endlich einmal auf amerikanischem Boden zu drehen. Und New York ist meine Lieblingsstadt auf der ganzen Welt – und deswegen fand ich es toll. Ich mag diese New Yorker Atmosphäre – das war schon immer so. Mit einer New Yorker Crew zu drehen, ist an sich schon ein großer Spaß. Es gibt dort so viel Energie.“
Auf der anderen Seite bedeuteten die Dreharbeiten in New York aber auch, dass man die unvorhersehbaren Wetterbedingungen miteinbeziehen musste. Steve Nicolaides berichtet: „Die größte Herausforderung bei den Dreharbeiten ergab sich dadurch, dass sich der Regisseur und der Studiochef eine kalten Winterlook für den Film wünschten. Wir starteten Ende Oktober. Das bedeutete das Wetter betreffend in einer sehr unbeständigen Zeit des Jahres, weil der Herbst hier in den Winter übergeht, aber die Story nur über einen Zeitraum von 2 Wochen stattfindet. Wenn man also mit den Dreharbeiten im Oktober anfängt, muss man aufpassen, wenn man im Januar immer noch dreht. Das Wetter in New York ändert sich drastisch zwischen Oktober und Januar. Das ist der schwierigste Teil, wenn man hier dreht.“
Die „Dumbo“-Nachbarschaft war auf den Look und Grundton von DIE VERGESSENEN perfekt zugeschnitten, so Regisseur Ruben. „Wir wollten Drehorte herauspicken, die etwas leicht Heruntergekommenes hatten. ,Dumbo‘ war perfekt, weil Teile dieses Viertels sehr trostlos sind. All die vielfältigen Brückenformen und Highways brachten eine verträumte – und bisweilen albtraumhafte – Stimmung in den Film. Die Straße, in der Telly lebt, ist im Grunde ein idyllischer, schöner Häuserblock, aber direkt dahinter ist die Autobahn. So ergibt sich von Anfang an eine Spannung zwischen diesen beiden Locations. Wir wählten Brooklyn zum Teil, weil es weniger bekannt ist, obwohl Manhattan gleich um die Ecke liegt. Dadurch weiß man dennoch immer ganz genau, wo man sich befindet.“
In Vorbereitung seiner filmischen Inszenierung stellte Joseph Ruben eine Reihe von stilistischen Regeln auf, und er und der Kameramann Anastas Michos befolgten diese zum größten Teil während des gesamten Drehs. „Ich wollte, dass es die meiste Zeit auf gewisse Weise kalt, kahl und schön aussieht und ein warmes Licht hauptsächlich nur im Kinderzimmer setzen“, sagt er. „Wir verwendeten lange Brennweiten, die das Gefühl der Paranoia und des Beobachtetwerdens vermittelten, und sehr kurze Brennweiten, um eine leicht verzerrte Sicht dieser Welt zu zeigen. Wir hatten außerdem einige Regeln bezüglich der Farbgebung. Die erste war, grundsätzlich die Farben aus dem Film zu halten, es sei denn, man zeigt die Kinder. Es gab kein Rot im Film, abgesehen von Juliannes Haaren, also würde sie auffallen, wann immer sie auf der Leinwand erscheint – was sie ja sowieso tut.“
Anastas Michos fügt hinzu: „Unser visueller Stil ist grundsätzlich realistisch. Obwohl wir wollten, dass der Film eine Perspektive hat – dieses Gefühl, beobachtet zu werden – wichen wir nie weit von dieser hervorgehobenen Realität ab. Ich verwendete Filmmaterial, das mir den größten Spielraum ließ. Ich wollte von Anfang an eine digitale Mischform, und unsere Produzenten waren dabei eine große Unterstützung. Die Objektive betreffend verwendeten wir einen Standard-Panavision-Primo-Satz, aber die meiste Zeit blieben wir bei den Weitwinkel- und Teleobjekten. Ein 75mm-Objektiv wurde für die meisten der Master Shots verwendet und einmal haben wir im Nachhinein entschlossen, den Master mit einem 300mm-Objektiv zu drehen.“
Szenenbildner Bill Groom war froh, in Brooklyn drehen zu können, wo er seit beinahe zwanzig Jahren lebt. „Als ich das Drehbuch las, fühlte es sich für mich ganz nach Brooklyn an“, so Bill Groom, der mit Joseph Ruben an all seinen Filmen der letzten zehn Jahre gearbeitet hat. „Wir teilten den Film in zwei Looks auf – den der Erinnerungen und den der Gegenwart. Mein Gefühl war immer, dass, angesichts des emotionalen Stresses von Telly, ihre Erinnerungen realer für sie waren, lebendiger als die Gegenwart, da sie dort verloren ist auf der Suche nach ihrem Kind, von dem niemand glaubt, dass es je existiert hatte. Und dadurch sind ihre Erinnerungen in gewisser Weise viel konkreter und realistischer für sie. Anastas Michos hatte außerdem das Gefühl, dass die Erinnerungsmomente des Films lebendiger und farbiger als die Gegenwarts-Szenen sein sollten, die mit eher düsteren Farben belegt waren – nicht monochrom, aber sehr gedämpft und weniger intensiv als die Farben in den Erinnerungen.“
„Ich glaube, dies ist der einzige Film, in dem die Drehorte, die wir in Brooklyn fanden, genauso gezeigt werden, wie sie sind“, setzt Bill Groom fort. „Dies ist das Brooklyn, in dem die Menschen tatsächlich leben und das über eine charmante, wunderschöne Architektur verfügt. Brooklyn Heights hat im Vergleich zu sämtlichen Städten in den Vereinigten Staaten die größte Anzahl intakter Vorbürgerkriegshäuser. Es war eines der ersten charakteristischen Viertel des Landes. In Brooklyn existiert eine „middle“ und „upper middle class“-Welt, über die die meisten Menschen – selbst New Yorker – gar nichts wissen. Viele Jahre lang war Brooklyn ein wohl gehütetes Geheimnis und die Menschen, die hier lebten, waren froh, dass der Rest des Landes, einschließlich der anderen New Yorker, nichts davon wusste. Brooklyn bot einen Rückzug aus der Stadt, aber man war immer noch nah genug, um zu Fuß nach Manhattan über die Brooklyn Bridge gehen zu können. Es ist wirklich ein interessanter Teil der Stadt, und dieser Film präsentiert Brooklyn so, wie es in der Realität auch ist.“
Quelle: treknews.de
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