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1x10 - Et in Arcadia Ego (2)
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Von Daniel Räbiger
Episoden-Nummer: 10 Produktions-Nummer: 10 US-Erstausstrahlung: 26.03.2020 Deutsche Erstausstrahlung: 27.03.2020Das Staffelfinale zeigt das Aufeinandertreffen zwischen Androiden und Romulanern. Picard hingegen muss ein großes Opfer bringen. Vollständiger Inhalt (Achtung: Spoiler)
Episodenkritik (Achtung: Spoiler)
Eine knappe Stunde bringt uns das Staffelfinale der ersten Season "Star Trek: Picard". Die gesamte Staffel war bislang ein starkes auf und ab. Wir sahen gute und nostalgische Momente, Szenen bei denen ein Facepalm alleine nicht ausreichend war und auch sehr viel Mittelmaß. Episode 10, der zweite Teil von "Et in Arcadia Ego" vereint nun in nur einer Episode alles, was man an Staffel eins gut und schlecht fand und treibt davon jeden Aspekt auf die Spitze. Es ist quasi wie einer bipolaren Störung zuzusehen.
ZitatFreudvoll
Und leidvoll,
Gedankenvoll sein,
Langen
Und bangen
In schwebender Pein,
Himmelhoch jauchzend,
Zum Tode betrübt;
Glücklich allein
Ist die Seele, die liebt.
(Johann Wolfgang von Goethe)Die Rückblende am Anfang der Episode, die nochmals einige Aspekte der ersten Staffel zusammenfasst lässt da auch diverse Erinnerungen an die Höhen und Tiefen wach werden. Als Einstieg geben Sie aber auch schon sehr klar vor, was man als Zuschauer im Staffelfinale erwarten kann. Aber alles schön in der richtigen Reihenfolge...
Narek durfte ja entkommen damit Sutra einen Vorwand hatte, ihre Goldkörper-Freundinnen und Freunde von Ihrem Vorhaben zu überzeugen, die fremde KI zu rufen. Nun aber mal rein objektiv betrachtet: Warum musste er für dieses Unterfangen eigentlich tatsächlich entkommen? Hätte es nicht gereicht, wenn Sutra die Androidin ermordet und den Mord dann Narek in die Schuhe geschoben hätte? Einem bekennenden Androiden-Hasser hätte ja ohnehin niemand geglaubt, möchte man meinen. So aber flieht Narek zum Borg Kubus und spaziert durch den unbewachten Haupteingang und trifft dabei auf seine Schwester.
Zitat"Nun, hast du sie gefunden?" - "Ja, sie sind alle hier." - "Hast du welche von Ihnen gefickt?" - "mmmmm noch nicht!"
Und nein, dass ist diesmal nun kein Zitat aus Sinnlos im Weltraum, sondern direkt aus der aktuellen Episode. Gerade ist die Glasscheibe meines Plasma-TVs im Schlafzimmer explodiert. Im Affekt habe ich die Fernbedienung geschleudert. Zum Glück trug ich nen Integralhelm, darum ist mir nichts passiert.
Schnitt, und wir sind in Picards provisorischer Arrestzelle, dem Zimmer von Bruce Maddox. Soji erkundigt sich nach Picards Zustand und die Episode spricht ein eigentlich sehr interessantes Thema an: Wer entscheidet, wer leben darf und wer sterben muss? Das erinnert an die Debatten zur Sklaverei und bietet einen tiefen Fundus an interessanten Möglichkeiten. Soji argumentiert mit "Wir haben keine Wahl" sehr oberflächlichen die Rechtfertigung für Ihr Vorhaben und Picard entgegnet:
Zitat"Zu sagen, dass man keine Wahl hat, ist nur ein Fehlen von Vorstellungskraft."
Und hier setzt das Trek-Herz zum Sprung an. Da könnte doch jetzt eine tiefgehende Befassung zum Thema "Freier Wille" folgen. Frei nach den Themen aus "Wem gehört Data". Doch gerade als Picard ansetzt kommt der Vorspann. Mann.
