Special: "Year of The Matrix" - Teil 2

Vor vier Jahren sorgten Larry und Andy Wachowski mit The Matrix für eine Revolution im Action-Genre. Warum also bezeichnet NEWSWEEK jetzt 2003 als „Jahr der Matrix“? Darum: Mit zwei neuen Kinofilmen, dem ersten Matrix-Videogame überhaupt und einer bahnbrechenden Begleit-DVD erleben die Fans das detailliert ausgestaltete Fantasie-Universum intensiver als je zuvor. Lesen Sie in im zweiten Teil unseres dreiteiligen Specials Interessantes über die Architektur der Matrix, die eingesetzte Technologie und noch vieles mehr - dazu gibt es die neuesten Bilder aus 'Matrix Reloaded'.

SPECIAL TEIL II

DAS GEHEIMNIS DER MATRIX WIRD GELÜFTET

Morpheus in Bedrängnis

Einerseits hungern die Fans lautstark nach neuen Informationen – andererseits wollen sie vorab möglichst wenig von der Story wissen, um sich den Spaß nicht zu verderben. Trotzdem sind einige Details bekannt geworden.

Reloaded beginnt, wo The Matrix endete. Die Maschinen haben eine weitreichende Entdeckung gemacht: Sie wissen jetzt, wo sich Zion, die letzte Stadt der Menschheit, befindet, nämlich tief im Innern der Erde. Den Menschen bleiben nur 72 Stunden, bevor sich Tausende von Wächtern – jene krakenartigen Sonden aus Teil 1 – hindurchgraben, um die Stadt zu vernichten. Die Menschen hoffen, rechtzeitig den geheimnisvollen Schlüsselmacher zu finden, der von zwei Klappmesser schwingenden Schurken bewacht wird – unnatürlich bleiche Zwillinge (Neil und Adrien Rayment), die wie Gespenster verschwinden und wieder auftauchen können.

Das altbekannte Team

Natürlich spielen die bewährten Darsteller wieder ihre Rollen, die sie bereits zu Ikonen gemacht haben: Reeves ist Neo, Lawrence Fishburne ist Morpheus, Carrie-Anne Moss ist Trinity, Hugo Weaving ist Agent Smith und die verstorbene Gloria Foster ist das Orakel. Daneben werden in Reloaded neue Figuren vorgestellt: Eine Buddha-ähnliche Figur namens Seraph (Lung Yun Chou); Niobe (Jada Pinkett Smith), Morpheus’ ehemalige Geliebte; und Persephone (Monica Bellucci), eine tödliche Verführerin, die ein Auge auf Neo wirft.

Vieles wird in den beiden neuen Filmen klarer. In Reloaded lernen wir erstmals die Dimensionen der Matrix kennen: eine Megastadt, zehnmal so groß wie New York. Wir erfahren von mächtigen Maschinen, die durch neue, noch brutalere Modelle ersetzt werden – jetzt kommen ihnen Zweifel, ob die ständig neuen Maschinengenerationen dem Fortschritt wirklich nützen.

Agent Smith kann sich inzwischen wie ein Virus vermehren: In einer atemberaubenden Sequenz wenden die Wachowskis ihre bahnbrechende, so genannte „virtuelle Kamera“ an – Neo muss es in dieser Szene mit 100 Agenten Smith aufnehmen. Reloaded endet mit einem Cliff-Hanger, mit einem offenen Schluss, der auf den letzten Teil der Trilogie verweist: Revolutions.

Der Krieg der Menschen gegen die Maschinen in Matrix Revolutions verlangt von allen Beteiligten den Einsatz der letzten Reserven. Während Reloaded vorwiegend in der Matrix spielt, entwickelt sich Revolutions auf den rauchenden Trümmern der futuristischen realen Welt. Joel Silver, der Produzenten-Titan hinter der Lethal Weapon-Serie, verspricht Action, wie es sie noch auf keiner Leinwand zu sehen gab.

DIE ARCHITEKTEN DER MATRIX

Die Brüder Larry (37) und Andy (35) Wachowski drehten ihren ersten Film vor allem, um Warner Bros. eine Visitenkarte vorweisen zu können – denn sie wollten sich den Auftrag für die ursprüngliche Matrix sichern, die sie immer schon als Trilogie konzipiert hatten. Über die Brüder selbst ist wenig bekannt. Silver wird von ihnen als „Sprachrohr“ eingesetzt. Er bezeichnet die beiden als Geschichtenerzähler, denen ihr Talent in die Wiege gelegt wurde. Sie profilierten sich im Comic-Bereich mit ungewöhnlichen Visionen. Für die Matrix erfanden sie ein voll ausgestaltetes Universum aus Geschichten und Motiven, von denen manche im Film nur gestreift werden.