Zitat"Du sagst mir du willst mit diesen Granaten Blumen zerstören?" - "Fliegende, Schiffs-vernichtende Blumen!"
Noch Fragen? Ja eine hätt ich da in der Tat noch: Woher weiß Narek eigentlich wo die lustigen Weltraumblumen sind? Gibt es neben der Siedlung einen übergroßen Blumengarten? Kann man da jederzeit rein und ein paar Sprengköpfe anbringen? Auch diese Szene macht keinen Deut schlauer, wie die Dynamik zwischen Narissa und Narek eigentlich ist - eine klare Befehlskette oder -Struktur gibt es hier offenbar nicht. Die beiden wären als gut ausgebildete Agenten eigentlich in der guten Position sich gemeinsam dem Transmitter zu nähern und ihn zu zerstören um somit das große Unheil abzuwenden. Stattdessen will Narek die Blumen vernichten und weist Narissa an, auf dem Kubus zu bleiben. Er marschiert dann lieber zur La Sirena um den Föderations-Feind davon zu überzeugen, bei seinen Plan mit zu machen. Schwach, schwächer, romulanische Taktiken zur Rettung der Galaxie.
"Oh mein Gott, sie haben Kenny getötet!"
Welches Element kennt man aus den Zeichentrickserien wie "Die Simpsons", "Family Guy" oder "South Park"? Natürlich: den wöchentlichen, vollständigen Reset zurück zum Ursprungszustand. Das ist bei kurzweiligem Unterhaltungsmaterial auch nicht weiter schlimm. Bei Star Trek: Picard wirkt Episode 10 aber quasi wie eine Satire einer generische Science Fiction Episode, ganz im Stile von "Star Wreck". Eine Episode zuvor gab es noch eine üble Bruchlandung - vermutlich weil das geil aussieht und auf den Planeten beamen den Wegfall der Raumschlacht bedeutet hätte. Nun braucht das Staffelfinale aber nun offenbar dringend das Schiff wieder. Also gibt Autor Michael Chabon, der beide Teile des Finales geschrieben hat, den Protagonisten einfach ein magisches Bullshit-Device in die Hand, dass aussieht wie die Ocarina of Time aus "Zelda". Und damit wird dann durch Gedankenkraft das Schiff repariert. Man muss nur daran denken was kaputt ist sich ganz dolle wünschen, dass alles gut wird.
Mist, jetzt ist mir gerade der zweite TV-Bildschirm zerbrochen. Kleinen Moment bitte, ich sammle die Scherben auf und gehe in die Küche zum weiterschauen.
Captain Wendler
Auftritt der wohl schlechtesten Green-Screen-Aufnahme des letzten Jahrzehnts: Narek steht vor der La Sirna und wirft Steine auf das Schiff. Einfach anklopfen war nicht cool genug? Oder hofft er darauf, dass Rafi wie Rapunzel ihr Haar herunter lässt? Ganz bitter: mit einer völlig abstrusen Erzählung aus der romulanischen Folklore überzeugt Narek Captain Rios und Frau Musiker von der bevorstehenden Vernichtung der Galaxie. Eine Story, die sich für die beiden weder verifizieren noch sonst irgendwie zumindest ansatzweise glaubhaft belegen lässt. Dass Picard nicht erreichbar ist, könnte ja auch an den elektromagnetischen Blitzen liegen, die es auf dem Planeten ja geben sollte. Oder in den Worten von Michael Wendler:
Und während die Nacht hereinbricht (und es nun endlich wirklich mal Gewittert) sitzt man beim Lagerfeuer (dafür war also auch noch Zeit) und lässt sich von Narekt eine Gruselgeschichte erzählen.
Oculus Rift
Zwischenzeitlich reißt Dr. Jurati der armen toten Androidin das andere Auge raus und läuft damit zu Picards Quartier um ihn zu befreien. Ja doch, schon richtig gelesen. Kein cooler Retina-Scanner aus dem Labor um ggfs. mit einem herumliegenden Augen-Prototyp einen Klon des Auges anzufertigen oder ein Computer-Trick oder irgend etwas anderes, dass passend für eine Science Fiction Serie wäre. Was ist das für ein seltsamer Fetisch in Sachen Augen bei "Star Trek: Picard"? Ichebs Auge, Tod durch Kolibri-ins-Auge-Rammen, Auge aus dem Sockel reißen um eine Tür zu öffnen. Aug-Apfel ist offenbar wirklich das Lieblings-Obst von Herrn Cabon. Wäre die Figur von Agnes Jurati eine Figur im Sinne von Adolphus Murtry, der von sich selbst weiß, dass er kein guter Mensch ist, aber die Ansicht hat, dass nur durch schlechte Menschen wie ihn eine positive Zukunft für andere geschaffen werden kann, die dann führ ihn selbst aber keine Heimat mehr bedeutet (siehe "The Expanse" Staffel 4), ließe ich mir derartiges eingehen. Da Dr. Jurati ja zumindest in den Augen der Autoren eine Rehabilitation erfährt (für mich nicht im geringsten nachvollziehbar), ist dies mal wieder nur ein unangebrachtes Stilmittel um die Serie "erwachsener" zu machen.
Am nächsten Morgen ist es dann soweit: Rafi, Rios und Narek kommen mit einem Fußball, in welchem eine Granate versteckt wurde (Hilfe...) in Androidenhausen an. Das bedeutet eins von zwei Dingen: Es ist ein Tagesmarsch bis zum Dorf oder, völlig ungeachtet der bevorstehenden Vernichtung aller biologischen Lebewesen hat man noch gemütlich am Lagerfeuer geschlafen. Derweil befreit Jurati Picard und die beiden machen sich auf den Weg zur La Sirena.
Als Dr. Soong bemerkt, dass in Wirklichkeit Sutra die Mörderin ist, sind Narek, Rios, Elnor und Rafi plötzlich völlig unbewacht im Androiden-Dorf unterwegs. Man kann nur mutmaßen, dass Sie zu Soong gebracht wurden, der, da er nun die Wahrheit über den Mord von Sutra weis, seine Meinung geändert hat. Ein ziemliches Loch in der Erzählung. Sekunden später sind Jurati und Picard auf der La Sirena. Rios und die Anderen haben also offenbar wirklich noch die ganze Nacht genüsslich geschlummert. Man soll ja ausgeschlafen sein, wenn die Apokalypse kommt. Ich verstehe hier echt nur noch Bahnhof.
Picard sinniert derweil darüber, dass Angst ein gefährlicher Lehrer sei - und schneidet so wieder ein extrem interessantes Thema an. Die Serie hat an so vielen Stellen so viel Potential - welches leider zu größten Teilen vergeben wird. Auch die darauf folgenden Versammlung am Boden des Übertragsungsturms, der sich irgendwie automatisch selbst baut und der Konfrontation zwischen Soong und Sutra waren solche Momente. Eine tolle Idee im Ansatz, aber schwach in der Umsetzung. Ohnehin stellt sich dabei die Frage, was aus der besseren Menschheit geworden ist, die Star Trek immer symbolisiert hat. In den Abschließenden Worten von Soong an Sutra mit "Sieht so aus, als wärt ihr auch nicht besser als wir" kann man eher erkennen, dass die positive Vision der Zukunft einer Gesellschaft voller Vorurteile und selbstsüchtigen Entschlüssen gewichen ist. Sehr schade.
Kick it like Beckham
Mann, so blöd ich den Fußball mit der Granate auch finde, so gerne hätte ich Captain Rios beim Freistoß gesehen. Das wäre mal wirklich cool gewesen. Den Granatenfußball in einer schönen Bananenflugbahn alá Christiano Ronaldo auf den Funkturm zwirbeln. Aber nö, hier zeigt man dann lieber wieder schlechtes CGI aus den 90ern.