Darsteller und Crew-Mitglieder erleben die Brüder als die Hälften einer untrennbaren Einheit. Man kann beobachten, dass die beiden anscheinend immer einer Meinung und sehr belesen sind – Larry kennt sich bestens in Philosophie aus, Andy in Science-Fiction. Im Videogame „Good Cop / Bad Cop“ geht Andy nicht so hart ran wie Larry.

Bei den beiden neuen Produktionen sind außerdem wieder dabei: die Oscar-preisgekrönten John Gaeta (Leitung der visuellen Effekte) und Steve Courtley (Leitung der Spezialeffekte); Kameramann Bill Pope; Produktionsdesigner Owen Paterson; der Oscar-preisgekrönte Cutter Zach Staenberg; Kostümbildnerin Kym Barrett; der Oscar-preisgekrönte Tontechniker David Lee; und Kampfmeister
Yuen Wo Ping, Choreograf und Leiter des Drahtseilteams in den sehr innovativen Kampfsequenzen zu The Matrix sowie Tiger & Dragon.

DIE TECHNOLOGIE DER ZUKUNFT

Um den visuellen Effekten eine neue Dimension zu eröffnen, muss John Gaeta die neue Technologie nicht nur anwenden, sondern teilweise erst erfinden. So kreierte er für Matrix Bilder, wie es sie noch nie zu sehen gab. Gaetas damalige Firma Manix nahm es beim Oscar-Rennen mit dem Effekte-Gigant ILM und dessen Star Wars: Episode One – Die dunkle Bedrohung auf – und gewann. Manix erwies sich jedoch als zu klein, um die Anforderungen der folgenden Trilogie-Teile zu bewältigen: Die Technologie, die für Umsetzung der Bilder in den Wachowski-Köpfen unabdingbar war, musste er erfunden werden. Gaeta stellte also ein neues Team zusammen, nannte die Firma ESC (nach der „Esc“-Taste auf dem Computer-Keyboard) und siedelte sie im kalifornischen Alameda an. Auf der Militärbasis bezog Esc einen fast 25.000 qm großen Hangar. Etwas nervös sitzt der Effekte-Maestro dort in seinem Büro direkt über der Pyrotechnik-Abteilung, in der es jederzeit passieren kann, dass Wächter in die Luft gesprengt oder Autos spektakulär verschrottet werden.

Esc und sechs weitere Trickfirmen liefern insgesamt 2500 einzelne Effekte-Einstellungen. An etlichen wurde drei Jahre lang gearbeitet. Die 412 digital erstellen Einstellungen in The Matrix werden damit weit übertroffen.

So wie die „Bullet Time“-Technik im ersten Teil Filmgeschichte machte, wird sich die „virtuelle Kamera“ als neuer Branchenbegriff etablieren, sobald die Teile 2 und 3 ins Kino kommen. Die virtuelle Kamera verwischt die Grenzen real aufgenommener und im Computer gestalteter Bilder. Jedes Detail bis zum einzelnen Haar wird nicht nur annähernd simuliert, sondern in aller Vollkommenheit dargestellt. Gaeta kann jedes beliebige Objekt virtuell nachbilden – Menschen, Autos, Räume, Fahrzeuge, jede beliebige Umgebung. Der Schlüssel: Das digitale Bild beruft sich auf eine reale Vorlage.

Mit fünf hochauflösenden digitalen Kameras filmt das Trick-Team das Spiel eines Schauspielers – porentief bis zu den Haarwurzeln. Dieses Verfahren wird als „universal capture“ (umfassende Aufzeichnung, kurz: U-cap) genannt. Die Bilder aller fünf Kamera speichert man im Computer, der die Darstellung des Schauspielers aus allen Blickwinkeln berechnet. Wenn der Körper des Darstellers derart rundum dreidimensional aufgezeichnet wird, kann ihn das Effekte-Team praktisch unbegrenzt einsetzen: in einem Kung-Fu-Kampf, oder wenn Neo mit 3000 Stundenkilometern durch die Großstadt fliegt.

Genau wie in der Matrix selbst soll es den Filmzuschauern ergehen: Sie tauchen ein in eine Welt, in der der Unterschied zwischen Realität und Virtualität praktisch aufgehoben ist...

Im Nächsten Teil unseres dreiteiligen 'Year of the Matrix' Specials zeigen wir Euch die Einflüsse die auf die Matrix Trilogie gewirkt haben sowie weitere Produktionen des Matrix-Universums...

Teil III erscheint am 13.05.2003

Teil I kann hier nachgelesen werden