Stichwort 90er: Wie Narissa Seven of Nine vorerst auf dem Kubus überwältigen kann macht jeder McGyver Episode alle ehre. Die Kampferfahrene Fenris-Rangerin hält die Waffe so nah an Narissas Kopf, dass diese einfach nur zugreifen muss. Die Regie-Arbeit und Choreographie waren echt schon mal besser.
Mir gehen langsam die Fernseher aus...
ZitatWir müssen die Sensor-Bilder multiplizieren.
Ja Aber echt! Mit mindestens 12. Weil drei mal drei ist fünf. Könnte Data das bitte nochmal nachrechnen?
ZitatJa, wenn wir doch nur so einen verrückten Feld-Replikator mit einem neuralen Interface hätten, wah Captain?
Ja Scheise, Junge, Alde, echt jetzt. Das könnt ja fast klappen!
(Sieht aus wie eine Parodie, ist aber ernst gemeint.)Das Einzige was hier klappt ist mein Verstand - und zwar zusammen. Immerhin hat man diese absurde Idee noch ansprechend für Zuschauer der Altersgruppen 3 bis 8 Jahre visualisiert.
Ich gehe jetzt ins Kinozimmer. Die Leinwand hat wenigstens keine Glasscheibe, die beim Wurf mit einer Fernbedienung zerbrechen könnte...
Hin und her...
Und so pendelt Folge 10 weiter zwischen Schund und guten Ideen - wie z.B. Picards Ansatz, Soji durch das Angebot seines Lebens zu zeigen, welchen Wert das organische Leben hat. Man fragt sich da zwar schon, was für willenlose Herdentiere der Rest der Androiden eigentlich ist, aber dieser Zug ist ja eh schon abgefahren.
Die Szenen im Orbit sehen toll aus und Picard lenkt das Schiff gekonnt zwischen den Blumen hin und her. Erinnert sich der geschätzte Leser noch an meine Kritik zur letzten Episode, in welcher ich bemängelt habe, dass die la Sirena den Blumen nicht ausgewichen ist und das irgendwie plump und erzwungen war? Nun, es geht ja doch anders. Selbst Fahranfänger Picard kriegt das hin. Es ist schon fast eine Kunst, ein so inkonsequentes Drehbuch zu schreiben.
Nun zaubert uns Frau Jurati, die ein paar Episoden zuvor fast zu dumm zum Beamen und noch nie im Weltraum war, eine ganze Armada an la Sirena Schiffen inkl. feiner Warp-Animation aus dem Gedanken-Replikator. Gabs beim Sex mit Captain Rios nicht nur Flüssigkeits- sondern auch Informationsaustausch zum Thema "Replikation von Raumschiffen mittels einer Ocarina of Time"? Oder sollte das etwa eine Meta-Ebenen-Metapher dafür sein, dass Frauen emotional stark sind und alles schaffen können? Ja ihr mordenen, Augapfel-heraus-reißenden Juratis dieser Welt, das könnt ihr, das schafft ihr. TSCHAKKA! Braves Kätzchen.
Die taktischen Fähigkeiten der Romulaner sind dann offenbar auch auf Niveau von Sturmtruppen. Kein einziger Schuss trifft auch nur irgendeine der Halluzinationen - nur das echte Schiff von Picard wird getroffen. Was Soji auf dem Planeten, die offenbar kein Problem damit hat das Echte von den falschen Schiffen zu unterscheiden, zu einer erschrockenen Reaktion verleitet.
Puh, glück gehabt. Die Leinwand hat den Aufprall der Fernbedienung abgefedert. Ich hole schnell neue Batterien. Die sind leider beim Wurf unters Sideboard gerollt.
"Planeten-Sterilisierungs-Muster Nummer fünf!" Wie viele gibts da? Helfen die auch bei Corona?
Nun öffnet der Sendeturm ein Tor zu einer anderen Dimension. Waren die Infos dazu eigentlich auch in der Vision? Bisher war doch lediglich von einer Nachricht die Rede, nicht von einem Portal. Generalin Stöhn will jetzt mit der Sterilisierung weitermachen - die la Sirena Replikate sind alle verschwunden. Warum eigentlich? Weil es Picard nicht gut geht und die Ocarina of Time aus Solidarität daher auch keine Lust mehr hat? Oder weil das Drehbuch so mies ist, dass man alles, ja wirklich alles für einen weiteren kurzlebigen Moment der Spannung und Dramatik braucht?
Aber was solls, die Föderation ist jetzt da. Die kann offenbar die gesamte Flotte ohne auf irgendwelchen Langstrecken-Scans aufzutauchen durch die Galaxie bewegen. Frau Stöhn hätte das ja eigentlich wissen müssen, der Rest der Protagonisten auch - oder hatten die Langstreckenscanner eine Episode zuvor den bekannten und beliebten "Ich zeige nur das, was der Zuschauer wissen soll, damit das Drehbuch künstlich spannend bleibt" Bug und der letzte Hotfix war noch nicht eingespielt?
Ich bin ein Captain, holt mich hier raus!
Stell dir vor du bist 16 Jahre alt, gut in der Schule und träumst von einem Job bei der NASA als Astronaut. Zehn Jahre später schließt du dein Studium mit guten Noten ab und kommst in das Ausbildungsprogramm der NASA, trainierst hart und nach etwa einem Jahrzehnt an Training, Probemissionen und vielem mehr ist es so weit: Dein eigenes Space-Shuttle, deine eigene Mission. Du führst die Menschheit als Captain eines neuen Weltraumprogramms mit dem Flagschiff der Erde auf zu neuen Welten, zu neuen Zivilisationen.
Dann ruft Neil Armstrong an und sagt, dass er das jetzt macht. Außerdem hat er sich die Haare noch nachgefärbt, das passt dann schon.
Was für eine unfassbare Demütigung, welch absurde Wendung.
Dass man hier Riker direkt vom Pizzaofen auf die Brücke lässt, entbahrt jedweder Logik. Der Mann ist alt, hat schon seit Jahren keine Führungspraxis mehr und die Föderation sollte eigentlich mehr als skeptisch in allen Belangen in Bezug auf Picard sein. Man hat ja sogar seine ehemalige erste Offizierin, Raffi Musiker, in Zwangsrente geschickt. Die Flotte zu schicken war bislang ein reines Zugeständnis an den Admiral. Jetzt ruft Riker da an und sagt er macht das selbst?
33 Minuten
Und nach 33 Minuten passiert dann das undenkbare: Die Zylonen durchschreiten das Tor in unsere Dimension. Natürlich sind es widerliche, rot glühende Tentakelwesen, damit auch Zuschauer, die dumm sind wie ein Meter Feldweg sind kapieren, dass das die Bösen sind. Subtil geht echt anders.
ZitatDoom robots from the future could be met with no defense.
The leader of the Germans stood with a triumphant roar:
"I've got it! We will build a machine that's totally great! A massive steel leviathan with blades covered in gore"Ich glaube ja fast, dass obiges, uralte Internet-Relikt die ganze Inspiration für die Mörder-KI aus der Zukunft war...das ist echt so platt, dass 2D bequem ausreicht. Auf dem Planeten hat Picards Crew und Dr. Soong ja offenbar alle Bemühungen den Transmitter abzuschalten aufgegeben und sind erst mal Mittagessen gegangen.
Zwischenwertung bis hier hin: 0,5/5 Punkten
Und plötzlich... wird die Episode gut.
Picard, dem Sterben nah, appelliert gegenüber Soji auf einem offenen Kanal an alles was gut und treu ist. Untermalt von fantastischer Musik zeigt die Serie nun endlich einen mitreißenden und gelungenen Moment. Auch den folgenden Dialog mit Jonathan Frakes spielt Patrick Stewart in ausgezeichneter Manier. Sein "Adjeu" zum Abschied war ergreifend und voller Überraschung.
Bedauerlich und verwunderlich ist allerdings, dass sämtliche Schiffe der Föderation einfach wieder davon fliegen. Die Romulaner hätten ja jederzeit wieder zurück kommen können - und abgesehen davon: Es handelt sich hier doch auch um eine Erstkontakt-Situation - warum also die Eile?
Die folgenden 20 Minuten zelebrieren das unter den Handlungs-Umständen der vorherigen neun Episoden wohl bestmögliche Ergebnis, dass erreichbar gewesen ist. Picard zeigt Soji auf, dass die Entscheidung ihre eigene war - und gibt ihr somit auf persönlicher Ebene die Antwort auf die Frage "Bin ich echt?". Er stellt damit auch fest, dass sie - wie Data - die Schwelle zum Leben überschritten hat und mehr als nur eine Maschine ist. Sie hat ein Bewusstsein in allen drei Dimensionen der Reflexivität: der kognitiven, der volitiven und der normativen. "Wem gehört Data" hatte diese Frage bereits thematisiert und somit findet Picards Arbeit als Verteidiger von Data und künstlichem Leben mit seinem letzten Atemzug den ultimativen Beweis.
Die darauffolgenden Minuten geben auch Seven of Nine endlich die nötige Charakterzeichnung die Ihre Figur verdient hat. Ein Gefühl der Reflektion und des Bedauerns und auch ein gedanklicher Neuanfang wird in Aussicht gestellt. Selbiges wird für Rafi Musiker und Elnor versucht, dies scheitert aber primär daran, dass Elnor als Figur von Anfang an unglaubwürdig war. Die fragwürdige schauspielerische Leistung tut dazu ihr übriges.
Ein Schmetterling der ewig lebt, ist in Wirklichkeit überhaupt kein solcher
Die darauffolgende Szene zwischen Picard und Data ist die beste der ganzen Staffel und ist auf derart hohem Niveau, dass man sich fragt, warum große Teile der Staffel so fundamental mittelmäßig bis schlecht waren. Brent Spiner spielt den Androiden in einer Perfektion, als hätte er die Rolle niemals abgelegt.
Datas endloser Wissensdurst über das Leben - und auch die Erfahrung des Todes ist - ein wunderbarer Abschluss für die Figur, die sein ganzes Leben lang danach strebte, menschlicher zu werden. Sein Wunsch nicht nur Friede, Freundschaft, Humor, Liebe und Schmerz, sondern auch einen der wesentlichsten Teile des Lebens, nämlich den Tod zu erfahren, schafft einen unvergleichlich bewegenden Moment, der uns einen fantastischen und würdevollen Abschluss für Data beschert. Und obgleich die Erfahrung des begrenzten Lebens für Data nur für einen kurzen Augenblick währt, so ist dieser bereits bei der Verlassen der Simulation länger als 0,68 Sekunden. Für einen Androiden fast eine Ewigkeit.
Als Brent Spiner als Data mit einem für Androidenverhältnisse traurigen Tonlage und Betonung erklärt, dass ein Schmetterling der ewig lebt, in Wirklichkeit gar kein solcher sei, gibt auch zu verstehen, dass Data in allen anderen Belangen in seinem Bestreben menschlich zu sein und die Menschlichkeit zu verstehen - in allen Aspekten bis eben auf diesen einen - erfolgreich war. Die Androiden-Version von "ich hatte ein erfülltes Leben" sozusagen. Und so erhält Data kurz vor seinem eigenen, endgültigem Tod eine letzte Antwort zu einem wesentlich Teil des Mensch-Seins von seinem geschätzten und geliebten Freund.
Faszinierend, dass irgendwie diese einzige Szene die teils höchst fragwürdige Reise durch die erste Staffel "Star Trek: Picard" rechtfertigt. Vermutlich werden die jüngeren unter uns die nicht "The Next Generation" als Wissensgrundlagen haben hier nicht zustimmen.
Zwischenwertung für diesen Teil der Episode: 5/5
Abschließende Überlegungen
Ich Nachbetrachtung stellt sich mir die Frage, warum man Picards Krankheit so stark thematisiert hat. Das mögliche Opfer seines Lebens gegenüber Soji und den Androiden wäre ungleich stärker gewesen, wenn er quasi nicht ohnehin kurz vor dem Ableben gewesen wäre.
Schade auch, dass man jetzt just an dem Punkt, wo eine First Contact Situation vorhanden ist, offenbar wieder mit Warpgeschwindigkeit in die Tiefen des Weltalls aufbricht. Es gibt zudem noch so so so so viele ungeklärte Fragen, die eigentlich im Kontext des bisherigen Settings behandelt werden müssten:
- Data nennt Dr. Soong seinen Bruder. Meint er dies im übertragenen Sinne oder ist Dr. Soong auch in Wirklichkeit ein Android der nicht weis, dass er einer ist?
- Was hat die Romulaner eigentlich davon überzeugt, dass die Androiden-Gefahr tatsächlich und nachhaltig gebannt ist? 1000 Jahre Geheimkult und dann so etwas...
- Wie schnell ist der Föderationsrat eigentlich? Hier wird seit Jahrzehnten über ein Tempolimit debattiert - die gesamte Föderation entscheidet an einem Nachmittag über die Aufhebung eines Androiden-Verbots? Allein das wäre ein Thema für mindestens 3-5 Episoden, wo man prima über Moral und Ethik diskutieren könnte...
- Warum finden sich Rafi und Seven plötzlich geil?
- Was verursachte das Versagen des Borg-Kubus?
- Was hatte es mit der von den Borg assimilierten romulanischen Crew auf sich?
- Bleibt der Borg-Kubus jetzt einfach auf dem Planeten?
- Lässt man die XBs dort auch einfach zurück?
- Welchen konkreten Zweck hatte Elnor nun in der gesamten ersten Staffel? Jede einzelne Episode wäre auch ohne Ihn ausgekommen.
- Warum kommt Dr. Jurati ungestraft davon? Und vor allem: Was soll das mit der Beziehung zwischen ihr und Captain Rios?
- Wie stellt sich Michael Chabon eigentlich zwischenmenschliche Beziehungen vor? Jede einzelne Begegnung in dieser Staffel war - und das leider nicht nur sprichwörtlich - auf dem Niveau von "Alde/r... Ficken?" - "Och ja!" <forever in love>
- Der gesamte Angriff auf den Mars und die Zusammenhänge hierzu sind immer noch sehr vage.
- Was passiert mit Commodore Stöhn jetzt? Bzw. auch mit den Romulanern im Allgemeinen. Die hatten also eines der höchsten Ämter der Föderation unterwandert und das wars?
- Warum schreiben Wissenschaftler in der Zukunft Ihre Entdeckungen eigentlich nicht irgendwo auf? Dr. Soong war ja doch etwas enttäuscht, dass der Gollum für Picard und nicht für Ihn verwendet wurde. Junge, bau halt einen neuen!
Showrunner Michael Chabon tritt mit dieser Episode von seiner Position zurück - die zweite Staffel geschieht unter der Gesamtregie von Terry Matalas, welcher die TV-Serie zum Kinofilm 12 Monkeys entwickelt hat. Ich hoffe, dass mit Ihm die Serie in geordnetere und plausiblere Bahnen gelenkt wird.
Fazit und Wertung
Daniel Räbiger meint:
Bis etwa zur Hälte der Episode habe ich überlegt, ob ich tatsächlich eine 0,5/5 vergebe. Die letzten 33 Minuten entschädigen allerdings in einer derart intensiven Art und Weise, dass ich, wäre die gesamte Episode auf diesem Niveau ohne zu Zögern die volle Punktzahl vergeben hätte. So bleibt es (leider) nur bei einer immer noch sehr guten 3,5/5 - allerdings eben auch nur ob dieser letzten Minuten. In gewisser Weise die beste und zugleich schlechteste Folge "Star Trek: Picard" in Einem.3.5/5GesamtwertungAction: 4 Spannung: 3 Humor: 0 Anspruch: 4 Kontinuität: 5 Figuren: 5 Erotik: 0Bearbeitet von Daniel Räbiger
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Von Daniel Räbiger (bearbeitet) am
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